Knüpelharter Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga
Duisburgs Glaube und Glück
(RPO) Duisburg (RPO). Im knüpelharten Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga sind Nerven wie Drahtseile gefragt. Gleich fünf Teams spielen bei noch drei ausstehenden Partien die drei Absteiger aus. Mittendrin im Geschäft ist dabei wieder der eigentlich schon abgeschriebene MSV Duisburg, der den letztjährigen Pokalsieger 1. FC Nürnberg am Mittwoch mit einem Erfolg in Franken aus der Bundesliga befördern kann.
Als der MSV Duisburg bereits am Montag in Richtung Nürnberg aufbrach, um sich vor Ort auf das wichtige Kellerduell beim ebenfalls abstiegsgefährdeten Tabellennachbarn vorzubereiten, hatte Blagoy Georgiew wie immer seine Bibel im Handgepäck. Jeden Abend liest der Bulgare, der den Namen „Jesus“ in dicken Lettern auf seinem Oberarm eintätowiert trägt, im Buch Gottes und sagt, dass ihm der Glaube an das Himmelreich Kraft für das Leben auf Erden gebe.
Mit seinem Treffer in der Nachspielzeit (90.+1) zum 3:2 (2:1)-Erfolg über Bayer Leverkusen schürte der Duisburger Mittelfeldspieler am Sonntag vor allem die Hoffnung, dem Abstieg noch entgehen zu können. Aber was heißt das schon? „Den Glauben haben wir nie verloren, uns fehlte nur das Glück. Jetzt soll die Konkurrenz ruhig mal wieder nervös werden“, sagt Mitspieler Tobias Willi.
Nachdem die Duisburger alleine in der Rückrunde fünf Mal - gegen Dortmund, Stuttgart,

, Karlsruhe und Bochum – durch späte Gegentore Punkte verspielt hatten, mag es gerecht erscheinen, dass der MSV nunmehr mit einem selbst erzielten Last-Minute-Treffer mal das Glück auf seiner Seite hatte. Mit bloßem Dusel alleine ist es aber nicht getan, den Saisonverlauf zu erklären.
Immer wenn die Lage besonders aussichtslos schien, hat das Team von Trainer Rudi Bommer mentale Stärke bewiesen und neben dem im Abstiegsrennen unabdinglichen Kampfgeist die Mär vom scheinbar unattraktiven Duisburger Fußball widerlegt.
17 von 29 Punkten wurden auswärts erzielt, darunter Siege in Bremen und Hamburg sowie ein 0:0 beim FC Bayern eingefahren. „Es wäre absurd, wenn eine Mannschaft mit dieser Bilanz absteigen würde“, meinte neulich sogar Franz Beckenbauer, der sich als Lichtgestalt ja nur selten irren soll. Im krassen Gegensatz steht die Heimbilanz mit zehn Niederlagen und nur drei Siegen in der MSV-Arena, die dafür verantwortlich gemacht wird, wenn es am Ende nicht mit dem Klassenverbleib klappt.
Das härteste Team der Bundesliga
Weil aber zwei der drei noch ausstehenden Spiele auswärts steigen und zudem die Heimblockade gegen Leverkusen gelöst wurde, ist beim MSV, der mit 79 Gelben Karten und fünf Platzverweisen den härtesten aller Bundesligisten stellt, eine bemerkenswerte Lockerheit eingekehrt. „Jetzt schlagen wir Nürnberg und bleiben drin“, sagt Manasseh Ishiaku, der nach mehreren Verletzungen wieder fit ist und im 24. Saisoneinsatz sein zehntes Tor erzielte.
„Wenn wir am letzten Spieltag in Frankfurt 4:0 gewinnen müssen, um den Abstieg zu vermeiden, werden wir da auch mit 4:0 gewinnen“, glaubt Tobias Willi. Drei Punkte Rückstand auf Platz 15 hat der MSV, dazu die beste Tordifferenz von allen Abstiegskandidaten und die Erkenntnis, dass die besser platzierte Konkurrenz aus Cottbus und Bielefeld ein nicht minder schwieriges Restprogramm hat. „Mit drei Punkten in Nürnberg sind wir wieder 100-prozentig mitten im Leben“, sagt Torwart Tom Starke.
„Wir müssen nur die Ruhe bewahren, dann werden wir belohnt“, meint Bommer. Was sich wie eine Durchhalteparole anhört, basiert auf Erfahrungswerten aus der Vorsaison, als der MSV nach einem dramatischen Saisonfinale nur wegen der besseren Torausbeute den Aufstieg feiern konnte. Allzu naiv präsentierten sich die Duisburger im vergangenen Herbst, doch nachdem Bommer in der Winterpause mit Youssef Mokhtari, Mo Idrissou und Ailton gleich drei Spieler, die das Mannschaftsgefüge durch Extravaganzen störten, aussortierte, ist mehr Schwung spürbar.
„Wir haben Nackenschläge am Fließband kassiert, sind aber trotzdem immer wieder aufgestanden“, erinnert Bommer neben den späten Gegentoren auch an reihenweise verletzte und gesperrte Leistungsträger. Mit Kapitän Ivica Grlic (Muskelbündelriss) fehlt in der Saison-Schlussphase der Kopf der Mannschaft.
Dafür spielen andere Profis um ihre Zukunft. Michael Lamey und Ishiaku soll bereits angedeutet worden sein, dass es aus finanziellen Gründen schwer würde, sie in der Zweiten Liga weiterzubeschäftigen. Georgiew, der von Slavia Sofia mit einer Option ausgeliehen wurde und viele Monate unter seinem eigentlichen Leistungsniveau spielte, wird nach eigenen Angaben nur im Falle des Klassenverbleibs einen Drei-Jahres-Vertrag in Duisburg unterschreiben.
„Wir sind stark genug, das zu schaffen. Deshalb werde ich beim MSV bleiben“, glaubt der 26-jährige Mittelfeldspieler. Heute Abend wird Georgiew noch mal in seiner Bibel blättern, um gut vorbereitet auf das nächste „Endspiel“ in Nürnberg zu sein. Nur Glück und Glaube werden dann aber vermutlich nicht reichen.
Quelle: RP-Online, 05.05.08
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