Diskussion zur taktischen Ausrichtung und Spielanlage

Dieses Thema im Forum "MSV Profibereich" wurde erstellt von Omega, 29 März 2015.

  1. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    Ich persönlich glaube, dass wir mit Gruev, egal jetzt, wie man dazu steht, weiter denn je von Formationen wie 4-1-4-1 oder 4-3-3 entfernt sind. Und auch davon, dass es, wie bei Lettieri, den Versuch geben wird, den Gegner zum Beispiel lange müde zu spielen, und ihn dann durch die späte Hereinnahme echter Joker und taktischer Varianten über das Überraschungsmoment vielleicht doch noch zu erledigen.

    Ich glaube, auch wenn das vielleicht angesichts nur eines Spiels voreilig ist, dass Gruev im wesentlichen auf Konstanz und Sicherheit setzen wird.
    Wie schon woanders gesagt, hat mich total viel an Kosta Runjaic erinnert. Eigentlich ungewollt, ich hatte das gar nicht auf dem Schirm, fand aber, dass es sich aufzwang. Und bei dem gab es halt auch nicht allzu viele Experimente.
     
  2. Bart_Simpson

    Bart_Simpson 3. Liga

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    Hat ja diese Saison wunderbar funktioniert. Meist waren wir in den letzten minuten so schläfrig von unserer Spielweise das die mannschaft sebst eingepennt ist und dann noch einen kassiert hat :brueller:
     
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  3. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    @Bart_Simpson

    Keine Ahnung, was du meinst oder willst. Tatsache ist, dass wir mit Gruev schon ziemlich früh ziemlich platt wirkten, also anders als gewohnt, und seine Einwechslungen, auch anders als gewohnt, null dazu beitrugen, dass dieser Eindruck sich dann noch veränderte.

    Im übrigen dürfte dir hoffentlich nicht entgangen sein (das schreib ich nur nochmal extra, damit es nicht schon wieder dazu kommt, dass man in irgendwelche Fürsprecher- oder Ablehnergemeinden eintreten muss, und nur noch so angesprochen wird) dass ich einiges für mich ziemlich Positive in dem Spiel gegen Freiburg, also bei der Premiere Gruevs, gesehen habe. Auch einiges, von dem ich glaube, dass es einen nachhaltigen Fortschritt bedeutet.

    Was die, im übrigen im Fussball ja nicht völlig unverbreitete, Variante angeht, über Einwechslungen nochmals neue Impulse zu setzen, lief es aber definitiv weniger gut. Man kann es gern mit unserem München-Spiel vergleichen, selbst wenn wir dort in letzter Sekunde noch die Niederlage gekriegt haben, wenn man sich explizit anguckt, wieviel Spielanteile Janjic dort im Vergleich zu diesmal gegen Freiburg hatte.
    Fürs Lettieri-Bashing sollte man hingegen vielleicht jetzt bei Facebook ne Gruppe aufmachen, oder so. Ist für mich ehrlich gesagt völlig uninteressant geworden. :keks:
     
  4. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Janjic hat in München auf der Zehn und gegen Freiburg nach der roten Karte auf der Sechs gespielt. In Unterzahl war da das vorrangige Ziel das Zentrum zu sichern, während er in München noch offensive Akzente setzen durfte, weil er formativ abgesichert wurde.

    Um nochmal die zentralen Punkte meines gestrigen Posts herauszuarbeiten:

    - Gruev baut auf den Lettieri-Fussball auf
    - wir stehen defensiv mittlerweile gut
    - solange wir im Offensivspiel nicht sauber von hinten aufbauen, werden unsere Optionen "hoch und weit" und Umschaltmoment bleiben
    - wenn der Gegner "hoch und weit" gut kontrolliert (wie Freiburg), bleibt nur noch der Umschaltmoment
    - für den Umschaltmoment finde ich Obinna und Onugebu als Kombi nicht optimal (sowohl was die Balleroberung als auch das darauf folgende schnelle Spiel in die Tiefe angeht)
    - da im 4-4-2 die offensiven Außen sehr weit nach hinten verteidigen müssen, fehlt neben den beiden Nigerianern ein dritter "Freigeist", der ergänzende, zwingend benötigte Attribute wie (Dribbel-)Geschwindigkeit und Raumgefühl mitbringt
    - also muss entweder einer der beiden Nigerianer (dann wohl Onugebu) auf die Bank oder die Doppel-Sechs geopfert werden

    Natürlich kann man auch mit dem Freiburg-Ansatz punkten. Dann braucht man aber zwingend viel Glück und eine hohe Effektivität. So viele Chancen wird man damit nicht kreieren können...
     
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  5. Robbe1967

    Robbe1967 3. Liga

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    @ChristianMoosbr

    Ein Bekannter hat mich letzte Woche daruf aufmerksam gemacht, dass wir in der Statistik der Laufleistung/Spiel abgeschlagen Letzter der Liga sind.
    Während dort der Unterschied zwischen den übrigen Vereinen relativ klein ist, weichen wir da ~10% nach unten ab.
    Übersetzt bedeutet das, dass wir in den Spielen seit Saisonbeginn im Prinzip immer mit einem Mann wneiger gespielt haben. ... Mir wird auf jeden Fall immer klarer, warum unser Dietz so zornig ist.
    ich selbst ziehe auch meine Behauptung zurück, dass der alte Trainer zumindest gute Konditionsarbeit gemacht hat.
     
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  6. tommsv143

    tommsv143 Kreisliga

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    @Robbe1967

    Wo kann man denn diese Statistiken einsehen? Ich war mal auf der Suche danach, habe aber keine passende Seite gefunden.
     
  7. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    Wir haben aber bei Runjaic, ohne dass ich jetzt auf die gemutmassten Bezüge zwischen ihm und Gruev allzu sehr herumreiten will, auch ohne Zehner, respektive Duoppelachter, gespielt. Die Aussen müssen dann sicherlich lange Wege gehen, aber Grote und Bröker stehen von ihrer Anlage her dafür, auf ihren Positionen sowohl defensiv als auch offensiv das Nötige beisteuern zu können.
    Hier wäre für mich Dausch auch noch ein möglicher Spieler. Bei Janjic weiss ich es dann schon nicht mehr genau.

    Ich glaube, Obinna kann mit Technik und Tempo viel überbrücken, man kann als kreatives Momentum immer wieder zum Beispiel einen Chanturia als Einwechslung und Alternative zu Onuegbu reinwerfen, und das Mittelfeld wird, wenn es uns gelingt, insgesamt höher gegen den Ball zu stehen, ebenfalls nach Möglichkeit öfter zu einem ballverteilenden Aktivposten werden. Der vorgesetzte Zehner beim klassischen 4-2-3-1 hat ja auch nicht nur Vorteile, sondern kann das Spiel sogar langsamer machen.

    In der Summe betrachtet würde ich jedenfalls nicht denken, dass die tatsächlich dringend benötigte Verbesserung unserer Offensive nur über den Zehner oder alternativ die Doppelacht kommen kann.

    Speziell bezogen auf Obinna finde in einer solchen Konstellation für ihn problematisch, dass es ziemlich eng werden kann, und ihm dies den Tempovorteil gegebenenfalls wieder etwas nimmt. Jedenfalls, wenn er nicht als Sturmspitze agiert. Dann braucht man aber Onuegbu wiederum nicht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 11 November 2015
  8. Robbe1967

    Robbe1967 3. Liga

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    ich habe mich auch verrechnet, es sind knapp 4% weniger.
    Die Seite versuche ich nachzureichen.
    Bis vor dem Freiburgspiel hat die Mannschaft in 13 Spielen 1429km zurückgelegt, der Durchschnitt der Liga liegt bei 1485km.
    (1485-1429)/13/11(Spieler)~392m.
    Pro Spiel sind unsere Spieler also 4x den Platz weniger rauf und runter gelaufen. ... ergibt letzten Platz in der Statistik. ... und erst Recht für einen Aufsteiger, der mehr über den Kampf uns Einsatz kommen sollte, als über Technik, in der Tabelle .
    Trotz Aufstieg Krampf statt Leidenschaft und Herz. ... hier muss Gruev als erstes ansetzen, ... wenn das nicht stimmt, steigen wir ab, egal was für eine Taktik spielen.
     
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  9. Bart_Simpson

    Bart_Simpson 3. Liga

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    Wobei er aber auch sagte, dass er im ersten Spiel nicht alles über den haufen werfen will und erstmal auf Psychologischer Ebene arbeitet. Ich denke den Gruev Fussball werden wir erst nach der WP sehen.
     
  10. Bart_Simpson

    Bart_Simpson 3. Liga

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    Naja, du redest von Müde spielen, damit meinst du sicherlich nicht das die gegnerischen Spieler sich hinlegen und schlafen legen. Sondern vielmehr, dass die gegnerischen Spieler unkonzentriert werden und Fehler machen. Aber ehrlich gesagt habe ich diese Saison nirgendsgesehen dass wir einen Gegner müde spielten, sondern vielmehr das wir es waren die uns selber eingelullt haben. Wieviele Tore haben wir denn in den letzten 10 min. geschossen und wieviel haben wir kassiert ?
     
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  11. Robbe1967

    Robbe1967 3. Liga

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    http://www.sport1.de/fussball/team/msv-duisburg/statistiken

    Danke an meinem Bekannten.

    Viele Punkte deuten daraufhin, dass wir zu passiv waren. ... das Korsett war m.M. nach zu stramm.
    Die Bilanz ist verheerend!

    Was aber sicher ist, wenn man die Statistik sieht, dass Pech mit Schiedsrichtern oder beim Torabschluss am wenigsten für unsere Platzierung verantwortlich ist. ... hier muss mehr Spaß am Job rein.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10 November 2015
  12. Den Spaß hatten wir doch in der gesamten letzten Saison und in der laufenden Saison. Sei vorsichtig mit dem Nachtreten:polonäse:
     
  13. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    @Robbe1967

    Nicht, dass mich die nostalgisierende Lettieri-Rückschau generell noch interessieren würde - allerdings steige ich bei deiner Statistik da kaum dahinter, und das liegt womöglich daran, dass sie von Sport-1 stammt.

    Woraus sich der "Leistungsindex" genau zusammensetzt, muss man natürlich nicht erläutern, auch nicht in welcher Masseinheit die "Laufweite" ausgewiesen wird. Aber theoretisch könnten es auch "Dahlmann pro Quadratmilimeter hoch zehn" sein. Oder nicht?!

    Von daher: wenn man schon Statistik benutzt, sollte sich auch einigermassen selbsterklärend erschliessen, worum es geht. So verkürzt und plakativ wie dort bringt es jedenfalls meines Erachtens niemand etwas, ausser Klickzahlen natürlich.
     
  14. Robbe1967

    Robbe1967 3. Liga

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    die sind auch am uninteressantesten. Die meisten Angaben sind Summen oder Prozente. Ich denke damit kannst du ja was anfangen.
    Die Laufwege sind in km, was eigentlich klar ist, außer bei den Gesamt-km aller Spieler über alle Spiele. ... da kann man es aus dem Kontext erfahren.

    Aber eigentlich ist es auch egal, welche Einheiten verwendet werden, wenn man diese mit anderen Vereinen vergleicht. Denn nur dieser Vergleich lässt erkennen, ob die Werte schlecht oder gut sind. ... ich kann dir verraten, dass sie richtig schlecht sind. .... aber interessiert dich ja nicht. ;)
     
  15. zottel

    zottel Regionalliga

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    Es ist schon so mit der Statistik, das sie etwas merkwürdig ist @Robbe1967

    Der Leistungsindex ist in der Abwehr am schlechtesten und der größte Unterschied zum Rest der Liga. Gleichzeitig sind aber unsere Abwehrspieler die zweikampfstärksten. Mit Bomheuer vor Bajic und Wolze. Feltscher hingegen ist mit Wolze der läufstärkste Spieler. Alles Abwehrspieler! Wie kann es dann sein, das unsere Abwehr den mit Abstand -20% gegenüber dem Liga Durchschnitt schlechtesten Leistungsindex hat? Wie ist da die Gewichtung? Und wie verhalten sich die einzelnen Spieler zum Liga Durchschnitt?
    Es kann doch nicht nur an Meissner liegen, oder?

    Ich finde man kann da nur eine konkrete Aussage treffen, wenn man jeden einzelnen Spieler positionsgetreu mit dem Ligaschnitt auf dieser Position vergleicht.
    Meiner Ansicht nach wird man dann sehr schnell erkennen, das unser Sicherheitskonzept stark zur schwächeren Laufleistung beiträgt. Das ist meiner Ansicht nach nicht mangelnder Einsatz oder Kondition, sondern einzig und allein dem System geschuldet. Das könnte man aber nur beweisen, wenn es eine Auswertung pro Spiel geben würde. Dann würde man meiner Einschätzung nach sehen, das die letzten 4-5 Spiele die Laufwerte abgesackt sind. Gleichzeitig sind aber die Ergebnisse viel besser geworden. Könnte mir gut vorstellen, das das an dem mehr an Absicherung und der geringeren Risikobereitschaft gelegen hat.

    Wenn wir also jetzt die nächsten 20 Spiele die wenigsten Gegentore bekommen und so oft 1:0 gewinnen, das wir die Klasse halten, können die vor mir aus auch 20% hinter dem Ligaschnitt sein, was die Laufleistung angeht.
     
  16. Robbe1967

    Robbe1967 3. Liga

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    es scheint bei Vergleich so, dass gute Mannschaften weniger laufen und limitiertere Mannschaften halt mehr über Kampf und Einsatz bzw. Laufen agieren (s. Düsseldorf, Bielefeld). ... was mich nicht wundert.
    Offenbar wollten wir als Aufsteiger bisher mehr die Tugenden der Spitzenmannschaften bedienen. ... was mich sehr verwundert.
     
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  17. Omega

    Omega MSVPortal-Team Mitarbeiter

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    Traue keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast! Und damit beenden wir die Diskussion "wer hat den größeren" und widmen uns wieder dem Thema Taktische Ausrichtung. :danke:
     
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  18. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Hier mal eine Meinung eines Lauterers zum Fussball unter Runjaic/Gruev:

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  19. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    Den asymetrischen Ansatz (hier mehr als mangelnde Bereitschaft Brökers, sich nach rückwärts zu orientieren, reflektiert) und die Betonung der Spielstärke des Mittelfelds hat man gegen Freiburg bei uns beides gesehen, finde ich. Auch die Tendenz zu einem eher überlegten Aufbauspiel bei Gruev im Vergleich zu Lettieris Ansatz, dem Zufall immer wieder eine Chance zu geben. Und danach musste man nicht explizit suchen, es war ziemlich augenfällig.

    Guter Beitrag dieses Lauterers! Er schreibt auch gleich was über die damit einhergehenden möglichen Probleme. Damit gelangt die Diskussion wieder zu der Schnittstelle, an welcher sie sich eigentlich schon befunden hat, als wir noch Trainer Lettieri hatten: soll/muss man mehr riskieren, und wenn ja, was ist hier im Bezug auf unseren bis dato nach vorn mehr oder weniger von Woche zu Woche neu improvisierten Kader das Richtige? Ein Zehner, zwei Achter, drei echte Stürmer?

    Ich merke bei mir gerade, dass ich da schwanke, und mittlerweile selbst Theorien vertrete, gegen die ich vor Kurzem noch gesprochen habe. So erscheint mir mittlerweile die zwei-Stürmer-Version, die ich eigentlich auch oft langweilig im Sinne von einfallslos fand, fast wieder vielversprechender, als etwa ein ambitioniertes 4-1-4-1. Damals bei Runjaic regte es mich ehrlich gesagt etwas auf (auch in der Spätphase Baumanns, selbstredend), dass man sich eigentlich sparen konnte, vor dem Spiel einen Blick auf die Startformation zu werfen.
    Man wusste, es würden Exslager und Jovanovic spielen, Koch und Sukalo, oder ersatzweise halt mal Öztürk.

    Der Unterschied zu jetzt liegt für mich, wenn ich es genau bedenke, einfach in Personalien wie Chanturia, und vor allem Obinna, begründet. Ich glaube, Obinna kannst du mit fast jedem als Doppelspitze bringen, das ist immer was Kreatives. Und Chanturia hat sicher im Grunde, auch wenn er einen anderen Spielertypus verkörpert, ähnliche Anlagen. Solche Jungens brauchen für mich Raum, um ihre Spontanieität und ihr Tricksertum zum Tragen zu bringen (und für das Einstudieren hochdifiziler taktischer Varianten fehlt uns sowieso bereits die Zeit).

    Dann haben wir den King, einen Klassiker als Wandspieler und damit für Formationen und Ausrichtungen, die einst im Mai Ottmar Hitzfeld favorisierte. Wir haben mit Bröker und Grote (Halten des derzeitigen Niveaus vorausgesetzt) Spieler für die komplexe Mittelfeld-Angreifer-Defensivrollenmischung über die Aussen, und wir haben letztendlich mit Holland einen, der stark genug ist, um wirklich über das Spielerische Dominanz im Mittelfeld hinzukriegen, wenn er effektiv durch einen Albutat und ggf. einen Hajri, vielleicht auch andere, supportet und abgeschirmt wird.

    Ich glaube, das Dichtkriegen der Defensive ist ein Verdienst Lettieris, welcher bei Analysen etwas zu schnell unter den Tisch fällt, vor allem, wenn man nur die verheerende Gesamtbilanz heranzieht. Letztendlich waren die jüngeren Spiele von uns, also alle Spiele seit der Klatsche gegen Braunschweig, von einer stabilen Defensive gekennzeichnet, und wurden vor allem auch notwendig gewordene Umstellungen in der Mannschaft vollständig kompensiert. Dies darf auf keinen Fall gefährdet werden. Noch eine Phase, in welcher wir nach hinten offen sind wie das sprichwörtliche Scheunentor, und wir können diese Saison endgültig abschreiben. Dass ein Versuch Gruevs, mit hohem Risiko aufs Ganze zu gehen, niemals solidarisch mitgetragen würde, wenn es nicht sofort Erfolge einbringt, davon kann man sicher ausgehen.

    Ich denke, ein erdiger, oft unansehnlicher Fussball, bei dem es am Ende doch knapp nicht reicht, würde den Effekt haben, dass Gruev trotzdem bis zum bitteren Ende unterstützt, und sich die Verantwortung für das Scheitern in Liga zwei nicht an ihm festmachen würde. Sollte Gruev aber mit voller Takelage flach vor dem Wind alles spektakulär in Grund und Boden rammen, könnte er schon vor Ablauf dieser Saison wieder verbrannt, und somit untragbar, geworden sein.
     
  20. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Bei allem Respekt vor deinen bereichernden Sichtweisen und Beobachtungen, aber das habe ich nicht erkennen können, nein. Gruev wollte nur einen möglichst schadfreien Start hinlegen und ist deswegen kein großes Risiko gegangen. Im Aufbau immer der lange Ball und hinten kompakt bleiben.

    Die Asymmetrie, von der der Lauterer spricht, bezieht sich auf das flache Aufbauspiel, um in der typischerweise eher ungünstig flachen 4-4-2-Staffelung mehr Dreicke und Diagonalität zu erzeugen. Aber flach aufgebaut haben wir gegen Freiburg so gut wie gar nicht...
     
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  21. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    @Schimanski

    Man wird eh abwarten müssen, wie sich alles weiterentwickelt. Im Grunde ist ein erstes Spiel tatsächlich nur wenig aussagekräftig, um den neuen Mann an der Seitelinie genauer zu beurteilen, zumal das, was dabei als Ergebnis rauskam, in vielem der Tendenz entspricht, die es mit dem alten Trainer auch schon gab. Nicht mal über bestimmte Personalien weiss man genau genug Bescheid: so hätte ich zum Beispiel die Hereinnahme Brökers in die Startformation nach der langen Pause und eingedenk dessen, dass Chanturia es eigentlich nicht so schlecht gemacht hatte, als mutige Entscheidung Gruevs angesehen. Vielleicht wäre Bröker aber auch bei Lettieri gekommen, weil er einfach mittlerweile die nötige Fitness erworben hat.

    Ich persönlich hätte gar nichts dagegen, wenn Gruev den Stil Lettieris weiterverfolgt, unter der Voraussetzung, dass er den Spielern wieder mehr Selbstvertrauen einflösst, denn ich halte den Ansatz von Lettieri weiterhin für Erfolgversprechend. Von daher musste ich nicht unbedingt in diesem Spiel eine neue Linie wahrnehmen, vielleicht weil ich so sehr drauf hoffte, dass ich mir sogar Dinge einbildete. Das hätte ich eher von denjenigen erwartet gehabt, die Lettieri unbedingt weg haben wollten. Ich habe so, als ich im Stadion war, insbesondere in der Phase bis zu dem Freiburger Ausgleich gedacht, dass dieses Spiel wohl viele, die für den Trainerwechsel waren, ziemlich zufriedenstellen würde. Irgendwie habe ich dies vorwiegend am Mittelfeld festgemacht. In der Phase, als Freiburg im Verlauf der zweiten Halbzeit mehr und mehr ins Spiel kam, fand ich uns dann allerdings zunehmend schwach, auch schon vor dem Platzverweis. Danach hat es auch die Wackeligkeit gegeben, die etwa gegen München/mit Lettieri noch die erste Halbzeit auszeichnete.

    Dass einige (stand auch verschiedentlich in der Presse) in der Nachbetrachtung aber eher das Gefühl hatten, es wäre mit Gruev im Grunde von der Ausrichtung her alles gleich zu Lettieri, halt nur mit einer Extraportion neuen Mutes ausgestattet, hat mich ehrlich gesagt wirklich verblüfft. Aber wie gesagt, viel mehr zu dem Spiel, als dass es kein total missglückter Einstand, aber auch noch nicht der sofortige Durchbruch, gewesen ist, wird davon mittelfristig sowieso nicht bleiben. Welche Tendenzen und Mutmassungen im Bezug auf Gruev sich am Ende als die richtigeren erweisen, wird sich zeigen. Und sehr lange wird man auch nicht drauf warten müssen.
     
  22. Kees Jaratz

    Kees Jaratz Landesliga

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    nichts konkretes, aber etwas als Grundlage für die Trainingsarbeit an taktischer Ausrichtung:


    2015-11-13_unsichtbarer_Gorilla.JPG


    Der vollständige Text zur Psychologie der Wahrnehmung und dem Übersehen des Offensichtlichen in der Süddeutschen Zeitung
    http://www.sueddeutsche.de/wissen/psychologie-der-unsichtbare-gorilla-1.2733707

    Und im Blog stehen noch ein paar lose fragende Gedanken, ob dieses "zu viel" zu Beginn beider Spielzeiten womöglich auch ein Problem Lettieris gewesen ist.
    http://zebrastreifenblog.wordpress.com/2015/11/25/manchmal-ist-weniger-trainer-anweisung-mehr/
     
  23. Flomon_2

    Flomon_2 Landesliga

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    Hallo Kees,

    als aktiver Handballer kann ich das 100%ig bestätigen. Aber es ist wie immer, die Eierlegendewollmilchsau gibt es halt nicht.

    Edit: Da ich nebenbei auch eine unserer Jugendmannschaften trainiere, kenne ich die Zwickmühle natürlich auch aus einer zweiten Sicht. Momentan ist es so, das ich versuche die Mannschaft etwas taktischer auszurichten, weil die Qualität der Einzelspieler nicht ausreicht um ein Spiel bei einem Ausfall der Leistungsträger trotzdem zu gewinnen. Durch das erarbeiten und verinnerlichen von Spielzügen und taktischen Varianten im Angriff (z.b. 2 Kreisläufer, Außenspieler die sehr hoch stehen) und in der Abwehr (Ablaufen von gegnerischen Außenspielern, Halbspieler Situationsbezogen zustellen) kann man einer vermeintlich unterlegenen Mannschaft Möglichkeiten erarbeiten, das auch schwächere Spieler Räume haben, die groß genug sind um sie erfolgreich zu nutzen.

    Wenn ich eine Mannschaft habe, wo jeder Einzelspieler in der Lage ist jedes Spiel 10 Tore zu werfen, dann brauche ich mir über die Taktik keine großen Gedanken machen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 25 November 2015
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  24. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    Wenn ich das so durchlese, denke ich zwar eher an Alexander Zorniger als an Gino Lettieri, aber interessant ist es auf jeden Fall. Und als übertragene Alltagserfahrung auch für Amateursportler mit nur relativ geringer Ambition sehr gut nachvollziehbar.
     
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  25. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Die taktische Arbeit einer Mannschaft hat ja nicht direkt etwas mit dem Reinrufen von der Seitenlinie zu tun. Eher im Gegenteil. Nur wenn ich die Mannschaft im Training unzureichend vorbereitet habe, muss ich im Spiel korrigieren.
    Im Jugendfussball bin ich persönlich ein klarer Verfechter davon, die Spielintelligenz durch Trainings-Spielformen und "freies Spiel" zu fördern und das Reinrufen und Fremdsteuern auf ein Minimum zu reduzieren. Das entspricht ja auch dem Ergebnis der Studie.

    Zu der taktischen Entwicklung unter Gruev:

    Das Gegenpressing ist besser geworden und die Absicherung durch den reinrückenden, ballfernen AV ebenfalls.

    Ansonsten hängen weiterhin sehr viele Probleme von uns damit zusammen, dass unsere Ballbesitzphasen zu kurz sind (viele Zufälle im Spiel, man kommt meist "überraschend" und nicht geplant in Ballbesitz kommt und dann sind die Staffelungen und die Verbindungen für kombinativen Fussball unpassend, was zu Improvisation und Fehlern führt). Gerade Holland spielt deswegen deutlich unter seinen Möglichkeiten und wird nur als defensiver Lückenstopfer und für taktische Fouls "missbraucht". Hier erwarte ich gegen Sandhausen, dass auch mal der flache Spielaufbau probiert wird. Sobald der Ball dann im zweiten Spielfelddrittel angekommen ist, muss im letzten Spielfelddrittel mehr (geplant) rouchiert werden, um Räume und Dynamiken zu schaffen. Unser Spiel ist dort einfach zu statisch.

    Hier mal eine Idee von mir, wie man das Kaderpotential nutzen und in einen durchdachtes Aufbauspiel integrieren kann:
    Meißner hat einen brutalen Antritt. Er kann dann aus vollem Lauf nach 10 bis 15 Minuten sehr scharfe Druckpässe spielen. Das habe ich in der Liga schon zwei-, dreimal und im Trainings(-spiel) ebenfalls gesehen.
    Viele Gegner spielen gegen uns ein Mittelfeldpressing, d.h. sie stellen unseren Sechserraum zu, damit die Bälle von der ersten Aufbaulinie nicht flach in den Sturm weitergeleitet werden können. Die Folge ist dann meist, dass die Bälle lang nach vorne geschlagen werden (mit all den Nachteilen). Diese Kompaktheit im Mittelfeld könnte man mit Meißner sprengen: Im flachen Aufbauspiel bleiben die AV und die Mittelfeldaußen maximal breit und hoch, ziehen ihre Mitspieler mit und "lockern" so die Formation des Gegners. Dann kippt Holland nach hinten zwischen oder neben die IV ab (Prost :bier:). Holland wird aber nicht angespielt, sondern sichert nur Meißner ab und zieht einen gegnerischen Mitttelfeldspieler mit (typische Mannorientierung in 90% aller deutschen Profimannschaften) und damit einen Raum im Mittelfeld frei. Meißner wird nun passend in den Lauf angespielt und dribbelt mit Vollspeed in den freien Raum. Der andere Sechser (Albutat?) bewegt sich ebenfalls raumöffnend und stellt seinen direkten Gegenspieler vor unerwartete Probleme (orientiere ich mich zum Ball oder bleibe ich bei Albutat?). Im gleichen Moment löst sich vorne ein Stürmer, der von Meißner direkt mit einem Druckpass angespielt wird. Schon bin ich flach und sicher im letzten Spielfeldrittel. Anschließend gibt es die typischen Folgebewegungen des zweiten Stürmers/Zehners und des ballnahe Außen (Dreiecksbildung, Doppelpass, Direktspiel, etc). Der restliche Mannschaftsverbund zieht sich sofort nach Druckpass in die Spitze zusammen, um Verbindungen herzustellen und sofort ins Gegenpressing zu gehen, falls der Ball verloren wird.

    Der Vorteil dieses Spielzugs wäre der Überraschungsmoment und die Tatsache, dass man durch Meißners Athletik und Passgeschwindigkeit sehr schnell große Räume überbrücken und Dynamiken schaffen kann. Man hätte für Sekundenbruchteile Verwirrung beim Gegner geschaffen und feste Zuordnungen aufgebrochen. Genau dieser Moment muss dann jeder einzelne Spieler nutzen, um sich freizulaufen und den Gegner auseinander zu spielen.

    Solche Spielzüge sind natürlich nur möglich, wenn man geordnet von hinten aufbaut und die Formation nicht irgendwie vom wilden Anlaufen und Pressen total zertreut ist. Das ist die ewige Leier vom schlechten Ballbesitzspiel.
     
    Zuletzt bearbeitet: 26 November 2015
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  26. Rupert E. Riebenstein

    Rupert E. Riebenstein Ribbenist

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    Thomas Meißner, der weiße Jerome Boateng?! :D
    Auf jeden Fall eine interessante Variante, zumal Meißner das Selbstbewusstsein hat so was auch noch zu probieren wenn es schon 2 mal schief gegangen ist. Was ja passieren kann...
     
  27. Kees Jaratz

    Kees Jaratz Landesliga

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    Und noch was für die Grundlagen weil @ChristianMoosbr oben, beim Übersehen des Offensichtlichen, mehr an Zorniger erinnert wurde und in diesem Zorniger-Verriss bei Zeit-Online ein Satz steht, der mich wiederum an Lettieri erinnert: "Vielleicht erkennt Zorniger nicht, ob ein Spieler gut, sehr gut oder eben mittelmäßig ist." War eine Steilvorlage für die Meissner-Bomheuer-Diskussion ;-)

    http://www.zeit.de/sport/2015-11/alexander-zorniger-vfb-stuttgart-entlassung-robin-dutt

    Und: @Schimanski, mir gings nicht um das Hineinrufen, sondern um den Input beim Training. Mir ging es um den Hinweis, dass nicht das Ausmaß der wahrgenommenen Korrekturen ein Wert an sich ist, der die Trainingsqualität bestimmt. Banal: Passgenaues Training ist wie jede Pädagogik, den einzelnen immer ein ganz klein wenig überfordern. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Schwierig zu bestimmen diesen Punkt in der Gruppe, wenn es um den Kopf jedes einzelnen geht, wie bei der Taktik.
     
  28. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    @Kees Jaratz

    Ich möchte bewusst nicht wieder eine neue Runde aufmachen, was Bomheuer vs Meißner angeht, weil ich das Gefühl habe, die sind gerade erst wieder dabei, den Bomheuer unauffällig über Kurzeinsätze zu stabilisieren. Ich würde aber dem Vergleich Zorniger/Lettieri auch anhand anderer Personalien widersprechen können, denn sowohl in Liga drei als auch in Liga zwei hat es bei uns immer wieder Leute mit eklatanten Leistungsschwankungen gegeben.

    Ich glaube, die mittlerweile bekanntlich an ein Ende gekommene Lettieri-MSV-Story ist gerade auch eine Geschichte der unerwarteten Comebacks, die dafür steht, wie sehr doch Lettieri, anders als Zorniger, seine Spieler aufbauen und deren spezielle Qualitäten optimal nutzbar machen konnte. Aktuell ist da sicher Grote der augenfälligste Mann, der zwischendurch so lange abgemeldet war, dass ihn viele schon für einen hielten, der nicht mehr in die erste Mannschaft gehört.

    Ich glaube, alles was man mit Lettieri verbinden kann, ist eigentlich das Gegenteil von dem, was neuerdings gern Laptop-Trainer genannt wird. Lettieri war bekanntlich früh als Fussballer gescheitert und hat seither schon Jahrzehnte, im relativ gesehen unterklassigen Bereich, sein Geld verdient. Er hat zunächst aus der Not eine Tugend machen müssen, und sich dann auf dem Platz die Reputation erworben, die ihn zu höheren Aufgabenstellungen führte. Für mich eine Karriereart, die einen eher unempfänglich für Grössenwahn macht. Auch seine Zeit als Assistent bei Meier, den man wohl nahezu als den abgebrühten Praktiker unter den Fussballtrainern schlechthin bezeichnen kann, spricht für mich dafür, dass man in der Branche seinen Sachverstand schätzt, und weniger seine revolutionären Ideen.

    Was tendenziell hier aus dem Taktikthread im wesentlichen als Forderung an Lettieri, besser gesagt den Trainer des MSV im allgemeinen, hervorgeht, ist folgerichtig eher die Aufforderung, interessanter, das heisst wohl auch neumodischer und waghalsiger, spielen zu lassen. Nicht wenige waren ja letzte Saison auch schon davon enttäuscht, wie lange es mit Lettieri, trotzdem er im Vergleich zu Baumann bestimmt einen gravierenden Fortschritt an Spannung, Gefälligkeit und Abwechslung an die Wedau brauchte, vorwiegend darum ging, dass wir die Spiele nicht verlieren, statt sie in Zeichen setzender, berauschender Manier öfter mal zu gewinnen.

    Vielleicht ist es für einen wie Lettieri, ohne Erfahrung als Cheftrainer in Liga zwei, aber tatsächlich schwer gewesen, sich vor allem dem rasanten Umschaltspiel konzeptionell anzunähern. Hier würde ich den gravierendsten Unterschied zur dritten Liga sehen. Ich würde auch sagen, dass sich hier in ein paar Jahren viel getan hat, dass etwa das Spiel auch schon bedeutend anders aussieht im Vergleich zu dem, als Ivo Grlic in der zweiten Liga noch ein sehr guter Spieler gewesen ist. Dass man dies zu Anfang vielleicht unterschätzte, und demzufolge logischer Weise auch Spieler falsch einschätzte, würde ich unumwunden zugestehen.

    Ich glaube aber auch, dass solche Anpassungen viel viel schwieriger sind, als man gemeinhin annimmt. Der Konsum einer Serie von Montagsspielen bei Sport 1 reicht jedenfalls bestimmt nicht dazu aus, sich auf so etwas vorzubereiten. Kommt dann noch Pech und der Zwang zum wöchentlichen Improvisieren hinzu, ist schnell alles auch erklärt, ohne dass es des Faktors Trainer-Grössenwahn bedarf. Hier sind Ausgangslage und Verlauf beim VFB sicher völlig anders gewesen. Insbesonders Robin Dutt scheint dort auch ein mitentscheidender Faktor zu sein. Der ist schon länger da, und hätte das, was mit Zorniger nicht funktionieren kann, erkennen und abstellen müssen. Dass Grlic mit seiner Verwurzellung bei uns ähnlich blauäugig mit solch einem gravierenden Defizit Lettieris umgegangen sein könnte, mag ich nicht glauben.

    Zorniger soll ja gerade daran gescheitert sein (ich hab es ehrlich gesagt im Detail nicht verfolgt) dass er so rückhaltlos auf eben diesen räuberischen Stil eines Hasardeurs, für den wohl nach wie vor am meisten Klopp steht, gesetzt hat, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Optionen seine Mannschaft eigentlich bietet. Lettieri hingegen ist es nach dem anfänglichem Gegentorsegen ziemlich zügig gelungen, wieder eine stabile Defensive zu bauen. Die beste Defensive hatten wir auch schon in Liga drei. Was ihn letztlich den Kopf gekostet hat, war das Ausbleiben von Torchancen und erfolgreichen Torabschlüssen. Also letztendlich mehr Zorniger, als machbar war.
     
  29. born2die

    born2die Kreisliga

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  30. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Nicht nur ergebnistechnisch, sondern auch taktisch gab es gegen Sandhausen den erhofften Befreiungsschlag. Ja, der MSV kann auch Ballbesitzfussball :happy:

    ABER! Es war Sandhausen. Eine Mannschaft, die selbst den Ball nicht haben möchte und sich über eine etwas unmodern anmutende passive und tiefe Verteidigung definiert, was dem MSV den ruhigen Spielaufbau natürlich erleichterte, das Eindringen in das letzte Spielfelddrittel hingegen erschwerte. Aber Gruev hatte sich trotzdem einiges einfallen lassen. Dazu später mehr. Zurück zu Sandhausen. Sie haben mit dieser reaktiven Taktik schon 25 Punkte geholt und anhand der Konter in Halbzeit 1 war auch zu erahnen, wie sie das vollbracht haben. Überhaupt sollten uns die 25 Punkte in 15 Spielen von Sandhausen ein Vorbild sein. Wenn wir in den restlichen 18 Spielen auf die gleiche Punktzahl kommen, sollte der Klassenerhalt realistisch sein. Dass wir uns nicht nur vom Marktwert, sondern auch taktisch und individuell mit solchen Gegnern messen können, hat das gestrige Spiel ja eindrucksvoll gezeigt.

    Das Abenteuer geduldiger Spielaufbau ging Gruev in der gewohnten 4-4-2/4-2-3-1-Mischformation an. Aber es gab innerhalb der Formation einige kleine Anpassungen, die die eigentlich ungünstig flache Staffelung des 4-4-2 auflösen und somit das Kombinations- und Dreiecksspiel erleichtern sollten. Zum einen war das typische Abkippen (Prost :bier: ) eines Sechsers (meist Holland), so dass sich eine Aufbaudreierreihe ergab. Das Abkippen wurde aber nicht stur, sondern situativ und auch flexibel (mal zwischen mal neben die IV) gestaltet. Aber selbst wenn das Abkippen nicht stattfand, staffelten sich die Sechser auf unterschiedlicher Höhe. Albutat spielte leicht rechstlastig eher auf der Achterposition. Passend zu Hollands tieferer Postion spielte Wolze links sichtbar höher als Feltscher rechts, was den generellen Stärken der beiden (Wolzes Dribbeldynamik, Feltschers Passroutine) gut entgegenkam. Somit ergab sich eine diagonal leicht verschobene Formation, die aber trotzdem eine gleichmäßige Raumbesetzung und einige potentielle Verbindungen ermöglichte.

    Das erinnerte schon fast an das Positionsspiel von Pep. Hinzu kamen noch einige Positionsrochaden und eine flexible Flügelbesetzung. Ein Außenspieler gab Breite, der andere turnte in den Halbräumen rum. Ziel war es die Sandhausener Formation aufzulockern und deren Mannorientierungen zu bespielen. Gerade Wolze und Bröker zeigten sich da in ihrer Positionsfindung sehr flexibel. Lohn der Mühen war z.B. der Druchbruch von Wolze nach ca. 10 Minuten, der nur durch ein Foul kurz vor der Strafraumgrenze ausgebremst werden konnte. Daraus ergaben sich dann die vier Ecken in Folge.

    Die rechte Seite wirkte auf mich im Bewegungsspiel etwas unharmonischer. Chanturia lief oft etwas kontextlos und zeitweise unnötig ballfordernd statt verbindungssuchend durch die Räume. Trotzdem war die Seite gefährlicher, weil Chanturia einfach unberechnbarer spielte und Albutat oft unterstützend nachstoß. Während Bröker und Wolze meist linear auf ihren starken Fuß ziehen, ist Chanturia in alle Richtungen unterwegs. Interessant war auch eine Variante als Bajic den langen Ball andeutete, Chanturia mit Tempo in die Mitte und den Gegenspieler mitzog und Feltscher dann in den freien Raum nachstieß.

    Und dann war da noch unser falscher Zehner Janjic. Falsch deswegen, weil er eigentlich nie auf der Zehn, aber sonst überall war. Er versuchte Zonen zu überladen, Verbindungen herzustellen und Dynamiken am Leben zu halten. Er ging leider viele Wege unnötig und vergeblich, war aber trotzdem maßgeblich an der Riesenchance von Onugebu beteiligt. Albutat wurde von Bohl im Halbraum angespielt. Chanturia wurde in diesem Moment von dem anlaufenden Sandhäuser in den Deckungsschatten genommen. Den einzig offenen Passwinkel lief Janjic an und verlagerte dann direkt auf Chanturia, der dann ins Dribbling ging. Fantastisch.

    Aber nicht nur formativ legte Gruev die Grundlagen für längere Ballbesitzphasen. Auch strategisch. Das ganz große Risiko wurde oft gemieden wurde und stattdessen die Ballzirkulation am Leben gehalten wurde. Frühe Verlegenheitspässe auf den Flügel (die viele Gegner als Auslöser zum Pressen und Raumverdichten nehmen) wurden vermieden. Stattdessen wurden nochmal hintenrum gespielt und der Weg durch die Mitte gesucht.

    Der Lohn in Form von drei Toren hat natürlich nur indirekt etwas mit dem Ballbesitzansatz zu tun (ein Standard, zwei Konter), aber man hat z.B. nach dem 1:0 gesehen wie befreit die Mannschaft aufspielte. Diese Sicherheit kommt nicht von ungefähr. Die Basis hat man in den 60 Minuten davor gelegt. Zudem gab es keine gelben Karten und kaum taktische Fouls. Man kontrollierte Ball und Gegner und spielte endlich mal konstruktiv.

    In Leipzig wird es trotzdem ein ganz anderes Spiel. Leipzig ist in der Spielweise so ziemlich das Gegenteil von Sandhausen. Trotzdem habe ich mich riesig über die Ballbesitzansätze mit vielen kleinen, feinen Details - sei es formativ oder gruppentaktisch - gefreut. So kann`s weiter gehen...
     
    Zuletzt bearbeitet: 30 November 2015
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  31. streifeneseldeluxe

    streifeneseldeluxe Regionalliga

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    @Schimi
    Dank für die wiedermal erhellende Analyse.
    Wenn das alles tatsächlich bewußt vom Coach so beabsichtigt war und nicht lediglich eine Begleiterscheinung,
    einer vielleicht erhöhten Laufbereitschaft in Verbindung mit neuen Impulsen durch einen wiedererstarkten Janjic,
    fühle ich mich nachträglich bestätigt mit der Forderung nach einem Trainerwechsel und bedauere, das dies nicht min. 3 Wochen
    früher erfolgte.
    Spannend zu sehen, ob TIG nun gegen einen völlig anders agierenden Gegner eine angemessene taktische Flexibilität nachweisen kann.
     
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  32. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Ich fand Janjic in Halbzeit 1 ziemlich blass. Er war zwar umtriebig, aber hatte kaum Bindung zum Spiel. Durch die zwei Scorer-Punkte in Halbzeit 2 ist er auch in der öffentlichen Wahrnehmung (Spieler des Tages im Kicker, Ritterschlag von Dietz) zum Sinnbild für den spielerischen Wandel geworden. Interessanterweise sagte mein Nebenmann im Stadion beim Stand von 0:0 noch zu mir, dass Onugebu in der Sturmspitze alleine auf verlorenem Posten steht, was ja als indirekte Kritik an Nebenmann Janjic zu werten ist.
    Nichtsdestotrotz sollte das Spiel jedem vor Augen führen, wie wichtig es für Janjic ist, wenn er eine Freirolle bekommt und ihn zu enge Positionsvorgaben eher hemmen.

    Einen Vergleich Lettieri - Gruev finde ich zum jetzigen Zeitpunkt trotzdem verfrüht. Auch Lettieri hätte gegen Sandhausen vermutlich anders spielen lassen als gegen Kaiserslautern. Auch Gruev hat gegen Freiburg und Düsseldorf kaum auf Ballbesitz gespielt, sondern ziemlich viel Bolz&Press spielen lassen.

    Trotzdem fällt halt auf, dass Gruev sich Gedanken gemacht hat, wie er ein vernünftiges Ballbesitzspiel hinbekommt. Vor allem die Asymmetrie habe ich bei Lettieri in dieser Konsequenz nicht gesehen. Zudem war auffällig, dass die AV weniger in der tiefen Ballzirkulation eingebunden waren. Bei Lettieri isolierte man sich oft unnötig früh auf den Flügel. Auch die Raumbesetzung war gleichmäßiger. Bei Lettieri gab es oft eine zweigeteilte Mannschaft. Das sind zwar alles nur Nuancen, aber es nährt zumindest bei mir die Hoffnung, dass Gruev mehr Fussball spielen lassen will.

    Das Problem was ich mit dem Hau-Ruck-Fussball von Lettieri immer hatte, war die Unberechenbarkeit, die Abhängigkeit von Glück, Zufall und individuellen Momenten. Wenn es einmal läuft, ist alles gut (wie zum Ende der Aufstiegssaison), aber wenn man der Wurm drin ist, fragst du dich wieso und es ist nicht so leicht die Gründe für die Krise zu finden bzw. sie abzustellen. Es fehlt dann einfach an Nachhaltigkeit und gewachsener Sicherheit in den Abläufen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 1 Dezember 2015
  33. HJG

    HJG Landesliga

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    Man bedenke,Gruev hatte gegen Freiburg fast keine,gegen F95 wenig mehr und nun gegen Sanddingens deutlich mehr Zeit im taktischen Bereich zu arbeiten.
    Von daher wundert es mich nicht das die Fortschritte nun deutlich besser zu erkennen sind.
     
  34. ChristianMoosbr

    ChristianMoosbr 3. Liga

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    Ich glaube, man kann es hier letztendlich auch nicht davon abtrennen, dass mit Gruev wieder ein frischer Mann an der Taktiktafel steht, der auch für die Spieler einen Hoffnungsträger verkörpert. Schliesslich sind die ja bei allem Profitum auch normale Menschen, die eher etwas glauben, das neu und erfolgversprechend daherkommt. Gerade, wenn du in der Krise steckst, ist das ja oft ein Zaubermittel, obwohl es rein über die Psychologie läuft, und sich nicht objektiv etwas grundsätzlich verändert hat.

    Ich persönlich glaube, dass die Tatsache, dass unsere Leute jetzt höher gegen den Ball stehen, dass dieser besser läuft, dass der richtige Moment zum Umschalten plötzlich wieder erkannt wird, auch einfach mit Mut zu tun hat. Eventuell, das ist aber dann extrem spekulativ, würde mit einem genau umgekehrten Szenario, sprich, Lettieri wäre die Ablösung für den auf die Misserfolgsschiene geratenen Gruev gewesen, dessen erdigerer, sagen wir mal Konterfussball, als das, was neuen Mut bringt, zur Geltung kommen.

    Man sieht es in Gladbach, wo sich der penible Favre in starren Strukturvorstellungen anscheinend festgerannt hatte, und die Spontaneität von Schubert als Kontrastprogramm derzeit ungeahnte Kräfte freisetzen kann. Ordnung ist immer dann ein wohltuendes Element, wenn es vorher eher chaotisch war, dies kann aber, zumindest ein bisschen, auch umgekehrt funktionieren. Zuletzt in Lautern hat Gruevs Lehrherr Kosta Runjaic für ziemlich emotionalen Stau und langweiligen Ergebnisfussball gestanden, nicht mehr für einen Neubeginn.

    Vielleicht ist es bei Fussballmannschaften zuguterletzt nicht anders wie bei Frauen in der Krise: wo die sich ne neue Frisur verpassen lassen, um sich wieder sexy zu fühlen, muss es dort ein Trainerwechsel sein. Hier wie dort ist immer das das richtige, was funktioniert.
     
  35. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Da ist etwas Wahres dran. Deswegen funktioniert ein Neururer auch immer. Er profitiert dabei von der Arbeit der Vorgänger.

    Auch für Schubert war die Amtsübernahme in Gladbach ein wahrer Glücksfall. Die Mannschaft ist enorm gut ausgebildet. Nicht nur taktisch-strukturell, sondern auch in vielen grundlegenden Sachen wie Ballan- und Mitnahme, Freilaufverhalten, offene Stellung, etc.. Aber erst wenn Schubert es schafft, genauso lange wie Favre in Gladbach zu bleiben, ist er für mich ein großer Trainer.

    Trotzdem bin ich der Meinung, dass ein Trainer, der auf eine klare Spielidee setzt, vorzugsweise ballbesitzorientiert, eine größere Chance besitzt, mehr als anderthalb Saisons zu überdauern.
    Solche Trainer sind aber spätestens nach einer erfolgreichen Amtszeit sofort zu teuer für den MSV. Deswegen ist es nachvollziehbar, dass Grlic immer auf unverbrauchte Namen setzt...
     
    Zuletzt bearbeitet: 2 Dezember 2015
  36. shanghai

    shanghai 3. Liga

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    Und wieder schlägt es bei Überzahl durch die Mitte ein... .

    Gerade heute muss man die Frage stellen: Warum sind da so viele im 16er?

    Lieber weniger, die aber dran an den Leuten.

    Man kann über Rata sagen was er will aber auf der Linie kann er was, d.h. zu 6 Schüsse im Raum blocken zu wollen nimmt ihm höchstens die Sicht. Wie gesagt, lieber besser an den Leuten dran sein.
     
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  37. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    Das "Problem" beim Gegentor war im Ursprung das hohe Zustellen des Hamburger Aufbauspiel. Das wurde ja schon im Hinspiel meist erfolgreich praktiziert. St.Pauli hat dann lange Bälle geschlagen, die meist gut eingesammelt wurden. Wie damals unter Lettieri fand ich diese Taktik passend, denn St.Pauli fehlten defintiv die Möglichkeiten sich unter Gegnerdruck über Flachpass nach vorne zu kombinieren.

    Ich habe kurz vor dem Gegentor zu meiner Frau und meinem fussballbegeisterten Sohn gesagt: "Und jetzt schauen wir uns mal das Hamburger Aufbauspiel an!" und mich dabei armeverschränkend zurückgelehnt. Ich war mir sicher, dass auch dieses Mal der MSV den Ball früher oder später erobern werden würde. Leider kam es genau in dieser Szene anders. St.Pauli fand eine Lösung, die Räume hinter unserer hochstehenden Offensivreihe konnten bespielt werden, der Angriff nahm Dynamik auf, die Zuordungen wurde gelockert und irgendwann hatte dann einer freie Schussbahn. Und weil man die Hamburger 60 Minuten lang wirklich erfolgreich vom eigenen Tor fern hielt (egal ob aus Umschaltmomenten oder dem Aufbauspiel heraus), ist das Gegentor doppelt bitter.

    Grundsätzlich war die Hamburger Taktik mit der passiven, tiefen Verteidigung ziemlich antiquiert, wenn auch schlussendlich erfolgreich. Das hatte zum einen die Folge, dass der MSV hinten gut aufbauen konnte und so viel Ballbesitz und Spielkonktrolle hatte, zum anderen aber Geduld brauchte, um die Lücken in der Kompaktheit vor dem Hamburger Tor zu finden. Das gelang bekanntermaßen nur sproradisch. Trotzdem hatte der MSV doppelt so viel Torschüsse wie St.Pauli.

    Ich habe im Spieltagsthread oft gelesen, dass uns einfach die Qualität fehlt. Ich habe in etwas das Gleiche nach dem Schlusspfiff gedacht: "Mehr ist einfach nicht drin." Trotzdem denke ich mittlerweile, dass wir das Spiel nicht wegen der Qualität verloren haben. Ich glaube der Grund lag einfach darin, dass du als Tabellenletzter im Kopf nicht so frei bist wie als Tabellenvierter. Kaum Selbstvertrauen, Verunsicherung, Druck. Das lähmt und verkrampft. St.Pauli war nicht besser, weder taktisch noch individuell. Aber sie haben ihre Chancen halt genutzt und genug Geduld und Entspanntheit gehabt, um auf diese Momente zu warten. Diese Lockerheit hast du im Abstiegskampf einfach nicht...:frown:
     
    Zuletzt bearbeitet: 28 Februar 2016
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  38. Franz

    Franz 3. Liga

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    DU-Mitte
    Das 0-1 sah deutlich nach einem einstudierten Spielzug aus. Es ging über etwa 5 Stationen und ausgerechnet der kleine blinde Giftzwerg steht am Ende dann mittig am 16er so blank, dass er sen ball noch in aller Seelenruhe annehmen und platzieren kann. Sämtliche Gegenspieler stehen miserabel zum Bal und Gegner, so dass die den schön diagonal übern Platz kombinieren können. Mindestens 3 mal war die Gelegenheit da, diesen zu stören, so wie Pauli das oft sehr bissig gemacht hat.
    Die Anwehr "dient" am Ende nur dazu, dem eigenen Torwart noch die Sicht zu nehmen.
    Ansonsten hat Pauli so passiv gespielt, wie noch kaum ein Gegner in den letzten Jahren.
    Den Grund dafür habe ich erst später im TV erfahren: die gesamte Stamm-Abwehr fiel aus!!!

    Und das konnten wir nicht nutzen. Warum? Wenn man solche eine neuformierte Defensive nicht mit 2 Spitzen bespielt, dann nimmt man sich doch die Chance, die mal in Schwierigkeiten zu bringen.
    Tomané rennt und macht und tut, aber ihm fehlt jegliche Unterstützung. Warum Janjic es derzeit nicht bringt weiß ich nicht. Allerdings geht das schon seit dem Winter wieder so, nach einem kleinen Zwischenhoch im Herbst.
    Wenn die 10 also nicht funktioniert, dann muss es eben über außen und auf ein starkes Zentrum gehen, mit Flanken und Kopfbällen. Da aber war ein echtes Loch, kein Ball fand Abnehmer.
    So reicht es tatsächlich nicht, ist aber ein dicker taktischer Fehler, einfach zu leicht zu verteidigen. Der Aufwand ist immens, aber es kommt kaum ein Ball aufs Tor.
    Torschüsse sind das eine, Chancen im Sinne von gefährlichen Anschlüssen AUF den Kasten gibt es aber fast nie. Bitter!!!
     
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  39. shanghai

    shanghai 3. Liga

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    Die grundsätzliche Qualität des Kaders reicht aus. Das Spiel war über weite Strecken ordentlich.

    Aber dann sagt der Moderator noch so treffend: Duisburg schiebt jetzt weit raus - und nach dem Abschlag weit nach rechts!

    Aus dieser Ansage heraus schaffen es die Paulianer prompt schnell nach vorne zu kommen UND DIE SEITE zu wechseln.

    Trotzdem sind zum Zeitpunkt des Tores immerhin 8 Zebras im Strafraum und hinter dem Ball - gegen 6 Paulianer - d.h. obwohl wir sehr hoch standen, sind im Grunde reichlich genügen Spieler zurück. Aber über den ganzen Angriff hinweg verlieren wir die Zuordnung.

    Links haben wir zuerst keinen Zugriff, weil Wolze eingerückt war, was ich bei zwei 6ern fragwürdig finde, worauf Pogge außen alleine zwei Paulianer im Blick behalten muss und nun entsteht Panik - Albutat versucht raus zu rücken.

    Wolze kommt nun doch, worauf Albutat abbremst, d.h. Wolze nicht absichert, aber auch nicht wieder in die Mitte geht.

    Wolze verliert seinen ungestüm geführten Zweikampf worauf Pogge leider die meiner Meinung nach falsche Entscheidung trifft, seinen Mann außen gehen zu lassen und zudem nicht anzugreifen.

    Gefühlt handelt Pogge richtig, da ich instinktiv natürlich versuche den Angriff nach außen zu drücken.

    Falsch ist es, da zentral Albutat ja auf den Ballführenden angehen könnte und Pogge hinter sich noch Özbek hätte - Außen ist jetzt dagegen niemand mehr, und Außen bedeutete hier leider Strafraumaußengrenze... .

    Der Ball geht prompt auf Dudziak der sofort in den Strafraum zieht. Meise muss raus und drückt Dudziak grundsätzlich ziemlich gut wieder hinter.

    Aber in diese an sich sehr gute Aktion hinein rückt nun als Sargnagel noch Özbek (wie vorher Albutat) vollkommen wirkungslos zusätzlich nach außen.

    Hilft Meise nichts, aber macht die Mitte nun endgültig auf.

    Kurz vor dem Tor stehen wir so auf (aus unserer Sicht) links 6 gegen 2 während im Zentrum und rechts nurnoch 2 gegen 4 stehen... (einer der 2 ist übrigends Chanturia...;) ).

    Was man da natürlich einbeziehen muss, ist, dass in diese Handlungskette zwei Spieler einbezogen sind, die neu im System sind.

    Trotzdem werden in dieser schnellen Rückwärtsbewegung der Reihe nach von Wolze, Albutat, Pogge und Özbek ohne Zugriff ihre Positionen aufgegeben
    Wir haben im ganzen Spielzug nur den Ball im Blick, nicht die Gegner.
    - und so steht der Torschütze am Schluss blank.
     
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  40. Was mir auch immer wieder auffällt und mich in Bezug auf Profifussball fassungslos macht:

    Unsere Spieler stimmen sich in keinster Weise ab, wer denn bei einem Angriff an den kurzen Pfosten rennt und wer an den langen Pfosten oder wer im Rückraum lauert auf den in den Rücken der Abwehr gespielten Ball !

    Da ist nichts Systematisches zu erkennen. Auch gegen Pauli gab es eine Szene, als fünf unserer Spieler sich nach Ecke/Freistoß (weiß nicht mehr genau) in Richtung Fünfer bewegen, während der Rückraum am 16er völlig verwaist war.
    Da regte ich mich schon in dieser Szene darüber auf, noch bevor der Pauli-Abwehrspieler den Ball beim Abwehrversuch nicht richtig traf und die Pille durch den Strafraum mittig Richtung 16er-Linie rauskullerte.
    Jede andere Mannschaft hat da einen Spieler postiert, der genau auf diese Abpraller spekuliert und dann mit nem schönen Anlauf das Spielgerät mit Höchstgeschwindigkeit Richtung Kasten prügelt.

    Auch in Fürth gab es eine Situation, wo Tomané links über den Flügel kam und sich zwei Duisburger in den Strafraum bewegten. BEIDE liefen den kurzen Pfosten an und der Ball wurde von Tomané eigentlich völlig clever in den Rückraum gespielt.
    Jeder A-Jugendliche lernt doch, dass bei 2 Spielern, die in den Strafraum laufen, der hintere Spieler dann nicht kurz geht und das dem vorderen Kollegen überlässt und man selbst sich etwas zurückfallen lässt, um dann im Rückraum als Anspielstation zu dienen.
    Oder etwa nicht ?

    Beim MSV fehlt es derzeit allein schon an so vielen Kleinigkeiten aus dem Fussball-1x1, die selbst im Amateurbereich blind Anwendung finden, aber wenn der Trainer - wie heute im WAZ-Interview zitiert - "keine Zeit hat, um Standards zu trainieren", dann wundert mich das auch nicht mehr.

    Da wir uns mit schlecht getretenen Standards auch um die wenigen Möglichkeiten in der Offensive berauben, kann man wohl lange darauf warten, dass der MSV mal ein oder gar zwei Spiele gewinnen wird. Denn dazu müsste man pro Spiel wohl ein halbes Dutzend Torchancen generieren, um dann zwei Tore zu erzielen, denn ein Tor wäre für einen Dreier für uns zu wenig, da wir immer für mindestens ein Gegentor gut sind.

    Da scheinbar an den Möglichkeiten, über Standards zum Erfolg zu kommen, gar nicht gearbeitet wird, können wir unsere Hoffnungen auf einen Klassenerhalt meiner Meinung nach bereits heute begraben.

    Unfassbar, dass unser Trainer so etwas auch noch in der Öffentlichkeit zum Besten gibt. Ich kann mich an keinen Trainer hier beim MSV erinnern, der sich in solch kurzer Zeit bei mir bereits jeglichen Kredit verspielt hat.
     
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  41. sempertalis

    sempertalis Regionalliga

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    Die Aussage mit den Standards hat mich auch irritiert.
    So weit ich mich recht erinnere, gehörte das Einüben
    von Ecken und Freistößen zu den Dingen im Training,
    die mir am meisten Spaß gemacht haben. Sicher auch
    deswegen, weil es nicht mit so viel Rennerei verbunden
    war. Eben aus diesem Grunde kann man für solche
    Dinge auch ganz wunderbar Sonderschichten einlegen.
    Das belastet die Spieler körperlich nicht besonders.
    Das ist eigentlich nur eine Frage des Fleißes. Ich hoffe
    nicht, dass es daran mangelt. Denn dann brauchen wir
    hier über Perspektiven nicht mehr weiter zu diskutieren.
     
  42. 666alex

    666alex Landesliga

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    Da hier ja ein paar Taktikfüchse unterwegs sind, mal eine Laienfrage:

    Mir fällt bei gegnerischen Ecken immer wieder auf, dass sich die komplette Mannschaft am/im eigenen Sechzehner aufhält. Dabei will es nicht in meinen Kopf, warum man nicht zumindest EINEN schnellen Stürmer gen Mittellinie plaziert?! Dieser würde mindestens 2 gegnerische Spieler binden und somit schonmal die Abwehr entlasten. Darüber hinaus hätte man so zumindest mal die Möglichkeit, nach einem Befreiungsschlag den Ball zu erobern oder mit ganz viel Glück sogar einen Konter zu fahren.

    Stattdessen igelt man sich im eigenen Sechzehner ein und nimmt sich meiner Meinung nach einige Möglichkeiten.

    Übrigens habe ich dieses Verhalten auch bei gegnerischen Mannschaften schon beobachtet, was den Schluss zulässt, dass meine Ansicht eventuell falsch und/oder veraltet ist...

    Was sagen die Experten hier?
     
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  43. Schimanski

    Schimanski 3. Liga

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    @666alex: Sehe ich auch so. Ist mir am Sonntag auch mehrfach aufgefallen. Ich gehe davon aus, dass das eine klare Anweisung war und einer Idee folgte (Überzahl im Strafraum schaffen, St.Pauli rauslocken, in Sicherheit wiegen und dann aus der Tiefe mit Tempo kommen).
     
  44. zebra-süd

    zebra-süd Regionalliga

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    Ich kann nicht so ganz verstehen, warum alles immer eine taktische Anweisung sein muss. Vielleicht hatte man einfach nur Angst vor einem Gegentor ...
     
  45. ThinkPad

    ThinkPad Landesliga

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    Zitat bei Sky:
    das Abwehrverhalten des MSV beim Tor vom FSV Frankfurt - ohne Worte.

    Ich bin seit jahrzehnten Fan dieses Verein und habe lange überlegt was ich zu dieser Leistung jetzt schreibe:

    Wenn unsere Mannschaft nach diesem Saisonverlauf gegen die schlechteste Heimmannschaft dieser Liga nach fünf Minuten wieder zurück liegt und man sich den weitern Spielverlauf anschaut,
    handelt es sich nicht um Unvermögen sondern Vorsatz.

    Alle Spieler auf dem Platz und vor allem dieser unfähige Trainer sollten jetzt und sofort den Verein verlassen.

    Ich will euch nicht mehr im MSV Trikot sehen ! ! !
     
  46. Kiwi0025

    Kiwi0025 3. Liga

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    Wir haben weder eine taktische Ausrichtung noch eine Spielanlage.

    Nicht einmal Kampf ist zu erkennen
     
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  47. Rumelner

    Rumelner MSVPortal-Team Mitarbeiter

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    Ohne Kampf und Einsatz wären die Tore zum 2:3 und 3:3 nie gefallen, die wurden erzwungen.
    Anderes Thema ist die Defensive, da muss man einfach eine andere Ausrichtung erwarten für den Rest der Spiele und einen möglichen Neuanfang in Liga 3.
     
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  48. MusaMH

    MusaMH 3. Liga

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    Man sollte jetzt trotzallem die Standarts trainieren vorallem die Eckbälle. Heute hatten wir wieder 14 Eckbälle zu unseren Gunsten und da muss einfach mehr dabei rumkommen. Es ist ja nicht so das wir nicht beim Gegner vors Tor kommen. Wenn schon nicht genug aufs Tor geschossen wird dann müssen wir halt darüber kommen. Ilja, sieh zu das die unsrigen jetzt schnellstmöglich die Standarts verbessern. Chanturia bringt schon gute Ecken in den 16er jetzt müssen die nur noch verwertet werden. Also bitte wenn nötig Überstunden schieben. Danke!!!
     
  49. zebbrafreund61

    zebbrafreund61 Kreisliga

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    Sorry MusaMH, aber IG hat keine Zeit um Standards einzuüben. Er ist mit anderen Dingen schon ausgelastet genug :-(
     
  50. shanghai

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    Für mein Dafürhalten stimmt aktuell schlicht die Abstimmung von Verteidigung und DM nicht mehr.

    Özbek funktioniert in Aufbau und Gegenpressing sehr, sehr gut, im Strafraum ist er aktuell eher unkontrolliert unterwegs.

    Die Angriffe kommen fast immer über rechts.

    Dann verschieben wir und die DMs stehen mir dabei erstens zu tief zweitens zu weit außen und ohne Zugriff. Außen stehen wir so in den ersten Toren wieder 3 gegen 1 - und können den Ball doch nicht verhindern, während Mitte und Rückraum weitgehend frei sind.

    Sollten da dann Chanturia und Bröker sein?

    Ich weiß es nicht. So ist es zopflos und eine erschreckend leicht zu spielende Einladung.

    Rechts würde ich trotz der gezeigten Unsicherheiten letztlich Wolze doch wieder vor Pogge spielen lassen. Dann Tomane auf rechts und Stani mit dem King in der Mitte. Der Rest wie gehabt.
     

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