Zebrastreifenblog – Fußball macht glücklich – Briefe aus Westende

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Kees Jaratz

Vergesst Psychotherapien, Coaching und Lebensweisheit der Religionen. Geht einfach in ein Fußballstadion. Werdet Anhänger eines Fußballsvereins. Der Hohepriester des Fußballs kommt heute als Journalist im Radio in eure Wohnungen. Moderne Hohepriester überlassen Entscheidungen allerdings den Menschen selbst. Sie erzählen nur beim kurzen Studiogespräch im Studio 9 vom Deutschlandfunk Kultur über die Auswirkungen des Fußballschauens. Kann es nach meinem Sommerurlaub einen besseren Wiederanfang geben in diesen Räumen des Zebrastreifenblogs als diese Botschaft:

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Höret selbst, was der Hohepriester des Fußballs verkündet.


Mich hat allerdings niemand befragt, sonst wäre womöglich deutlich geworden, dass die Gesamtzufriedenheit des Befragten in den letzten Jahren nach Spieltagen für einige Zeit beeinträchtigt war und momentan erst meine gute Laune durch den Fußball unterstützt wird. Man müsste sich das also noch einmal genauer anschauen, ob Glück und Zufriedenheit tatsächlich ergebnis- und qualitätsunabhängig möglich sind. Was ist mit sinkenden Zuschauerzahlen bei schlechtem Tabellenstand? Vor allem gibt es vereinsbedingte Unterschiede? Haben MSV-Fans ein spezielleres Bedürfnis nach erfolgreichem Fußball als Anhänger anderer Vereine? Jedes wissenschaftliche Ergebnis wirft nur neue Fragen auf.

Doch wie gesagt, momentan steigert der MSV selbst die schon vorhandene gute Laune im Urlaub noch mehr, weil ich im südfranzösischen Chalon-sur-Saône auf einer erklärenden Tafel an einem unscheinbaren Haus das Wort „Regensburg“ lese.




Nicht nur Zufriedenheit und Liebe profitieren also vom Fußball. Auch mehr Bildung erhalte ich durch Siege des MSV, besonders wenn sie mit 4:0 auswärts so deutlich ausfallen. Den Geiger und Komponisten Joseph Touchemoulin hätte ich schnell wieder vergessen, wenn er nicht Regensburger geworden wäre.

Am nächsten Samstag sehe ich dann mein erstes Spiel in dieser Saison. Dass Ulm den höchsten Kirchturm Deutschland besitzt, weiß ich schon länger. Mal sehen, welche bildenden Nebenwirkungen das Spiel dieses Mal hat.

Auch das Bündnis Sarah Wagenknecht findet übrigens Glück und Zukunft beim Fußball. Denn im Fußball hält RB Leipzig Anregungen bereit, ein offensichtliches Problem zu lösen. Es darf nicht heißen, was es heißt und in Wirklichkeit ist. RasenBallsport, Rasenball, das ist vorbildhaft. Ein neuer Name soll nämlich auch für das BSW her, doch die Initialen müssen bleiben. Die Welt ist eine voller Widersprüche. Getreu dem Motto vom Kapitalisten Sinnfreies lernen, heißt siegen lernen, schlage ich vor: Bald singt Wagen.

Schon länger möchte ich auf einen Podcast im Hörfehler-Kosmos hinweisen. Dort widmet sich Nick Kastner der Fußballhistorie. In dem Fall sprach er mit der Duisburger Archäologin Dr. Maxi Maria Platz. Ich kenne Maxi Platz. Zusammen machen wir den monatlichen Newsletter EreignisReich mit Tipps und Terminen zur Kultur in Duisburg nördlich der Ruhr. Im Podcast erzählt sie über die Archäologie des Fußballs, was unter anderem zur Geschichte des VfvB Ruhrort/Laar führt und dessen großem Stadion in den Ruhrauen. Hörenswert für jeden, der sich für Duisburger Historie und Fußballgeschichte interessiert.

Und wo wir schon beim Podcast sind, ich selbst hatte mich Juli im Bora mit Daniela de Wall und Bernhard Klaffke zur Aufnahme eines Seite-1-Podcast-Gesprächs getroffen. Wir sprachen über meine Arbeit, die Wurzeln meines Schreibens, die Emotionalität in der MSV Duisburg Fußballfibel. Wir sprachen aber auch über kulturpolitische Besonderheiten im Ruhrgebiet. Es ging um Strukturen und die Gegebenheiten, denen man als künstlerisch arbeitender Mensch im Ruhrgebiet begegnet. Bei Radio Duisburg wurde der Podcast an einem Samstag gesendet. Nun ist er bei NRWision online verfügbar – mit Klick aufs Bild.



Korrigieren muss ich mich allerdings im nachhinein. Zweimal kam mir beim flüchtigen Erinnern Falsches über die Lippen. Meine Abneigung das Wort 00er-Jahre auszusprechen führte zu einem falschen Aufstiegsjahrzehnt für den MSV durch Azis Ahanfoufs Tor in Frankfurt. Und am Ende des Gesprächs ist mir bei der Buchempfehlung zu Erik Regers „Union der festen Hand“ der „Kleist-Preis“ abhanden gekommen. Stattdessen kam mir ein Ödön-von-Horvath-Preis in den Sinn, den es natürlich gar nicht gab in den 1930er Jahren. Mit besagtem Ödön von Horvath zusammen aber hat Reger 1931 den Kleist-Preis erhalten.

Wahrscheinlich lag das alles an der Sommerpause. Mit einem Sieg des MSV am Samstag zuvor wäre mir das bestimmt nicht passiert. Denn Fußball verschafft uns Liebe, Zufriedenheit und gesicherte, umfassende Bildung.

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