Die Gründung der „Stadt Ruhr”

Swethearty

Kreisliga
Gelsenkirchen. Das Ruhrgebiet soll ein Parlament und einen Repräsentanten bekommen, fordert der Verein Pro Ruhrgebiet. Eine bürgerschaftliche Initiative will für das Projekt Einheit begeistern

Treffen sich 550 Bürger und gründen eine Stadt. Auf diese Weise soll ja auch die Schweiz entstanden sein vor ungefähr 700 Jahren – per Eidesschwur unter Genossen – warum also nicht die „Stadt Ruhr”? Das Ruhrgebiet soll auf die Landkarte – auch wegen der Außenwirkung....

http://www.derwesten.de/nachrichten/waz/rhein-ruhr/2008/11/5/news-88687148/detail.html

was denkt ihr darüber?
 
Ich erkenne hier immer wieder den Wunsch einiger, zum Gigantismus. Der Mensch als Individuum braucht es wohl am wenigsten. Wirtschaftlich mag es tatsächlich Vorteile geben, aber spätestens bei der Verteilung von Fördergeldern und Co. brechen die Gräben dann wieder auf...
 
Eine "Ruhrstadt" wäre lediglich der politische Vollzug des Faktischen. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir in einem der größten mitteleuropäischen Ballungsraum leben – und dieser Ballungsraum eben noch dichter ist, als das im allgemeinen darunter verstanden wird.

Es ist schlicht eine Notwendigkeit die Zusammenarbeit im einer derartigen Form zu institutionaliseren, denn die losen Verbände, wie KVR etc, haben das Problem erwartungsgemäß nicht lösen können. Da siegen immer noch die regionalen Egoismen und der Parteienproporz.

Als Beispiel für die Fehlentwicklungen kann man den Wahnsinn um Centro und Multicasa nehmen. Erst baut Oberhausen Europas größte Shoppingmall (weil sie aufgrund der seltsamen Städteplanung und später Zusammenführung kein wirkliches Citycenter hatten) und bedroht damit die gewachsenen, wenn auch unterentwickelten, Strukturen in den Nachbarstädten und Stadtteilen. Duisburg will kontern und plant dann eben ein doppelt so großes, ganze 10km Luftlinie enfernt.

Wir können diesen Lebens- und Wirtschaftsraum Ruhr eben nur gemeinsam entwickeln. Konkurrenz belebt hier eben nicht das Geschäfft, sondern sorgt für Reibungsverluste. Subventionsmitnahme und Provinzialität.

Es ist kein Gigantismus, wenn man sich vorstellen kann, dass eine 6-Millionen Metropole es nicht nötig hat, sich auf Dauer von "Dörfern" wie Köln oder Düsseldorf eine lange Nase drehen zu lassen. Solange man aber in Essen und Duisburg die Straßenbahnen auf einer unterschiedlichen Spurbreite fahren lässt…
 
Ich halte die Gründung einer "Ruhrstadt" für nicht wirklich sinnvoll. Die sollten erst mal die drei Regierungsbezirke (Düsseldorf, Münster, Arnsberg) und die beiden Landschaftverbände (Düsseldorf, Münster) abschaffen! Das Ruhrgebiet wird durch fremde, den Ruhrgebiet gar nicht zugehörige Städte, regiert! Dies sollte der erste Ziel sein!
Dann kann man über eine weitere "Vernetzung" nachdenken!
 
"Historisch betrachtet ist das Ruhrgebiet immer von außen kleingehalten worden; " Ach nee, von wem denn? Von den Nazis? Den Düsseldorfern? Den Kölnern?


"erst in den 60er Jahren wurde dieser Riesenansammlung von Menschen ihre erste Universität gestattet." Ach, das ist also "kleinhalten". Vielleicht hatten die Menschen 1945 - 1960 andere Probleme, als Universitäten zu gründen. Und überhaupt: Wer hat es ihnen denn zuvor verboten?

"die Bürger sollen direkt ein Ruhrparlament wählen; das Ruhrgebiet brauche außerdem einen Repräsentanten." Welche Kompetenzen soll dieses Parlament denn haben? Gibt es dann ein Parlament für´s Ruhrgebiet und den Landtag für Rest-NRW? Die EU hat auch einen Repräsentanten. Der heißt, glaube ich, Solana. Schon mal gehört?

"und fordert konsequenterweise vom Land NRW ein eigenes Budget für die neue Institution." Keiner weiß, was das Ruhrparlament eigentlich machen soll, aber erst mal vom mit zig Milliarden verschuldeten Land Geld fordern.

"und sollen sich auch ganz normale Bürger beteiligen." Genau, solange das ganze so unausgegoren ist, können die Befürworter nicht "ganz normal" sein. Eins ist sicher: Es würde eine ganze Menge neue Posten, Pöstchen und Pfründe geben, die jede Menge Geld verschlingen, genau wie bei unserem vielköpfigen Kader. Allein die Gegenleistung steht in den Sternen.
 
So eine Sache kann nur dazu fuehren, dass die Woerter Eifersucht, Missgunst, Vetternwirtschaft und Schmiergeld ganz neue Dimensionen erreichen.

Warum nicht gleich den Rheinbund wieder auferstehen lassen ? Paar Kilometer nach Norden und Sueden und man hat schon ein napoleonisches Grundgeruest. Vielleicht koennte man das auch Ruhr-Hanse nennen..

Alles Quatsch, dafuer gibt es nicht ein vernuenftiges Argument, es sei denn, man ist verschoehrerisch auf einem Separatisten Kurs...:D
 
Die Umwandlung in nur noch drei Regierungsbezirke war ja bereits auf den Weg bebracht worden, ist aber dann (mal wieder) unter den Tisch gefallen. Hier wäre das Ruhrgebiet zumindest ein eigener Regierungsbezirk geworden. Das hätte nicht alle Probleme gelöst, aber wäre der richtige Weg gewesen, wenn man die Fremdbestimmung ernsthaft hätte reduzieren wollen. Dummer Weise haben die Volksparteien SPD und CDU daran kein Interesse, da sie hier Macht und, noch wichtiger, Posten verloren hätten.

Bürokratievermeidung und Verhinderung von Pöstchenschieberei sind keine Argumente gegen eine größere Selbstbestimmtheit und Zusammenführung des Ruhrpotts, sondern es sind Argumente dafür.

Universitäten an der Ruhr sind auch ein gutes Beispiel. Warum wurde den Menschen an der Ruhr denn der Zugang zu höherer Bildung bis in die 60er Jahre so erschwert? Warum wurden klassische Standorte, wie Köln, Düsseldorf, Aachen und Münster immer hofiert? Die Landesregierung hat den Pott leider viel zu lange als reines Malocherloch betrachtet, den Strukturwandel verpennt. Die Einführung der Universitäten an der Ruhr kam ja dann genau aus diesem Grund: Die Montanindustrie war in ihrer klassischen Größe und Ausprägung nicht mehr zu retten!

Dies ist dann mal ein seltenes Beispiel für sinnvolle Strukturpolitik. Nicht nur, dass Hochschulstandorte eine Anziehungskraft auf Unternehmen haben, sie schaffen auch direkt Arbeitsplätze. Eine Studie hat mal ergeben, dass allein am Campus Essen 10.000 Arbeitsplätze hängen. Nicht nur direkt in der Uni, sondern eben auch drumherum, von der IT-Firma, über den Copyshop, das Cafe, die Kneipe, den Putzkräften, Gartenbauern, Gas- und Wasserinstallateuren, bis zu Busfahrern und Lokführern. Warum wird Nokia Geld in den Allerwertesten geblasen, anstatt weitere Standorte in Oberhausen, Gelsenkirchen etc. zu eröffnen?

Die Verkehrsplanung ist vielleicht das augenfälligste Beispiel für die Verplanungstendenzen unter den Seperatisten rund um ihre Posten, Kirchtürme und Rathäuser. Wir brauchen keine DVG, keine EVAG, keine BoGeStra und keine StOAG, wir brauchen eine RVG!

Das lässt sich fast ins Unendliche weiterführen: Was ist mit den Schauspielhäusern und Philarmonien? Es gibt deren jeweils 5-6, viele davon gut, fast alle defizitär und regelmäßig von der Plaeite mindestens bedroht. Wirklich mit Kulturstandorten mit vergleichbarer Bevölkerungszahl konkurrieren kann aber keiner. Ich persönlich finde das schade.

Reden wir doch mal über die Loveparade. Das Ruhrgebiet freut sich, statt in Berlin ravet sie jetzt an der Ruhr. Ist zwar eigentlich nicht mein Ding, aber freuen tut es mich trotzdem. In Essen klappte die Parade selbst dann auch recht gut: Breite Straßen, und der Berliner Platz als Ort der "Abschlusskundgebung". Am Bahnhof dann aber die Ernüchterung: Erfahrene Loveparade-Besucher machen sich über das Verkehrschaos lustig "Das hätte es in Berlin nicht gegeben", "War ja klar, dass die das hier nicht auf die Reihe kriegen". Dann ging es nach Dortmund. Seltsamer Ort, auf der B1, sonstige Straßen oft zu eng. Ich laß einige Interviews mit den DJs, Tenor: Für eine Stadt wie Dortmund eigentlich ganz o.k., mehr war halt nicht drin.

In zwei Jahren kommt die Parade nach Duisburg. Die Verantwortlichen schwitzen schon. Zwar hat man es geschafft, der übliche Unsinn, die Parade durch den Pott wandern zu lassen, so wirklich Gedanken wie das gehen soll, hat man sich offensichtlich nicht gemacht. Es zählte mal wieder der Gedanke: Rund um meinen Kirchtum muss das auch gehen, sonst gönne ich es auch den anderen nicht. Man hatte die lose Idee, die Sache rund um den Innehafen zu machen. Wo gibt es hier denn bitte einen Platz, der ausreicht, mehrere Hundertausend Menschen aufzunehmen? Welche Straßen sind hier breit genug? Reichen 901, 903, die Barracke, die sich Hauptbahnhof nennt und ein paar Busse über den Rhein wirklich aus, um den Andrang zu verkraften? Mal Ehrlich: Man hätte es bei Essen belassen sollen. Diese zentrale Stadt im Ruhrgebiet kann das noch am ehesten schlucken. Duisburg wohl leider am wenigsten, architektonisch nicht, und wegen der problematischen Vernetzung insbesondere zum Niederrhein nicht.

Aus diesen Gründen ist mir selbst ein eigener Regierungsbezirk eigentlich zu wenig. Es sollte mindestens eine gemeinsame Stadt sein. Ideal wäre vielleicht sogar der Status eines Stadtstaates, wie Hamburg oder Berlin. Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Interessen niederrheinischer und westfälischer Landwirte, Kölner und Düsseldorfer Metropolenphantasten eben unseren Interessen zuwider laufen. Es ist in unser aller Interesse, wenn es uns gelingt, das in Teilen der Bevölkerung ja durchaus vorhandene Gemeinschaftsgefühl an der Ruhr auch im Sinne unserer gemeinsamen Interessen in politische Strukturen zu überführen. Das wird nicht alles von alleine besser machen, denn Politik wird letztlich immer noch von Menschen gemacht, aber es würde zumindest die Chance dazu eröffnen.

Tatsächlich aber wird es nur eine Politik der kleinen Schritte geben. So ist das halt im Spiel um Macht und Einfluss. Wachsam sollten wir aber bei Konstrukten wie Regionalverbänden oder ähnlichem sein. Denn diese blähen leider zumeist nur den Wasserkopf auf, lösen wenige, schaffen aber teilweise neue Probleme. Das Problem muss von der Wurzel her angegangen werden, nämlich einer Regionalstruktur, die auf den Gegebenheiten zu Zeiten des Kaiserreichs beruht und schon seit Generationen obsolet geworden ist. Der Ruhrpott ist keine Ansammlung von Zechensiedlungen und Laubenpiepern rund um klassische Industriebetriebe mehr, er ist einer der größten Ballungsräume Europas, Hightech-Standort, internationale Logistikdrehscheibe und Sport- und Kulturzentrum. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum man so einen Ort wie ein Provinznest regieren sollte.
 
Und da kommt wieder das alte Thema...Kreis Wesel als RVR-Mitglied mit drin oder nicht? Dinslaken, Ka-Li und Moers Ruhrgebiet?

NIEMALS!!!

Bitte ohne uns den ganzen Kram!!!
 
Beispiele für größere urbane Zusammenschlüsse gibt es natürlich in Großbritannien: Greater London, Greater Manchester. Die sind auch hinsichtlich räumlicher Ausdehnung, Einwohnerzahl und der Verkehrsprobleme mit uns vergleichbar. Erforderlich sind hierfür aber praktikable und effiziente Verwaltungs- und Leitungsstrukturen, möglichst ohne Kompetenzüberschneidungen.
 
Aus diesen Gründen ist mir selbst ein eigener Regierungsbezirk eigentlich zu wenig. Es sollte mindestens eine gemeinsame Stadt sein...
In meinen Augen schprichst du aber auch viele Dinge in deinem Text an, wo der "Stadteil Duisburg" dann öfters das Nachsehen hätte.
Wir wären nunmal nur noch noch Randbezirk, die Gefahr ist groß, das wenn Veranstaltungen an Land gezogen werden, die wohl im Zentrum "Essen" abgehalten werden. Der gemeinsame Regierungsbezirk wäre meiner Meinung nach erstmal die bessere Wahl.

Gut zur Loveparade in Duisburg...Man könnte auch ein Formel 1 Rennen rund um den HBF, oder mal die Queen Mary II in den Duisburger Hafen einlaufen lassen. All das ist in Duisburg nunmal nicht möglich, bei der Loveparde wollte es nur irgendwie keiner sehen. :)
 
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