Planung
Lebenswerte Stadt vom Reißbrett
WAZ Duisburg Süd, 09.12.2008, Text: Claudia Pospieszny; Fotos: Jürgen Metzendorf
Duisburg/Brandevoort. In Helmond gelang - und gelingt noch - den Stadtplanern ein urbanes Projekt in bislang einzigartiger Dimension. Duisburgs Stadtplaner wollen das Modell adaptieren und auf die Rangierbahnhofs-Brache übertragen
Keine Straße ist älter als fünf Jahre und doch sieht die eine, die zur anderen führt, aus, als wären Generationen auf ihr gegangen. Eine Stadt im Werden. Urbanes Leben vom Reißbrett mit Lebensqualität hohen Standards mit kurzen Wegen, Nahversorgung und - erholung, Sozialisationszentren wie Schulen, Kindergärten, einem Versammlungshaus nebst Theater, überdachter Markthalle, Einkaufsmeile. Brandevoort ist Reißbrett, ohne schnurgerade Wegeführung, ist Familienfreundlichkeit als Maßstab für ein gesamtstädtisches Modell, eine Stadtneugründung.
Alternative zu gesichtslosen Neubausiedlungen
Ein Modell, das jetzt seit zehn Jahren Stück um Stück greifbare Realität wird. Um selbst als Modell zu dienen. Gegenentwurf zu klein gedachten Ideen, ins Hinterland gewürfelten Einfamilien-Häusern, Neubausiedlungen mit 20, 30 Wohneinheiten über planierten Äckern und Gärten. Schließlich: Fläche, auf der dieser Traum en Miniature entstehen könnte, gibt es zwischen Bissingheim und Wedau ausreichend; das Modell, nein, die Idee des Modells zu adaptieren, hat sich das städtische Planungsamt auf die Fahne geschrieben.
Wohnbau in hochwertiger Ausführung, attraktiv als Zuzugsfläche (nicht zuletzt durch gute Verkehrs- und ÖPNV-Anbindung) für Menschen aus umliegenden Städten, für junge Familien, die gern hochwertig wohnen – aber nicht abgeschieden, denn wer in die Niederländische Neustadt zieht, wird Teil eines Ganzen, eines Wohngefühls, einer Sozial-Gemeinschaft. Und Duisburg ist nicht die einzige Stadt, die diesen Hattrick gern kopieren würde.
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Brandevoort ist Städtebau, wie Städtebautheoretiker ihn sich wünschen. Programmatisch konzipierte Stadtgründung mit Eigenheiten, ohne große Abweichungen, gestalterisch limitiert durch eine Satzung, die keinen Raum lässt für provokative Abweichungen in Glas und Stahl, nutzungsdurchmischte Urbanisation mit kleinen Gassen, die führen auf offene Plätze, mit Markthalle, umstanden von Nahversorgungs-Fläche, durchzogen von Kanälen, umstanden von Geschossbebauung und Stadthaus, die in Ringbauweise gruppiert sind. Abweichungen von der Generallinie, die vom Berliner Architektur-Büro Kohl und Krier definiert ist, sind nicht vorgesehen. Gibt es sie doch, sind sie als Fremdkörper im harmonischen Gesamtbild unschwer erkennbar. Etwa in einer der Grundschulen, stahlverkleidet.
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Wie es nun in Holland ist, soll es in Duisburg nicht werden, nicht bis ins Detail, doch in der Gesamtgestaltung.
Allein die leicht einsichtige Bebauung, die in den Niederlanden weit akzeptiert ist, dürfte in Deutschland floppen. Andere, attraktive Ansätze dürften funktionieren. Die autolose Stadt etwa; in Ringbauweise hat jeder Block seinen geschlossenen Hof, darin Raum für kleine Gärten, für abends Fahrzeuge und tags Spielfläche, ein Marktplatz, ein Ort für Versammlungen und Kultur. Abgeschlossenheit ohne abgeschottet zu sein.
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