Vorweg: So schlecht finde ich den Ingolstädter Sieg mit Blick auf die restliche Saison gar nicht, da ich persönlich davon ausgehe, dass in der Endabrechnung Ingolstadt vor Aue stehen wird.
Mit etwas Abstand zum Fürth-Spiel, dass mich ebenfalls schockiert und fassungslos zurückgelassen hat, der Versuch einer objektiven Einschätzung zur unserer Perspektive in Liga 2.
Ich persönlich halte TL für einen grundsätzlich sehr fähigen Trainer, mit hohem Fußballsachverstand und der Bereitschaft 100% für unseren Verein und die Sache zu geben. Der Typ lebt diesen Sport, identifiziert sich voll und ganz mit Stadt, Verein und Region. Die Wurzel unserer derzeitigen Probleme sehe ich nicht beim Trainer.
Womit natürlich automatisch der Blick auf die Mannschaft fällt und da sind für mich, in einem Kader der vom Einzelpotential der Spieler in meinen Augen absolut Zweitligatauglich ist, zwei Dinge ganz offensichtlich:
1.) Das Fehlen an echten Leadertypen auf und neben dem Platz
2.) Ein konditionelles Defizit bei einigen Spielern im Kader
Und genau diese beiden Probleme sind für mich die Wurzel unserer Misere.
Mir ist klar, dass jetzt wieder einige aus den Ecken gekrochen kommen und auch fußballerisch dem Großteil der Mannschaft die Zweitligatauglichkeit absprechen wollen. Ist ja auch einfach und irgendwo auch nachvollziehbar, nach solch einem Auftritt in Fürth und Tabellenplatz 18. Das ist mir aber zu einfach.
Spieler wie Bomheuer, Wolze, Schnellhardt, Stoppelkamp, Taschy und auch ein John Verhoek haben mehrfach über Jahre hinweg Ihre Zweitligatauglichkeit bewiesen. Cauly, Fröde und Engin haben durch eine sehr starke letzte Saison sogar (zumindest kurzzeitig) das Interesse größerer Clubs auf sich gezogen. Jetzt haben wir mit Nielsen im Winter ebenfalls einen Spieler verpflichtet, der bereits in der Vergangenheit seine Qualitäten gezeigt hat und dies in der ersten Spielen für uns bestätigt hat. Fußballerische Qualität und die nötige Erfahrung um in der zweiten Liga zu bestehen haben wir durchaus im Kader.
Was natürlich die Frage aufwirft, warum wir uns seit Monaten (Ausnahmen bestätigen die Regel) Woche für Woche solch einen Mist zusammenspielen und die vorhandenen Qualitäten der Einzelspieler als Kollektiv nicht auf den Rasen bekommen. Dies bringt mich wieder zu den beiden oben genannten Punkten:
1.) Das Fehlen an echten Leadertypen auf dem Platz
Ich unterstelle grundsätzlich keinem Spieler, dass es ihm am Willen mangelt Spiele zu gewinnen. Klar ist doch, dass jede Truppe, ungeachtet der Ursache, bei solch einer Negativserie über Monate hinweg, auch ein mentales/psychologische Problem hat. Das Vertrauen in die eigene Stärke geht verloren, Automatismen greifen nicht mehr, der Kopf geht an, der Instinkt aus. Besonders in solchen Phasen sind echte Leadertypen gefragt. Typen, die auf dem Spielfeld mit Ihrer Ausstrahlung eigenen Mitspielern die Angst vor dem Versagen nehmen, sie förmlich mitreißen. Kommunikative Spieler, die ein Gespür für Ihre Teamkameraden haben und auf dem Platz im richtigen Moment mal draufhauen oder hingehen und nen aufbauenden Klaps geben. Der Trainer kann auf dem Spielfeld nämlich selbst nur noch recht wenig ausrichten.
Solche Typen vermisse ich unserem aktuellen Kader. Branimir Bajic war so jemand. Goran Sukalo früher ebenfalls. In meinen Augen wurde es verpasst in der Winterpause solch einen Spielertypen zu verpflichten, denn Lukas Fröde, der rein von den Eigenschaften her so ein Leader hätte werden können, ist leider seit Saisonbeginn völlig neben der Spur.
2.) Konditionelles Defizit bei einigen Spielern im Kader
Mal für einen Moment angenommen, TL bekommt es hin das in kurzer Zeit Jungs in unserem aktuellen Kader, trotz oder vielleicht gerade wegen der aktuellen Situation, zu solchen Führungsspielern reifen. Dann müssten diese Spieler eben auch die körperlichen Voraussetzungen für einen 90-Minuten-Leader in Form ausreichender Kondition mitbringen. Und damit meine ich nicht Kondition für 90 Minuten Alibifußball und Begleitschutz. Sondern Kondition für "90 Minuten" bedingungslosen Einsatz, Dauerpressing wenn es das System erfordert und diverse Umschaltmomente offensiv wie defensiv. Diese Kondition sehe ich nur bei wenigen Spielern in unserem derzeitigen Kader. Ich habe manchmal sogar das Gefühl, dass einige Spieler sich von Beginn an die Kraft einteilen und so die oft vorgeworfene "Leidenschaftslosigkeit" durch konditionelle Probleme zu erklären ist.
Das Fazit lässt dann natürlich mit Blick auf die Perspektive des MSV nicht wirklich viel Optimismus zu.
Dennoch bin ich nicht bereit bereits jetzt schon aufzugeben. Denn sollten wir absteigen und der von vielen vermutete finanzielle Kollaps tritt ein, dann haben wir allesamt noch genügend Zeit die Mannschaft und wen auch immer zu verfluchen und anschließend unseren Verein zu beerdigen und zu trauern.
Bei allem Verständnis für die Enttäuschung. Für die Wut, ob der Darbietung einiger Protagonisten auf dem Platz. Bei mir sitzt der Stachel ebenfalls tief. Aber in einem Moment der Ruhe denke ich dann immer wieder "Hey, das könnte die letzte Saison im bezahlten Profifußball sein". Also nicht resignieren. Sondern weitermachen. Ins Stadion gehen und anfeuern. Die Stimme nicht erheben, weil es die Spieler auf dem Platz momentan verdient haben, sondern weil wir der MSV sind. Weil wir kein zweites RWE werden wollen. Weil wir zeigen wollen, dass wir noch da sind.
Eine Stimmung wie vor zwei Jahren, als das "Werdet zur Legende-Lied" durch die Arena schepperte, wird diese Truppe kaum erzeugen können. Dafür hat Sie es zu selten geschafft den Funken auf das Publikum überspringen zu lassen. Aber vielleicht schaffen wir Fans, um unserer Selbst Willen, vor dem Hintergrund das es die letzten Zweitligaheimspiele werden könnten, für den Rest der Saison wieder so etwas wie Gänsehautatmosphäre im Stadion. Und wer weiss, vielleicht springt dann ja auch der Funke auf unsere stets bemühten Jungs über.
An irgendwas muss man in diesen Zeiten ja Glauben …