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Raudie
5. Das Traineramt wird generell überschätzt. Wenn die Mannschaft will, dann schaffen wir das, und die Mannschaft hat zuletzt bewiesen, dass sie nicht gegen den Trainer spielt, eher im Gegenteil.
Ich glaube tatsächlich auch, dass der Posten des Trainers der wichtigste bei der Entwicklung eines Vereins ist. Die ganze Debatte in diesem Thread zeigt meiner Meinung nach auch, wie sehr diese Meinung im Fußball mittlerweile verwurzelt ist; denn tatsächlich wird hier in der Regel gegen Baumann gar nicht ergebnisorientiert argumentiert, sondern in Bezug auf die künftige Perspektive. In umgekehrter Form konnte man das interessanterweise in dieser Saison beim VfB Stuttgart beobachten, wo viele Fans von den fachlichen Qualitäten eines Schneiders vollkommen überzeugt waren, die Mannschaft diese angeblichen Qualitäten aber (zumindest für mich) überhaupt nicht beobachtbar auf den Platz bekommen hat. Warum schreibt man dem schlechtesten VfB-Trainer der Geschichte (man möge mich korrigieren, falls dem nicht so ist) Kompetenz zu und einem objektiv betrachtet recht erfolgreichen MSV-Trainer Baumann, der angesichts der überragenden Trainergestalten beim MSV seit Funkel eigentlich den Vorteil einen Ahnenreihe des Horrors hat, spricht man fast jede taktische und trainingsgestalterische Fähigkeit ab?
Daran sieht man, dass Fußball nicht immer rational ist. Denn hier wird meistens eine Zukunftshoffnung auf die Gegenwart bezogen, in der Erwartung einer selbst erfüllenden Prophezeiung, wie es Block D schön auf den Punkt bringt:
MSV ... leidlich erfolgreich ... unter K.B. .... Trainer weg (hoff hoff) ....neuer Trainer da .... Erfolg zurück ... Kader der gleiche !
Ohne Zweifel, Baumann hat tatsächlich Fehler gemacht: Manch taktischer Kniff ging mir nicht in den Kopf, manch Auswechslung fand ich fragwürdig. Dennoch unterstelle ich Baumann einfach, dass er sich taktisch etwas bei all diesen Dingen gedacht hat. Der Mann ist ausgebildeter Fußballlehrer, war Jahrgangsbester, hat sich als Trainer schon durchaus bewiesen. DDas schließt für mich schon einmal aus, dass der Mann keine Ahnung hat. Das unterscheidet ihn für mich schon einmal von einem Neururer, dessen Verpflichtung damals von mir mit Entsetzen wahrgenommen wurde. Wie dem auch sei: Unterstellen wir einfach, dass der Kader nicht wegen Baumann auf Platz 6 steht, sondern trotz Baumann nicht in Abstiegsnot geraten ist, dann muss für eine erfolgreiche Erfüllung der Zukunftsprognose immer noch der neue Trainer her, und ich habe mir mal die Trainerposten in Liga 2 und 3 angeschaut, und ehrlich gesagt sehe ich nicht gerade viele Trainer, die ich aus der Ferne betrachtet als qualifizierter als Baumann erachte. Gerade die 2. Liga ist dieses Jahr durch die Bank schlecht. Der bei uns hoch gelobte Coach Kosta inbegriffen; richtig überzeugend finde ich eigentlich nur Breitenreiter (der schon massiv in der Kritik stand, und hier vermutlich schon weg gewesen wäre nach dem schlechten Saisonstart) und der Schwartz von Sandhausen. Der Fall Sandhausen ist ja eigentlich interessant: Im Grunde das gleiche Problem, wie bei uns. Für eine andere Liga geplant, tendenziell eher nen Kaltstart hinlegen müssen, und trotzdem leidlich erfolgreich. Und zwar mit den selben Mitteln, wie wir: Wenig schön, aber doch öfter mal recht effektiv. Nur die Erwartungshaltung ist "Großer MSV = Favorit = spielerische Klasse" vs. "Kleines Sandhausen = Underdog = jedes Mauern ist taktisch clever".
Einen supertollen Trainer aus dem Ärmel zu ziehen, scheint also nicht ganz so einfach zu sein. Mir fällt derzeit schlichtweg keine super-Alternative zu Baumann ein. Klar können wir uns bei den ganz jungen Trainer, frisch vom Lehrgang, umschauen, aber das ist immer eine Wundertüte. Gerade Jugend macht Fehler, und wenn man einem erfahrenen Mann wie Baumann schon massiv Fehler ankreidet, dann wird das einem Jüngling ohne Chance auf Lehrgeld (Aufstiegszwang!) noch massiver widerfahren. Und einen alten Fuchs, der bereit ist, in Liga 3 zu trainieren und zu uns zu kommen, sehe ich derzeit nicht. Am ehesten könnte man vielleicht die Variante, einen in Liga 4 recht erfolgreichen Trainer abzuwerben anwenden; denn die haben meist schon eine gewisse Erfahrung UND durch den ekelhaften Aufstiegsmodus ist ein Wechsel in die 3. Liga für diese Trainer sicherlich immer attraktiv: Der Boris von den Sporfreunden Lotte zum Beispiel, der zumindest Druck und sowas aus Gesindelkirchen kennen müsste.
Es gilt also eigentlich abzuwägen, ob die Chance:
"Neuer Trainer, neues Glück" mit den Argumenten
- besseres Training
- bessere Taktik
- bessere Wechsel
- besseres Auftreten
- dadurch mehr Erfolg und Aufstiegsreife
höher ist als "alter Trainer, neues Glück" mit den Argumenten
- Baumann bekommt eine ganze Vorbereitung und mehr Kaderbreite
- mit Baumann hat man eine zumindest solide Lösung auf der Bank
- Wenn Ivo das für richtig hält, kann nicht an allen Kritikpunkten an Baumann was dran sein ;-)
- Aufstieg durch Vertrauen und Kontinuität anpeilen
Ich finde diese Entscheidung ungemein schwierig. Da ich aber unseren Kader für nicht aufstiegsreif halte in dieser Saison, und außerdem ein Trainerwechsel meiner Meinung sicherlich nicht automatisch eine bessere nächste Saison garantiert, würde ich mich auch in die Reihe derer einordnen, die mit Baumann in die nächste Saison gehen würden; ich finde die Argumente einfach schlüssiger. Ich verstehe den anderen Ansatz auch, aber das resultiert aus der Auffassung über den Kader, worüber sich stundenlang streiten lässt und irgendwie dann doch beide Seiten Recht und Unrecht haben. Zum Glück muss allerdings nicht ich diese Entscheidung treffen, sondern das macht Ivo. Und da eben dieser einen Vertrauensvorschuss verdient hat, werde ich mich mit der Lösung, die er anbietet, arrangieren und mich auf eine feine nächste Saison freuen.