Wenn ich das mal als Laie zusammenfassen soll, dann geht es in dem "Urkundenverfahren" doch nur darum, dass Schriftstücke vorgelegt und arbeitsrechtlich beurteilt werden?! Klar wurde mir das allerdings weniger anhand der diversen hier verlinkten Beiträge von Presseorganen, sondern anhand der Beiträge vorwiegend von User "organic" hier im Portal.
Das, was in der Zuordnung "Nachverfahren" eher danach kingt, als würden die, die eigentlich schon verloren haben, noch ein bisschen unnützen Staub aufwirbeln wollen, ist in Wahrheit nur der zweite Akt in der nämlichen Auseinandersetzung, ferner erst derjenige Teil, der dann so richtig abläuft, wie man es sich bei einem Prozess vorstellt, mit Zeugeneinvernahmen, etc.
Was einen ärgert ist, dass Kirmse presseseitig mal wieder schlecht wegkommt, obwohl er in dieser Angelegenheit sicher in einer Lage war, in welcher es weder endlos Zeit gab, irgendwas zu überprüfen, noch besonders viele Leute, mit denen man sich mal in Ruhe und unter der Bedingung gesicherter Vertraulichkeit zusammensetzen konnte. Schliesslich war Kentsch bis unmittelbar vor seiner Entlassung der mächtige Geschäftsführer der KGaA mit einem Haufen Zuträger in einem kaum durchschaubaren Netzwerk.
Kirmse war in der Situation für mich wie ein Amateurtaucher, der im Roten Meer ein Korallenriff besichtigt, und unversehends mit einem riesigen Haifisch umgehen muss, der da oben rumschwimmt, und dem darüber hinaus auch noch die Luft schnell knapper wird. Oder, wie es jemand im Fall Edathy im Bezug auf Friedrich ins Bild brachte: er stand plötzlich unter der Dusche mit beiden Füssen auf der Seife.
Was hätten die gleichen Presseleute, die sich jetzt genüsslich, wenn auch offenbar etwas vorschnell, über die Watschen für "Klitschko" Kirmse hermachen, wohl vor einem Jahr dazu gesagt, hätte man Roland Kentsch achselzuckend weiter im Amt belassen, mit der Aussage, die fristlose Kündigung wäre leider nicht wasserdicht hinzukriegen? Wäre das ein Nachweis dafür gewesen, dass Udo Krimse sich professionell verhält, hätte ihm das den Applaus auf offener Szene eingetragen, den er ganz zurecht dafür gekriegt hat, dass er zur Symbolfigur für den anderen MSV geworden ist, den grossen alten Strassenköter, der sich die Zecken vom Schlage eines Kentsch am Ende doch aus dem Fell beisst, auch wenn dabei ein bisschen Substanz mit draufgehen muss?
Die Entlassung von Kentsch war seinerzeit mit der Startschuss für alles, für die Solidarisierungsaktionen, für den bis hierher erfolgreichen Überlebenskampf. Eine überdauernde Heldengeschichte, die symbolische Akte benötigte, und Figuren wie Udo Kirmse, deren Charisma sich nicht darin begründete, dass sie geschickte Winkeladvokaten und Bespieler allzu oft vorauseilend devoter Lokalredaktionen waren und sind, sondern die das Naheliegende und Handgreifliche gemacht haben, mit vollen Risiko und eingedenk dessen, dass wahrscheinlich Fehler unvermeidlich waren.
Die Retzlaffs und Co. sollten sich mal nen Moment zurücklehnen und sich überlegen, was für Heldengeschichten des Alltags sie da ihren Lesern verkaufen: wie sie die Unmoral von juristisch versierten Sportfunktionären wie Roland Kentsch gedankenlos verherrlichen, der sich jetzt schon ein gefühltes Jahrzehnt lang durch die Republik klagt, es zum Hassobjekt für bestimmt eine halbe Million eigentlich friedfertiger Menschen gebracht hat, während sie gleichzeitig einen echten Idealisten wie Udo Kirmse, von dem mit Fug und Recht gesagt werden kann, dass er eine Symbolfigur war im letzten Jahr für die, die den aufrechten Gang wieder einübten, als Anhänger eines Traditionsvereins, den einige Typen von den Rücksitzen ihrer fetten Limos aus per Autotelefon fast erfolgreich umgebracht haben, lächerlich zu machen versuchen.
Auch wenn uns der Fehler von Kirmse ne halbe Million gekostet hat, die hat der Mann längst woanders wieder reingeholt, denn auch dank Leuten wie ihm haben wir einen Zuschauerschnitt sonder gleichen in der Dritten Liga. Von mir aus, selbst wenn es naiv sein sollte, jedenfalls volle Solidarität mit Udo Kirmse und null Toleranz gegenüber Kentsch.