Spechti
3. Liga
Klinsmann beweist: Erfolg ist planbar
Aber der Bundestrainer mag die Hochachtung in Deutschland noch nicht genießen. Ihm fehlen zwei Siege. Erst dann hat er sein Ziel erreicht
von Peter Stützer
Harte Arbeit, großer Jubel: Jürgen Klinsmann
Foto: AP
Gestern dann die ZDF-Schalte nach Newport Beach, Kalifornien. Die Leute, 9000 Kilometer entfernt, haben Deutschland-Trikots an, schwenken Deutschland-Fahnen, singen Deutschland-Lieder und feiern den Deutschland-Trainer. "Jürgen, wir lieben dich!" schreit eine junge Frau in das Mikrophon des Reporters.
Zugegeben, die kalifornische Fan-Meile ist etwas kurz geraten, immerhin reicht sie bis zum "Cafe Alta", sie haben es nach eifriger Recherche tatsächlich ausfindig gemacht, das Cafe, in dem Jürgen Klinsmann immer seinen Cafe Latte trinkt. Toll. "Er wird jetzt sehr glücklich sein", so was weiß ein guter Wirt einfach über einen guten Kunden. Irgendwie sind sie jetzt alle auch ein bißchen Deutschland, die Leute in Kalifornien, zumindest diejenigen, die wissen, daß hier der Bundestrainer wohnt. Schön hat es der Klinsmann da drüben, das kommt jedenfalls rüber.
Als hätte jetzt auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen seinen Frieden mit Kalifornien gemacht. Sind die Bilder von Sonne, Sand und Meer im Verbund mit Jürgen Klinsmann nicht zwei Jahre lang Feindbilder im Neidrahmen gewesen? Haben die Kritiker den Bundestrainer nicht immer wieder gescholten, weil er sich am liebsten da aufhielt, wo er zu Hause war? Kritiker? Welche Kritiker? Perdu! Irgendwie sind sie im Taumel dieser WM verlustig gegangen. Jedes Tor, jeder Elfmeter mehr hat sie mundtot gemacht. Mausemundtod.
Klinsmann hat mit seiner Mannschaft das Halbfinale erreicht (Dienstag, 21 Uhr, in Dortmund), und das 5:3 nach Elfmeterschießen gegen Argentinien bringt unter vielen vor allem eine Erkenntnis: Klinsmann hat immer recht. Nicht, daß er das behaupten würde, aber was will man ihm noch vorhalten? "Jetzt wollen wir auch Weltmeister werden", sprach der Bundestrainer am Freitag noch einmal. Was ihm vor Monaten noch als Größenwahn ausgelegt worden war, ist heute eine Selbstverständlichkeit.
Zwischen Wollen und Können liegen manchmal Welten, der WM-Titel wäre deshalb eine ziemlich gute Pointe auf sein Tun, die letzte Pointe, die vorletzte hat er am Freitag in Berlin gesetzt. Als Jens Lehmann zwei Elfmeter der Südamerikaner gehalten hatte, war auch die letzte Personalentscheidung des Bundestrainers aufgegangen: die Berufung des Torhüters. Das hatte sogar Oliver Kahn eingesehen, erst gab er dem Rivalen die Hand, dann herzte er ihn anerkennend. Merke: Klinsmann hat immer recht.
Hallo Christian Wörns ("Falschspieler")! Hallo Peter Neururer ("Lehrling"). Hallo Sepp Maier ("Schleimer")! Erinnern wir noch mal kurz, wirklich ganz kurz, an all die Nörgler, die in den Monaten vor der WM nichts Besseres zu tun hatten, als den Bagger oder sonstwas aufzureißen, um Klinsmann ohne besseren Wissens an den Karren zu fahren. "Eine reine Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme für ehemalige Nationalspieler", hatte Rudi Assauer im Juli 2004 gemosert, als Klinsmann berufen wurde. Das Zitat nur noch mal für den Fall, das der Zigarrenkopf von sich geben sollte, das habe er schon immer gewußt, daß Klinsmann ein Guter sei. Assauer ist mittlerweile übrigens als Manager des FC
geschaßt worden. Er wäre für eine Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme ganz dankbar.
Klinsmanns Karriere als Bundestrainer ist bislang eine ziemliche Achterbahn gewesen, es ging rauf wie runter, zumindest in der öffentlichen Betrachtungsweise. Er selbst hat seinen Plan einigermaßen gradlinig durchgezogen, das Unternehmen Weltmeisterschaft akribisch vorbereitet, sich mit WM-reifen Beratern umgeben, auf moderne Management- und Marketingmethoden zurückgegriffen, und er hat bereits jetzt be- wiesen, daß Erfolg planbar ist. Dazu braucht es Experten, Mut zum Risiko, einen Dickschädel, die nötigen finanziellen Mittel und nicht zuletzt das passende Personal auf dem Rasen. Passend heißt: Es müssen nicht die Besten sein, die die Richtigen sind.
http://www.wams.de/data/2006/07/02/941423.html
Aber der Bundestrainer mag die Hochachtung in Deutschland noch nicht genießen. Ihm fehlen zwei Siege. Erst dann hat er sein Ziel erreicht
von Peter Stützer

Harte Arbeit, großer Jubel: Jürgen Klinsmann
Foto: AP
Gestern dann die ZDF-Schalte nach Newport Beach, Kalifornien. Die Leute, 9000 Kilometer entfernt, haben Deutschland-Trikots an, schwenken Deutschland-Fahnen, singen Deutschland-Lieder und feiern den Deutschland-Trainer. "Jürgen, wir lieben dich!" schreit eine junge Frau in das Mikrophon des Reporters.
Zugegeben, die kalifornische Fan-Meile ist etwas kurz geraten, immerhin reicht sie bis zum "Cafe Alta", sie haben es nach eifriger Recherche tatsächlich ausfindig gemacht, das Cafe, in dem Jürgen Klinsmann immer seinen Cafe Latte trinkt. Toll. "Er wird jetzt sehr glücklich sein", so was weiß ein guter Wirt einfach über einen guten Kunden. Irgendwie sind sie jetzt alle auch ein bißchen Deutschland, die Leute in Kalifornien, zumindest diejenigen, die wissen, daß hier der Bundestrainer wohnt. Schön hat es der Klinsmann da drüben, das kommt jedenfalls rüber.
Als hätte jetzt auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen seinen Frieden mit Kalifornien gemacht. Sind die Bilder von Sonne, Sand und Meer im Verbund mit Jürgen Klinsmann nicht zwei Jahre lang Feindbilder im Neidrahmen gewesen? Haben die Kritiker den Bundestrainer nicht immer wieder gescholten, weil er sich am liebsten da aufhielt, wo er zu Hause war? Kritiker? Welche Kritiker? Perdu! Irgendwie sind sie im Taumel dieser WM verlustig gegangen. Jedes Tor, jeder Elfmeter mehr hat sie mundtot gemacht. Mausemundtod.
Klinsmann hat mit seiner Mannschaft das Halbfinale erreicht (Dienstag, 21 Uhr, in Dortmund), und das 5:3 nach Elfmeterschießen gegen Argentinien bringt unter vielen vor allem eine Erkenntnis: Klinsmann hat immer recht. Nicht, daß er das behaupten würde, aber was will man ihm noch vorhalten? "Jetzt wollen wir auch Weltmeister werden", sprach der Bundestrainer am Freitag noch einmal. Was ihm vor Monaten noch als Größenwahn ausgelegt worden war, ist heute eine Selbstverständlichkeit.
Zwischen Wollen und Können liegen manchmal Welten, der WM-Titel wäre deshalb eine ziemlich gute Pointe auf sein Tun, die letzte Pointe, die vorletzte hat er am Freitag in Berlin gesetzt. Als Jens Lehmann zwei Elfmeter der Südamerikaner gehalten hatte, war auch die letzte Personalentscheidung des Bundestrainers aufgegangen: die Berufung des Torhüters. Das hatte sogar Oliver Kahn eingesehen, erst gab er dem Rivalen die Hand, dann herzte er ihn anerkennend. Merke: Klinsmann hat immer recht.
Hallo Christian Wörns ("Falschspieler")! Hallo Peter Neururer ("Lehrling"). Hallo Sepp Maier ("Schleimer")! Erinnern wir noch mal kurz, wirklich ganz kurz, an all die Nörgler, die in den Monaten vor der WM nichts Besseres zu tun hatten, als den Bagger oder sonstwas aufzureißen, um Klinsmann ohne besseren Wissens an den Karren zu fahren. "Eine reine Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme für ehemalige Nationalspieler", hatte Rudi Assauer im Juli 2004 gemosert, als Klinsmann berufen wurde. Das Zitat nur noch mal für den Fall, das der Zigarrenkopf von sich geben sollte, das habe er schon immer gewußt, daß Klinsmann ein Guter sei. Assauer ist mittlerweile übrigens als Manager des FC

Klinsmanns Karriere als Bundestrainer ist bislang eine ziemliche Achterbahn gewesen, es ging rauf wie runter, zumindest in der öffentlichen Betrachtungsweise. Er selbst hat seinen Plan einigermaßen gradlinig durchgezogen, das Unternehmen Weltmeisterschaft akribisch vorbereitet, sich mit WM-reifen Beratern umgeben, auf moderne Management- und Marketingmethoden zurückgegriffen, und er hat bereits jetzt be- wiesen, daß Erfolg planbar ist. Dazu braucht es Experten, Mut zum Risiko, einen Dickschädel, die nötigen finanziellen Mittel und nicht zuletzt das passende Personal auf dem Rasen. Passend heißt: Es müssen nicht die Besten sein, die die Richtigen sind.
http://www.wams.de/data/2006/07/02/941423.html