Für mich war die jetzt gegebene Enttäuschung an sich schon vorprogrammiert, als man beim Aufwärmen endgültig feststellen musste, dass Obinna nicht zur Startformation gehören wird. In der gegenwärtigen Ausgangslage bedeutet sein Ausfall einfach einen Downgrade, daran konnte auch ein noch so bemühter Dauschi, Grote, Iljutschenko nicht viel ändern. Nicht mal Chanturia, bei dem der Knopf echt in langen Sequenzen aufging, und dessen Spiel schon für viele Mankos ansonsten entschädigen konnte, war in der Lage, die Verbindung zwischen Defensive und Angriffsspiel so herzustellen, wie Obinna das in den letzten Spielen immer im Wesentlichen gewährleistet hat.
In der Nachbetrachtung verspüre ich daher einen Zwiespalt, aber eigentlich nicht die Panik, die anscheinend bei vielen angesichts der Nullnummer wieder eher um sich greift. Wir haben uns jetzt im direkten Umgebungsbezug zwar nicht nach vorn gebolzt, sind aber doch etwas rangerobbt, und der Spieltag hat zudem bei anderen, speziell den Münchnern, aber eigentlich auch Düsseldorf, nicht gerade ein sportliches Vorankommen mit sich gebracht, eher im Gegenteil. Wir haben aber sicher einen solchen, wenn auch kleinen Schritt, vorwärts gemacht.
Für mich ist die wichtigste Meldung im Bezug auf uns eigentlich, dass die Null stand, und zwar gegen die Mannschaft, die ausser Freiburg die meisten Tore in dieser Saison geschossen hat. Das schien vor einigen Wochen noch absolut unerreichbar, und wer das nicht als Fortschritt insgesamt ansehen kann, auf dem sich weiter aufbauen lässt, bei dem weiss ich eigentlich nicht, was er in welcher Zeit jetzt erwartet hatte. Erst, wenn wir defensiv wieder ausreichend stabil sind, werden wir irgendwann auch mal wieder Spiele gewinnen können, ohne dass es ein reines Zufallsprodukt ist. Lettieri macht das, was auch jeder neue Trainer jetzt tun würde, wenn er halbwegs bei Trost ist, und bei einer Mannschaft mit unserer Tordifferenz anheuert: die Defensive abdichten. Und es scheint zu klappen, mittlerweile sogar bei Standardsituationen.
Die Kehrseite oder das, was den Zwiespalt bei mir begründet, will ich aber auch sagen: ich habe schon ein Problem damit, wie dünn das Eis ist, auf dem wir laufen, wenn einzig und allein Obinna der Faktor ist, an dem unser ganzes Offensivspiel hängt. In den Zusammenfassungen sah das jetzt nicht ganz so schlimm aus wie im Stadion, es zischten doch einige Bälle eng an deren Gehäuse vorbei, aber wie man es auch nimmt: die Aktionen innerhalb des gegnerischen Strafraums überzeugen nicht, Abschlüsse wirken überhastet oder erfolgen zu spät, nachdem sich die Lücke eigentlich schon wieder geschlossen hat, es fehlt die Geschmeidigkeit und das Fluide, was uns letzte Saison in so hohem Masse ausgezeichnet hat. Und auch noch immer: Ballverlust, überstürztes Zurückhasten, grenzwertiges Dazwischengehen wie von Meissner und Bajic gleichermassen, damit der Gegner in höchster Not noch aufgehalten werden kann, sind der Preis sogar für die zaghaften Angriffsbemühungen, die wir uns leisten können. Bei unseren Ecken hat man manchmal schon mehr Angst vor dem Konter statt Vertrauen in die Torgefahr, und klammheimlich wünscht man sich vielleicht sogar, es würden gar keine Ecken zustande kommen.
Eigentlich ist die Fehleranaylse von ausserhalb auf Grund der Vielschichtigkeit des Problems, in das letztendlich jeder einbezogen ist, und das wohl auch mit jedem im Einzelnen nachbesprochen werden muss, so gut wie unmöglich. Meiner Meinung nach war es dennoch von nur begrenztem Nährwert, zu Beginn Iljutschenko zu bringen, dem es einfach gegen die abgehangen agierenden Nürnberger an Präsenz fehlte. Hier hätte Scheidhauer vielleicht mehr dazwischengeklotzt. Alerdings sind dessen manchmal verheerende Ballverluste auch in Rechnung zu stellen. Vielleicht hätte man es auch mit Grote mal zentral versuchen, und Dausch demzufolge über aussen bringen sollen, aber da wird es schon super spekulativ, und dafür, Grote dort zu belassen, wo er zuletzt richtig fett auftrumpfte, und auch ein vielleicht mitentscheidender Defensivfaktor wurde, spricht sicher viel. Grossartige Alternativen sehe ich sonst derzeit nicht, die Lettieri gehabt hätte, Chanturia als Zehner wäre wohl zu gefährlich gewesen, und er hat aussen ja Klasse gespielt, also wird er da wohl richtig positioniert gewesen sein. Was dort zusammengehört, muss jetzt erst zusammenwachsen, da beisst die Maus keinen Faden ab. Die Rückkehrer und nachnominierten Spieler müssen Automatismen entwickeln, sich aufeinander verlassen und beziehen lernen. Es wird dauern, da bleibt nichts übrig als meterweise Geduld.
Bei einigen Akteuren fehlte mir der letzte Biss, so bei Bohl (kann aber auch täuschen), und vor allem bei den Einwechslungen Scheidhauer und Onuegbu, die beide zu statisch waren, um aus dem anregenden Vorwärtsdrang Chanturias in der Schlussphase noch mehr zu machen. Wenn Lettieri Onuegbu und Scheidhauer als Joker bringt, wenn der Gegner müde gespielt wurde, was meines Erachtens fest so eingeplant war, müssen diese Jungs halt explodieren, damit sein Plan aufgehen kann. Für mich blieben beide weit unter ihren Möglichkeiten, und besonders bei Onuegbu versprang der Ball meterweit, wie man es von ihm kaum kennt. Dafür fand ich Holland heute wieder richtig stark, er zerstörte vieles beim Gegner und ging denen richtig auf den Sack, glaube ich. Er ist nicht so auffällig wie etwa Hajri, aber dafür ein echter Wadenbeisser.
Mein Fazit wäre im Gegensatz zu vielen apokalyptischen Visionen hier im Thread eher von begrenzter Reichweite: ich persönlich habe mich schon mal besser unterhalten gefühlt, hatte aber reichlich Spass am kleinen Herrn Chanturia, der ein Niveau beibrachte, wie man es in dieser Spielklasse insgesamt nur ab und zu erwarten darf. Generell macht es als Achtzehnter der Tabelle weniger Spass im Stadion, damit muss man ebenso leben, wie mit solchen stumpfen Abnutzungsschlachten in zu früh sich durchsetzendem spätherbstlichem Schmuddelwetter. Gestern war Duisburg mal wieder grau in grau, aber wir haben uns einen Punkt geholt, bleiben in Kontakt, und man kann sich immerhin dran hochziehen, dass Obinna nächste Woche wieder dabei sein könnte.
Also ein Larifarifazit: niemand hat uns einen Rosengarten versprochen, und gestern haben wir auch keinen zu sehen gekriegt. Aber alles kein Grund, von der Autobahnbrücke zu springen, wahrhaftig nicht.