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Bewährungsstrafe für Nizza-Spieler Atal nach antisemitischem Post
Fußballprofi Youcef Atal solidarisierte sich im Netz mit Palästina – teilte dabei aber auch die Botschaften eines judenfeindlichen Predigers. Dafür wurde der vom OGC Nizza suspendierte Verteidiger nun verurteilt.
Was unterscheidet eigentlich Antisemitismus von Rassismus?
Rassismus bedeutet, jemand wegen bestimmter Merkmale wie Hautfarbe, sozialem Hintergrund, Lebensverhältnissen oder persönlichen Einstellungen als Mitglied einer Gruppe von Menschen zu markieren, die es in der deutschen Sprache definitiv nicht gibt, nämlich ihn einer "Rasse" zuzuordnen. Das ist im englischen Sprachraum anders, dort bedeutet "Race" mehr "Ethnie". In Deutschland wird "Rasse" nur für von Menschen gezüchtete Tiere verwendet, etwa werden Hunde in Rassen aufgeteilt. Frei lebende Tiere werden als "Arten" unterschieden.
Antisemitismus ist eine Worterfindung des späteren 19.Jahrhunderts, der zuerst von einer Gruppe judenfeindlicher Publizisten als Selbstbeschreibung erfunden wurde, auf die man mächtig stolz war. Insofern es keinen "Semitismus" gibt, ist das Wort eine relativ willkürliche Erfindung. Als Semiten bezeichnete man damals, und kann das im Prinzip noch heute tun, auch wenn es altmodisch klingt und nicht mehr allgemein verstanden wird, wissenschaftlich korrekt Menschen, die eine semitische Sprache sprechen - eine noch heute gegebene Sprachzugehörigkeit, zu der unter anderem die Araber genauso gehören wie die Israelis.
Die Leute, die "Antisemitismus" in, ich glaube Preussen, erfanden, waren allerdings darauf aus, damit die europäischen Juden zu markieren, insbesonders den Teil von Ihnen, der im Zuge der Entwicklung der Nationalstaaten eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Banken, Kreditvergaben für die Finanzierung der Industrialisierung, aber auch Kriegsanleihen und Friedenssicherung durch Wiederaufbauprojekte spielte. Mit dem Verlust der Privilegien des Adels kamen Konkurrenzgefühle gegenüber diesen vorwiegend staatstreuen Juden des Finanzwesens auf, deren angeblich geheimniskrämerisches und intrigantes Handeln man durch einen schlüssigen Begriff kennzeichnen wollte, mit dem man verdeutlichte: "Die stecken alle unter eine Decke". Es ging also um die Konkurrenz von Privilegien, um Vorrechte in der Nähe der Herrschenden, um verlorene und zu gewinnende Einflussphären.
Der Antisemitismus beruht auf dem Judenhass, ist aber nicht das Gleiche. Judenhass beruht im Wesentlichen auf dem Versuch der frühen Kirchenväter, Einfluss und Macht für den christlichen Glauben zu gewinnen. Da die Juden nicht an den Erlöser Jesus Christus glaubten, so war die Beweisführung, musste ihr Leben deutlich kläglicher, beschränkter, unglücklicher sein als das der Christen, auf die ja die Sonne der wahren Erkenntnis herableuchtete. Damit die Juden auch so elend aussahen, wie es der Eigenwerbung der Kirchenväter entsprach, wurden sie kurzerhand in Ghettos verbannt oder ganz vertrieben, bekamen viele berufliche Auflagen, durften sich nicht mit Christen vermischen, etc. Und wurden auch gelegentlich, etwa zu Zeiten der Kreuzzüge, in brutalen Pogromen gedemütigt, verstümmelt, verbrannt und ertränkt. Aber das blieben lokale Erscheinungen.
Der Unterschied zwischen Judenhass und Antisemitismus: Der Judenhass geht zuende, wenn der Jude sich taufen lässt, weil er ab diesem Moment eben auch von der "Gnade der wahren Erkenntnis" profitiert. Er ist im Prinzip ein "Ungläubiger", der aber bekehrt werden kann. Der Antisemitismus geht niemals zuende, denn er weist den Juden bestimmte Eigenschaften zu, die sie unabänderlich "im Blut" haben. Im Prinzip muss der Jude für den Antisemiten ausgerottet oder wenigstens so weit weg wie irgend möglich vertrieben werden, damit seine Geheimniskrämerei, seine Neigung zu Intrige und Betrug entschärft werden können und sich nicht mehr auf die übrige Gemeinschaft schädlich auswirken können.
Mit dem Antisemitismus ist also die Idee der Ausrottung der Juden in die Welt gekommen. Der Judenhass führte zwar auch zu schlimmen Progromen, aber transportierte keinen Ausrottungsgedanken, kein Element des Parasitären oder Untermenschen.
Rassismus wiederum ist dem Ursprung nach aus der Notwendigkeit vieler früher sogenannten Hochkulturen entstanden, Sklaven zu halten, um volkswirtschaftlich überleben und prosperieren zu können. Sklavenhaltung war zunächst oft das "natürliche" Ergebnis von Eroberungskriegen, und natürlich dichtete man den unterlegenen Feinden gern ein minderwertiges Menschsein an. Mit dem Aufkommen des Darwinismus wurde der Rassismus in wissenschaftlicher Verbrämung eine Zeitlang zu einer Art von Hobby für die europäische Upperclass, aber auch mit einem fanatischen Element von mythologischen Endkämpfen der Rassen seit dem Anbeginn aller Zeiten aufgeladen.
Das spiegelte früh die "Möglichkeiten" wieder, die dann im 20. Jahrhundert durch die rasant entwickelte Infrastruktur und die hierdurch möglich werdende Technokratisierung der Kriegsführung durch Hitler, Mussolini und japanische Oberbefehlshaber in fataler Weise verwirklicht wurde. Wobei die Opfer zumeist völlig wehrlos von der Übermacht überrollt wurden. Zu dem grandiosen Endkampf, der hier pathetisch von einer fanatischen Mörderbande beschworen wurde, gehörte auch, mit dem Maschinengewehr Greise, Frauen, Kinder und Babies in Grund und Boden zu schießen, in Kirchen einzuschließen, die dann abgebrannt wurden, in Viehwagons über Tage qualvoll verdursten oder sich zu Tode schuften zu lassen, zu vergasen, etc.
Ich glaube aber nicht, dass jeder Mensch, der etwas Rassistisches oder Antisemitisches sagt, per se darüber überhaupt vernünftig nachgedacht hat. Eigentlich sind wir alle darauf verpflichtet durch eine Vergangenheit, in der die fehlende Bereitschaft, erst nachzudenken und dann den nächsten Schritt zu tun, ziemlich viel Grauenvolles hervorgebracht hat. Aber trotzdem halte ich es für besser, Menschen auf ihre Fehler hinzuweisen, als sie sofort abzuurteilen, und sich die Gründe für das, was sie gesagt haben, auch anzuhören. War es unbedacht, steckt dahinter wirkliche Menschenverachtung?! Vor allem muss man ihnen auch erklären, was wirklich schlimm an manchen Sachen ist, die man gedankenlos sagt oder mit denen man sich vielleicht erhofft, aufzufallen oder zu provozieren. Man sollte nie davon ausgehen, dass das Gegenüber auch die Bücher darüber gelesen hat, die du kennst, die Filme gesehen, in der Schule bei Geschichte und Politik gut aufgepasst hat. Vor allem die Schule muss da viel gründlicher Wissen vermitteln. Geschichte muss ein Hauptfach werden, gleichgestellt mit Mathematik.