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Kreisliga
Markolf bei Mainz im Profikader
Erster Gehörloser im deutschen Profifußball
Von Daniel Meuren
Stefan Markolf hat als erster Gehörloser den Sprung in den deutschen Profifußball geschafft. Während der 22 Jahre alte Verteidiger des FSV Mainz 05 in der Saisonvorbereitung noch um einen Stammplatz kämpft, wäre er in der Nationalmannschaft bereits gesetzt.
Stefan Markolf vom FSV Mainz 05
In einem harten Zweikampf während des Testspiels des FSV Mainz 05 gegen Eintracht Northeim knallen die Köpfe zweier Spieler heftig aneinander. Der Mainzer Stefan Markolf bleibt benommen liegen, bemerkenswerter noch als die Bemühungen des Physiotherapeuten um die Verfassung des Spielers ist das Verhalten des Mannschaftskameraden Milorad Pekovic.
Der Serbe sucht den Rasen nach einem Hörgerät ab, das Markolf bei dem Zweikampf verloren hat. "Da wären vielleicht 1500 Euro flöten gegangen, wenn Pekovic nicht gesehen hätte, dass das Ding rausgefallen ist", sagt Markolf hinterher lachend. Der 22 Jahre alte Profi ist auf zwei solche Geräte angewiesen, weil er von Geburt an taub ist.
Noch nie zuvor schaffte ein Kicker in Deutschland mit einer solchen körperlichen Beeinträchtigung den Sprung in den bezahlten Fußball. "Ich bin schon stolz darauf, dass ich das erreicht habe", sagt Markolf. "Jetzt möchte ich aber irgendwann natürlich auch den nächsten Schritt zum Stammspieler machen." Dem Defensivspieler kommt dabei zugute, dass er trotz seiner Behinderung über einen guten Gleichgewichtssinn verfügt.
Keine Irritation durch Zwischenrufe
Selbst mit den technischen Hilfen im Ohr nimmt er freilich seine Umwelt nur bedingt wahr. Im Verhalten auf dem Platz sieht man dem linken Verteidiger des FSV Mainz 05 seine Beeinträchtigung an: Markolf blickt sich deutlich mehr um als andere Kicker, er sucht öfter den Augenkontakt zu Mitspielern und stimmt mit Gestiken das Verhalten im Abwehrspiel ab. Manchmal überhört der Mainzer auch einen Schiedsrichterpfiff und spielt unbeirrt weiter. Sanktionen unterbleiben nur, weil sein Club vor dem Spiel den Schiedsrichter von der Behinderung in Kenntnis setzt. Vor allem fällt der Jungprofi aber dadurch auf, dass er während eines Spiels in sich zu ruhen scheint, selbst wenn gerade eine etwas hektischere Situation herrscht. "Ich habe gegenüber anderen Spielern den Vorteil, dass ich ich die ganzen Rufe von Mitspielern und von der Seitenlinie nicht höre", sagt Markolf. "Da rufen ja teilweise drei auf einmal, weil sie alle denken, dass sie am besten positioniert sind." Markolf sucht sich dann in aller Ruhe die seiner Meinung nach beste Anspielstation aus. "Stefan hat sicherlich gelernt, ein Spiel besonders gut zu lesen, weil er darauf mehr angewiesen ist als andere Spieler", sagt sein Trainer Jürgen Klopp.
Jürgen Klopp ist Markolfs Trainer bei Mainz 05
Diese Eigenschaften könnten dem in Witzenhausen unweit des derzeitigen Aufenthaltsortes der Mainzer im Trainingslager im thüringischen Teistungen geborenen Kicker helfen, in den kommenden Wochen seinen Traum von der Profikarriere mit den ersten Einsätzen bei den Profis zu verwirklichen.
Im Nationaldress gesetzt
Für den Sprung in die Nationalmannschaft braucht Markolf diesen Status als Stammkraft nicht unbedingt zu erreichen. Im Nationaldress ist Markolf nämlich gesetzt. Das hat der Bundestrainer der Gehörlosen-Auswahl dem möglichen Debütanten zugesichert. "Ich habe erst kürzlich davon erfahren, dass es so eine Mannschaft gibt", sagt Markolf. "Wenn ich das terminlich schaffe, werde ich da auf jeden Fall mal mitspielen. Es ist doch bestimmt cool, mal ein Nationaltrikot überzustreifen." Außerdem hofft Markolf, dass er seinen Nationalmannschaftskollegen vielleicht vermitteln kann, dass vieles möglich ist, was für einen Gehörlosen erst einmal nicht möglich scheint.
Der Spieler selbst führt seinen ungewöhnlichen Weg in den Profisport auf sein heimisches Umfeld zurück. Sein Vater ist Pädagoge und hat den Filius schon früh gefördert. Nach dem Besuch einer Kindergartengruppe für Hörbehinderte, wo er mit Hilfe von Logopäden seine nahezu einwandfreie Aussprache erlernt hat, besuchte er nur noch normale Schulen. Zudem hat er zwei ältere Brüder, denen Markolf nacheifern konnte. "Wäre ich ein Einzelkind oder das älteste Kind, wäre das sicher viel schwieriger geworden ohne diese besondere Herausforderung in der Familie. So habe ich gelernt, mich durchzusetzen." Eine ähnliche Strategie will der Kicker nun auch auf dem Weg vom Ergänzungsspieler zum Stammspieler anwenden. "Ich schaue mir bei den erfahrenen Kollegen soviel ab wie nur möglich." Außerdem klebt Markolf seinem Trainer an den Lippen - indes nicht aus übertriebener und kritikloser Hörigkeit gegenüber Jürgen Klopp. Nur durch diesen Blick auf den Mund des 40 Jahre alten Fußballlehrers bekommt Markolf genau mit, was sein Vorgesetzter fordert.
http://sport.ard.de/sp/fussball/news200707/19/markolf_070719.jhtml

Erster Gehörloser im deutschen Profifußball

Von Daniel Meuren

Stefan Markolf hat als erster Gehörloser den Sprung in den deutschen Profifußball geschafft. Während der 22 Jahre alte Verteidiger des FSV Mainz 05 in der Saisonvorbereitung noch um einen Stammplatz kämpft, wäre er in der Nationalmannschaft bereits gesetzt.


Stefan Markolf vom FSV Mainz 05
In einem harten Zweikampf während des Testspiels des FSV Mainz 05 gegen Eintracht Northeim knallen die Köpfe zweier Spieler heftig aneinander. Der Mainzer Stefan Markolf bleibt benommen liegen, bemerkenswerter noch als die Bemühungen des Physiotherapeuten um die Verfassung des Spielers ist das Verhalten des Mannschaftskameraden Milorad Pekovic.
Der Serbe sucht den Rasen nach einem Hörgerät ab, das Markolf bei dem Zweikampf verloren hat. "Da wären vielleicht 1500 Euro flöten gegangen, wenn Pekovic nicht gesehen hätte, dass das Ding rausgefallen ist", sagt Markolf hinterher lachend. Der 22 Jahre alte Profi ist auf zwei solche Geräte angewiesen, weil er von Geburt an taub ist.
Noch nie zuvor schaffte ein Kicker in Deutschland mit einer solchen körperlichen Beeinträchtigung den Sprung in den bezahlten Fußball. "Ich bin schon stolz darauf, dass ich das erreicht habe", sagt Markolf. "Jetzt möchte ich aber irgendwann natürlich auch den nächsten Schritt zum Stammspieler machen." Dem Defensivspieler kommt dabei zugute, dass er trotz seiner Behinderung über einen guten Gleichgewichtssinn verfügt.
Keine Irritation durch Zwischenrufe
Selbst mit den technischen Hilfen im Ohr nimmt er freilich seine Umwelt nur bedingt wahr. Im Verhalten auf dem Platz sieht man dem linken Verteidiger des FSV Mainz 05 seine Beeinträchtigung an: Markolf blickt sich deutlich mehr um als andere Kicker, er sucht öfter den Augenkontakt zu Mitspielern und stimmt mit Gestiken das Verhalten im Abwehrspiel ab. Manchmal überhört der Mainzer auch einen Schiedsrichterpfiff und spielt unbeirrt weiter. Sanktionen unterbleiben nur, weil sein Club vor dem Spiel den Schiedsrichter von der Behinderung in Kenntnis setzt. Vor allem fällt der Jungprofi aber dadurch auf, dass er während eines Spiels in sich zu ruhen scheint, selbst wenn gerade eine etwas hektischere Situation herrscht. "Ich habe gegenüber anderen Spielern den Vorteil, dass ich ich die ganzen Rufe von Mitspielern und von der Seitenlinie nicht höre", sagt Markolf. "Da rufen ja teilweise drei auf einmal, weil sie alle denken, dass sie am besten positioniert sind." Markolf sucht sich dann in aller Ruhe die seiner Meinung nach beste Anspielstation aus. "Stefan hat sicherlich gelernt, ein Spiel besonders gut zu lesen, weil er darauf mehr angewiesen ist als andere Spieler", sagt sein Trainer Jürgen Klopp.


Diese Eigenschaften könnten dem in Witzenhausen unweit des derzeitigen Aufenthaltsortes der Mainzer im Trainingslager im thüringischen Teistungen geborenen Kicker helfen, in den kommenden Wochen seinen Traum von der Profikarriere mit den ersten Einsätzen bei den Profis zu verwirklichen.
Im Nationaldress gesetzt
Für den Sprung in die Nationalmannschaft braucht Markolf diesen Status als Stammkraft nicht unbedingt zu erreichen. Im Nationaldress ist Markolf nämlich gesetzt. Das hat der Bundestrainer der Gehörlosen-Auswahl dem möglichen Debütanten zugesichert. "Ich habe erst kürzlich davon erfahren, dass es so eine Mannschaft gibt", sagt Markolf. "Wenn ich das terminlich schaffe, werde ich da auf jeden Fall mal mitspielen. Es ist doch bestimmt cool, mal ein Nationaltrikot überzustreifen." Außerdem hofft Markolf, dass er seinen Nationalmannschaftskollegen vielleicht vermitteln kann, dass vieles möglich ist, was für einen Gehörlosen erst einmal nicht möglich scheint.
Der Spieler selbst führt seinen ungewöhnlichen Weg in den Profisport auf sein heimisches Umfeld zurück. Sein Vater ist Pädagoge und hat den Filius schon früh gefördert. Nach dem Besuch einer Kindergartengruppe für Hörbehinderte, wo er mit Hilfe von Logopäden seine nahezu einwandfreie Aussprache erlernt hat, besuchte er nur noch normale Schulen. Zudem hat er zwei ältere Brüder, denen Markolf nacheifern konnte. "Wäre ich ein Einzelkind oder das älteste Kind, wäre das sicher viel schwieriger geworden ohne diese besondere Herausforderung in der Familie. So habe ich gelernt, mich durchzusetzen." Eine ähnliche Strategie will der Kicker nun auch auf dem Weg vom Ergänzungsspieler zum Stammspieler anwenden. "Ich schaue mir bei den erfahrenen Kollegen soviel ab wie nur möglich." Außerdem klebt Markolf seinem Trainer an den Lippen - indes nicht aus übertriebener und kritikloser Hörigkeit gegenüber Jürgen Klopp. Nur durch diesen Blick auf den Mund des 40 Jahre alten Fußballlehrers bekommt Markolf genau mit, was sein Vorgesetzter fordert.
http://sport.ard.de/sp/fussball/news200707/19/markolf_070719.jhtml