Sie bahnten sich den Weg
FUSSBALL. Manfred Manglitz trifft heute auf seine Teamkollegen von 1963 - und erinnert sich an das erste Bundesligaspiel.Es ist der Tag vor dem Beginn eines neuen Fußballzeitalters, im Spät-August des Jahres 1963. Rudi Gutendorf bittet die Fußballer des Meidericher SV zum Training an der Westender Straße, zum dritten Mal in dieser Woche. Nach der Abschlusseinheit duschen die Zebras und essen noch einen Happen im Klubhaus. Dann ist Treffpunkt am Bahnhof, mit dem Zug geht es nach Karlsruhe. Im Badischen erfolgt für den Meidericher SV der erste Anpfiff der neu geschaffenen Bundesliga. "Das ist unauslöschlich", erinnert sich Manfred Manglitz noch gerne an den 24. August 1963, an den ersten Spieltag zurück.
Der Torhüter sitzt an jenem Freitagnachmittag mit den Mannschaftskameraden im Zugabteil. Mit dabei sind Eia Krämer, Lulu Nolden, Günter Preuß, Helmut Rahn. Sie plaudern, sie spielen Karten, sie trinken und essen im Speisewagen. "Das ist nicht viel anders, als sie es heute machen, außer dass es in einem modernen Bus bequemer ist", sagt Manglitz.
Mit dem Taxi geht es zum Hotel, einer spartanischen Unterkunft an einer kleinen Straße in Durlach. Luxus ist 1963 noch nicht erfunden, nach heutigem Ermessen wäre es allenfalls eine Bleibe für eine Jugendmannschaft. Zum Abendessen gibt´s noch ein Bier, um 22 Uhr ist Zapfenstreich. Auch 1963 ohne Spielerfrauen: "Der Spieler soll sich auf seine Sache konzentrieren und nicht noch in der Nacht vorher auf die Oberschenkel seiner Frau."
Für Manfred Manglitz und Co. ist es eine Reise in eine neue Welt. "Wir kannten durch die Oberliga sonst ja nur Essen oder Dortmund, jetzt ging es auch nach Süddeutschland." Allerdings steigt das Bundesliga-Debüt nicht bei den ruhmreichen Süd-Klubs wie Nürnberg oder 1860 München, sondern beim KSC. "Die waren ja vom Stellenwert nicht viel anders als wir, Karlsruhe war auch in die Bundesliga reingerutscht. Meiderich gehörte zu den Vereinen, über die man sagte: Die werden Letzter oder Vorletzter. Aber diese Mannschaft hatte einen Willen, sie war hungrig auf Erfolg."
"Das war eine Mannschaft aus Meiderichern"
Mit dem zweiten Platz am Saisonende verstummen alle Kritiker. "Die wussten ja nichtmal, dass Meiderich zu Duisburg gehört", so Manglitz. Was die Zebras zur Vize-Meisterschaft hinter Köln führt, ist die Gemeinschaft. "Das Schöne war, dass wir eine Mannschaft hatten, die aus Meiderichern bestand. Dazugekommen sind ja nur Helmut Rahn aus Essen und Heinz Höher aus Leverkusen." Und Manfred Manglitz, den es aus der Domstadt nach Duisburg zog.
Der Bundesligakicker 1963 ist nicht mit dem von 2007 zu vergleichen. Schon gar nicht vom Verdienst her, denn Manglitz bekommt im ersten Bundesligajahr ein Grundgehalt von 1200 Mark monatlich plus 250 Mark Siegprämie. "Wir waren zufrieden." Manglitz hat noch eine Buchbinderei in Köln, viele seiner Mannschaftskollegen arbeiten von morgens sechs Uhr bis mittags um zwei Uhr bei Thyssen. "Das war schon eine Belastung, trotzdem hatten wir eine gute Mannschaft. Die sechs Jahre in Duisburg waren meine schönste Zeit im Fußball."
Wenige Stunden vor dem Spiel machen die Meidericher noch einen Spaziergang und eine Mannschaftssitzung. Sie essen Steak mit Salat, ehe es zum Wildparkstadion geht. "Da brannte bei uns die Hütte", macht sich bei Manglitz wie bei allen anderen die Nervosität breit. Die schwindet jedoch schnell, als Walter Zimmermann die Partie vor 40 000 Zuschauern anpfeift.
"Eia war einer der Besten"
Eia Krämer bringt die Duisburger in Führung, zur Pause schießen Johann Cichy und Helmut Rahn das beruhigende 3:0 heraus. "Wie der Eia durch die Reihen spaziert ist, ein genialer Fußballer. Ich habe viele kommen und gehen gesehen, aber Eia war einer der Besten." Darum setzt Krämer auch den Schlusspunkt zum 4:1. Dem ersten Sieg folgt die erste Duisburger Feier in der Bundesliga. "Der Trainer hat ein Auge zugedrückt und ein paar Runden Bier geschmissen", lacht Manglitz. Nach dem Entspannen im Entmüdungsbecken geht es ins Hotel und mit dem Zug wieder in die Heimat.
Die Ereignisse um den 24. August 1963 herum vergisst Manfred Manglitz nie. "Man kann mich fragen, wie wir in dem Jahr gegen

oder Dortmund gespielt haben. Das müsste ich nachgucken. Aber dieses Spiel bleibt in Erinnerung." Mit den Weggefährten von einst tauscht er heute in der MSV-Arena die Gedanken aus, wenn sich die Mannschaft der Saison 1963/64 trifft. Manglitz freut sich auf das Wiedersehen: "Man kann mir alles nehmen, aber nicht die Erinnerung!"
11.02.2007
ANDREAS BERTEN
http://www.nrz.de/nrz/nrz.duisburgw...Stadt®ion=Duisburg&auftritt=NRZ&dbserver=1