MSV DUISBURG
Kohler wünscht sich Ahn
Duisburg (RP). Die Kulisse war überschaubar. Gerade mal 3142 Zuschauer verloren sich in der feinen MSV-Arena. Aber das Medieninteresse beim eher unspektakulären Termin hatte beeindruckendes Ausmaß. Als der MSV seine Generalprobe beim letzten Test gegen den slowakischen Meister Artmedia Bratislava ablieferte für den Bundesligastart am Samstag beim VfB Stuttgart, stand Jürgen Kohler für die ersten Minuten der Partie im Mittelpunkt.
Der Weltmeister von 1990 gilt als Hoffnungsträger im Kampf gegen den drohenden Absturz zurück in die zweite Liga, wo das arme Zebra fünf Jahre lang ein tristes Dasein führte. Jetzt soll der frühere Weltklasse-Verteidiger die Mannschaft zum rettenden Ufer führen. Eine heikle Aufgabe. Zu schwer?

MSV-Trainer Jürgen Kohler.
„Nein“, sagt der 40-Jährige, „wir haben eine realistische Chance, die Liga zu erhalten.“ Bei gerade mal zwölf erreichten Pünktchen am Ende der Hinrunde ein gewagter Ausblick, aber Kohler hat in den ersten Wochen seiner Tätigkeit für frischen Wind gesorgt. Zu mehr Ertrag reichte es für den Aufsteiger nicht angesichts Abwehrschwächen, die sich zu 31 Gegentreffern summierten. Nach einem Studium fast aller Spiele, das sich Kohler über Weihnachten auferlegte, war klar, wo der Defensivspezialist den Hebel ansetzen würde.
Mit dem rumänischen Nationalspieler Mihai Tararache (FC Zürich) und dem Stuttgarter Talent Marco Caligiuri wurden zwei defensive Mittelfeldspieler geholt, die beim abschließenden Test gegen Bratislava schon den Beweis erbrachten, warum sie verpflichtet wurden.
„Starke Jungs, gut ausgebildet, technisch stark, zwei Treffer“, kommentierte mit Andreas Zachhuber Kohlers Assistent, der Hansa Rostock früher zwei Mal vor dem Abstieg rettete. Auch er sagt: „Unser vorrangiges Ziel ist es für die Rückrunde, defensiv kompakt zu stehen.“ Dass es auch zielstrebiger nach vorne gehen muss als im ersten Halbjahr, versteht sich. Ohne Tore keine Punkte.
Verstärkungen geholt, mit Ivanovic, El Kasmi, Michalke und Rietpietsch gleich vier Zebras aussortiert - Jürgen Kohler krempelt die Ärmel hoch. In Vereins-Chef Walter Hellmich findet er breite Unterstützung. Der Bauunternehmer greift zum Winter tief in die Vereinskasse, betont aber, dass er sich nicht übernehme, dass sich alles im Rahmen des Machbaren bewege. Nicht ausgeschlossen ist, dass mit dem Hachinger Abwehrmann Aygün noch ein dritter Profi zur Kräftigung der Abwehr kommt, dass es außerdem noch einen neuen Stürmer gibt. Das soll der sükoreanische Volksheld Jung-Hwan Ahn sein, der beim FC Metz unter Vertrag steht, aber Jürgen Kohlers Wunschspieler ist. Der 30-Jährige erlangte Berühmtheit, als er bei der WM 2002 im eigenen Land gegen Italien im Achtelfinale das Golden Goal erzielte und anschließend von seinem italienischen Arbeitgeber Perugia gefeuert wurde. Hellmich: „Wenn beide kommen, ist das personelle Paket für die Rückrunde festgezurrt.“
Im Fachblatt Kicker meinten bei einer Umfrage 88 Prozent der Leser, der MSV werde der erste Absteiger sein am Saisonende. Nach dem Start in Stuttgart gibt es im ersten Heimspiel 2006 gegen Lautern ein Abstiegsderby. Starke Nerven sind dann gefragt. Kohler hat sie als Profi oft unter Beweis gestellt. Als Trainer-Novize steht er in der Verantwortung, eine Mannschaft auf den richtigen Pfad zu führen und auf Erfolg zu trimmen. Die Chancen stehen höchstens 50:50, dass der MSV erstklassig bleibt. Wenn’s klappt, hätte Kohler seinen Trainer-Einstand in der Bundesliga bestanden.