Spechti
3. Liga
Rehhagels peinlicher Wechselfehler
Über diesen Bock, den Otto Rehhagel geschossen hatte, lachte damals ganz Fußball-Deutschland. In der Bundesligapartie am 26. September 1998 gegen Bochum brachte der Lauterer Coach den vierten Nicht-Europäer - einer zu viel. Der ehemalige FCK-Profi Harry Koch erinnert sich.
Manche Leute sagen noch heute: "Was für eine Blamage!" Na gut, wir waren immerhin Deutscher Meister und kein Dorfverein. Aber Fehler passieren, vor allem uns Spielern. Sonst gäbe es ja keine Niederlagen. Dann kann das auch mal einem Trainer wie dem Otto Rehhagel unterlaufen. Kurz vor diesem Fauxpas hatte sich Michael Schjönberg das Schienbein gebrochen. Da ist man geschockt, als Spieler und bestimmt auch als Trainer.
Ob das die Ursache für den Wechselfehler war, kann ich aber nicht sagen. Jedenfalls musste es schnell gehen, und Otto hat Pascal Ojigwe gebracht. Dabei hat er übersehen, dass mit Hany Ramzy, Samir Ibrahim und Ratinho schon drei andere Nicht-Europäer auf dem Platz standen. Die Regel, dass man nur drei spielen lassen darf, finde ich nach wie vor sinnvoll, schließlich soll dadurch der eigene Nachwuchs gefördert werden. Aber damals hat sie uns ins Verderben geführt.
Schon nach zwei Minuten kam jemand vom Vorstand zur Bank gerannt und hat uns auf die Regelwidrigkeit hingewiesen. Ich seh's noch vor mir, wie Otto sich die Haare gerauft und immer wieder gesagt hat: "Otto, Otto, Otto". Er wusste wohl schon, was auf ihn zukam. Aber die alleinige Schuld würde ich ihm nicht geben. Unser Co-Trainer Reinhard Stumpf hätte ihn ja auch darauf aufmerksam machen können. Anfangs haben wir Spieler noch gehofft: "Vielleicht hat's ja doch keiner gemerkt!"
Otto hat zum Ramzy gesagt: "Wir haben einen zu viel auf dem Platz - du musst raus!" Der Hany hat also angefangen zu humpeln, damit alle denken, er ist verletzt. Das war wohl seine Idee. Sicher, im Nachhinein könnte man sagen: Warum hat er so ein Theater gemacht? Man muss ihm zu Gute halten, dass er auch nur Schaden von der Mannschaft und vom Trainer abwenden wollte.
Ich bin dann für ihn ins Spiel gekommen. Aber auch auf dem Feld hatte sich schnell herumgesprochen, dass das Spiel gelaufen war. "Schaltet mal einen Gang runter", haben die Bochumer gesagt, "wir wissen Bescheid." Da war mir klar: Das Spiel ist bedeutungslos geworden. Auf unserer Ersatzbank ist über den Vorfall sogar noch gelacht worden. Hany hat sich aus Spaß in seinem Trikot versteckt.
Mir war nicht zum Lachen zumute, schließlich hatten wir gerade drei Punkte verschenkt - und die Prämien obendrein. Trotzdem haben wir versucht, den Zuschauern noch anständigen Fußball zu bieten. Hinterher gab es zum Glück keinerlei Aufruhr von Seiten der Fans. Sie standen damals sowieso noch wie eine Eins hinter uns. Am Ende haben wir das Spiel 2:3 verloren. Bochums Trainer Klaus Toppmöller hat sofort klar gemacht, dass er es bei dem Ergebnis belassen und keinen Protest einlegen möchte.
Aber VfL-Manager Klaus Hilpert hat trotzdem darüber nachgedacht. "Immerhin zählt auch die Tordifferenz", hat er gesagt. Auch wenn er sich mit seiner Meinung nicht durchsetzen konnte: Das ist typisch für Deutschland. Wenn jemand einen Fehler macht, schlagen die anderen noch drauf und versuchen, den maximalen Vorteil für sich daraus zu ziehen. Der Otto Rehhagel hat sich gleich nach dem Spiel bei uns entschuldigt: "Das ist ganz allein mein Ding, ich trage die Konsequenzen", hat er gesagt.
Es war auch niemand von uns sauer auf ihn, seiner Autorität hat es nicht geschadet. Aber ich glaube, er selbst hatte einige Zeit daran zu knabbern. Er hat immer wieder mit sich gehadert: "Mensch, warum musste das mir passieren?" Im Nachhinein konnten wir froh sein, dass der Fehler die Abschlusstabelle nicht dramatisch beeinflusst hat. Wir sind ja trotzdem in den Uefa-Pokal gekommen.
Protokoll: Dirk Gieselmann
http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,440489,00.html in Kooperation mit 11Freunde
Über diesen Bock, den Otto Rehhagel geschossen hatte, lachte damals ganz Fußball-Deutschland. In der Bundesligapartie am 26. September 1998 gegen Bochum brachte der Lauterer Coach den vierten Nicht-Europäer - einer zu viel. Der ehemalige FCK-Profi Harry Koch erinnert sich.
Manche Leute sagen noch heute: "Was für eine Blamage!" Na gut, wir waren immerhin Deutscher Meister und kein Dorfverein. Aber Fehler passieren, vor allem uns Spielern. Sonst gäbe es ja keine Niederlagen. Dann kann das auch mal einem Trainer wie dem Otto Rehhagel unterlaufen. Kurz vor diesem Fauxpas hatte sich Michael Schjönberg das Schienbein gebrochen. Da ist man geschockt, als Spieler und bestimmt auch als Trainer.
Ob das die Ursache für den Wechselfehler war, kann ich aber nicht sagen. Jedenfalls musste es schnell gehen, und Otto hat Pascal Ojigwe gebracht. Dabei hat er übersehen, dass mit Hany Ramzy, Samir Ibrahim und Ratinho schon drei andere Nicht-Europäer auf dem Platz standen. Die Regel, dass man nur drei spielen lassen darf, finde ich nach wie vor sinnvoll, schließlich soll dadurch der eigene Nachwuchs gefördert werden. Aber damals hat sie uns ins Verderben geführt.
Otto hat zum Ramzy gesagt: "Wir haben einen zu viel auf dem Platz - du musst raus!" Der Hany hat also angefangen zu humpeln, damit alle denken, er ist verletzt. Das war wohl seine Idee. Sicher, im Nachhinein könnte man sagen: Warum hat er so ein Theater gemacht? Man muss ihm zu Gute halten, dass er auch nur Schaden von der Mannschaft und vom Trainer abwenden wollte.
Ich bin dann für ihn ins Spiel gekommen. Aber auch auf dem Feld hatte sich schnell herumgesprochen, dass das Spiel gelaufen war. "Schaltet mal einen Gang runter", haben die Bochumer gesagt, "wir wissen Bescheid." Da war mir klar: Das Spiel ist bedeutungslos geworden. Auf unserer Ersatzbank ist über den Vorfall sogar noch gelacht worden. Hany hat sich aus Spaß in seinem Trikot versteckt.
Mir war nicht zum Lachen zumute, schließlich hatten wir gerade drei Punkte verschenkt - und die Prämien obendrein. Trotzdem haben wir versucht, den Zuschauern noch anständigen Fußball zu bieten. Hinterher gab es zum Glück keinerlei Aufruhr von Seiten der Fans. Sie standen damals sowieso noch wie eine Eins hinter uns. Am Ende haben wir das Spiel 2:3 verloren. Bochums Trainer Klaus Toppmöller hat sofort klar gemacht, dass er es bei dem Ergebnis belassen und keinen Protest einlegen möchte.
Aber VfL-Manager Klaus Hilpert hat trotzdem darüber nachgedacht. "Immerhin zählt auch die Tordifferenz", hat er gesagt. Auch wenn er sich mit seiner Meinung nicht durchsetzen konnte: Das ist typisch für Deutschland. Wenn jemand einen Fehler macht, schlagen die anderen noch drauf und versuchen, den maximalen Vorteil für sich daraus zu ziehen. Der Otto Rehhagel hat sich gleich nach dem Spiel bei uns entschuldigt: "Das ist ganz allein mein Ding, ich trage die Konsequenzen", hat er gesagt.
Es war auch niemand von uns sauer auf ihn, seiner Autorität hat es nicht geschadet. Aber ich glaube, er selbst hatte einige Zeit daran zu knabbern. Er hat immer wieder mit sich gehadert: "Mensch, warum musste das mir passieren?" Im Nachhinein konnten wir froh sein, dass der Fehler die Abschlusstabelle nicht dramatisch beeinflusst hat. Wir sind ja trotzdem in den Uefa-Pokal gekommen.
Protokoll: Dirk Gieselmann
http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,440489,00.html in Kooperation mit 11Freunde