Die Umwandlung in nur noch drei Regierungsbezirke war ja bereits auf den Weg bebracht worden, ist aber dann (mal wieder) unter den Tisch gefallen. Hier wäre das Ruhrgebiet zumindest ein eigener Regierungsbezirk geworden. Das hätte nicht alle Probleme gelöst, aber wäre der richtige Weg gewesen, wenn man die Fremdbestimmung ernsthaft hätte reduzieren wollen. Dummer Weise haben die Volksparteien SPD und CDU daran kein Interesse, da sie hier Macht und, noch wichtiger, Posten verloren hätten.
Bürokratievermeidung und Verhinderung von Pöstchenschieberei sind keine Argumente gegen eine größere Selbstbestimmtheit und Zusammenführung des Ruhrpotts, sondern es sind Argumente dafür.
Universitäten an der Ruhr sind auch ein gutes Beispiel. Warum wurde den Menschen an der Ruhr denn der Zugang zu höherer Bildung bis in die 60er Jahre so erschwert? Warum wurden klassische Standorte, wie Köln, Düsseldorf, Aachen und Münster immer hofiert? Die Landesregierung hat den Pott leider viel zu lange als reines Malocherloch betrachtet, den Strukturwandel verpennt. Die Einführung der Universitäten an der Ruhr kam ja dann genau aus diesem Grund: Die Montanindustrie war in ihrer klassischen Größe und Ausprägung nicht mehr zu retten!
Dies ist dann mal ein seltenes Beispiel für sinnvolle Strukturpolitik. Nicht nur, dass Hochschulstandorte eine Anziehungskraft auf Unternehmen haben, sie schaffen auch direkt Arbeitsplätze. Eine Studie hat mal ergeben, dass allein am Campus Essen 10.000 Arbeitsplätze hängen. Nicht nur direkt in der Uni, sondern eben auch drumherum, von der IT-Firma, über den Copyshop, das Cafe, die Kneipe, den Putzkräften, Gartenbauern, Gas- und Wasserinstallateuren, bis zu Busfahrern und Lokführern. Warum wird Nokia Geld in den Allerwertesten geblasen, anstatt weitere Standorte in Oberhausen, Gelsenkirchen etc. zu eröffnen?
Die Verkehrsplanung ist vielleicht das augenfälligste Beispiel für die Verplanungstendenzen unter den Seperatisten rund um ihre Posten, Kirchtürme und Rathäuser. Wir brauchen keine DVG, keine EVAG, keine BoGeStra und keine StOAG, wir brauchen eine RVG!
Das lässt sich fast ins Unendliche weiterführen: Was ist mit den Schauspielhäusern und Philarmonien? Es gibt deren jeweils 5-6, viele davon gut, fast alle defizitär und regelmäßig von der Plaeite mindestens bedroht. Wirklich mit Kulturstandorten mit vergleichbarer Bevölkerungszahl konkurrieren kann aber keiner. Ich persönlich finde das schade.
Reden wir doch mal über die Loveparade. Das Ruhrgebiet freut sich, statt in Berlin ravet sie jetzt an der Ruhr. Ist zwar eigentlich nicht mein Ding, aber freuen tut es mich trotzdem. In Essen klappte die Parade selbst dann auch recht gut: Breite Straßen, und der Berliner Platz als Ort der "Abschlusskundgebung". Am Bahnhof dann aber die Ernüchterung: Erfahrene Loveparade-Besucher machen sich über das Verkehrschaos lustig "Das hätte es in Berlin nicht gegeben", "War ja klar, dass die das hier nicht auf die Reihe kriegen". Dann ging es nach Dortmund. Seltsamer Ort, auf der B1, sonstige Straßen oft zu eng. Ich laß einige Interviews mit den DJs, Tenor: Für eine Stadt wie Dortmund eigentlich ganz o.k., mehr war halt nicht drin.
In zwei Jahren kommt die Parade nach Duisburg. Die Verantwortlichen schwitzen schon. Zwar hat man es geschafft, der übliche Unsinn, die Parade durch den Pott wandern zu lassen, so wirklich Gedanken wie das gehen soll, hat man sich offensichtlich nicht gemacht. Es zählte mal wieder der Gedanke: Rund um meinen Kirchtum muss das auch gehen, sonst gönne ich es auch den anderen nicht. Man hatte die lose Idee, die Sache rund um den Innehafen zu machen. Wo gibt es hier denn bitte einen Platz, der ausreicht, mehrere Hundertausend Menschen aufzunehmen? Welche Straßen sind hier breit genug? Reichen 901, 903, die Barracke, die sich Hauptbahnhof nennt und ein paar Busse über den Rhein wirklich aus, um den Andrang zu verkraften? Mal Ehrlich: Man hätte es bei Essen belassen sollen. Diese zentrale Stadt im Ruhrgebiet kann das noch am ehesten schlucken. Duisburg wohl leider am wenigsten, architektonisch nicht, und wegen der problematischen Vernetzung insbesondere zum Niederrhein nicht.
Aus diesen Gründen ist mir selbst ein eigener Regierungsbezirk eigentlich zu wenig. Es sollte mindestens eine gemeinsame Stadt sein. Ideal wäre vielleicht sogar der Status eines Stadtstaates, wie Hamburg oder Berlin. Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Interessen niederrheinischer und westfälischer Landwirte, Kölner und Düsseldorfer Metropolenphantasten eben unseren Interessen zuwider laufen. Es ist in unser aller Interesse, wenn es uns gelingt, das in Teilen der Bevölkerung ja durchaus vorhandene Gemeinschaftsgefühl an der Ruhr auch im Sinne unserer gemeinsamen Interessen in politische Strukturen zu überführen. Das wird nicht alles von alleine besser machen, denn Politik wird letztlich immer noch von Menschen gemacht, aber es würde zumindest die Chance dazu eröffnen.
Tatsächlich aber wird es nur eine Politik der kleinen Schritte geben. So ist das halt im Spiel um Macht und Einfluss. Wachsam sollten wir aber bei Konstrukten wie Regionalverbänden oder ähnlichem sein. Denn diese blähen leider zumeist nur den Wasserkopf auf, lösen wenige, schaffen aber teilweise neue Probleme. Das Problem muss von der Wurzel her angegangen werden, nämlich einer Regionalstruktur, die auf den Gegebenheiten zu Zeiten des Kaiserreichs beruht und schon seit Generationen obsolet geworden ist. Der Ruhrpott ist keine Ansammlung von Zechensiedlungen und Laubenpiepern rund um klassische Industriebetriebe mehr, er ist einer der größten Ballungsräume Europas, Hightech-Standort, internationale Logistikdrehscheibe und Sport- und Kulturzentrum. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum man so einen Ort wie ein Provinznest regieren sollte.