Nur noch 16 Mannschaften, mindestens sechs Deutsche in jeder Elf
Blatter plant Bundesliga-Revolution
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BILD: In der Bundesliga oder Premier League gibt es Klubs, die ohne einheimische Spieler auflaufen. Ist das der richtige Weg?
Blatter: „Ich denke, diese Entwicklung ist gefährlich. Wir müssen am Beispiel der Bundesliga dahin zurückkommen, daß in jedem Klub mindestens sechs deutsche Spieler auf dem Platz stehen. 6+5! Das ist die Formel der Zukunft.“
BILD: Steht dem nicht das EU-Gesetz mit dem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes entgegen?
Blatter: „Ich kenne diese Argumentation, aber ich teile sie nicht. Europa sagt, der Fußballer ist ein Arbeiter. Und ein Arbeiter kann überall hingehen, wo er will. Das stimmt schon mal nicht. Ein Schreiner oder ein Maler können irgendwo hingehen. Aber ein Fußballer kann nur seinen Beruf ausüben, wenn er zehn andere bei sich hat. Sonst kann er sein Geld nicht verdienen. Das ist ein Thema, das in der Politik jetzt behandelt wird.“
BILD: Die Bundesliga hat 18 Mannschaften. Spanien, Italien, Frankreich und England sogar 20. Welche Zahl ist ideal?
Blatter: „Ideal wären 16 Mannschaften in allen nationalen Ligen an. Beim Kongreß 2007 muß darüber gesprochen werden. Denn der Markt und die Spieler vertragen auf Dauer nicht soviel Fußball.“
Sepp Blatter
BILD: Weltweit runter auf 16?
Blatter: „Genau! Die Fifa kann das vorschreiben. Natürlich mit einer Übergangszeit. Wir müssen den nationalen Fußball reduzieren für ein besseres Gleichgewicht zwischen Klub- und Nationalmannschaftsfußball und damit mehr Erholungszeit für die Spieler entsteht. Das ist auch der Wunsch vieler Klubs. Die sagen aber, die Fifa muß es befehlen – sonst passiert es nie. Das können sie gerne haben.“
BILD: In Deutschland haben viele kleine Klubs die Sorge, daß die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Sehen Sie auch diese Gefahr?
Blatter: „Das Problem besteht, absolut. Darum bin ich dagegen, daß man Fernsehgelder leistungsmäßig verteilt. Alle sollen gleichviel bekommen. Wenn die Liga-Verantwortlichen sagen, du kannst in unserer Liga mitspielen, kriegst aber weniger als die großen Klubs, dann ist das unfair. In Deutschland, Frankreich, England, Italien und Spanien ist die Meisterschaft doch fast schon entschieden. Die Chancen-Gleichheit schwindet.“
BILD: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sagt aber, er braucht mehr Geld, weil er sonst die Stars nicht bezahlen kann, die er braucht, um in Europas Spitze mitzuhalten.
Blatter: „Wenn er es sagt... Was man in Bayern sagt, ist ja ein ziemliches Evangelium. Im Ernst: Das Geld-Gefüge stimmt nicht überall. Wir prüfen da jetzt noch genauer. Woher kommt das Geld? Wem gehört der Klub? Wer hält die Rechte an einem Spieler? Vieles kann nicht so weiterlaufen wie bisher. Wenn Klubs nur noch das Geld ausgeben dürfen, das sie besitzen, fallen auch die Preise für Stars wieder.“
BILD: Sind die Fußballer überbezahlt?
Blatter: „Prinz Edward hat mich gefragt, ob es moralisch sei, wenn ein Fußballer 150000 Euro in der Woche bekommen würde. Ich habe geantwortet: Wenn der Klub das Geld wirklich eingenommen hat und an den Spieler weiterreicht, stört es mich nicht. Aber Stars auf Pump – das geht nicht. Da werden wir einschreiten.“
BILD: Was wird sich im Fußball noch verändern? Noch mehr Komfort für die Zuschauer?
Blatter: „Die Stadien in Deutschland sind natürlich fantastisch! Aber ich glaube, daß der nächste Schritt nur noch eine Frage der Zeit ist. In Zukunft sollten nur noch Stadien mit verschließbaren Dächern und Kunstrasen gebaut werden. Das erhöht den Komfort und ermöglicht die Nutzung durch Konzerte oder andere Veranstaltungen. Ein Stadion muß die ganze Woche leben.“
BILD: Bleiben Sie ein Gegner des Video-Schiedsrichters?
Blatter: „Ich bin weiterhin dagegen, daß jede Entscheidung per Video überprüft wird. Dann wären nach zwei Wochen die Stadien leer, weil die Fans nichts mehr zu diskutieren hätten. Ich bin aber dafür, daß wir technische Hilfsmittel bei der Entscheidung über Tor oder kein Tor zulassen. Der italienische Verband möchte uns eine Kamera vorstellen, die 100 Bilder pro Sekunde machen kann. Das könnte was sein. Denkbar wären auch zwei zusätzliche Schiedsrichter hinter der Torauslinie. Jeder wäre für einen Strafraum zuständig.“
BILD: Zum Abschluß noch eine Frage zu Franz Beckenbauer: Wird er neuer Uefa-Präsident?
Blatter: „Ja, der Franz. Er ist nicht nur ein Freund, sondern auch ein Komplize. Ich habe allerdings noch einen Freund und Komplizen: Michel Platini. Sie müssen verstehen: Da muß ich mich enthalten. Zumal ich glaube, daß Lennart Johansson noch vier Jahre weitermacht.“
Das Gespräch führten die BILD-Redakteure Alfred Draxler und Matthias Brügelmann
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