(RP) Verstärkungen sind das Gebot der Stunde
Glückwunsch zum Aufstieg, Herr Bommer, am Ziel aller Wünsche?
Bommer Das kann man wohl behaupten. Schon beim Spiel in Paderborn war die Anspannung riesig, dass trotz klarer Führung noch etwas schief gehen konnte. Aber das war kein Vergleich mit diesem Finale gegen Essen. Das hat alles in den Schatten gestellt. Wir sind alle nur glücklich, dass wir es geschafft haben. Für mich als Trainer war es die härteste Saison, weil wir keine einfache Mannschaft haben, weil sich immer mal wieder ein Stolperstein ergab. Aber wir sind durch, und nur das zählt.
Was waren die wesentlichen Gründe, dass es geklappt hat?
Bommer Wichtig war in erster Linie, dass wir die 13 neuen Spieler zu Saisonbeginn integrieren konnten. Mit Björn Schlicke, Mo Idrissou und Youssef Mokhtari waren ja auch drei dabei, die zuvor ein halbes Jahr nicht gespielt hatten. Filipescu, Mokhtari, Schlicke, Daun oder Idrissou waren Treffer, sie haben die Mannschaft verstärkt. Wir waren in der Breite außerdem gut aufgestellt. Und: Wir sind immer ruhig geblieben, auch in der schwächeren Phase Anfang Mai mit dem 1:3 gegen Köln oder zuvor mit den vier Niederlagen in Folge.
Wie wird sich das Mannschaftsbild verändern?
Bommer Unser Problem war, dass wir bis zum Saisonfinale nicht planen konnten. Aber wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und viele Gespräche geführt, ab sofort geht es in konkrete Verhandlungen. Der Präsident hat ja schon zwei Neuverpflichtungen bekannt gegeben. Weitere fünf, sechs werden noch folgen. Wir werden 24 Spieler im Kader haben.
Für welche Positionen müssen generell Verstärkungen her?
Bommer Wir brauchen einen Linksfuß für Alex Bugera, außerdem kommt ja Stefan Blank zurück, haben mit Fernando Santos einen Innenverteidiger verpflichtet, außerdem Maicon fürs offensive Mittelfeld, suchen für die rechte und linke Bahn und noch zwei Stürmer.
Klar ist, dass sich die Qualität erheblich verbessern muss.
Bommer Unbedingt. Wir müssen zulegen. In der Bundesliga weht ein anderer Wind. Wir müssen gewappnet sein, und ich bin sicher, dass wir dies auch sind.
Vor zwei Jahren wurde nach dem Aufstieg versäumt, echte Verstärkungen zu holen.
Bommer Den Fehler wollen wir nicht wieder machen. Der Chef hat bereits signalisiert, dass wir Risiko gehen. Das ist gut so.
Auch ein Manager soll kommen.
Bommer Da sind wir uns einig. In der Bundesliga verlangt es nach noch mehr Arbeit, da muss einer sein, der den ganzen Tag über professionell für den Verein arbeitet.
Was machte Ivo Grlic gestern Abend. „Ich werde mit meiner Freundin und ein paar Spielern zum Essen gehen“, sagte der Mann der Zielgeraden. Danach geht es in den Urlaub. Wo es nicht hin geht: In die MSV-Geschäftsstelle. „Ich laufe dem MSV nicht nach“, sagt Grlic. Er wolle in Duisburg bleiben. Aber das habe er schon von anderthalb Monaten gesagt. Euphorie klingt anders. Doch, doch, es wird schon noch gesprochen.
MSV-Trainer Rudi Bommer ging gestern davon aus, dass Grlic bleibt. Als Mann für die Bundesliga. Denn er hat die Zebras dorthin geführt. Gerade als Youssef Mokhari schwächelte, der sehr gelassen darauf reagierte, nicht in der ersten Elf zu stehen. Grlic bewies Charakter, Führungsqualität und enorme Treffsicherheit. Fünf Tore schoss der 31-jährige Mittelfeldmann. Gegen Offenbach, in Jena, gegen Köln und in Paderborn. Das war bis gestern. Dann der Kunstschuss in der 69. Minute. Das Tor zum 3:0. Die Tür offen zum Aufstieg.
Ein anderer war besonders dankbar für diesen genialen Moment: Carsten Wolters. Die Fans forderten ihn. Rudi Bommer brachte ihn. In der 80. Minute. „Fast schon zu lang für einen so alten Mann“, kokettierte der 37-jährige. Ein perfekter Abschied für den wahrhaft Zebra-Treuen. „Dieses Spiel hat mich für alles entschädigt“, so Wolters, der mit seiner zweijährigen Tochter Lily den Ausklang auf dem Rasen feierte. 1996 war er zum MSV gekommen. Vom Meister Borussia Dortmund, mit zwei Champions-League-Spielen im Gepäck. Friedhelm Funkel hatte ihn geholt. Elf Jahre trug der das Trikot. In guten, wie in weniger lustigen Tagen. Fans hat er sich gemacht. Auf der Tribüne. Und im Team. Der Langzeit-Verletzte Andreas Voss trug gestern sein Trikot mit der Nummer elf. Nachher bei der Feier das gesamte Team „Erle“-Ehrenshirts. Jetzt geht die Karriere in allen Ehren zu Ende. Wolters: „Ich hatte in dieser Saison nur fünf Einsätze. Aber das ist klar, dass ein Verein auf jüngere Spieler setzt, wenn sie ihre Leistung bringen.“ Carsten Wolters bleibt ein Zebra: Er wird spielender Co-Trainer der Zweiten Mannschaft.
Fernando Santos und Maicon Thiago Pereira de Souza heißen die beiden neuen Zebras für die Abwehr uns fürs offensive Mittelfeld, die Vierjahresverträge unterschrieben haben. Die ersten Personalien in Richtung neue Saison. Weitere folgen. Fünf, sechs Neue sollen noch kommen. Spekulationen sind erlaubt. Dass Georg Koch bei Hansa Rostock im Gespräch ist – eine davon. Dass Leverkusens Torwart Butt ihn ersetzen soll, die andere. Dass Kurt Gaugler, Manager bei Wacker Burghausen, demnächst die sportliche Verantwortung übernehmen soll, die nächste. Und so weiter. Fast sicher ist jetzt schon, dass Ivo Grlic, der entscheidende Mann der letzten Wochen, bleiben wird. Wichtig wäre nach dem zweiten Aufstieg nach 2005, dass die Mannschaft personell so stabilisiert wird, dass sie nicht wieder zu einem Spielball der Eliteliga wird. Vor zwei Jahren sind Fehler begangen worden, die Walter Hellmich für jetzt ausschließt. Um die Mannschaft gebührend zu verstärken, braucht man auch ein glückliches Händchen. Wünschen wir es dem Verein, dass er es hat.
Quelle: RP-Online, 21.05.2007
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http://www.rp-online.de/public/article/regional/niederrheinnord/duisburg/sport/msv/440542