clawful
Kreisliga
Jo arbeiten da ;-)
Gesendet von meinem GT-I9505 mit Tapatalk
Folge dem Video um zu sehen, wie unsere Website als Web-App auf dem Startbildschirm installiert werden kann.
Anmerkung: Diese Funktion ist in einigen Browsern möglicherweise nicht verfügbar.
Jo arbeiten da ;-)
Ich bräuchte noch eins, besser zwei für Bolt Thrower in Essen.
Stuttgarter Nachrichten:
So klingt die Apokalypse
26.06.2014
Die Halle bebt. Ein archaisch anmutendes Klangungetüm lässt Fußboden, Tribünensitze und Magengegenden erzittern. Sollte die Apokalypse mit einem Geräusch einhergehen, dieses könnte es sein. Zu drei Vierteln wiedervereinigt entfachen Black Sabbath, britische Urväter des Heavy Metal, ein wahres Höllenspektakel.
Ozzy Osbourne (65), Tony Iommi (66), Geezer Butler (64) und ihr Tournee-Drummer Tommy Clufetos (34) beginnen mit einer kraftstrotzenden Version von „War Pigs“, „Snowblind“ „N.I.B.“ und „Children Of The Grave“ werden folgen. Ozzy Osbourne, früher oft nur ein schlurfender Schatten seiner selbst, ist an diesem Abend seinem Jahrzehnte währenden Delirium entkommen: Er wirkt aufgeräumt und bei Bewusstsein, trifft mit schneidendem Organ Töne und Einsätze, animiert mit unnachahmlicher Rhetorik („I want you to go fu*king crazy!“) und Gestik das Publikum. Vom ersten Ton an kocht die Halle.
Lichteffekte und Videos verstärken die Wirkung. Stroboskop-Regen begleitet das düstere „Black Sabbath“, auf den Leinwänden gibt es thematisch Passendes zu sehen: Exorzismus, einen am Boden Liegenden in einer Zwangsjacke, den eine Ratte attackiert, freizügige Damen mit Gasmasken. Nahtlos fügen sich Stücke des aktuellen Albums „13“ ein, auf dem die Band unter Regie von Produzentenlegende Rick Rubin wieder ganz zu sich gefunden hat: Riffmonster wie „Age Of Reason“ oder „God Is Dead?“ hätten Black Sabbath genau so schon vor über 40 Jahren schreiben können. Von damals stammt das vertrackte „Fairies Wear Boots“, eine Art Klang gewordener Drogenrausch, und auch diesen intonieren Black Sabbath bravourös.
Man spürt die Herkunft der Band aus den experimentellen 1960ern, als elektrifizierte Musik in neue Dimensionen eintrat. Kaum hatten Jimi Hendrix, Eric Clapton, Jeff Beck und Jimmy Page Möglichkeiten der Übersteuerung entdeckt, da schmiedete Tony Iommi aus der Stahlkocherstadt Birmingham schon Gitarrenriffs wie Schwerthiebe. Bei Jethro Tull wurde er als zu hart abgelehnt, also versuchte er es mit seinen Schulfreunden Osbourne, Butler und Drummer Bill Ward. Heute nennen Bands wie Metallica und Slayer einmütig Black Sabbath als Vorbild.
Iommi und Butler bilden ein kongeniales Klangbollwerk, wobei der Bassist, in der Rockmusik eher unüblich, eine Schlüsselrolle spielt. Wie früher John Entwhistle bei The Who begleitet auch Butler nicht, sondern gestaltet: Wuchtig pumpend umspült er Iommis Riffungeheuer mit mächtigen Tieftonkaskaden, malt sie aus und verziert sie, ohne je den Fluss zu verlieren.
Butler ist es auch, der die dystopischen Geisterbahn-Texte verfasst, keineswegs nur Satansvisionen wie der Song „Black Sabbath“, der der Band den Namen gab: „War Pigs“ ist Antikriegslyrik, „Iron Man“ fragt, wie ein Roboter menschliche Ablehnung empfinden mag, „God Is Dead?“ ist nicht etwa das Bekenntnis eines Atheisten, sondern eines verzweifelten Sinnsuchers – der sich allerdings an der Schwelle zum Wahnsinn bewegt.
Extreme Texte brauchen einen extremen Rezitator mit extremer Stimme, einen wie Osbourne. Wie ein Priester breitet er die Arme aus, reißt mitunter weit die Augen auf, deklamiert mal in hypnotisierendem Singsang, mal in wütendem Bellen. Und er kann lachen wie der Leibhaftige selbst.
Stuttgarter Zeitung:
Stuttgart - Ein Dutzend Jahre ist es her, dass der Autor dieser Zeilen Augen- und Ohrenzeuge des Konzerts von Ozzy Osbourne bei Deutschlands größtem Festival Rock am Ring werden durfte. Der anekdotenumrankte britische Star trat seinerzeit am lichtdurchfluteten Spätnachmittag auf, dennoch musste man ihm mit einer auf den Bühnenboden geklebten Lichterkette den Weg zu seinem Mikrofonständer weisen, wo für ihn auf einem weithin sichtbaren Riesenbildschirm die von ihm zu singenden Songtexte projiziert wurden, während Backstage eigens ein Arzt für den Fall aller Fälle bereit stand. Keinen Pfifferling hätte man auf diesen fast schon grenzdebil wirkenden Mann mehr gegeben, bei dem allenfalls verwunderlich schien, dass er es überhaupt bis in sein fünftes Lebensjahrzehnt geschafft hatte.
Zwölf Jahre später steht John Michael Osbourne als nun 66-Jähriger am Mittwochabend auf der Bühne der Stuttgarter Schleyerhalle. Die Arena ist mit mehr als 11.000 Besuchern nahezu ausverkauft, was zum einen einen hübschen Kontrast zum Gastspiel der amerikanischen Rockband ZZ Top am vergangenen Samstagabend bietet, die vor einem halbleeren Rund auftreten musste. Und zum anderen zeigt, dass sich hartnäckige Legendenverehrer auch von deftig-dreisten, bei 81 Euro für die billigsten Plätze beginnenden Eintrittspreisen und der WM-Konkurrenz am heimischen Fernseher nicht abschrecken lassen.
Vor allem jedoch präsentierte sich in Stuttgart ein Sänger, der nichts mehr mit dem physischen und psychischen Wrack und der infantilen Karikatur seiner selbst aus der buchstäblich hauseigenen Dokusoap „The Osbournes“ gemein hatte.
In offenkundig rechtschaffener körperlicher Verfassung betritt er mit seiner wiedervereinten Band Black Sabbath nach dem – bemerkenswerterweise von der auch ganz schön legendären Grungeband Soundgarden bestrittenen – Vorprogramm bereits um kurz vor halb zehn die Bühne. Gewählt hat er eine punktgenau zu seinem nicht allzu sehr ins Grüblerische neigenden Charakter passende Strategie, um die beiden größten Hits von Black Sabbath in das Programm einzubauen. Den einen, „War Pigs“, spielt er als erstes Stück. Und den anderen, „Paranoid“, als letztes Lied. Ganz schön gewitzt!
„Paranoid“ ist das einzige Stück der einzigen Zugabe, die streng genommen auch keine richtige Zugabe ist, weil Osbourne den Abgang mehr oder weniger nur antäuscht. Aus dem Off frohlockt er in seiner arglos-süßen Manier schon, dass die Meute doch bitte ordentlich jauchzen möge (was vom Publikum umgehend willig erfüllt wird), weil er dann noch diesen einen Song spielen werde, und verblüffenderweise kommt es dann auch haargenau so.
Er hält durch!
Der in Beverly Hills wohnhafte Rockstar Ozzy Osbourne, aufgewachsen als viertes von sechs Kindern einer Arbeiterfamilie in einer Zweizimmerwohnung im britischen Birmingham, verdankt seinen Weltruhm wie schon erwähnt bekanntlich nicht einer überbordenden Intellektualität oder einer wahnwitzigen musikalischen Innovationskraft. Demgemäß erwartet niemand in der Schleyerhalle tiefschürfende Ansagen (streng genommen beschränken sie sich bei ihm auf den Slogan „You’re fucking crazy“) oder künstlerische Volten der Extraklasse (geboten wird, Ehrensache, gegen Ende des Konzerts das gute alte Schlagzeugsolo). Von Ozzy Osbourne wird viel mehr erwartet, dass er erstens einen kompletten Auftritt durchhält (das hat er, bestens sogar!) und zweitens die Legende namens Black Sabbath am Leben lässt, die – hier sei die Verwendung des ansonsten scheußlichen Begriffs ausnahmsweise gestattet: Kult ist.
Bonuspunkte fährt er für die schnörkellose Darbietung ein. Die Band steht erstmals seit 1970 wieder nahezu in ihrer Originalbesetzung auf der Bühne (lediglich der gefeuerte Schlagzeuger Bill Ward fehlt), außer einer halbwegs originell gestalteten Choreografie auf der Videoleinwand lenkt auf der Bühne keinerlei sonstiger Zierrat vom Geschehen rund um die vier Herren ab. Gediegen brettert das Instrumentalistentrio die Hardrockklassiker aus 45 Jahren Bandgeschichte herunter, Osbourne singt dazu leichenblass, aber leibhaftig und mit sogar höchst annehmbarer Stimme. Echtes Rock-’n’-Roll-Leben versinnbildlichend ist zudem seine rustikale Art der Erfrischung: Zwischendurch schüttet er sich immer mal wieder einen Eimer kaltes Wasser über die Rübe.
Was böse Lästermäuler im Vorfeld als „Leichenbeschau“ verulkten, wird am Mittwochabend in der Schleyerhalle also ein richtig gutes Konzert; eben und vor allem auch, weil hier (ausgerechnet am fünften Todestag Michael Jacksons übrigens) lebende Legenden in erstaunlich guter Form zu bestaunen sind. „Good Night, God bless you“, sagt Ozzy Osbourne zum Abschied. Wir sagen: Danke, gleichfalls.
Bilder von Paul Ripke: http://www.paulripke.de/blog/marteria-duesseldorf/