K
Kees Jaratz
Vor einiger Zeit haben die europäischen Zugunternehmen nicht nur die Altersgruppen ab 27 Jahren als Zielgruppe entdeckt, sondern auch das Marketinginstrument der Entscheidungsvielfalt. Seitdem gibt es das Inter-Rail-Ticket meiner Jugend in vielen Varianten und für Menschen jeden Alters. Das macht Entscheidungen nicht einfacher, aber spontane Bahnreisen nach Bologna recht günstig. So wurden ganz nebenbei während der Länderspielpause dem Träumen vom Europapokal neue Bilder gegeben. Gerade eben war noch der FC Freiburg vor Ort, heute schon eine Vorhut der Zebras aus Duisburg.
Gestern, zurück im Ruhrgebiet, bereitete mir Dietmar Hirsch dann eine fantastische Freude. Ich las davon, wie er seine spontanen Worten nach dem enttäuschenden Unentschieden gegen Hansa Rostock einordnete. „Du darfst aber nicht gierig sein. Ich habe mich beim Rostock-Spiel selbst dabei ertappt, dass ich mit Aussagen, unbedingt die drei Punkte haben zu wollen, zu extrem war. Da kam diese Gier ins Gespräch. Ich glaube, dass gierig und hungrig sein zwei unterschiedliche Dinge sind.“
Wäre er in meiner Nähe gewesen, ich hätte ihn begeistert umarmt. Endlich einer in diesem Fußballgewerbe, der dieses unsägliche Wort „Gier“ als unangemessen empfindet. Endlich einer, der das ausspricht. Endlich einer, der anders als so viele deutsche Trainer meint, eine positive Eigenschaft ist mit dem Wort „Gier“ nicht verbunden. Suspekt ist mir dieses Wort seit Jahren. Das erste Mal ist es mir bei Markus Babbel 2010 aufgefallen und ich habe auch erklärt, warum ich es als unpassend empfinde. Als Torsten Lieberknecht die fehlende Gier nach einer Niederlage bei einer Pressekonferenz beklagte, beschlich mich die Sorge, dass etwas nicht mehr stimmte zwischen ihm und der Mannschaft.
Dietmar Hirsch hat offensichtlich ein feines Gespür für konstruktive Energien und Eigenschaften von Menschen. Gier ist etwas anderes als hungrig zu sein. Gier kennt keine Grenzen. Gier macht es dem einzelnen schwierig, sich in ein Verhältnis zu anderen zu setzen. Wenn Dietmar Hirsch öffentlich über den Unterschied von gierig und hungrig sein nachdenkt, bewertet er nicht nur seine eigene Haltung. Er gibt damit indirekt die Einstellung für seine Mannschaft vor. Seine Worte haben aber auch eine Nebenwirkung über den eigentlichen Sport hinaus. Gierig zu sein, erhält eine Einordnung, die zumindest den Anhängern des MSV zeigt, Gier ist nichts, was dem Miteinander und einem nachhaltigen Arbeiten zuträglich ist. Danke, Dietmar Hirsch, für diese Worte.
Bleibt noch von meiner Sympathie zu erzählen für die deutschen Nationalspieler, deren 1:0-Sieg gegen Nordirland nicht gerade großen Beifall hervorrief. Auf mich wirkten diese hochbezahlten Spieler nach diesem Sieg aber wie Helden der Kreisklasse. Sie schienen erfüllt von tiefer Zufriedenheit nach körperlicher Anstrengung. Dem Fußball dieses Länderspiels begegnen sie in ihrem hochtechnisierten Spiel- und Trainingsalltag nur noch selten. Wenn das Unberechenbare des Fußballs und unkontrollierte Wildheit ein Spiel bestimmen, rückt das körperliche Agieren in jedem Moment in den Vordergrund. Das Spiel wurde ein ständiges Arbeiten. Erfolg war deshalb in jedem Moment des Spiels für jeden auch spürbar ohne Ballbeherrschung. Wer so gewinnt, genießt den Sieg anders als nach einem geordneten Spiel. Dann entsteht eine Zufriedenheit, die auch wir in den unteren Ligen kennen.
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Gestern, zurück im Ruhrgebiet, bereitete mir Dietmar Hirsch dann eine fantastische Freude. Ich las davon, wie er seine spontanen Worten nach dem enttäuschenden Unentschieden gegen Hansa Rostock einordnete. „Du darfst aber nicht gierig sein. Ich habe mich beim Rostock-Spiel selbst dabei ertappt, dass ich mit Aussagen, unbedingt die drei Punkte haben zu wollen, zu extrem war. Da kam diese Gier ins Gespräch. Ich glaube, dass gierig und hungrig sein zwei unterschiedliche Dinge sind.“
Wäre er in meiner Nähe gewesen, ich hätte ihn begeistert umarmt. Endlich einer in diesem Fußballgewerbe, der dieses unsägliche Wort „Gier“ als unangemessen empfindet. Endlich einer, der das ausspricht. Endlich einer, der anders als so viele deutsche Trainer meint, eine positive Eigenschaft ist mit dem Wort „Gier“ nicht verbunden. Suspekt ist mir dieses Wort seit Jahren. Das erste Mal ist es mir bei Markus Babbel 2010 aufgefallen und ich habe auch erklärt, warum ich es als unpassend empfinde. Als Torsten Lieberknecht die fehlende Gier nach einer Niederlage bei einer Pressekonferenz beklagte, beschlich mich die Sorge, dass etwas nicht mehr stimmte zwischen ihm und der Mannschaft.
Dietmar Hirsch hat offensichtlich ein feines Gespür für konstruktive Energien und Eigenschaften von Menschen. Gier ist etwas anderes als hungrig zu sein. Gier kennt keine Grenzen. Gier macht es dem einzelnen schwierig, sich in ein Verhältnis zu anderen zu setzen. Wenn Dietmar Hirsch öffentlich über den Unterschied von gierig und hungrig sein nachdenkt, bewertet er nicht nur seine eigene Haltung. Er gibt damit indirekt die Einstellung für seine Mannschaft vor. Seine Worte haben aber auch eine Nebenwirkung über den eigentlichen Sport hinaus. Gierig zu sein, erhält eine Einordnung, die zumindest den Anhängern des MSV zeigt, Gier ist nichts, was dem Miteinander und einem nachhaltigen Arbeiten zuträglich ist. Danke, Dietmar Hirsch, für diese Worte.
Bleibt noch von meiner Sympathie zu erzählen für die deutschen Nationalspieler, deren 1:0-Sieg gegen Nordirland nicht gerade großen Beifall hervorrief. Auf mich wirkten diese hochbezahlten Spieler nach diesem Sieg aber wie Helden der Kreisklasse. Sie schienen erfüllt von tiefer Zufriedenheit nach körperlicher Anstrengung. Dem Fußball dieses Länderspiels begegnen sie in ihrem hochtechnisierten Spiel- und Trainingsalltag nur noch selten. Wenn das Unberechenbare des Fußballs und unkontrollierte Wildheit ein Spiel bestimmen, rückt das körperliche Agieren in jedem Moment in den Vordergrund. Das Spiel wurde ein ständiges Arbeiten. Erfolg war deshalb in jedem Moment des Spiels für jeden auch spürbar ohne Ballbeherrschung. Wer so gewinnt, genießt den Sieg anders als nach einem geordneten Spiel. Dann entsteht eine Zufriedenheit, die auch wir in den unteren Ligen kennen.
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