Trauerrede bei "Gala"
Türkei trauert um Jupp Derwall
Istanbul (RPO). Jupp Derwall war nicht nur in Deutschland ein beliebter Trainer, auch die Herzen der türkischen Verantwortlichen und Fans eroberte der ehemalige Nationaltrainer im Sturm. Der Tod von "Häuptling Silberlocke" hat am Bosporus tiefe Trauer ausgelöst.
Alle Zeitungen würdigten den ehemaligen deutschen Bundestrainer und Erfolgscoach von Galatasaray Istanbul, der am Dienstag im Alter von 80 Jahren gestorben ist, mit großen Fotos und Nachrufen auf den Titelseiten.
Vor allem der 14-malige Meister Galatasaray reagierte mit Bestürzung auf den Tod von "Häuptling Silberlocke". Beim Trainingsauftakt am Mittwochmorgen, als der neue Coach Karl Heinz Feldkamp die Mannschaft erstmals aufs Feld führte, hielt Präsident Özhan Canaydin eine Trauerrede. In der folgenden Schweigeminute versammelte sich die Mannschaft hinter einem gerahmten Bild Derwalls.
"Ich trauere um einen großen Trainer und guten Freund. Er war der Erste, der mich vor drei Wochen angerufen, mir gratuliert und Glück für mein Engangement bei Galatasaray gewünscht hat", sagte Feldkamp nach dem Training vor 1000 Zuschauern auf der Metin-Oktay-Sportanlage: "Derwall und die Türkei - das war eine gegenseitige Liebe. Seinen Einfluss kann man hier noch heute überall erkennen."
Sondersendungen bis tief in die Nacht
Der Traditionsklub, den Derwall zwischen 1984 und 1989 trainiert und zu zwei Meistertiteln sowie einem Pokalsieg führte, hatte am Dienstagnachmittag nach der Nachricht vom Tod des Deutschen das Programm auf seinem eigenen Fernsehsender unterbrochen und bis spät in die Nacht Sondersendungen gezeigt.
In einer Traueranzeige auf seiner Website schrieb der Klub: "Wir haben unseren großen Fußball-Lehrer verloren. Wir werden seine Arbeit und sein väterliches Wesen niemals vergessen. Er hat den türkischen Fußball in eine neue Ära geführt. Wir sind stolz, dass er Trainer bei uns war, und wir werden in seinen Fußstapfen weitergehen."
Derwall gilt als Wegbereiter des modernen Fußballs am Bosporus. Als er nach dem Vorrunden-Aus der Europameisterschaft 1984 als Bundestrainer zurückgetreten war, wechselte er als erster Coach von Weltruf in die Türkei und setzte dort neue Standards in Bereichen wie Taktik, Trainingslehre und Nachwuchsförderung. Unter anderem deshalb ist Derwall auch der erste Ausländer, dem der Sedat-Simavi-Preis, eine der renommiertesten und begehrtesten Auszeichnungen in der Türkei, verliehen wurde.
"Er war ein Architekt"
"Dass die Türkei bei der WM 2002 in Südkorea und Japan Dritter geworden ist, haben wir auch ihm zu verdanken", sagte Nationaltrainer Fatih Terim. "Er war ein Architekt des Fußballs", schrieb die Zeitung Milliyet, und Hürriyet würdigte Derwall mit den Worten: "Wir werden ihn immer lieben und niemals vergessen."
Mustafa Denizli, damals bei Galatasaray Assistent unter Derwall und später einer der erfolgreichsten Trainer der Türkei, sagte nach dem Tod seines Lehrmeisters: "Einen Freund wie ihn zu verlieren, tut unendlich weh, sein Tod verursacht ein Feuer in den Herzen aller Türken."
Derwall wird unterdessen am Montag im Rahmen einer Trauerfeier gewürdigt. Diese beginnt um 13.45 Uhr in der Pfarrkirche St. Konrad in Derwalls letztem Wohnort St. Ingbert im Saarland. Die anschließende Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
27.6.2007
http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/sport/fussball/nationalelf/452879