164 Tage kämpfen – am Ende vergeblich

derduisburger

Regionalliga
Vor 25 Jahren begann in Rheinhausen der längste Arbeitskampf in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Um die Dimensionen zu erfassen, die mit dem legendären Arbeitskampf um das Rheinhauser Hüttenwerk verbunden ist, reicht eine Zahl: 47 000. 47 000 Menschen waren am 20. Februar 1988 beim sogenannten „Auf Ruhr“ Konzert im Walzwerk auf dem Krupp-Gelände dabei.

Ein solch’ großes Hallen-Konzert – dabei waren unter anderem Die Toten Hosen, Rio Reiser und Herbert Grönemeyer – hatte Europa bis dahin noch nicht gesehen. Rheinhausen war in Aufruhr, die Menschen kämpften, letztlich dann doch vergeblich, um „ihr“ Werk, sie standen in großer Solidarität zusammen. Entstanden war nicht weniger als eine Legende. Deren Anfang jährt sich am Montag zum 25. Mal.


http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/west/164-tage-kaempfen-am-ende-vergeblich-id7323915.html

Vielleicht kann ja der ein oder andere von der älteren Generation was drüber erzählen wie er es erlebt hat...
 
Wir hatten damals Schulfrei.
Unsere und andere Klassen haben sich zusammen getan und dort, wie auch an andere Mahnwachen die in Duisburg verteilt waren, belegte Brötchen und Kaffee an die Metaller verteilt.
War bisher die tollste Aktion, die ich in Duisburg erleben durfte. Die ganze Stadt hat sich solidarisch gezeigt und alle haben mitgemacht.
 
Ich war damals in der Berufsschule.
Wir sind zu Zweit aus Meiderich nach Hamborn mit dem Fahrrad gefahren um dort zu erfahren, dass die Berufsschule ausfällt. Also wieder zurück.
Der kürzeste Weg ging natürlich über die Autobahn, die ja komplett gesperrt war.
War echt ein Erlebnis und die Arbeiter haben uns gefeiert. Am nächsten Tag waren wir dann sogar mit Foto (von hinten) in der BILD.

Wo ich mich noch dran erinnern kann: Ich hatte im Auto ein Plakat: "Rheinhausen muss leben." Den Wagen hatte mein Vater an einem Tag geliehen und der durfte nicht auf seinem Firmenparkplatz parken. "Politische Äußerungen sind unerwünscht!" hiess es von der Geschäftsleitung.
 
Mein erstes Semester. Am ersten großen Blockadetag Anfang Dezember haben über 400 Studis die Kreuzung Mülheimer Str/Sternbuschweg besetzt gehalten.

Polizei und die meisten Autofahrer extrem entspannt. Vom Finkenkrug kam eine Gulaschkanone und die Anwohner haben uns mit heissen Getränken versorgt.

War dann auch häufig bei den großen Diskussionen in der Menage (Kantine von Krupp) in der Nähe von Tor 1 und das eine oder andere Mal bei der Mahnwache vor Tor 1.
Großer Redner war der alte Bruckschen (ich glaube der Vater von dem Betriebsratsvorsitzenden damals). Der konnte die Leute noch so richtig fesseln. Irgendwann kamen dann die üblichen Spalter von der MLPD und versuchten den Kampf für die große Revolution zu nutzen und die hatten nicht den Hauch einer Chance ...

Auf den Demos damals war der damals schon recht betagte Jupp Krings immer vorne mit dabei ...



Das scheint mir alles soweit weg ...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
auf dem Konzert war ich als totaler Picco.
ich erinnere mich daran dass alle die Hosen sehen wollten und
die Eppstein niedergesungen haben.......

kriege Gänsehaut bei dem Gedanken daran.
 
Ich hab von 78 - 81 meine Lehre im Hüttenwerk Rheinhausen gemacht und danach als Elektriker dort gearbeitet bis 82.Da waren die Anzeichen auf den Niedergang schon zu erahnen.Deshalb hab ich mich frühzeitig "abgesetzt" .Doch bei den Aktionen 87-88 war ich immer vor Ort,als alter Friemersheimer auch Pflicht (besonders die Brücken-Kreuzungsbesetzungen und Fackelmärsche waren beeindruckend und sind mir immer in Erinnerung geblieben).Der Rheinhausener-Arbeitskampf war der Erste und wohl auch der Letzte der die Arbeiter nicht ins bodenlose fallen lies ..... gute Abfindungen ... Übernahme in ein anderes Werk ... Umschulungen ... usw. usw. !
Der Kampf ums Werk ging zwar verloren.Doch heutzutage würden die Arbeiter einfach nur entlassen und gut is.Damals hatte sich der Kampf in "dieser" Hinsicht jedenfalls gelohnt!:zustimm:
 
Ich weiss z.B nur das mein Dad damals von Krupp Rheinhausen nach Dortmund :confused: versetzt wurde, als das damals dicht gemacht wurde. Ich war ca 10 Jahre als er starb, von daher interessiert mich das. ;)
 
War damals gerade 17 und hatte meine Ausbildung bei Thyssen an der Wörthstraße angefangen. Der Streik war sicher ein Erlebniss was ich nicht vergessen werde. Selbst in der Ausbildung waren wir mit auf der Strasse gegangen und der Weg zur Brücke der Solidarität bleibt mir immer in Erinnerung. Als die Menschenmassen von beiden Seiten zur Brücke gingen.

Ebenfalls der Streiktag als alle Straßen in Duisburg blockiert wurden, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Standen mit ca 20 Auszubildene an einer Kreuzung in Hochfeld und die Nachbarn versorgten uns mit warmen Getränken und Brötchen.

Dieser Arbeitskampf war sicher von der Stärke einer der Größten, wenn auch leider ohne Erfolg !
 
Wir waren schon immer eine Eisenbahner/Krupp Familie. Opa Lokführer auf Krupp und Papa dann in Hohenbudberg als Signalwerker.

Ich kann mich ganz genau an den Tag erinnern, als im Radio die Meldung kam, daß Rheinhausen geschlossen werden soll.
Ich saß mit Mama und Papa am Frühstückstisch und meinen Eltern sind die Brötchenhälften wirklich ungelogen aus den Händen gefallen. Krupp war in Rheinhausen alles! Unvorstellbar das dieses Werk nicht mehr da sein sollte.

Ich war dann mit Opa bei der Rheinbrückenbesetzung und beim "Brot und Rosen"-Gottesdienst im Walzwerk.
Insgesamt war die damalige Stimmung das unglaublichste was ich jemals erlebt habe. Von daher hat das Wort "Solidarität" für mich eine unglaublich hohe Bedeutung, weil ich diese wirklich erlebt habe. Egal ob in der Schule, in Supermärkten, der Kirche, überall wurde für die Krupp-Familien gekocht, gesammelt oder irgendwas getan um zu helfen.
 
Ich war damals im Kindergarten in Kaldenhausen und selbst dort haben sich die Eltern und Erzieherinnen über Monate hinweg an den Mahnwachen beteiligt. Wir Kinder natürlich immer mit dabei, ohne überhaupt einen Hauch davon zu verstehen was dort vonstatten ging. Als ich dann älter wurde und von Zeitzeugen immer wieder einzelne Bruchstücke der Geschichte erzählt bekommen habe, war ich total gerührt und immer irgendwie glücklich ein Teil dessen gewesen zu sein (wenn auch ein ganz geringer).
 
Dann oute ich mich auch mal. Ich habe von 1980 bis 1983 meine Lehre zum Hüttenfacharbeiter gemacht. Habe dort dann bis Februar 1988 im Kesselhaus vor dem Hochofen 1 gearbeitet. Mein Vater war 30 Jahre im Werk Rheinhausen beschäftigt.
Das Krupp Rheinhausen geschlossen werden soll, habe ich während meines Urlaubs in Norddeutschland erfahren. Ich habe den Urlaub direkt abgebrochen und bin nach Rheinhausen zurück. Ich habe eigentlich alles mitgemacht. Ich gehörte zur 1. Gruppe die nachts die Rheinbrücke sperrte, war bei der Erstürmung der Villa Hügel, der Randale vor der neuen Verwaltung am Gatherweg, und habe teilweise an den Mahnwachen gesessen. Für mich war Krupp damals alles, hatte dort meine Freunde und auch Freundin (Krupp Stahlbau). Bei Krupp gab es schon vor dem Streik eine gute Kameradschaft, ich liebte Sonntagmorgen das Frikadellenessen nach der Nachtschicht bei Holzweiler. Ich habe heute noch Kontakte zu ehemaligen Kruppianern die bei Henkel arbeiten. Krupp Rheinhausen war eine Familie.
 
Weil beim MSV nicht das Leben der Fans dran hängt.
Damals bei den Kruppianern und Duisburgern ging es ums nackte Überleben, da ging es um Existenzen.
 
Damals bei den Kruppianern und Duisburgern ging es ums nackte Überleben, da ging es um Existenzen.

Sicher ist das ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, aber wahrscheinlich nicht der Einzige.
Komme aus einer Thyssen Familie und das was viele schreiben merkte man selbst dann, als diese nicht mehr dort arbeiteten. Früher war die Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber beim Großteil der Bevölkerung eine ganz andere als heute, der damals wohl vollkommen unbekannte Begriff der "Corporate Identity" wurde gelebt. Man liests hier ja immer wieder, die Betriebe waren wie eine große Familie, obs nun drei Ringe im Wappen waren, ein Bogen oder was vollkommen anderes.
Darüber hinaus hingen ja nicht die Existenzen aller, die auf die Straße gingen an Rheinhausen und dennoch gabs eine wahnsinnige Solidarität, einen Zusammenhalt den man sich heute sicher wünschen würde...

Ich selbst war im Kindergarten und muss zugeben, dass ich recht wenige Erinnerungen daran haben, doch selbst die Erzählungen und Bilder von damals sind mehr als beeindruckend


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Hier mal ein Bericht von Helmut Laakmann.


Die Brücke der Solidarität

Stahlkocher besetzten in der Nacht zum 2.Dezember 1987 die Rheinbrücke in Rheinhausen.
Am 27.11.1987 standen im Stahlwerk alle Räder still; keine Tonne Stahl wurde produziert. Das ist vor einer Woche gewesen und im Stahlwerk rührt sich immer noch keine Hand, die aussieht, als würde sie arbeiten.

Am 29.11.87 rannten den ganzen Tag die Ingenieure wie aufgescheuchte Hühner herum; Leitstand rein und raus, Treppe runter und wieder rauf, und immer wieder in die Hände klatschend und rufend: „ Los Männer, wir fangen an zu produzieren!“

Der Obermeister und ich standen zusammen und schauten uns das Schauspiel an. Wir hatten mit unseren Meistern und Vorarbeitern verabredet, dass die Produktionskette dadurch unterbrochen werden soll, dass immer wieder Kollegen zu Informationsgesprächen mit dem Betriebsrat abkommandiert wurden, Kollegen die zur Produktion gebraucht wurden.

Irgendwann kam der Stahlwerksdirektor auf uns zu. „Wir sollten nicht einen Tag vor der Betriebsversammlung die Arbeit aufnehmen,“ erklärte ich. Der Direktor nickte: „Also, dann nach der Betriebsversammlung!“ Die Ingenieure verschwanden so wie sie gekommen waren.

Jetzt war aber schon der 01.12.87 und der Laden stand immer noch. In der Nacht bin ich dann von Leitstand zu Leitstand gelaufen und habe mit den Kollegen diskutiert; mir wurde klar, die wollen nicht produzieren; die wollen kämpfen!
Über den Sprechfunk habe ich dann die Kollegen aufgerufen in den Pausenraum zu kommen. Dort habe ich dann erklärt, dass wir jetzt die Rheinbrücke sperren gehen.

Fünfzig Kollegen liefen mit mir über die Rheinwiesen zur Brücke. Es war eine bitterkalte Nacht und gegen vier Uhr standen wir alle vor Kälte zitternd auf der Rheinbrücke.
Die ersten beiden Autos konnten passieren, aber den Bus der NIAG ließ man nicht weiterfahren. Der verständigte über Funk die Leitstelle und nach ein paar Minuten war eine Funkstreife der Rheinhauser Polizei auf der Brücke.
„Wir fahren dann mal zurück zur Wache und kochen Kaffee, sonst erfriert ihr uns hier noch,“ sagten die beiden von der Funkstreife und schon standen wir wieder alleine da.

Alle zitterten vor Kälte! Ich war drauf und dran mit allen wieder ins Stahlwerk zu gehen. Wofür standen wir hier? Kein Auto in Sicht. Es war nichts los und alle froren.

Nach einer halben Stunde war die Funkstreife wieder da und alle bekamen einen Becher Kaffee. Vor dem Streifenwagen stehend hörten wir die Verkehrsnachrichten. Stau auf der A 57 und auf der A 40. Rheinhausen umfahren! Stahlarbeiter blockieren die Rheinbrücke! Der Verkehr wird umgeleitet!

Jetzt kam Bewegung in die frierende Gruppe. Jetzt ein paar Männer zur nächsten Telefonzelle und die Frühschicht informieren: „Kommt sofort zur Brücke!“ Auf dem Weg zur Telefonzelle überall das Blaulicht der Polizei, kein Durchkommen für Autofahrer.

Da kamen auch schon unsere Jungs von der Werksfeuerwehr. Die brachten Koksöfen und kippten eine Ladung Koks auf die Brücke. „Leck mich am Arsch, die Feuerwehr macht Feuer!“ sagte ein Kollege neben mir. „Nie war Koks wertvoller!“ sagte ein Anderer.

Jetzt kamen die Kollegen aus dem Werk! Aus fünfzig Kollegen wurde jetzt einige Hundert. Aus der Margarethensiedlung liefen die Frauen zu ihren Männern auf der Brücke. Viele hatten Tee, Kaffee und Kinder im Kinderwagen dabei.
Es wurden immer mehr. Der Oberbürgermeister Jupp Krings hinten auf einem Polizeimotorrad sitzend kam und immer mehr Bürger aus Rheinhausen; so als würde es kein Ende nehmen wollen.
Jetzt die Lieferwagen der Rheinhauser Bäcker- und Metzgereien; belegte Brötchen wurden gebracht. Frauen und Männer aus nah gelegenen Betrieben ließen alles stehen und kamen. Schulklassen waren unterwegs. Jeder, der laufen konnte, kam zur Brücke.

Mein Gott, was für ein Tag!
Es war der Tag, an dem die Bürger sich an die Seite ihrer Stahlkocher stellten.
Es war ein Tag der Solidarität.
So bekam die Brücke ihren Namen: die Brücke der Solidarität.
 
Der Helmut Laakmann. Bei seiner Rede habe ich heute noch Tränen in den Augen. Wenn man bedenkt, dass er Betriebsleiter im modernsten Stahlwerk Europas das LD 2 war. Eigentlich hätte er zu den Arbeitgebern halten müssen. Der Cromme dürfte mir noch heute nicht übern Weg laufen, der hat doch alle verschaukelt, sogar die Regierung. Das ganze hatte wirklich was von der Mafia mit den 3 Stahlbaronen als Paten.
 
Ich selbst habe damals als junger Facharbeiter bei den Mannesmann-Röhrenwerken in Huckingen gearbeitet. Wir haben damals neben der Sperrung der B 288 auch an dem Marsch zur heutigen Brücke der Solidarität teilgenommen. Später als das Werk Rheinhausen dann geschlossen war und die Mannesmann-Röhrenwerke zu den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann umfimiert waren habe ich einige nette Kruppianer in unserer Werkstatt eingearbeitet. Man was waren die Jungs damals traurig um "Ihre Hütte" aber auch froh woanders untergekommen zu sein. Denn die Jungs die bei uns in Huckingen eine Stelle bekommen hatten gehörten ja noch zu den priveligierten Verlierern der damaligen Werksschließung.
 
Ich schütte mal etwas Wasser in den Wein, weil es im Zusammenhang mit Solidarität vielleicht auch nicht unbemerkt bleiben sollte.

Damals machte sich ja in Duisburg nicht nur die Stahlbranche selbst, sowie eben der ganze Stadteil, sondern auch andere Berufssparten für Krupp lang. So erinnere ich mich noch, wie die komplette Belegschaft des Bahnausbesserungswerks in Wedau solidarisch die Arbeit niederlegte, um im Marsch ebenfalls zur Brücke zu gehen. Auch wurde der Arbeitskampf auf Kundgebungen unterstützt.
Im Gegenzug rund ein Jahr später war es dann sehr schade, dass genau die Bahnarbeiter dann ganz alleine waren, als es um konkrete Pläne zur Schliessung des Werks ging, was dann kurze Zeit danach ja auch passierte. Da war Wedau alleine, niemand lies sich sehen, für die Medien war es auch nicht mehr als normale Artikel im Lokalbereich wert.

Ich selber verbinde dadurch nicht nur positive Erfahrungen mit der ganzen Geschichte rund um Rheinhausen.
 
Zwei Lkw voller Brot - Erinnerungen an den Kampf um das Krupp-Werk

Der frühere Redaktionsleiter Rainer Zimmermann erinnert sich an die Highlights im Kampf um das Krupp-Werk und eine aufregende journalistische Arbeit.

„Wir haben ein halbes Jahr voll Stoff gegeben.“ Auf diesen Punkt bringt Rainer Zimmermann die Arbeit der Rheinhauser NRZ/WAZ-Redaktion während der heißen Phase des Arbeitskampfes um den Erhalt des Krupp-Werkes vor 25 Jahren. Der heute 64-Jährige sieht sich Bilder aus dem Fotoarchiv an, zieht immer wieder besondere Aufnahmen heraus: die Stahlkocher um wärmende Feuerstellen stehend; der Betriebsratsvorsitzende Manfred Bruckschen inmitten von Menschentrauben, hochrangige Politiker, Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften, die Frauen und die Einzelhändler von Rheinhausen. „Letztendlich hat es alles nichts gebracht, für das Werk nicht und auch für Rheinhausen nicht“, stellt der frühere Leiter der Gemeinschaftsredaktion mit Bedauern fest. Journalistisch sei der Arbeitskampf jedoch für ihn und die Kollegen Martin Ziecke, Martin Plüm und den Fotografen Klaus Vogel ein „großes Erlebnis“ gewesen, „wenngleich wir zeitweise auf den Zahnfleisch angekommen waren. Denn Urlaub haben wir in der Zeit nicht genommen.“


http://www.derwesten.de/staedte/dui...an-den-kampf-um-das-krupp-werk-id7362672.html


Hier mal ne Bildergalerie dazu...


http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/25-jahre-krupp-arbeitskampf-id7317155.html




Erinnerung an Krupp-Arbeitskampf vor 25 Jahren in Bildern


Im Winter 1987/88 tobt der Arbeitskampf in Duisburg-Rheinhausen. Das Krupp-Werk soll dicht gemacht werden, 6300 Beschäftigte könnten ihren Job verlieren. Damals war Manfred Vollmer mittendrin. Seine Fotos gingen in das kollektive Gedächtnis ein. Eine Erinnerung.

Rheinhausen vor 25 Jahren: Das Krupp-Werk soll dicht gemacht werden, 6300 Beschäftigte sollen ihren Job verlieren. Beides wird Wirklichkeit, später. Davor: Ein Arbeitskampf , wie es ihn noch nie in Deutschland gab. Der Mann, der die Bilder für das kollektive Gedächtnis machte: Manfred Vollmer.


http://www.derwesten.de/staedte/dui...kampf-vor-25-jahren-in-bildern-id7355556.html
 
Es geht weiter :zustimm:

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=WQhRGj0-Ky8


https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=HCSEydjCD4g




Gedenktafel an Brücke der Solidarität erinnert an Arbeitskampf um Krupp-Hüttenwerk

Mit der feierlichen Einweihung einer Gedanktafel an der Brücke der Solidarität erinnerte Duisburg an den Kampf um das Krupp-Hüttenwerk in Rheinhausen vor 25 Jahren.

Wieder wehte der eisige Hauch der Geschichte über die „Brücke der Solidarität“ zwischen Rheinhausen und Duisburg an diesem frostigen, kristallklaren Samstagmorgen. Wie damals, in der Morgendämmerung des 2. Dezember 1987, als tausende Stahlarbeiter stundenlang die Bogenbrücke über den Rhein blockierten. Eine Reihe der Kämpfer von damals weihte nun, 25 Jahre danach, eine Gedenkplakette für die rund 5600 Kruppianer ein, die damals um ihre Existenz kämpften, 164 Tage lang den längsten, berühmtesten und eindrucksvollsten Arbeitskampf der deutschen Nachkriegsgeschichte führten.


http://www.derwesten.de/staedte/dui...eitskampf-um-krupp-huettenwerk-id7374840.html
 
Und weiter... :top:

https://www.youtube.com/watch?v=q63nwtqQ3oQ


https://www.youtube.com/watch?v=yNapOI2A1LQ


https://www.youtube.com/watch?v=BSjQB129fHk


Vor Kälte gezittert

Der ehemalige Leiter der Krupp Hüttenwerke Rheinhausen erinnert sich an die erste Besetzung der Brücke der Solidarität Anfang Dezember 1987

In Erinnerungen schwelgt Helmut Laakmann, ehemaliger Leiter der Krupp Hüttenwerke Rheinhausen. Besonders präsent, als würde es gerade passieren, ist ihm die erstmalige Besetzung der Rheinbrücke, später Brücke der Solidarität, in der Nacht zum 2. Dezember 1987.

Helmut Laakmann schreibt: „Am 27. November standen im Stahlwerk alle Räder still; keine Tonne Stahl wurde produziert. Das ist vor einer Woche gewesen und im Stahlwerk rührt sich immer noch keine Hand, die aussieht, als würde sie arbeiten. Am 29. November rannten den ganzen Tag die Ingenieure wie aufgescheuchte Hühner herum; Leitstand rein und raus, Treppe runter und wieder rauf, und immer wieder in die Hände klatschend und rufend: „ Los Männer, wir fangen an zu produzieren!“



http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/west/vor-kaelte-gezittert-id7410185.html
 
Helmut Laakmann auf Facebook...


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 24. Dezember 1987

250 Kinder feierten Weihnachten in der Menage. – Innenminister Herbert Schnoor, „Jupp“ Krings, Friedel Genender und Manfred Bruckschen verteilten Weihnachtstüten und Christstollen an der Mahnwache. - Herbert Schnorr: „Polizei und Stahlkocher sind keine Gegner!“ – Politiker die mehr Härte der Polizei fordern, nannte Herbert Schnoor: „verantwortungslose Dummköpfe!“ - Polizeibeamte trugen Protestaufkleber der Stahlkocher an ihren Uniformen. - Bürger bringen Weihnachtsplätzchen, Stollen und Glühwein. - 2.000 Kruppianer feierten Heiligabend mit ihren Familien in der Menage und vor dem Tor 1. – Ein heftiger Wind fachte die Koksöfen an und die Stahlkocher sangen mit ihren Familien „Stille Nacht, Heilige Nacht“. – Vielen „harten“ Jungs liefen die Tränen über das Gesicht. - Eingefangen wurden die Bilder von Kameras verschiedener Fernsehanstalten die live übertrugen. - Ein Stahlarbeiter: „Es ist schön, dass wir hier alle zusammenstehen, wenn der Anlass nur nicht so traurig wäre!“ – Für Januar planen das Düsseldorfer Schauspielhaus und das Berliner Schillertheater Aufführungen in der Menage. – Unterdessen sprach sich Niedersachsens Finanzministerin Breul (CDU) gegen die Erhaltung „sterbender Branchen“ aus. – Karlheinz Bruckschen: „Die CDU hat bisher rund 850 DM für die Stahlkocher gespendet!“ – Das Soli-Konto konnte bisher 400.000 DM verbuchen. - Auf die Frage, was läuft Sylvester antwortet der Betriebsrat: „ Gar nichts, aber wir rechnen damit das Tausende kommen!“


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 06. Januar 1988

Stahlarbeiter haben über die Feiertage neue Kraft gesammelt. - Zwei vom Betriebsrat bestellte Experten untersuchen die Hütte. - Stahlarbeiter machen sich auf um Krupp-Werke zu besuchen. – Als die Stahlkocher mit 30 Bussen kamen, stellten die Benrather-Kollegen verschämt ihre Maschinen ab. – Benrather Betriebsrat Gerd Urban: „Wir sind voll ausgelastet und können uns keinen Produktionsausfall erlauben!“ – Nach zwei Stunden aufatmen in Benrath, die „Rebellen“ aus Rheinhausen ziehen wieder ab. - NRW Minister Heinemann und Jochimsen haben ihren Besuch angekündigt. – Manfred Bruckschen kritisiert die Landesregierung: „Für leere Hände schütteln und Fototermine fehlt die Zeit!“ – Stahlarbeiter stürmten wieder die Aufsichtsratssitzung in Bochum. – Manfred Bruckschen: „Kollegen, dass bringt doch nichts!“ - Stahlarbeiter nachdem die Sitzung abgebrochen wurde: „ Die reden doch sowieso nur über Scheißdreck!“ – Arbeitsdirektor Meyerwisch: „Die ständigen Produktionsausfälle sorgen für ein schlechtes Image bei unseren Kunden!“ – Betriebsrat: „Arbeitsdirektoren werden durch die IG Metall nominiert, da ist jetzt mal Gesprächsbedarf!“ - Meyerwischs Versuch ein Statement vor laufenden Kameras abzuliefern wurde durch einen Sylvesterböller, der hinter seinen Füßen züngelte, zügig beendet. – Stahlarbeiter: „Was ist los Karl, hast du dir in die Hose gemacht!“



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 08. Januar 1988

Die Prostete der Stahlarbeiter werden schärfer. – Nach der Aussage durch den Aufsichtsratvorsitzenden Scheider: „Das Werk sei nicht mehr zu retten,“ legten 1.000 Stahlkocher auf der Nachtschicht die Arbeit nieder. – Um ein Uhr nachts gab es eine Betriebsversammlung in der Menage. – Gegen 2 Uhr ging ein Fackelzug durch die schlafende Stadt. - Stahlarbeiter sangen die „Internationale!“ – Die Rheinhauser auf den Balkons und in den Fenstern bejubelten die nächtliche Ruhestörung. – Viele Bürger zogen schnell einen Mantel über den Schlafanzug und gingen mit. – Wieder am Tor 1 angekommen hatte sich die Zahl der Demonstranten verdoppelt. – Es fehlen allein im Dezember 90.000 Tonnen Stahl und der Verlust durch Streik beträgt bisher 30 Millionen DM. – Cromme: „Die Arbeitsniederlegungen sind widerrechtlich.“ - Ein Stahlkocher: „Uns verarschen, datt kann teuer werden!“ - Stahlkocher zeigten sich unbeeindruckt und setzten ihre Aktionen fort. – Die Frühschicht legte nach und ein Autokorso von 10 Kilometer schlängelte sich am Morgen hupend durch Duisburg. – Die Kollegen besuchen heute Mannesmann, haben zum Besuch rote Nelken mitgebracht, die Produktion steht und die Werksleitung schaut angefressen zu. – SPD-Chef Hans Jochen Vogel: „Wenn Euer Protest erlahmt, geht man ganz schnell zur Tagesordnung über!“ – Als am Nachmittag der Arbeitsminister Norbert Blüm kam, war der „Bär“ los. – Beim dem Versuch, Blüm vor den aufgebrachten Stahlarbeitern zu schützen, wurde Betriebsrat Manfred Bruckschen verletzt. – Bruckschen musste dabei versehentlich Prügel von ministeralen Bodyguards einstecken. – Blüm kam, laberte und ging: „Macht es gut“ rief er den Stahlarbeitern zu - Bruckschen bekam Blumen ins Krankenhaus geschickt. – Und morgen besuchen wir wieder Kollegen. – 30 Busse und 2.000 PKW fahren mit Tempo 30 über die A 40 nach Bochum. – Reporter: „Warum so langsam?“ Antwort: „Warum sollen wir rasen, nachher verletzt sich wieder einer!“


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 09. Januar 1988

2.500 Stahlarbeiter aus Rheinhausen besuchen ihre 700 Kollegen in Bochum. – Angeführt von ADAC Pannenfahrzeugen, dreißig Busse und einer langen Autoschlange fuhren sie hupend, mit Tempo 30, nach Bochum. - Zwanzig Kilometer Stau auf der A 40. – Bei der Ankunft wurden die vor dem Werk installierten Glocken geläutet. – Hilfloser Werkschutz wurde freundlich zur Seite geschoben. – Die Stahlkocher liefen durch menschenleere Produktionshallen. – Bochumer Kollegen waren kaum anzutreffen. – Bochumer Betriebsrat hatte keine Kundgebung „geplant.“ – Bochumer Betriebsrat: „Wenn kein Material kommt, sind wir auch bald erledigt!“ – Ab sofort berichtet der offene Kanal in Rheinhausen. – Kollegen in Krupp–Wohnungen können das von den Stahlkochern gemachte Programm empfangen. – Betriebsrat Bruckschen, wieder aus dem Krankenhaus, empfing die Minister Heinemann und Jochimsen. – Gespräche waren gereizt, denn SPD Minister Jochimsen erklärte in der Presse: „Die Schließung des Werkes, hält er in der Sache für vernünftig!“ – Die Ansprache der Betriebsräte war lautstark und selbst auf den Fluren noch zu hören. – Mit einem Megaphon in der Hand, ruderte der Minister vor den Stahlarbeitern zurück. – Hilfe und Unterstützung durch die SPD-Landesregierung steht auf wackeligen Füßen. – Trotz eindringlicher Mahnung der Konzernspitze, legten die Kruppianer wieder das Werk still. – An den Werkstoren 1 und 2 wurde durch ein paar hundert Kollegen die Abfertigung von LKW gestoppt. – Währen die Landesregierung lamentiert, wächst die Sympathie für die Stahlkocher. – Betriebsdelegationen aus dem ganzen Revier kommen ständig zur Mahnwache und machen den Stahlarbeitern Mut. – Kollegen aus Münster, liefen in einem Fackellauf von ihrem Betrieb in Münster bis zum Tor 1 nach Rheinhausen.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 11. Januar 1988
Ein Cromme-Brief an die Zeitungsredaktionen und Verleger verändert die Berichterstattung. – Nach dem Motto: „Jetzt ist genug“ weht in den überregionalen und auch schon in den Duisburger Zeitungsartikeln ein anderer Wind. – „Sympathieerklärungen hat es genug gegeben! Für Rheinhausen gibt es ebenso wenig Sicherheit wie für andere Städte und Standorte“ (WAZ). - Kruppianer unbeeindruckt, senden jetzt ihr eigenes Fernsehprogramm. – Die Auftragsbücher sind voll und es boomt im Stahlbereich. – Arbeitsminister Blüm: „So schön ist die Stahlproduktion nicht, dass wir sie, auch in einer sozialen Marktwirtschaft, unrentabel weiterführen können!“ - Thyssen, Hoesch und Mannesmann verfahren Mehrarbeit. - Duisburger IHK Geschäftsführer Pieper: „Das Werk ist nicht mehr zu halten!“ - Auch bei Krupp sind die Auftragsbücher voll, doch in Rheinhausen steht wieder die Produktion. – Wirtschaftsminister Bangemann: „Das Kruppwerk hat wegen der Stahlkrise 100 Millionen DM Verluste geschrieben und ist nicht mehr zu halten!“ – Krupp-Chef Cromme: „Schließungstermin kann wegen guter Auftragslage nicht eingehalten werden!“ Graf Lambsdorf FDP: „Die Aktionen der Stahlarbeiter sind kriminelle Handlungen!“ - Kollegen der Rüttgers-Werke halten auf der Styrumer Straße eine Mahnwache ab. – Überall gibt es Mahnwachen. – IGM Vorsitzender Steinkühler macht Urlaub. – Mahnwache auch vor dem DGB-Haus in Duisburg, um mehr Unterstützung von der IG Metall einzufordern. – Über tausend Bürger beim Bürgerkomitee in der Menage. - Trotz Negativ-Presse, die Solidarität bundesweiter Betriebe und der BürgerInnen im Ruhrgebiet ist ungebrochen.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 19. Januar 1988

Ein paar Tage hat die Hütte produziert. – Die Stahlkocher wollten die Anlagen im Hochofen- und im Stahlwerksbetrieb schonen. – Zwischenzeitlich erobern politische Schwachköpfe die Überschriften und die Schlagzeilen. – Parlamentarier der Grünen machen den Stahlkochern Mut und übernehmen für ein paar Stunden die Mahnwache am Tor 1. – Die Grünen: “Wir stehen zu euch!“ - Mahnwache auch vor dem Kanzleramt in Bonn. – Polizei empfing die Stahlarbeiter fast herzlich und eskortierte die kleine Abordnung zum Kanzleramt. – Antrag zu einer Demonstration hatte die Polizei dabei, Laakmann müsste nur noch unterschreiben. – Helmut Laakmann: „Wir kommen mit acht Demonstranten nach Bonn und Hundertschaften der Polizei empfangen und eskortieren uns, danke für netten Empfang. – Mahnwachen auch auf dem Marktplatz in Duisburg-Rumeln, Bergheimer Mühle, in vielen Gemeinden und vor der Cromme-Villa. – Manfred Brunner FDP zur Mahnwache bei Cromme: „Ein erschreckendes Zeichen für ein verkommenes Rechtsbewusstsein der Stahlarbeiter. – CDU immer noch über die Eierwürfe auf Blüm aufgebracht. – Dr. Adolf Jahn CDU: „Wo war die SPD und die IG Metall um Blüm zu schützen!“ - Heute steht das Werk wieder. – Die Hochfelder Rheinbrücke bekommt den Namen “Brücke der Solidarität.“ – 7.000 Stahlarbeiter und Bürger trafen sich zur Brückentaufe. – Durchfahrende Schiffe auf dem Rhein grüßten mit ihren Nebelhörnern. - In 32 Betrieben wurde zum Warnstreik die Arbeit niedergelegt. - Anteilseigner aus dem Iran Dr. Mohammed Navab, besucht auf Einladung der moslemischen Kollegen das Werk. – Betriebsrat kritisiert die Menschenrechtsverletzungen im Iran. - Dr. Mohammed Navab überrascht, kontert: “Aber sind sie denn zufrieden mit Herr Bangemann und Herr Cromme; die sind auch nicht besser!“ – Französische Stahlarbeiter in Metz besetzen aus Solidarität mit ihren Krupp-Kollegen über Stunden eine Brücke zur Altstadt. – Über der Brücke wurde ein riesiges Transparent in französischer Sprache angebracht „Rheinhausen muss bleiben!“ – In einem Brief dokumentierten sie ihre Aktion mit Fotos und schickten eine Kiste Rotwein mit.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 22. Januar 1988

Die Brücke der Solidarität erinnert an den Zusammenhalt der Menschen im Revier. – Bei der Podiumsdiskussion der Fraueninitiative war die Menage mit über tausend Zuhörerinnen rappelvoll. – Irmgard Adam-Schwätzer (FDP), Anke Fuchs (SPD) und Imma Hillerich (Die Grünen) kritisieren Bund- und Landesregierung. – I. Adam-Schwätzer (FDP): „Der Wirtschaftsminister Bangemann (FDP) macht es sich gerne leicht!“ – Horst Schimanski alias Götz George besucht mit Eberhard Feik die Mahnwache. – Schimanski: „Das ist doch absolut ******* was die mit euch machen!“ – Abends bei „Wetten, dass“ ließ er noch einmal Dampf ab. – Zuschauer boten Schimanski stehend Applaus während Thomas Gottschalk vergeblich versuchte zu beschwichtigen. – Zur Mannschaftsaufstellung liefen MSV-Spieler, unter Applaus von mehr als zwanzigtausend Zuschauern, mit einem Banner „Rheinhausen muss leben“ auf das Spielfeld. – Bezirksvorsteher Hans Kleer (SPD) feiert Jubiläum; 35 Jahre Kommunalpolitik. – Hans Kleer der auch das Bürgerkomitee leitet hat die Sympathie und das Vertrauen der Stahlarbeiter. – Innenminister Herbert Schnoor: „Die Aktionen der Stahlarbeiter passt vielen nicht aber ich werde meinen eingeschlagenen Weg fortsetzen; kein polizeiliches Einschreiten bei Aktionen der Stahlarbeiter!“ – Gegen Staatsanwälte und dem Duisburger Polizeipräsidenten liegen über 20 Strafanzeigen wegen Nötigung und Strafvereitelung vor. – Betriebsrat bringt eine erste Dokumentation über den Arbeitskampf heraus. – Die Zeche Rheinpreussen und die Schachtanlage Osterfeld machen dicht.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 25. Januar 1988

Autokorso der Stahlarbeiter zur Zeche Rheinpreussen, - Jetzt gibt es auch eine Mahnwache in der Rheinpreussen-Siedlung. - Kammersänger Karl Ridderbusch gibt ein Konzert und sammelt mit einem Hut, während der Aufführung, 2.000 DM für die Stahlarbeiter. – Das Spendenkonto hat die 500.000 DM Grenze überschritten. – Am 3. Februar wird der Krupp-Betriebsrat ein eigenes Konzept zum Erhalt der Hütte vorlegen. – Trotz voller Auftragsbücher ruht in Bochum der Betrieb; es fehlt das Vormaterial aus Rheinhausen. – In den katholischen Kirchen in Rheinhausen ist eine Vesper geplant. Danach soll es einen Sternenmarsch zu St. Peter und einen Gottesdienst am Tor 1 geben. – Eine Diskussion über den „zivilen Ungehorsam und der Rechtsstaat“ erwarte die Zuhörer in der Menage. – Götz George sammelt 10.000 DM für die Stahlkocher. – Mehr als 100 Motorradfans, die sich schon traditionsgemäß am Kaiserberg treffen, machten sich auf den Weg, begleitet von „grünen“ Motorradfans, zur Mahnwache am Tor 1. – Durch ohrenbetäubenden Motorenlärm und Hupen angekündigt erklärten die Biker: „Wir wollten mal gucken wie es euch geht!“ – Dann nahm die vereinseigene Imbissbude die Arbeit auf und das Solidaritätschwadron verteilte, auch an die grüne „Esskorte“, Currywurst und Pommes. – Duisburger Schüler wollen eine Menschenkette um das Werk bilden. – Bei der Jahresvollversammlung der IHK Niederrhein rief Norbert Blüm, vor geladenen Industrie-Managern, zum „gemeinsamen Handeln“ auf.



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 28. Januar 1988

Die „Zebras“ kommen nach Rheinhausen zur Mahnwache. – Die Kollegen der Essenberger Sachtleben Chemie spenden für die Streikkasse. – Zwei vollbesetzte Busse mit Mitarbeitern der IGM Verwaltungsstelle Neuwied besuchen die Mahnwache am Tor 1. – Die Jahreshauptversammlung der IHK Niederrhein, in der Mercatorhalle, wurde von einem massiven Polizeiaufgebot gegen demonstrierende Stahlarbeiter geschützt; doch Stahlarbeiter waren nicht zu sehen. - Die Kruppianer standen sich vor dem Zechentor Rheinpreussen die Füße platt. – Bergleute blieben im Schacht und der Zechen-Betriebsrat kam nicht einmal zum Zechentor um die Stahlkocher zu begrüßen. – Völlig durchnässter und im Regen stehen gelassener Stahlarbeiter: „Die haben keinen Arsch in der Hose!“ – Bürger aus der Rheinpreussen-Siedlung fahren danach gemeinsam zum Tor 1. - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kam mit über hundert Pädagogen, in einem Autokorso vom DGB-Haus, zur Menage nach Rheinhausen. – Duisburger Lehrer und Lehrerinnen übergaben durch die GEW-Vorsitzende Barbara Kamps (später Laakmann) einen Scheck in Höhe von 8.194 DM. – Im Krupp-Stahlwerk Siegen gibt es Plakate „Wenn Rheinhausen lebt muss Siegen sterben!“ – Solidarität sieht anders aus! – Die IGM-Münster will in einem Staffellauf, das Feuer der Koksöfen von Tor 1 Rheinhausen bis nach Münster tragen. – Krupp will Jubilare ehren, doch der Krupp-Betriebsrat sagt die Teilnahme ab; Betriebsrat: „Kollegen heute ehren wollen und morgen gibt es einen Arschtritt; nicht mit uns!“ – Immer mehr Parteien, Gewerkschaftler, Vereine und Bürger übernehmen für Stunden die Wache am Tor 1.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 29. Januar 1988

15.000 Schüler, Schülerinnen, Eltern und Stahlkocher standen Hand in Hand und bildeten eine Menschenkette um das Kruppwerk. – NRW-Kultusministerium gab kein schulfrei zur Demo. – Schüler: „Wir sind nach der zweiten Stunde einfach abgehauen!“ – Sonderbusse fuhren die Schüler zur Demo. – Manfred Bruckschen: „Es wird bestimmt keinen Eintrag ins Klassenbuch geben und wenn, dann von uns; die Note eins in Betragen. – Schüler ließen 15.000 rote Luftballons in den grauen Himmel steigen. – Nach der Demo ging es ins Werk, dort spielte die Rockband ÜLO. – Wirtschaftsminister Bangemann (FDP): „Die Protestaktionen der Stahlarbeiter sind verheerend, sie schaden dem Standort Bundesrepublik!“ – Viel Beifall gab es als Betriebrat Theo Steegmann Grüße von Willy Brandt übermittelte. – Willy Brandt hatte morgens im Betriebsratsbüro angerufen und allen Schüler und Schülerinnen für ihre Teilnahme an der Demo gelobt. – Als der Bezirksschülersprecher Martin Nooy ins Mikrofon rief: „ Reicht Euch die Hand und fasst neuen Mut; Duisburger Schüler stärken Euch weiter den Rücken“ brauchten viele der harten Jungs, aus dem Werk, ein Taschentuch. – Eine Mutter versuchte etwas Ordnung in das Geschiebe und Gedränge zur Menschenkette zu bringen und parkte ihren Kleinsten bei einem Polizisten auf dem Arm; der machte dann lächelt den Babysitter. – Reporter zu Theo Steegmann, wann den endlich die Menschenkette steht: „Das sind hier Duisburger Schüler und nicht Mitglieder des Bolschoi-Balletts!“ - Vierzig junge Polizeibeamte, von einem Schulungszentrum in Olpe, besuchen die Mahnwache am Tor 1. – Reinhard Soll sprach für die jungen Beamten: „Wir werden nicht gegen Leute vorgehen die um ihre Arbeitsplätze kämpfen!“



Hoffe das ist OK, also ist richtig Interesant, falsch es nicht OK ist, kann es gelöscht werden :zustimm:
 
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Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 03. Februar 1988

24 Stunden stand das Werk und alle Zufahrtstore wurden blockiert. – Direktoren und Ingenieure wurden nicht ins Werk gelassen; selbst der Werksleiter Dr. Meyer stand hilflos vor der Verwaltung – Da halfen auch keine Drohungen sondern nur die Einsicht “Alle Räder stehen still!“ – Als er dann durch ein Seitenfenster einsteigen wollte überzeugten ihn zwei gut gebaute Stahlkocher davon, es besser nicht zu versuchen; rot vor Zorn stieg er in seinen Benz. – Cooler war da der Stahlwerksdirektor Dr. Fiege als im der Eingang versperrt wurde. - „Ja Chef, gestern noch Stahlarbeiter und heute schon Tor-Hüter; so ist das Leben!“ Fiege:: Glück Auf Männer und erkältet euch nicht“, und weg war er. - Auszubildende mauerten die Eingänge der Ausbildungswerkstatt zu. - Kruppianer kamen mit 18 Bussen nach Hamborn und Thyssen-Kollegen demonstrierten mit. – Zwei voll besetzte Busse von der Henrichshütte aus Hattingen reihten sich ein. – Otto König IGM-Bevollmächtigter der kampferprobten Hattinger Stahlarbeiter: „Wenn wir nicht gemeinsam handeln wird ein Werk nach dem anderen plattgemacht!“ – Kruppianer mussten sich fragen, warum es diese Solidarität damals nicht mit Hattingen gegeben hat. – Krupp Betriebsrat Theo Steegmann schuldbewusst: „Es stimmt wir hätten mehr machen müssen aber wir haben einen neuen Pakt geschlossen und der hält!“ - Die Demo wird noch ein Nachspiel haben Thyssen-Vorstandsvorsitzender Heinz Kriwet erwägt Anzeige gegen die Kruppianer, wegen Hausfriedensbruch. – Mit dem Eilboten schickte Kriwet, noch in der Nacht, eine schriftliche Warnung an den Krupp Betriebsrat. - Krupp Betriebsrat: „Wir haben kein Schreiben bekommen!“ - Am Nachmittag demonstrierten die Kruppianer vor dem Edelstahlwerk in Krefeld und wurden von der Belegschaft herzlich empfangen. – Helmut Laakmann und Norbert Blüm in der WDR Talk Show „Drei vor Mitternacht.“ – Laakmann: „Herr Blüm sie waren mal Schlosser, sind mit unseren Gewerkschaftsbeiträgen geschult worden und stellen sich jetzt gegen Stahlarbeiter; sie sollten sich schämen!“ – Laakmann: Sie sind doch kein Arbeitsminister sondern ein Arbeitslosenverwalter!“ - Der CDU-Berzirksverband möchte zwei Monate nach Bekannt werden der Schließungspläne mit dem Betriebsrat und der Belegschaft sprechen. „Wie bitte?“
 
Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 06. Februar 1988

Bisher haben die Kruppianer mit fast 150 Veranstaltungen und Aktionen, auf die geplante Stilllegung, bundesweit aufmerksam gemacht. – Neben der großen Resonanz, die fast alle Veranstaltungen begleitete, wurde der große Einfallsreichtum zum Markenzeichen der Kruppianer. - IGM-Vorsitzender Franz Steinkühler in einem Referat bei der Ebert-Stiftung: „Die Schließung der Rheinhauser Hütte ist wirtschaftlich plausibel!“ (NRZ). – Franz Steinkühler fällt den Stahlkochern in den Rücken. (NRZ). – Es ist nicht mehr möglich als Gewerkschaftler ans Mikrofon in der Menage zu gehen. – Pfeifkonzerte und Beschimpfungen beenden schon nach wenigen Augenblicken den Redebeitrag. - In Dortmund, Bochum und auch in Duisburg sind die Auftragsbücher der Stahlbetriebe voll. – Der Krupp-Vorstand hat für Februar die Vollauslastung des Werkes geplant; doch man sollte keine Planung ohne die Stahlarbeiter machen. – Betriebsrat: „Vollauslastung und Stahlkrise, wollen die uns verarschen!“ Das Solidaritätskonto ist auf 700.000 DM angestiegen. – DGB-Vorsitzender Ernst Breit und Vertreter der Einzelgewerkschaften, allen voran die ÖTV, ermutigen die Stahlarbeiter weiter zu kämpfen. – Ernst Breit: „Konzerne tragen Verantwortung für die Gesellschaft mit der, in der und von der sie existieren!“ – Oberbürgermeister Jupp Krings: „Dieser Arbeitskampf der Rheinhauser Stahlarbeiter berührt mich sehr, denn sie kämpfen auch um die Zukunft unsere Region!“ – Das Fernsehstreitgespräch zwischen Helmut Laakmann und Norbert Blüm endete mit einem klaren Sieg für den Rheinhausener (WAZ). – Gegen Laakmann bekam Blüm kein Bein auf den Boden (NRZ). – Gewerkschaft der Polizei übernimmt für ein paar Stunden die Arbeit an der Mahnwache Tor 1. – Die DKP Baden-Württemberg überbrachte einen Scheck von 4.500 DM.


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Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 09. Februar 1988

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) tagt in der Mercatorhalle. – Innenminister Herbert Schnoor zu den 500 Delegierten der GdP: „Bangemann (FDP) und Graf Lambsdorf (FDP) gießen ständig Öl ins Feuer und fordert uns dann auf, mit Polizeieinsätzen den Brand zu löschen!“ – Schnoor: „ Wir werden für Graf Lambsdorf keine besetzten Brücken zurückerobern; erst recht nicht durch Massenschlägereien mit den Stahlkochern!“ - Nach der Konferenz versammelten sich Hunderte Delegierte der GdP an der Mahnwache am Tor 1. - Cromme erklärt, dass die von Arbeitslosigkeit betroffenen Stahlarbeiterfamilien in ihren Werkswohnungen bleiben dürfen. – Cromme: „Durch die Demontage des Werkes könnten auch über einen bestimmten Zeitraum Arbeitsplätze geschaffen werden!“ – Betriebsrat Walter Busch: „Die Unverschämtheit des Krupp-Vorstandes kennt keine Grenzen!“ - Stahlarbeiter nahmen das „Angebot“ zur Kenntnis und drosselten die gerade wieder aufgenommene Produktion. – Helmut Laakmann fragt: „Welchen Grad an Verkommenheit muss man haben, um Vorstandvorsitzender bei Krupp zu werden; und der alte Mann auf Villa Hügel schaut tatenlos zu?“ (TAZ) – Der Dortmunder Professor Dr. Hermann Bäumer warnt vor enormen Folgekosten, die durch Schließung der Hütte entstehen. – Das Bürgerkomitee in der Menage war besucht wie lange nicht mehr. – Der Duden bereichert seine nächste Ausgabe durch das Wort Menage. – Menage, österreichisches Wort für Truppenverpflegung. - Hans Kleer: „Es ist beeindruckend, welchen Zuspruch die Kruppianer durch die Bevölkerung bekommen!“ – Eine nicht enden wollende Zahl von betrieblichen Delegationen, Betriebe auch über NRW hinaus, versichern den Stahlkochern ihre Sympathie und ihre Unterstützung. – Durch Sammlungen in den Betrieben wuchs das Soli-Konto um weitere 28.000 DM. – Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen thematisieren die beabsichtigte Werksschließung in Rheinhausen. – Jugendvertreter Olaf Gruß: Am 20 Februar gibt es das AufRuhr Konzert im Walzwerk; da knallt es, die Toten Hosen kommen!“ – Acht Stunden wird das Konzert dauern, 250 Künstler haben zugesagt, Motto: „Aufruhr - Wir lassen euch nicht alleine!“ das Fernsehen des WDR überträgt die Veranstaltung live. – In der Rheinhausenhalle gab es das „Mittwochs in…“ eine Fernsehsendun,g die im WDR live übertragen wurde. – Moderator Walter Erasmy bot Krupp-Chef Cromme eine Bühne sich zu präsentieren. – Helmut Laakmann wurde erst eingeladen und dann vorsorglich wieder ausgeladen. – Laakmann: Irgendwann wird Herr Erasmy beklagen: „Ich habe mich auch durch Cromme dazu benutzen lassen, das Werk platt zu machen!“ - Betriebsräte kamen kaum zu Wort. – Cromme: „Wenn die Betriebsräte mein Angebot nicht bald annehmen, wird der Zeitpunkt kommen, wo es kein Angebot mehr gibt!“ - Stahlarbeiter legten das Werk still und marschieren zur Rheinhausenhalle. – Ein großen Polizeiaufgebot schützte die Cromme-Veranstaltung; als die Stahlarbeiter eintrafen, war der Spuk zum Glück schon vorbei. – Spontan riefen dann am Mittwochabend die Frauen unserer türkischen Kollegen zu einer Demonstration auf. – Singend zogen sie mit ihren Kindern durch das Viertel und beendeten ihre Aktion am Tor 1. Mehr als 100 Sängerinnen und Sänger aus Gewerkschaftschören und stärkten den Rheinhausern den Rücken.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 13. Februar 1988
Stahlkrise: So will Duisburg sich retten. – Geld für Ausbildung, Freihafen, Brücken und Platz für neue Industrie. – Krupp-Betriebsrat: „Es ist richtig, neue Arbeitsplätze zu schaffen, bevor bestehende Plätze aufgekündigt werden!“ - „Ja zum Revier“ auf 120.000 Handzetteln. – DGB-Landeschef Mahlberg: „Der Staat muss die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit in den Mittelpunkt seines Handels stellen!“ – DGB plant mit seinen Einzelgewerkschaften Kundgebungen in Duisburg, Dortmund, Bochum, Hattingen, Bielefeld und Münster; in wieweit sich die IG Metall einbringt ist noch offen. – Der unglücklich agierend 1. Bevollmächtigter der IGM-Duisburg, Willi Schmotz, ganz auf die Frankfurter IG Metall Linie eingestimmt, sieht sich ständig den verbalen Angriffen der Stahlarbeiter ausgesetzt. – Der Arbeitskampf bereiten den Krupp-Pensionären Sorgen: „Wir sind jeden Tag dabei, für unsere Kollegen, Töchter, Söhne und Enkelkinder!“ – Oberbürgermeister „Jupp“ Krings: „Der Widerstand der Stahlarbeiter wird in die Geschichte eingehen, als Symbol gegen den Arbeitsplatzabbau und gegen Massenarbeitslosigkeit!“ – Schubleichter auf dem Rhein tragen den Protest bis Rotterdam. - Kruppianer haben, unerlaubter Weise, einen Schubleichter mit der mit der Aufschrift „Rheinhausen und Maxhütte * Ein Kampf“ über die gesamte Schiffseite verschönert. – Werksleiter Dr. Meyer, bewegt durch vorauseilenden Gehorsam, wollte noch eingreifen aber das war der Pott schon wieder unterwegs. – Der Duisburger Karnevalsprinz will mit seinem Gefolge zur Menage kommen. – Während die Stahlkocher das begrüßen, reagieren einige kirchliche Vertreter etwas verstört; den Stahlkochern gefällt das jecke Engagement (Dafür dem Duisburger Karnevalsprinzen, auch noch nach 25 Jahren, Duisburg Helau und ein herzliches Dankeschön!!!!!!). – Beim Rosenmontagzug wird es in Duisburg und Moers Themenwagen zur Unterstützung der Stahlarbeiter geben. -
Nächste Woche wird es im alten Walzwerk einen politischen Aschermittwoch geben. – IG Metall Vorsitzender Franz Steinkühler wird erwartet. – Rheinhausener Discounter stellen sich auf eine verstärkte Eier-Nachfrage ein. – Auf Grund der Teilnahme vieler Künstler beginnt das AufRuhr-Konzert schon um 15.00 Uhr. – Jugendvertreter Olaf Gruß: „Die Bude ist ausverkauft, wir erwarten 40.000 Besucher. – Olaf Gruß: „Der Ernst Breit vom DGB hat gedacht da kommt ne’ Rockband und macht ein bisschen Musik; wenn der gewusst hätte was da abgeht, jetzt ist es zu spät!“ Und was hat Udo Lindenberg gesagt? – Olaf Gruß: „Der hat gesagt, Echt coole Aktion Alter!“



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 15. Februar 1988

Gewerkschaftskreise gehen mehr vom Ende als vom Erhalt des Krupp-Stahlwerkes aus. (RP) – Da ändert auch der Aufmarsch der Polizeigewerkschaft am Tor 1 nichts (RP). – Mit Traumtänzereien ist niemanden gedient; auch Rheinhausen nicht (RP). – Der Vertrauenskörper der Thyssen Stahl AG übernimmt heute die Mahnwache am Tor 1. – Betriebsrat: „Wenn der Vorstand nicht von seinen Plänen abrückt, werden wir eine härtere Gangart einschlagen!“ – Rockfestival mit 30.000 Karten nahezu ausverkauft. – Zur Aschermittwoch-Veranstaltung haben sich auch Delegationen von Saarstahl, der Dillinger- und der Maxhütte angesagt. – Der drittgrößter Arbeitgeber in Rheinhausen, die Firma Brinkel, droht ihre Mitarbeiter bei einer Demo-Teilnahme, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. – Gerd Brinkel: „Ich sehe unseren Solidaritätsbeitrag in der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen!“ – Ferdi Seidelt (CDU): „Wir fallen keinen Stahlarbeiter in den Rücken!“ (RP) – Am 17. Februar ladet Ministerpräsident Johannes Rau zu Stahlrunde ein. – 100.000 Menschen säumten den Nelkensamstagszug in Moers „Für Kohle und Stahl schlägt auch das Herz beim Karneval“ – Mottowagen nahmen Bezug zum Arbeitskampf der Stahlarbeiter „Kohle und Stahl bleiben erste Wahl!“ – Während man in Rheinhausen um Arbeitsplätze kämpft, kämpfen die Menschen in Dresden um ihre Freiheit (NRZ). Über 7.000 Menschen riefen: „Die Mauer muss weg!“ (NRZ) - Der Betriebsrat hat vom Soli-Konto insgesamt 73.000 DM an die Kollegen überwiesen, die durch Arbeitskampfmaßnahmen erhebliche Lohneinbußen hinnehmen mussten. – Die meisten Stahlkocher überwiesen das Geld auf das Soli-Konto zurück.


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Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 20. Februar 1988

Mit dem Lied Brüder zur Sonne zur Freiheit beendete der DGB seine Aschermittwoch-Veranstaltung im Walzwerk. – Vielen Stahlkochern blieb das Lied im Hals stecken; der IGM-Vorsitzende Franz Steinkühler hat gerade die kämpfende Belegschaft mit der IGM-Realität konfrontiert. – Viele Gewerkschafter im Revier unterstützen uns und stehen uns zur Seite. – Gerade die, müssen sich dann auch noch die Kritik anhören, die eher in Richtung IGM-Vorstand geht. – Ein Spagat der vielen weh tut. – Als das Lied verklungen war, rollten viele ihre Fahnen ein und gingen; doch Rheinhausen blieb. - Katholische und evangelische Geistliche aus Rheinhausen nehmen kein Blatt vor dem Mund. – Manfred Bruckschen: „Wir bluten aber wir verbluten nicht!“ – Wir verkriechen uns nicht feige, wir gehen mutig nach vorne!“, sagte Manfred Bruckschen, als Seitenhieb auf Franz Steinkühler. - Dann sangen sie das Lied „Brot und Rosen“, das berühmte Streiklied der 20.000 Textilarbeiterinnen aus Lawrence, Massachusetts und es schien so, als wollten sie nicht wieder aufhören zu singen (NRZ). – Nach den Reden von Helmut Laakmann, Jupp Krings und Manfred Bruckschen stellen sich die Stahlarbeiter wieder mutig in den Wind (WAZ). – Mehr 45.000 kamen ins Walzwerk zu Auf Ruhr Festival. – „Wir lassen Euch nicht alleine, ums verrecken nicht“, versprachen Stars wie Herbert Grönemeyer, Klaus Lage, Ulla Meinecke, Hannes Wader, Anne Haigis, Zeltlinger, die Toten Hosen und viele mehr. – Herbert Grönemeyer: „Mir geht es gut, den Menschen in Rheinhausen nicht, darum bin ich hier!“ – Als die Toten Hosen kamen, ging bei den Stahlkochern der Punk ab (Bild). – Punker und Sinfoniker spielen für Rheinhausen. – Herbert Grönemeyer: “Wir im Revier stehen zusammen!“ – Dann singt er das Lied Bochum, von der Blume im Revier und vom Pulsschlag aus Stahl und Duisburg singt mit. - Das befrackte Rhein-Aufruhr Symphonieorchester spielt Beethoven und erhält stürmischen Applaus. – Besonders viel Applaus bekam auch Katja Ebstein . – Sie überbrückte, immer mit dem richtigen Ton, die oft notwendigen Umbaupausen. – Die Bochumer Schauspielerin Tamara Schanzara: „Hörma, merkt ihr watt, dä ganze Kohlenpott steht hinter euch!“
 
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Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 22. Februar 1988

Stahlarbeiter bringen die Politiker an den Tisch; ob sie wollen oder nicht (WAZ). – Auch wenn der Abgesang der Gegner groß ist, die Stahlarbeiter kämpfen weiter. – Der Zuspruch der Menschen im Revier, für ihre Stahlkocher, lässt sich kaum noch steigern. – Der Vorsitzende der SPD Landtagsfraktion Friedhelm Farthmann glaubt, dass in Rheinhausen vorrevolutionäre Zustände herrschen (Bild) – Wenn es nur Rheinhausen wäre, die Solidarität hat das ganze Revier ergriffen (RP) – In den nächsten Tagen legt der Betriebsrat sein Konzept zur Erhaltung des Krupp-Werkes vor. – Betriebsrat Walter Busch: „Es gibt keine Alternative zu unserem Konzept des Weiterbetriebes!“ (NZR) – Manager und Politiker sind ratlos und die Stahlarbeiter in Rheinhausen sollen die Antwort geben; eine verkehrte Welt. – Betriebsräte arbeiten an einem Konzept für den Weiterbetrieb und Cromme schaut zu; wie peinlich. - Krupp war immer für eine sozial strukturierte Arbeitnehmerpolitik bekannt. – Mit Gerhard Cromme wurde diese Tradition in eine unbarmherzige und kaltschnäuzige Kahlschlagpolitik umgewandelt. – Ein Leichentuch legt sich über eine ganze Region und Mitarbeiter werden abgeschrieben wie alte Maschinen. – Wenn man die Menschen nicht mehr braucht, wirft er sie auf den Müll (Die Zeit). – Der Bundeskanzler Helmut Kohl kann Rheinhausen, den entstehenden Flächenbrand, nicht mehr aussitzen und ladet zur Kanzlerrunde ein. – Rheinhausen ist jetzt Chefsache und Norbert Blüm hat erstmal Sendepause. – Es ist gut wenn sich Kapital gelenkte Brandstifter oder auch ungerufene Arbeitgebervertreter zurückhalten: Öl löscht keine Feuer. - Rheinhausen entzündet sich immer mehr zu einer sozialen Bewegung (WAZ). – Nach dem Aufruhr Konzert sagte Kaja Ebstein: „Uns muss allen endlich ein Licht aufgehen, damit hier die Feuer nicht ausgehen!“ – Das Schlagersternchen von einst, eine engagierte und kämpferische Künstlerin; den Stahlarbeitern hat es gefallen. 6.500 mutige und kämpferische Stahlarbeiter „bewegen“ das ganze Revier und darüber hinaus, ein Phänomen.



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 23. Februar 1988

Die Rheinhauser Spätschicht hatte schon um 16.00 Uhr die Arbeit niedergelegt. - 80.000 bilden eine Menschenkette im Revier. - Ein leuchtendes Band von Duisburg bis Dortmund. – 72 Kilometer, vom Krupp Stahlwerk in Rheinhausen bis zur Westfalenhütte, brannten die Feuer der Solidarität. – In Duisburg, Essen und Wattenscheid standen die Menschen sogar in Zweierreihen. – Tausende kamen mit Sonderbussen. - In der Landeshauptstadt gingen 4.000 Düsseldorfer auf die Straße. – Am eindruckvollsten war das Bild auf der Strecke von Rheinhausen bis Duisburg-Hochfeld von der Meidericher Straße bis zur Oberhausener Stadtgrenze. – Auf Transparenten war abzulesen, dass selbst Kirchengemeinden vom ganzen Niederrhein bis Wesel teilnahmen. – Überall Fahnen von evangelischen und katholischen Organisationen und sehr viele Transparente in türkischer Sprache. - In Rheinhausen standen die Menschen Schulter an Schulter. – Da wo die Menschenkette noch nicht geschlossen war, reihten sich Feuerwehrleute und die Polizeibeamte ein. – In Rheinhausen wurde auch viel gesungen „Keiner schiebt uns weg.“ – Vor ihren Schulen standen die Schüler mit ihren Martinslaternen. – In den Seitenstraßen warteten geduldig die Autofahrer. – Trotz Regen und Kälte um 19.10 Uhr war die Kette geschlossen. – Duisburger Oberbürgermeister Josef Krings: „Dass so viele Menschen Seite an Seite zusammenstanden, wir gehören zusammen, das hat mich tief gerührt!“ – Arbeitsminister Norbert Blüm, will einen großen gemeinsamen Aufbruch für das Ruhrgebiet. – Norbert Blüm: „Wichtiges Ziel muss es sein, für alle die jetzt ihre Arbeitsplätze verlieren neue zu schaffen!“ - Norbert Blüm: „Zu prüfen ist auch, ob in NRW mit seinem großen Bevölkerungsreichtum und seinen phantastischen Verkehrsanbindungen nicht ein einzigartiges Freizeitzentrum mit vielen tausend Arbeitsplätzen geschaffen werden kann!“ (Bild) - Nach den Demonstrationen läuteten fünfzehn Minuten lang die Kirchenglocken und in vielen Kirchen fanden Gottesdienste statt.
 
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Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 24. Februar 1988

Die Montanrunde beim Bundeskanzler Helmut Kohl brachte Hilfe für das ganze Revier (NRZ). – Kohl dankte, den Kumpeln im Revier. – Das Ergebnis: Post und Bundesbahn verlagern ihre Zukunftsinvestitionen nach Duisburg. – Die Bahn in Duisburg-Wedau soll zu einem Zentrum ausgebaut werden. – Der Hauptbahnhof Duisburg soll wie in Düsseldorf zu einem Service-Center umgestaltet werden. – Neue Glasfaserverkabelung soll die Kommunikation verbessern. – Kohl unterstützt die Einrichtung eines Zoll-Freihafens. – Brücken und Strassen in Duisburg sollen ausgebaut werden (NRZ). – Die Bundesbahn will Brachen für Gewerbeansiedlung zur Verfügung stellen. – Die Erweiterung des Frauenhofer-Instituts wird vereinbart. – In Duisburg soll die Mikroelektronik und die „Entsorgung“ gestärkt werden (WAZ). – Schnellbahnverbindung von Duisburg nach Paris angedacht. - Kohl erwähnt die Stahlarbeiter in Rheinhausen kein einziges Mal. – IGM-Vorsitzender Franz Steinkühler wertet die Ergebnisse als großen Erfolg. – Bonn will das Ruhrgebiet mit 400 Mio. DM unter die Arme greifen (NRZ). - Jupp Krings: „Wahnsinn, ein tolles Ergebnis für unsere Stadt!“ - Helmut Kohl: „Für mich ist es eine Frage „menschlicher“ Solidarität, die in Bedrängnis geratenen Montanregionen zu unterstützen!“ – Ministerpräsident Johannes Rau jubelt mit Norbert Blüm zusammen über das Ergebnis (WAZ). – Johannes Rau kam mit blauer Prinz-Heinrich –Mütze. - Für die Fraueninitiative aus Rheinhausen, die vor dem Eingang stand, hatte Rau keinen Blick (WAZ). – Frieden, Freude und Eierkuchen im Bonner Nato-Saal. – Nicht ganz, Betriebsrat Manfred Bruckschen geriet mit Krupp-Vorstand Gerhard Cromme, der in der zweiten Reihe Platz nehmen musste, heftig aneinander; Kohl versuchte zu schlichten. – Manfred Bruckschen: „Herr Kohl, ich möchte sie daran erinnern, dass es hier auch um die Stahlarbeiter aus Rheinhausen geht!“ – Manfred Bruckschen: „Ich bin von dieser Veranstaltung restlos enttäuscht!“ – Am Abend dann, ein gemeinsamer Fernsehauftritt von Blüm und Rau, der auf eine Großleinwand am Tor 1 live übertragen wurde. – Während sich Rau und Blüm im Vordergrund den „gigantischen“ Erfolg streitig machten, sah man im Hintergrund schweigende und sprachlos stehende Stahlarbeiter. – Betriebsleiter Helmut Laakmann: „Das ist ja eine ekelhafte Bildregie!“ – Laakmann: „Wir brauchen neben dem Umweltschutz auch einen Schutz vor solchen Politikern!“ – Aufnahmeleitung für jeden hörbar: „Wegschalten! Wegschalten!“ - Blüm in Richtung Laakmann, live über den Sender: „Hört nicht auf die, die zu den Barrikaden rufen, auf den Barrikaden gabt es noch nie eine Zukunft!“ – Doch die Antwort kam sofort, knapp tausend Menschen, die vor dem Tor standen, zogen daraufhin zur verkehrreichsten Straße in Rheinhausen und blockierten den Verkehr für Stunden.
 
Und weiter...


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 27. Februar 1988

Die Ruhrgebietskonferenz und die Montanrunde waren gut fürs Revier, aber die Stahlarbeiter sind die Verlierer (NRZ). - Betriebsräte informieren in den Belegschaftsversammlungen über die Ergebnisse der Rau- und der Kohl-Runde. Betroffene Gesichter überall. – Großes Schulterklopfen bei den Landtagsfraktionen SPD, CDU und FDP. – Kritik und Proteste bei den Grünen. – Jupp Krings: „Duisburg ist der große Gewinner der Montanrunde!“ – Doch der Duisburger Oberbürgermeister wird mit dieser Sicht kaum einen gemeinsamen Nenner mit Theo Steegmann und Helmut Laakmann finden (NRZ). – „Manager gewinnen immer mehr Macht in unseren Städten, das gilt es zu verhindern“, zürnte Helmut Laakmann nicht nur gestern morgen in der Menage, sondern auch im ARD-Brennpunkt (NRZ) - Betriebsrat Theo Steegmann kritisiert im scharfen Ton die Landesregierung und die IG Metall. – Laakmann auf der Betriebsversammlung in der Menage: „Was aus Rheinhausen wird, liegt an Euch!“ – Laakmann: „Aber Ihr dürft nicht mutlos werden und sitzen bleiben!“ – Laakmann: „Wenn Ihr nicht mehr kämpfen wollt, dann könnt ihr bei der nächsten Wahl ja gleich die Manager der Konzerne wählen!“ (NRZ) – Gegen Abend wurde dann die Produktion gedrosselt und am Morgen stand das ganze Werk – In der Menage gab es hitzige Diskussionsbeiträge. – Es wurden tausende Trillerpfeifen verteilt. – Dann schlängelte sich der Zug der Stahlarbeiter unter ohrenbetäubenden Lärm zur Brücke der Solidarität. – Doch dieses Mal stoppten sie nicht auf der Brücke. - Der Zug bewegte sich weiter durch die Innenstadt zum Rathaus. – Jupp Krings wartete mit Vertretern der IGM vor dem Rathaus. – Manfred Bruckschen. „Wer glaubt, dass wir schon auf der Intensivstation liegen, ist im Irrtum!“ – IG Metall Willi Schmotz: „Das ist keine Demo gegen Jupp Krings, sondern gegen den Krupp-Vorstand!“ – „Verpiss Dich!“ und „Rück unsere Kohle raus, du Arsch“, waren noch die freundlichsten Zwischenrufe. – IGM-Schmotz vom Megaphon getrillert. – Dann überreichten sie dem Oberbürgermeister ein Schienenstück. – „Lieber gefangen bei Krupp als frei im Hafen!“ – Jupp Krings: „Ich kämpfe mit Euch, damit das Werk erhalten bleibt!“ - Hinter dem Rathaus standen die IG Metall Busse, um die Rheinhausener Schmuddelkinder schnell wieder aus der Innenstadt zu bringen. – Die Gangart der Stahlkocher wird rauer. – Man spürt ganz intensiv, die Stahlarbeiter sind bis auf das Äußerste gereizt.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 29. Februar 1988

Oberbürgermeister Jupp Krings beim Wirtschaftsmagazin Plusminus: „Ich bin mir sicher, dass die Strukturverbesserungen die Schere von 6.500 Arbeitsplätzen nicht schließen können!“ – „Ich habe großes Verständnis für den Frust und die Enttäuschung der Stahlarbeiter!“ – Ich spüre eine politische Ohnmacht gegen wirtschaftlichen Kahlschlag von Wirtschaft und deren Manager!“ - Immer mehr politische Hinterbänkler und Brandstifter melden sich zu Wort. – Hauptgeschäftsführer der Duisburger IHK, Dr. Theodor Pieper: „Das Werk ist nicht mehr zu halten und es wird Zeit in neue Dimensionen vorzustoßen!“ – Die Stahlkocher bleiben gelassen. – Laakmann: „Wir können uns nicht um jede verbale Ausscheidung kümmern!“ – „Wir zählen nur die, die auf unsere Seite stehen!“ - Laakmann: „Habe mein Amt als Prüfer bei der IHK für Meister und Verfahrensmechaniker niedergelegt, ich bin nicht das Aushängeschild für Brandstifter!“ – Der Vorsitzende der Landesrundfunkkommission Helmut Hellwig übergibt den Stahlarbeiter die Sendegenehmigung für das Bürgerfernsehen. – Helmut Hellwig: „Die Sehbeteiligung in Rheinhausen ist außergewöhnlich!“ – „Offene Kanäle von Dortmund bis Saarbrücken übernehmen und senden Produktionen aus Rheinhausen.“ – Vor der dreizehnten Aktionswoche sind die Hüttenwerker kämpferisch wie nie (NRZ). - In Betriebsversammlungen wird die weitere Marschroute beraten. - Betriebsrat Theo Steegmann: „Kollegen der Zug ist noch lange nicht abgefahren; wir kämpfen weiter!“ (NRZ) – Steegmann und Laakmann verteidigen den „Besuch“ vor dem Duisburger Rathaus (WAZ). Laakmann: „Wir müssen auch mal mit denen reden, die da so hinter uns stehen!“ (WAZ) – Theo Steegmann: „ Wir haben auch kein Problem damit, Johannes Rau zu besuchen; soweit ist Düsseldorf auch nicht!“ - Betriebsrat Walter Busch: „Kollegen wir sollten mal ein paar Tage produzieren unser Walzwerk läuft leer!“ – Die Menage und das Bürgerkomitee, können die Flut von Besuchern fast nicht mehr stemmen. – Theo Steegmann: „Es ist gut, dass ihr da seit und uns den Rücken stärkt!“ (NRZ) – Pfarrer Dieter Kelp: Wenn wir die Hütte aufgeben, haben wir nichts mehr in der Hand als Versprechungen!“ – Kelp: „Wir müssen zusammen stehen und zeigen, dass wir siegen können; auch wenn wir die Schwächeren sind!“ - Wie aus dem Nichts, startete dann gegen 22.00 Uhr ein Zug mit 2.000 Stahlkochern und Unterstützern von der Menage durch Rheinhausen. – Immer wieder fordert die Stimme aus dem Lautsprecherwagen: „Kommt aus den Häusern und macht mit!“ - Das ließen sich die Bewohner von Rheinhausen nicht zweimal sagen. - Ein leuchtender und nicht enden wollender Lindwurm zog durch die Stadt und zur Brücke der Solidarität. (NRZ) – Demonstranten riefen immer wieder: „Das ist die letzte Warnung!“ - Arbeitsdirektor Karl Meyerwisch ließ aus Angst vor einer Werksbesetzung die Werkstore bewachen.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 01. März 1988

Rheinhausen wird sich mit dem Aus der Hütte nicht abfinden. (WAZ) – In 90 Jahren hat Krupp die niederrheinische Landschaft geprägt – oder verschandelt. (NRZ) – Die verschlafende Bauernlandschaft wurde in einer atemberaubenden Geschwindigkeit zu einer von Krupp abhängigen Industriestadt, mit 70.000 Einwohnern umgewandelt (NRZ). – Jetzt will sich Krupp aus der Stadt wegstehlen und sich selbst aus seiner Verantwortung entlassen. – Das letzte Kompromissangebot, dass der „strenge Katholik“ Gerhard Cromme den Krupp-Mitarbeitern gemacht hat, ist an Unverschämtheit nicht mehr zu überbieten (NRZ). – Rund tausend Mitarbeiter können die Produktionsruinen wegräumen, wenn das Werk stillgelegt ist (NRZ). – Mit solchen unverschämten Angeboten, stärkt Cromme den Widerstand in Rheinhausen (NRZ) - Neben Pastor Kelp, dem Sprecher des Bürgerkomitees und dem rhetorisch gewandten Betriebsrat Theo Steegmann kommt mittlerweile die wichtigste Aufgabe – Mut zu machen – vor allem Helmut Laakmann zu, dem Betriebsabteilungsleiter des Stahlwerkes (NRZ). – IG Metall Vorsitzender Franz Steinkühler rudert zurück. – Nachdem er dem Ergebnis der Montanrunde, beim Kanzler, viel Beifall gespendet hatte sagt Steinkühler jetzt: „Das Ergebnis für die Hütte ist beschämend!“ – NRZ: „Ist der Eindruck falsch, dass die Proteste der Stahlarbeiter, in Rheinhausen, außerhalb der IGM Zuhause ist und beunruhigt Sie das?“ - Steinkühler: „Der Eindruck ist nicht falsch und er beunruhigt uns nicht!“ – Steinkühler: „Sie haben es verstanden, sich mit vielen gesellschaftlichen Gruppen zu verbinden.“ – Steinkühler: „Den Glauben, dass die IGM stark genug ist, die Welt in Ordnung zu bringen, habe ich nicht“! (NRZ) – Der DGB und seine Einzelgewerkschaften stehen fest hinter der Belegschaft in Rheinhausen; allen voran die ÖTV und die GEW.
 
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Das Revier und die Beschäftigten von Thyssen-Krupp können aufatmen.

Das ist ein guter Tag für das Revier, für die ehemaligen Stahlkocher in Rheinhausen und für alle Beschäftigten von Thyssen.Krupp. Der Vorstandsvorsitzende Gerhard Cromme ist gegangen worden.

Ohne jedes soziale Gewissen, hat er Menschen benutzt, wenn er sie gebraucht hat und mit einem Handstreich weggewischt, wenn Sie bei seinen tollkühnen Aktionen im Weg waren. Der Teflon Manager des Jahres hat ausgetrickst. Wer glaubt, dass die öffentlich geschassten Vorstände die Probleme alleine verursacht hätten, kratzt nur an der Oberfläche. Man darf gespannt sein, was die Presse da noch alles aufdeckt.
Nach dem zweiten Weltkrieg war Krupp weltweit negativ bekannt. Durch den Fleiß der Mitarbeiter und vielleicht auch durch die Konzernpolitik von Berthold Beitz – ohne die 25.000 Krupp-Zwangsarbeiter zu vergessen – konnte sich Krupp rehabilitieren. Die Ära Cromme hat den Konzern mit seinem Image, genau wieder an diesem Ausgangspunkt zurückgebracht; eine Schande!

Die Frage ist jetzt, wie viele Arbeitsplätze noch abgebaut werden müssen, damit Cromme seinen goldenen Handschlag bekommen kann. Das beste was dieser Konzern noch hat, sind seine Mitarbeiter und die sollten nicht auch noch diesen längst notwendigen Abgang finanzieren, dass wäre Respektlos und kein Neuanfang.

Jetzt muss der neue Vorsitzende zeigen, dass er Rolltreppen und Stahl am Markt platzieren kann ohne dass kriminelle Vereinigungen gegründet werden müssen. Dass die Qualität und der Preis Geltung haben und nicht Bestechungen, Korruption und Preisabsprachen. Das Beschäftigte wieder den Stellenwert bekommen der einmal das Aushängeschild dieses Unternehmens war.

Helmut Laakmann

;).
 
Und weiter gehts... :huhu:

Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 08. März 1988

Seit sieben Tagen produziert das Hüttenwerk in Rheinhausen ohne nennenswerte Betriebsunterbrechungen. – Die Mauerwerke in den Konverter und Öfen wurden durch Kälte brüchig und könnten einstürzen; damit hätten wir uns dann selber stillgelegt. – Es war technisch dringend notwendig, ein paar Tage durch zu produzieren, damit das Werk wieder auf Betriebstemperatur kommt. – Im Bürgerkomitee wird das oft nicht richtig verstanden. – Viele kommen, um eine kämpfende Belegschaft zu sehen und dann wird da produziert. – Natürlich wird das auch in der Belegschaft diskutiert aber es gibt keine andere Lösung. – Trotzdem könnte es so aussehen, als wenn wir klein beigeben. – Heute bekamen alle Beschäftigten einen Brief vom Arbeitsdirektor Karl Meyerwisch. – In diesem Brief droht er den Stahlarbeitern, dass bei weiteren Arbeitsniederlegungen arbeitsrechtliche Konsequenzen zu erwarten sind. – Die Spätschicht im Stahlwerk, die den Brief schon gelesen hat, drosselt die Produktion und nach ein paar Stunden steht wieder das ganze Werk. – Auch die Nachtschicht nimmt die Arbeit nicht auf. – An der Mahnwache, vor dem Tor 1, werden die Schreiben unter dem Beifall der Anwesenden verbrannt.
 
Mal einen Interessanten Bericht gefunden...


Hochemmerich - Alles drehte sich um Krupp

In die Weite schweift der Blick des Patriarchen, in die Vergangenheit verweist sein Denkmal am Kruppplatz: 1904 wurde vom Essener Stahlkonzern dort die ersten Häuser errichtet.

Und noch heute ist die nach der Unternehmergattin benannte Margarethen-Siedlung das „Herz Hochemmerichs“, wie Ingrid Lenders mir erklärt.Sie wohnt seit 25 Jahren mittendrin, sagt sie: „Und ich habe es noch nicht einen einzigen Tag bereut“. Inzwischen hat auch ihre Tochter eines der Siedlungshäuser erworben


http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/hochemmerich-alles-drehte-sich-um-krupp-id4016734.html
 
Sry, hab ich gerade erst gelesen :mad:


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 08. März 1988

Riesenprogramm zum internationalen Frauentag in der Krupp-Menage. – Am Morgen spazierten Frauen durch die Fußgängerzone in Rheinhausen mit Transparenten: „Wir geben nicht auf!“ - Am Mittag kamen vor die Menage Frauengruppen mit Informationsständen der ÖTV, der HBV und des DGB. – Ebenso vertreten die Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauen und die Arbeitslosenvereinigung. – Noch hatte das Programm nicht angefangen, das Motto „Brot und Rosen“, da war die Menage schon bis zum Bersten gefüllt. – Doch es sollte noch voller werden, es trafen Frauengruppen aus allen Teilen der Bundesrepublik ein. – Aus Ahlen, Heidelberg, Schleswig und Bremerhafen. – Als die Misfits mit ihrem Programm auftraten, kochte der Saal. - Für die Musik sorgte der AWO-Chor und die türkische Folklore-Gruppe Memleket. – Viel Beifall erhielt die Krupp Betriebsrätin Irmgard Chlebik für ihr beeindruckenden Rückblick auf die Kruppsche Sozialgeschichte, die, so Chlebik, „immer ein Geschäft mit Menschen war“. –
Unbehelligt vom großen Trubel in der Menage fand am diesem Tag eine Solidaritätswache am Tor 1 statt. – Hier hatten sich fünfzehn türkische Künstler eingefunden darunter der bekannte in Homberg lebende Schriftsteller Fakir Baykurt.


Es soll wohl auch eine PDF demnächst mit Bildern etc geben :zustimm:
 
Und weiter gehts :huhu:


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 14. März 1988

Betriebsrat Bruckschen: „Wenn der Vorstand nicht endlich signalisiert, dass er sich vom dem Konzept der Totalschließung verabschiedet, werden wir eine härtere Gangart einschalten!“ (NRZ) – Die rund 5.600 Mitarbeiter von den Mannesmann Röhrenwerken in Mülheim haben das Solidaritätskonto um 11.001 DM aufgefüllt. – Oberbürgermeister Josef Krings nahm die Einladung des Bürgerkomitees mit gemischten Gefühlen an. (NRZ) – Krings: Rheinhausen ist nur ein Stadtteil von Duisburg, ich bin aber für die ganze Stadt verantwortlich, deshalb bewerte ich, dass Ergebnis der Kanzlerrunde als gut!“ – Krings: „Doch das Bonner Ergebnis habt ihr zustande gebracht und wir werden weiter zusammen kämpfen; ich stehe zu Euch!“ (RP) – IHK-Manager Theodor Pieper sprach vor dem CDU-Kreisausschuss: „Es ist unvermeidlich, dass Werk in Rheinhausen zu schließen, damit Mannesmann in Huckingen gerettet werden kann!“ (NRZ) - Theodor Piepers Argumente werden immer abstruser und sind zunehmend realitätsfremd. - Auf die Ankündigung der Stahlkocher ihn mal zu besuchen, bekam Pieper Polizeischutz. – Jetzt verbreitet er „Alt-Männer-IHK-Gebrabbel“ unter polizeilicher Aufsicht, dass ist gut so! – Krupp-Vorstand bezweifelt, dass die Informationsbedürfnisse der Stahlarbeiter so intensiv sind, dass sie während der regulären Arbeitszeit ihren Arbeitsplatz verlassen müssen. (RP) – Betriebsräte besuchen den ehemaligen Krupp-Vorstandsvorsitzenden Alfons Gödde und Aufsichtsratsmitglied Werner Resch; beide sitzen in Untersuchungshaft. – Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruption, Bestechung und Untreue. – Der Einsitzende Berthold Beitz Zögling Werner Resch beklagt, dass er sich zur Zeit mit der Herstellung von Wäscheklammern beschäftigen muss. (Die Zeit) - Imma Hillerich, die grüne Bundestagsabgeordnete, schrieb an den Krupp-Vorstand. „Nicht die Stahlarbeiter schädigen das Unternehmen sondern der Vorstand der die Verödung eines ganzen Stadtteils betreibt!“ (RP)


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 16. März 1988

Fraueninitiative zog mit ihren Kindern vor die Bochumer Krupp-Verwaltung. – Aufsichtsratsvorsitzender Wilhelm Scheider hatte die Frauen ausgesperrt. – Alle Eingänge waren verriegelt. - Polizei und Werkschutz patroullierten an den Eingängen. – Hitzige Wortgefechte zwischen Werkschutz und erzürnten Frauen: „Ihr habt Angst vor Frauen und Kindern“ und Simon jüngster Teilnehmer, mit sechs Monaten, krähte dazu vergnügt im Kinderwagen?“ (NRZ) – Fasia Jansen nahm ihre Gitarre und die Frauen stimmten Lieder an. – Als Manfred Bruckschen und Karin Benz-Overhage kamen, stürmten die Frauen singend die Empfangshalle. – Die ankommenden Aufsichtsräte wählten kaum den Weg entlang der Frauengruppe die meisten quetschten sich unter der blauen Absperrkordel hindurch (NRZ). – Als Aletta Esser den gerade vorgefahrenen Wilhelm Scheider um ein Gespräch bat, lud der die Frauen in die Cafeteria. – Scheider: „Die Entscheidungen liegen beim Vorstand und nicht beim Aufsichtsrat!“ – Auf der Frage nach der Zukunft der Jugend antwortete Scheider: „Ich bin gesprächsbereit aber bei mir hat sich bisher noch kein Jugendlicher gemeldet!“(NRZ)
 
Es geht auch weiter hier :huhu:


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 19. März 1988

Heute trifft sich der Betriebsrat von Krupp mit dem Betriebsrat von Mannesmann um das fertige Betriebsrat-Gutachten zu besprechen. – Das Modell zur Erhaltung des Rheinhauser Stahlwerkes basiert auf den Kennzahlen und den Daten des Krupp-Vorstandes. – Die ungerufenen Protagonisten, die in den letzten Wochen gerne die Stahlkrise bemüht hatten um die Unvermeidbarkeit der Werksschließung darzustellen sind abgetaucht. – Im Stahlboom-Jahr 1975 wurden 49 Mio. Tonnen Stahl produziert und im so genannten Stahlkrisen-Jahr 52 Mio. Tonnen Stahl. – Ein neues Rekordergebnis und das obwohl schon Kapazitäten stilllegt wurden. – Die Stahlkrise ist kein Mengenproblem sonder ein Preisproblem. – Die Manager der Stahlbetriebe hatten sich in der Vergangenheit selbst einen ruinösen Preiskampf geliefert. – Dazu kam, dass aus den Ostblockländer große Stahlmengen über Zweit- und Drittländer in die Europäische Union kamen. – Die Manager hatten sich über den florierenden Stahlschwarzmarkt nicht beklagt sondern waren die „besten“ Kunden. – Jetzt versiegen langsam diese Quellen. – Kann das technische Konzept, das der Betriebsrat nächste Woche Vorstand und Öffentlichkeit vorstellen will, die Schließungspläne stoppen? – Betriebsrat Theo Steegmann: „Die Montanrunde war der Versuch, uns politisch ruhig zu stellen!“ (NRZ) – Steegmann: „Die Rechnung ist aber nicht aufgegangen, trotz der Androhung von Schadensersatzforderungen geht der Protest unvermindert weiter (NRZ). – Steegmann: „Die Pläne des Krupp-Vorstandes sind ein Beispiel für die Bankrott-Erklärung der deutschen und der EG-Stahlpolitik (NRZ).


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 24 März 1988

Um die Vernichtung des Stahlstandortes Rheinhausen zu verhindern, legte der Betriebsrat heute sein lang erwartetes Konzept vor. – Das Krupp-Stahlwerk und die Mannesmannröhren-Werke in Huckingen sollen gemeinsam produzieren. – 6.300 Arbeitsplätze sollen erhalten werden (Halb Mannesmänner und halb Kruppianer). – Die jetzige Belegschaft von insgesamt 9.500 Mitarbeitern soll bis auf 6.300 Mitarbeitern, zu gleichen Teilen, ohne Betriebsbedingte Kündigungen reduziert werden. – Das Konzept der Betriebsräte geht von einem Gewinn von 16 bis 20 Mio. DM aus. - Die Betriebsräte von Mannesmann stimmen dem Konzept zu. – Betriebsratskonzept rettet zwei Hütten und 6.300 Arbeitsplätze (Bild) - Die Betriebsräte beider Stahlwerke muten ihren Kollegen eine Menge zu (WAZ) – Cromme: „Das Betriebsratsmodell ist Unsinn, die geplanten Stahlmengen sind nicht absetzbar!“ - Betriebsrat: „Wir haben die Zahlen von Herrn Cromme übernommen; der kennt seine eigenen Daten nicht!“ – Peter Gasse IG Metall: „Cromme hat versprochen, dass keine Tonne Stahl Duisburg verlassen wird und schon steht er nicht mehr dazu!“(NRZ) - Es ist wohl ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Arbeiterbewegung, dass ein Betriebsrat ein tragbares Konzept zur Erhaltung zweier Hütten vorlegt (NRZ). – Betriebsrat Steegmann: „Wir sind für den Erhalt aller Stahlstandorte eingetreten und wir können kein Konzept vorlegen bei dem nur ein Standort überlebt!“ - Cromme: „Wir werden das Konzept sorgfältig prüfen!“


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 29 März 1988

Das Betriebsratsmodell geht von einer 470.000 Tonne Gesamtproduktion aus, das Vorstandsmodell aber nur von 370.000 Tonnen. – Krupp braucht aber, auf Grund seiner langfristigen Lieferverträge, 100.000 Tonnen mehr Stahl. – Betriebsrat Steegmann: „Wo sollen denn diese Produktionsmengen herkommen?“ - Bei den Betriebsversammlungen platzte die Menage aus allen Nähten. – Selbstverständlich wurde keine Tonne Stahl produziert; das Werk stand mal wieder still. - Schweigend hörten die Stahlarbeiter Betriebsrat Walter Busch zu, der das Konzept erklärte. - Betriebsleiter Laakmann: „Sollte das Betriebsratkonzept abgelehnt werden gibt es wirklich Ärger!“ - NRW Wissenschaftsministerin Anke Brunn kam in die Menage lobte das Konzept. - Der WDR berichtet über illegalen Stahlhandel. – Stähle aus der Tschechoslowakei finden ihren Weg über Brasilien in die EU. - Sollte Krupp etwa mit Schwarzmarktstählen die notwendige Tonnage planen? – Öffentlich geredet wurde darüber nicht und geglaubt hat das auch keiner, dass war vielleicht ein Fehler. – (2013 wird der neue Krupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger zur Ära Cromme sagen: “Es habe ein Führungsverständnis gegeben, in dem Seilschaften und blinde Loyalität oft wichtiger gewesen seien als unternehmerischer Erfolg. - Fehlentwicklungen seien lieber verschwiegen als korrigiert worden. - Und es herrschte offenbar bei einigen die Ansicht vor, dass Regeln, Vorschriften und Gesetze nicht für alle gelten!“ – Berthold Beitz wird sagen: „Über Jahre habe ich gehört, bald werde alles besser, aber es wurde immer schlimmer.“ - Ich musste einfach handeln", sagte er. - In Kreisen der Firma habe sich in den vergangenen Jahren "Größenwahn" abgezeichnet). - Dieses Jahr wird der Ostermarsch vom Tor 1 starten. – Steegmann und Laakmann wurden zu den 34. westdeutschen Kurzfilmtagen nach Oberhausen eingeladen.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 30 März 1988

Mit der Vereinbarung die Gespräche am 08. April fortzusetzen, endete die erste Verhandlungsrunde zwischen Betriebsrat und Vorstand. – Cromme: „Wir setzen die Verhandlungen mit dem Ziel fort eine positive Lösung zu finden.“ - Kurz bevor die Sitzung beginnen sollte, kamen die Stahlarbeiter. – Die Frühschicht hatte die Anlagen herunter gefahren und machte sich mit 1.000 Fahrzeugen auf den Weg nach Bochum. – Mit dem Läuten der schweren Glocken im Foyer der Hauptverwaltung kündigte sich der Sturm an. – Ohrenbetäubender Lärm ließ die Kaffeetassen im Sitzungszimmer vibrieren. - Vor der Hauptverwaltung standen kurzerhand tausend Stahlarbeiter, davon stürmten dann zweihundert Kruppianer in das Sitzungszimmer (NRZ). – Ein Angestellter wollte noch auf die rechtlichen Konsequenzen eines Hausfriedensbruches hinweisen; brachte sich dann aber schnell selbst in Sicherheit. – Stahlarbeiterkommentar: „Mann, gibt es hier Bekloppte!“ - Als sich die Türen des Sitzungszimmers krachend öffnen, erheben sich die Vorstandsmitglieder zur Begrüßung; aber mehr aus Angst als aus Höflichkeit (WAZ). – IG Metall-Arbeitsdirektor Karl Meyerwisch war über diesen Besuch besonders erschrocken, er hatte mal wieder ein Schreiben losgelassen und rechtliche Konsequenzen angedroht. – Kalkweiß versteckte er sich hinter seinen Vorstandskollegen. - Immer wenn der Arbeitsdirektor davor warnt die Arbeit niederzulegen, steht der Betrieb für mindestens acht Stunden (NRZ). – Vor der Verwaltung bedankten sich die Betriebsräte bei den angereisten Belegschaftsmitgliedern für die Unterstützung.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 06 April 1988

Der grüne Abgeordnete Eckhard Stratmann erklärt im Bundestag, Kruppchef Cromme sei von der Landesregierung in Düsseldorf signalisiert worden, dass Stahlwerk in Rheinhausen schnell zu schließen, damit der Krach endlich aufhört. - Stratmann,: „Das sind Informationen die uns zugegangen sind!“ – Damit löste Stratmann einen ungläubigen Zwischenruf („Was?“) der SPD Abgeordneten Edith Niehhuis und eine Flut von Spekulationen aus. – Jetzt steht die Frage in Raum wie Stratmann von solchen Kungeleien erfahren haben könnte. - Es besteht der Verdacht, dass über ein Leck im Autotelefon von Gerhard Cromme, ein Gespräch mit Thyssenchef Kriwet abgehört wurde. – Cromme hatte Kriwet, vom Autotelefon aus, über die Gespräche mit Ministerpräsident Rau informiert. - Dieses Gespräch, so die Vermutung, wurde mitgeschnitten und an die Betroffenen weitergeleitet. - Bisher galten die neuen Verbindungen im C-Netz als absolut abhörsicher. - Der Konzernsprecher von Krupp, wollte sich wegen der „anstehenden strafrechtlichen Verfolgung“ des Vorgangs nicht äußern und war auch nicht bereit, dass Gespräch zu bestätigen oder zu dementieren (Spiegel). – Doch eine strafrechtliche Verfolgung kann es nur geben, wenn das Gespräch stattgefunden hat und dann wäre es, abgesehen von dem strafbaren Abhörvorgang, inhaltlich eine Ungeheuerlichkeit; ein Skandal!


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 07 April 1988

Über fünftausend Teilnehmer versammeln sich beim Ostermarsch vor dem Tor 1 in Rheinhausen. – „Seit den Krupp`schen Stilllegungsplänen gibt es keine sozialen Frieden mehr, deshalb muss der Ostermarsch auch von Rheinhausen ausgehen!“ – So begründet der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg die Entscheidung den Ostermarsch am Tor 1 beginnen zu lassen. – Krings: „In den Weltkriegen war Krupp die Waffenschmiede, heute stört das Unternehmen den sozialen Frieden!“ – Trotz der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, war die Frühschicht fast vollständig am Tor 1 versammelt. – Wir lassen uns das Demonstrationsrecht nicht nehmen oder einschränken und schon gar nicht vom Kruppvorstand“, sagte Betriebsrat Theo Steegmann. – Sicherlich erstmalig wurde in dieser Deutlichkeit beim Ostermarsch Abrüstungsforderungen mit dem Kampf um Arbeitsplätze verknüpft. - Harald Schartau von der IG Metall in Dortmund: „Wir alle sind dafür verantwortlich ob Waffenschmieden den Kurs bestimmen oder die Vernunft und der soziale Frieden“ appellierte er unter tosenden Beifall in Richtung Kruppvorstand. – Theo Steegmann gab einen Abriss dieses „härtesten Arbeitskampfes der Nachkriegsgeschichte“ und forderte mehr Geld, für arbeitspolitische Maßnahmen bereitzustellen. - In der Zuschauermenge standen, fast demonstrativ, der Betriebsleiter Helmut Laakmann und Betriebsrat Theo Steegmann neben dem Oberbürgermeister Josef Krings. – Beide waren mit der Bewertung der Kanzlerrunde, anders als Krings, darin einig das dies verordnete Beruhigungspillen waren, um den Arbeitskampf in Rheinhausen zu unterlaufen. – So wie es aussieht, sind diesbezüglich alle „Missverständnisse“ mit „Jupp“ Krings ausgeräumt. - Anschließend zog der Ostermarsch über die „Brücke der Solidarität“ in Richtung Mülheim und
 
Und weiter...


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 07 April 1988 (Teil 2)

Heute vor dem wichtigen Gespräch über das Betriebsratsmodell, zur Erhaltung der beiden Hütten, steht das Stahlwerk in Rheinhausen schon wieder. – Unbeeindruckt durch Vorstandsdrohungen oder „blaue“ Briefe, nimmt die Belegschaft die Arbeit auf und legt sie nieder, wie sie es für gerade richtig hält (NRZ) – Die gebetsmühlenartigen Vorstands-Drohungen scheinen bei den Stahlkochern keinen besonderen Eindruck zu hinterlassen. – Besonders ergiebig für Produktionsausfälle sind die „Papiertigeraktionen“ von IG Metall-Arbeitsdirektor Karl Meyerwisch; immer wenn er sich zu Wort meldet, steht der Betrieb für mindestens acht Stunden. – Viel Hektik über das „angebliche“ abgehörte Cromme-Telefonat. - Cromme soll gesagt haben, Ministerpräsident Johannes Rau hätte ihm geraten: „Schnell schließen, damit der Krach endlich aufhört!“ (NRZ) - Mehr als tausend Bürger hatten sich gestern beim Bürgerkomitee versammelt. - Die Bürger und die Betriebsabordnungen aus dem ganzen Revier, standen bis auf die Straße; die Menage konnte den Ansturm nicht mehr aufnehmen. - Beim Bürgerkomitee wurde heftig über das passive Verhalten von IG Metallchef Franz Steinkühler und die angeblichen Kungeleien von Ministerpräsident Johannes Rau diskutiert. – Als der Vertreter der IG Metall Werner Krause ans Mirofon ging wurde er gnadenlos ausgepfiffen (NRZ) – Mit sehr viel Beifall wurde Helmut Laakmann begrüßt: „Die Macht des Vorstandes begründet sich auf unsere Angst, wir müssen mutig bleiben!“ (NRZ) – Laakmann: „Stellt Euch alle Schulter an Schulter, dann kann uns auch keiner auf das Kreuz legen!“(NRZ) - Theo Steegmann: „Hört auf über den Steinkühler zu reden, dass lohnt nicht!“ - Steegmann: „Unsere Stärke ist die Solidarität, lasst uns die zählen, die auf unsere Seite stehen!“ (NRZ) – Nach dem Bürgerkomitee legten die Stahlarbeiter das Werk still und sperrten noch in der Nacht die Werkstore. - Jetzt steht das Werk und 1.500 Stahlkocher machen sich auf den Weg nach Bochum. – Der Kampf um das Stahlwerk wird immer härter (Bild). - Als die Stahlarbeiter, nach einem Stauchaos auf der A40, in Bochum ankamen, klatschten zur Begrüßung Tausende Eier an die Verwaltungsfassade. – Nach dieser Aktion sah die Verwaltung so aus, als hätte es eine Explosion auf der Hühnerfarm gegeben. - Die extra angeheuerten, stämmigen Bodyguards, die sich vor den Eingängen aufgebaut hatten, verließen fluchtartig ihre Stellungen und brachten sich angesichts der gewaltigen Übermacht schnell in Sicherheit. – Die Verwaltung hatte sich verbarrikadiert. – Ein Stahlkocher klopfte an die Glastüre und einer der Verantwortlichen öffnete die Türe einen Spalt. – Stahlarbeiter zum Werksschutz: „Mach mal die Türe auf, wenn wir die aufmachen müssen bekommst Du Probleme!“ – Eilig schlossen die Bewacher die Türen auf und die Stahlarbeiter stürmten die Treppen hoch zur elften Etage.


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 07 April 1988 (Teil 3)

Während die Stahlarbeiter die Treppen zum Sitzungssaal hinauf stürmten, brachte sich Gerhard Cromme, gewarnt durch Sicherheitskräfte, eilig in Sicherheit. – So mutig den Stahlarbeitern gegenüber zu treten, war der Krupp-Manager dann doch nicht und ließ die anderen Vorstandsmitglieder alleine im Sitzungssaal zurück. – Die zurück gebliebenen Vorstände standen dicht gedrängt in einer Ecke des Sitzungssaales, als krachend die Türen aufflogen. – Mehr als hundert Stahlarbeiter drängten, lautstark in den Saal. - Diejenigen, die unten gebliebenen waren hatten, verstärkt durch die Fraueninitiative, das Eingangsfoyer besetzt. - Betriebsrat Manfred Bruckschen springt auf den Konferenztisch, bittet fasst flehend: „Geht doch wieder runter, sonst bewegt sich hier gar nichts!“(NRZ) – Die Stahlarbeiter lachten böse: „Manni, was sich hier bewegt sind nur wir!“ (NRZ) - Nur widerwillig verlassen die Männer den Sitzungssaal. - Gerhard Cromme bleibt aber weiter in Deckung. – Als das Warten auf den weg gelaufenen Manager schon mehr als eine Stunde dauerte, beruhigte der Arbeitsdirektor: „Der Chef kommt gleich!“ - Aber der Manager blieb untergetaucht und ließ verkünden: „Wir machen keine Konzessionen, Rheinhausen wird wie geplant stilllegt!“ – Niedergeschlagen und völlig frustriert, kommt Manfred Bruckschen in die Empfangshalle. – Bruckschen: „Ich werde hier nicht die Kahlschlagpläne von Herrn Cromme verkünden, dass muss er schon selber machen aber dafür fehlt wohl der Mut!“ – Langsam löst sich die Versammlung auf und alle machen sich auf den Weg nach Rheinhausen. – Am Nachmittag gibt es in der Menage eine außerordentliche Betriebsversammlung; wer keinen Werksausweiß hatte musste draußen bleiben. – Stahlarbeiter füllen langsam die schon „berühmte“ Menage und viele haben Tränen in den Augen. - Bruckschen: „Kollegen wir haben alles getan und ich muss jetzt vorsichtig sein mit dem was ich sage!“ – Bruckschen: „Für den Betriebsrat besteht außerhalb von Tarifverhandlungen Friedenspflicht; wir laufen Gefahr für weitere Produktionsausfälle in Regress genommen zu werden!“ – Alle schweigen, dass hat es in der Menage noch nicht gegeben. – „Kollegen wir müssen jetzt nachdenken und ich glaube nicht, dass man dabei im Stahlwerk arbeiten kann“, als der Betriebsleiter Helmut Laakmann das in Mikrofon sagte, dauerte es einen Augenblick bis seine Kollegen die Botschaft verstanden (NRZ). – Er umschrieb damit geschickt, was Manfred Bruckschen nicht sagen konnte (NRZ). - Beifall brandete auf und plötzlich ging das Wort, dass keiner aussprechen wollte, von Mund zu Mund: „Streik!“
 
Die TAZ veröffentlicht einen Telefonmitschnitt zwischen Kruppchef Gerhard Cromme und IG Metall Arbeitsdirektor Karl Meyerwisch.

(Abschrift der TAZ-Ausgabe vom 09.04.88)



Cromme: Herr Meyerwisch, wie sieht es in Rheinhausen aus? Wie beurteilen Sie die Situation, was heute da alles gelaufen ist?

Meyerwisch: …. Bei dem Besuch von Heinemann (NRW Arbeitsminister) und Jochimsen (NRW Wirtschaftsminister) sind lediglich 80-100 Leute vor der Verwaltung gewesen, es war auch nicht Größeres geplant.

Cromme: …und ich sage Ihnen, das, was der Jochimsen in der „Rheinischen Post“ gesagt hat, hätte er nicht gesagt, wenn ich nicht gestern morgen mit ihm zusammen gesessen hätte.

Meyerwisch: Ja, ja, genau.

Cromme: Insofern, das hilft, das wird uns weiterbringen. Wir müssen das praktisch institutionalisieren geradezu. …….
Den Krings (Oberbürgermeister Duisburg) müssen wir auch noch bearbeiten, der ist noch nicht ganz über den Berg. Aber eins nach dem anderen…..

Meyerwisch: Dazu ist vielleicht noch folgendes zu sagen. P … (Name im Protokoll unvollständig d. R.) neigt jetzt dazu, eventuell der Belegschaft einen Brief zu schreiben. (gemeint ist, ein Brief mit dem Tenor, keiner wird entlassen, für alle ist gesorgt. Ein Brief gleichen Inhalts wurde noch am selben Tag an Journalisten und Politiker gestreut, die auch brav über die „sozialverträgliche Lösung berichteten. d. R.) Er sagt, dass eine solche Geschichte doch etwas die Sorge rausnehmen könnte.

Cromme: Völlig richtig.

Meyerwisch: Ich werde das mal andeuten. Die (gemeint ist der Betriebsrat) werden zwar nicht begeistert sein wenn wir da die Kampfkraft brechen. ……. sonst kriegen die die Kurve nie.

Cromme: Ich habe mit F (Name unvollständig d. R.) verabredet, dass gerade die Zwischenmodelle, diese Auslaufsmodell, das die jetzt der Prüfung unterzogen, dass wir die Gründe angeben können, weshalb es nicht geht.



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 09 April 1988 (Teil 2)

Die TAZ veröffentlicht einen Telefonmitschnitt zwischen Kruppchef Gerhard Cromme und Thyssen Stahlchef Kriwet vom Nachmittag den 08.01.88.

(Abschrift der TAZ-Ausgabe vom 09.04.88)
Kriwet: Herr Cromme, das Interview von Jochimsen hat ja zwei Seiten. Die eine Seite ist, er hat am Anfang gesagt, diese Zusammenarbeit ist vernünftig.

Cromme: Ja, wofür er tüchtig Prügel zur Zeit kriegt.

Kriwet: Ja, ja, und dann hat er den Unsinn mit den Massenentlassungen gesagt und ich frage mich – wir können ihn ja nur frontal angehen dann müssten wir aber auch Herrn Vogel frontal angehen, der das ja auch erklärt hat; dazu sind wir im Prinzip selbstverständlich bereit – und ich frage mich, nachdem Herr Jochimsen so weit gegangen ist und gesagt hat „ich betrachte das als vernünftig“ ob wir ihn wegen der Massenentlassungen angehen.

Cromme: … Ja gut ich neige fast dazu, nachdem er jetzt doch viel goodwill gezeigt hat und letztlich uns ja auch was auf die Finger geben musste, damit er überhaupt das andere sagen konnte…. Der ist heute Mittag in Rheinhausen und die IG Metall und die Betriebsräte laufen schon Sturm.

Kriwet: ….in der Situation neige ich eher dazu, ihn zu schonen.
Cromme: Ja, einverstanden. Völlig klar. Gut, dann ist es so. Wir waren gestern Abend im Kabinett, also der Ministerpräsident mit seinem Staatssekretär, der Fraktionsvorsitzende Farthmann, Heinemann und …..

Kriwet: Sie als Krupp-Vorstand?

Cromme: Und Mannesmann. Wir waren zusammen und haben das alles noch einmal episch dargelegt und gesagt, das muss gemacht werden und das wird gemacht und die Meinung war dort – aber so können wir das nicht bringen – ja macht es möglichst schnell, denn dann ist das Thema gelöst usw., und der Krach ist weg. Auf der anderen Seite – einverstanden – es gibt ja gewisse Ablaufschemen, und da haben wir auch drüber gesprochen, und die muss man auch berücksichtigen, und außerdem, wenn es denn hinterher schief geht und alles wieder hochgespült wird, den Schaden haben wir und nicht die Anderen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Und weiter :zustimm:


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 11 April 1988

Die Medien berichten ständig über die IG Metall- und die SPD-Kungeleien mit Beitz und Cromme. – Wenn man sich die Tonbänder anhört, kann man nur stauen, was sich hinter dem Rücken der Stahlarbeiter abgespielt hat. - Ein Vertreter der IG Metall Zweigbüro Stahl, in Düsseldorf scheint da besonders „fleißig“ gewesen zu sein. - Es ist in einem Arbeitskampf immer besser, zu agieren als zu reagieren. – Theo Steegmann und Helmut Laakmann besprechen, dass es Zeit wird nach Düsseldorf vor den Landtag zu ziehen. – Betriebsrat Klaus Löllgen und Helmut Laakmann fahren kurz rüber zu einer Ortsbesichtigung. – Alle zwei Stunden, stehen Theo Steegmann und Helmut Laakmann in der Menage am Mirofon und informieren die Kollegen; „Heute Nacht geht es nach Düsseldorf!“ – Wir werden polizeilich gewarnt, nach Düsseldorf zu kommen. - „Demonstrationen vor dem Landtag, in der Bannmeile, werden wir nicht tolerieren!“ – Laakmann: „Wir nehmen Fahnen der IG Metall mit!“ – „Wenn es Prügeleien gibt, dann wird eben die IG Metall verprügelt!“ – IG Metall Duisburg: „Wir haben keine Fahnen!“ - In den Abendstunden wird die Menage immer voller, die Menschen stehen bis am Tor 1. - Kurz vor 22.00 Uhr verteilt die WAZ schon die Zeitungen für Morgen. – Rau lässt über die Presse mitteilen, er habe in dem besagten Gespräch zu Cromme gesagt: „Sollten Sie sich einbilden, dass Sie jemals politische Unterstützung bekämen, für Ihre Stilllegungspläne, dann irren Sie sich gewaltig!“ (WAZ) – SPD-Fraktionsvorsitzender Farthmann: „Cromme soll umgehend, seine gemachten Äußerungen zurück nehmen!“ (WAZ) – Krupp erklärte: „Man werde sich dazu nicht äußern!“ (NRZ) – Kommentar in der TAZ: „Einer lügt und es spricht alles dafür, dass es nicht Krupp Stahl Boss Cromme ist (TAZ). – Die Beschwörungen der Arbeitersolidarität, aus dem Munde von SPD-Bundesgeschäftsführer Bodo Hombach, ist nichts weiter als widerlich!“ (TAZ) - Die SPD ist nicht „einen Millimeter“ von der Seite der Stahlarbeiter gewichen sondern „meilenweit“ und jetzt auch noch von der Wahrheit (TAZ). – Es scheint so, als ob die zwischen Rau und Cromme besprochenen Ablaufschemen anders sind als man geplant hatte. – In der Menage ruft jemand: „Unter welchem Motto fahren wir nach Düsseldorf!“ – Laakmann trocken: „Du brauchst ein Motto?“ – Laakmann: „Hier hast Du eins; Barschel lass das Wasser ein, Johannes wird der Nächste sein!“ – Theo Steegmann: „Zieht Euch warm an und nicht nur wegen der Kälte!“ – Steegmann: „Wir werden da nicht freundlich empfangen!“
 
Und weiter :)



Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 11 April 1988 (Teil 2)

Um ein Uhr nachts, erreichen die Stahlkocher den Landtag. – Dann kletterten zwei Krupp-Stahlarbeiter auf das große Steinmonument direkt vor dem Düsseldorfer Landtag (NRZ). – Sekunden später halten Vater Rhein und seine vier Töchter brennende Phosphorfackeln in den Händen (NRZ). – Gespenstisch beleuchtet grellrotes Licht eine Szene, die es laut Gesetz nicht geben würde (NRZ). – Die Krupp-Werksfeuerwehr kippt eine Fuhre Koks direkt vor den Landtag (NRZ). – Schnell brennen in der kalten Nacht wärmende Koksöfen. – Über einen Lautsprecherwagen dröhnt immer wieder das Grönemeyer-Lied vom „Pulsschlag aus Stahl“ (NRZ). – Hohe Polizeibeamte und Staatsanwälte eilen zum Landtag (RP). – „Hier finden eine Menge Rechtsbrüche statt“, sagt der Leiter der Düsseldorfer Schutzpolizei (NRZ). - Graffiti Inschriften vor dem Landtag „Rau mach keine crommen Sachen“ und „Wer hat uns verraten“ schwarze Fußspuren die zum Landtag führen (RP) - Beklebte Türen, Fenster, Fassaden, die Stahlarbeiter aus Rheinhausen haben den Landtag umzingeln (NRZ). - Düsseldorfs Leitender Schutzpolizeidirektor erklärt: „Siebentausend stehen hier, wenn wir da eingreifen, kommt es wahrscheinlich zu schweren Ausschreitungen!“ (NRZ) – Landtagspräsident Denzer informiert Innenminister Schnorr, dass die Stahlarbeiter aus Rheinhausen keine Demonstranten sondern Besucher des Landtages sind!“ – Beide sind sich darin einig die Bannmeile vor dem Landtag sofort aufzuheben. – Fast gemütlich sahen die lodernden Koksöfen aus. - Doch gegen fünf Uhr kamen plötzlich eine Vielzahl von Demonstranten in Bewegung. – Fast generalstabsmäßig geplant, wurden dann kurzerhand, die Rheinknie-Brücke und zwölf weitere wichtige Verkehrsknotenpunkte in Düsseldorf gesperrt (TAZ) – Innerhalb weniger Minuten hatten die Stahlarbeiter einen Vekehrs-Infarkt herbeigeführt; in Düsseldorf ging nichts mehr (TAZ).
 
So, weiter gehst...


Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 14. März 1988

Betriebsrat Bruckschen: „Wenn der Vorstand nicht endlich signalisiert, dass er sich vom dem Konzept der Totalschließung verabschiedet, werden wir eine härtere Gangart einschalten!“ (NRZ) – Die rund 5.600 Mitarbeiter von den Mannesmann Röhrenwerken in Mülheim haben das Solidaritätskonto um 11.001 DM aufgefüllt. – Oberbürgermeister Josef Krings nahm die Einladung des Bürgerkomitees mit gemischten Gefühlen an. (NRZ) – Krings: Rheinhausen ist nur ein Stadtteil von Duisburg, ich bin aber für die ganze Stadt verantwortlich, deshalb bewerte ich, dass Ergebnis der Kanzlerrunde als gut!“ – Krings: „Doch das Bonner Ergebnis habt ihr zustande gebracht und wir werden weiter zusammen kämpfen; ich stehe zu Euch!“ (RP) – IHK-Manager Theodor Pieper sprach vor dem CDU-Kreisausschuss: „Es ist unvermeidlich, dass Werk in Rheinhausen zu schließen, damit Mannesmann in Huckingen gerettet werden kann!“ (NRZ) - Theodor Piepers Argumente werden immer abstruser und sind zunehmend realitätsfremd. - Auf die Ankündigung der Stahlkocher ihn mal zu besuchen, bekam Pieper Polizeischutz. – Jetzt verbreitet er „Alt-Männer-IHK-Gebrabbel“ unter polizeilicher Aufsicht, dass ist gut so! – Krupp-Vorstand bezweifelt, dass die Informationsbedürfnisse der Stahlarbeiter so intensiv sind, dass sie während der regulären Arbeitszeit ihren Arbeitsplatz verlassen müssen. (RP) – Betriebsräte besuchen den ehemaligen Krupp-Vorstandsvorsitzenden Alfons Gödde und Aufsichtsratsmitglied Werner Resch; beide sitzen in Untersuchungshaft. – Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruption, Bestechung und Untreue. – Der Einsitzende Berthold Beitz Zögling Werner Resch beklagt, dass er sich zur Zeit mit der Herstellung von Wäscheklammern beschäftigen muss. (Die Zeit) - Imma Hillerich, die grüne Bundestagsabgeordnete, schrieb an den Krupp-Vorstand. „Nicht die Stahlarbeiter schädigen das Unternehmen sondern der Vorstand der die Verödung eines ganzen Stadtteils betreibt!“ (RP)

Rheinhausen Tagebuch Telegramm: 11 April 1988 (Teil 2)

Um ein Uhr nachts, erreichen die Stahlkocher den Landtag. – Dann kletterten zwei Krupp-Stahlarbeiter auf das große Steinmonument direkt vor dem Düsseldorfer Landtag (NRZ). – Sekunden später halten Vater Rhein und seine vier Töchter brennende Phosphorfackeln in den Händen (NRZ). – Gespenstisch beleuchtet grellrotes Licht eine Szene, die es laut Gesetz nicht geben würde (NRZ). – Die Krupp-Werksfeuerwehr kippt eine Fuhre Koks direkt vor den Landtag (NRZ). – Schnell brennen in der kalten Nacht wärmende Koksöfen. – Über einen Lautsprecherwagen dröhnt immer wieder das Grönemeyer-Lied vom „Pulsschlag aus Stahl“ (NRZ). – Hohe Polizeibeamte und Staatsanwälte eilen zum Landtag (RP). – „Hier finden eine Menge Rechtsbrüche statt“, sagt der Leiter der Düsseldorfer Schutzpolizei (NRZ). - Graffiti Inschriften vor dem Landtag „Rau mach keine crommen Sachen“ und „Wer hat uns verraten“ schwarze Fußspuren die zum Landtag führen (RP) - Beklebte Türen, Fenster, Fassaden, die Stahlarbeiter aus Rheinhausen haben den Landtag umzingeln (NRZ). - Düsseldorfs Leitender Schutzpolizeidirektor erklärt: „Siebentausend stehen hier, wenn wir da eingreifen, kommt es wahrscheinlich zu schweren Ausschreitungen!“ (NRZ) – Landtagspräsident Denzer informiert Innenminister Schnorr, dass die Stahlarbeiter aus Rheinhausen keine Demonstranten sondern Besucher des Landtages sind!“ – Beide sind sich darin einig die Bannmeile vor dem Landtag sofort aufzuheben. – Fast gemütlich sahen die lodernden Koksöfen aus. - Doch gegen fünf Uhr kamen plötzlich eine Vielzahl von Demonstranten in Bewegung. – Fast generalstabsmäßig geplant, wurden dann kurzerhand, die Rheinknie-Brücke und zwölf weitere wichtige Verkehrsknotenpunkte in Düsseldorf gesperrt (TAZ) – Innerhalb weniger Minuten hatten die Stahlarbeiter einen Vekehrs-Infarkt herbeigeführt; in Düsseldorf ging nichts mehr (TAZ).

Die „Brücke der Solidarität“ erinnert an den Arbeitskampf der Stahlarbeiter in Rheinhausen und an den Zusammenhalt und die Solidarität der Menschen im ganzen Revier. Eine Erinnerungstafel an der Brücke erinnert an diese schwere Zeit, die die Stahlarbeiter und ihre Familien durchstehen mussten. Ohne die Menschen im Revier hätten wir das nicht geschafft!

Heute fast 26 Jahre später werden mit Fotos der „Brücke der Solidarität“ und mit Fotos der kämpfenden Stahlarbeitern zu Demonstrationen in Rheinhausen aufgerufen, die teilweise mit dem Grundgedanken der Solidarität nichts zu tun haben. Es wäre gut, wenn wir das in Zukunft unterlassen.
Die Brücke der Solidarität ist nur bedingt das Wahrzeichen von Rheinhausen. Vielmehr ist es ein Wahrzeichen für das solidarische Miteinander der Menschen im Revier und die Hoffnung, dass es so bleibt. Solidarität ist die stärkste Kraft die wir haben und die wir bewahren müssen.

Helmut Laakmann

Rheinhausen Tagebuch Rückblick


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Rheinhausen Tagebuch: 27.11.1987

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht auf dem Werksgelände der Firma Krupp Stahl in Rheinhausen, dass Hüttenwerk soll bis zum Sommer 1988 geschlossen werden. – Cromme will die eigene Hütte schließen und 50% der Mannesmann-Hütte übernehmen. - 6.500 Stahlkochern droht die Kündigung. – Krupp-Vorstandsvorsitzender Gerhard Cromme, hatte die Belegschaft auf das Übelste hintergangen und betrogen. – Nachdem die Betriebsräte, vor einigen Wochen, ein Optimierungskonzept unterschrieben und den Abbau von zweitausend Arbeitsplätzen zugestimmt hatten, versucht Cromme jetzt das Werk, hinter dem Rücken der Betriebsräte, völlig platt zu machen.

Zuerst fuhr das Stahlwerk seine Produktion herunter, dann folgten die anderen Betriebsabteilungen. - Die brave Krupp-Belegschaft legt die Arbeit nieder; wer hätte das gedacht? – Vor der Hauptverwaltung versammeln sich die Stahlarbeiter. – Gegen Mittag erscheint Gerhard Cromme um seine Pläne mitzuteilen. – Blanker Hass und berechtigte Empörung schlagen Ihm entgegen. - Hunderte Eier fliegen in seine Richtung; der Vorstand geht in volle Deckung. – Nur mit Mühe gelangt er, schon fast auf dem Boden liegend, in die Hauptverwaltung. – Die Kollegen vom Werkschutz verhindern das Schlimmste.

„Dieser verdammte Drecksack“, ist noch die freundlichste Bezeichnung den die Stahlarbeiter für diesen „Herrn“ parat haben. - Unter Applaus der Belegschaft verbrennen die Auszubildenden eine Puppe als Cromme-Ersatz. – Die Zeichen stehen auf Sturm! – Die Mittag- und die Nachtschicht gehen nicht an die Arbeit; das Werk steht. – Stahlarbeiter sperren die Zufahrtstraßen zu Krupp und demonstrieren in der Rheinhausener City. – Radio und Fernsehen berichten ununterbrochen.

Rheinhausen Tagebuch Aufruhr: 28.11.1987



Rheinhausen Tagebuch: 28.11.1987

Die Hütte steht noch immer. – Was macht jetzt die Belegschaft, kämpfen oder untergehen? – Wer nicht kämpft hat schon verloren! – Die Stimmung schwankt zwischen „Hat doch alles keinen Zweck“ und „Jetzt zeigen wir mal, wo es lang geht!“ – Ein Wechselbad der Gefühle. – Die Betriebsratsbüros sind mit Mitarbeiter überfüllt; fast kein Rein- und Rauskommen mehr. – Immer wieder gibt es Demonstrationen in Rheinhausen.

Der Hochofenbetrieb muss gedrosselt werden, dass Stahlwerk nimmt kein Roheisen mehr ab. – Hektische Betriebsamkeit der Ingenieure, doch ohne Stahlkocher stehen alle Räder still. - Betriebsräte in Dauergesprächen mit Belegschaftsangehörigen. – Es ist als ob der Boden unter den Füßen weggezogen wird. – Betroffene Gesichter überall! - Was wird aus unseren Familien? –

Cromme ladet die Betriebsräte zum Gespräch nach Bochum. – Eiskaltes wirtschaftliches Kalkül gegen menschliches Handeln. – Cromme glaubt, dass es bei Werksschließungen rituelle Abläufe gibt. - Dazu gehört, dass man immer das gleiche erzählt, bis sich die Betriebsräte daran gewöhnen. – Doch die Betriebsräte verlassen aus Protest die Sitzung. - Reporter: „Herr Cromme warum sprechen Sie erst jetzt mit den Betriebsräten?“ – Cromme: „Man kann nicht mit allen gleichzeitig sprechen!“

Parteipolitische Solidaritäts- und Unterstützungsbekundungen gehen ein. – Die Mittagschicht geht nicht an die Arbeit und die Nachtschicht schließt sich an. – „Im Sommer soll Schluss sein, dass sind ja nur noch sechs oder sieben Monate!“ - Was dann?

Rheinhausen Tagebuch: 29.11.1987

Die Frühschicht verweigert weiter die Arbeitsaufnahme. – Die Belegschaft steht hinter den Betriebsräten. – Das die Betriebsräte die Sitzung verlassen haben, bringt Ihnen viel Sympathien in der Belegschaft. – Widerstand macht sich breit! – „Nicht bitten, nur mutig gestritten!“

Auch heute wieder Demonstrationen in der Innenstadt. – Morgen soll es eine Betriebsversammlung im alten Walzwerk geben. - Cromme will kommen, wenn der Betriebsrat seine Sicherheit garantiert. – Ein Vorstandsvorsitzender, der durch den Betriebsrat, vor der Belegschaft geschützt werden muss; nicht zu fassen. - Fernsehteams und Reporter sind ständig vor Ort. – Die aktuelle Stunde berichtet. – Christine Westermann und Frank Plasberg moderieren. – Beide verbergen ihre Betroffenheit nicht; den Stahlarbeitern gefällt das! - Einige Fernsehteams bleiben über Nacht und schlafen auf dem Boden im Betriebsratbüro.

Die Mittag- und die Nachtschicht gehen auch nicht an die Arbeit. – Auf allen Leitständen laufen Radios und Fernseher. – Rheinhausen ist die Top-Nachricht und auf allen Kanälen vertreten. - Die Stahlarbeiter sitzen zusammen und diskutieren bis in den frühen Morgen. - Die Stimmung schwankt ständig zwischen Mut und Verzweiflung.

Rheinhausen Tagebuch 301187



Rheinhausen Tagebuch: 30.11.1987

Das Krupp-Walzwerk war überfüllt mit Stahlkochern, ihren Familien und vielen Kollegen aus anderen Betrieben. - Als der Betriebsratsvorsitzende Manfred Bruckschen die Versammlung eröffnete und Gerhard Cromme ankündigte, hielten die Stahlarbeiter den gestreckten Mittelfinger hoch.

Cromme redet sich um jede Glaubwürdigkeit: „Es sei immer klar gewesen, dass es keine Alleingänge geben kann!“ – Damit war auch klar, dass er die Betriebsräte in wochenlangen Verhandlungen belogen und betrogen hatte (NRZ). – Ein Eierregen senkte sich über die Rednertribüne. – Bruckschen versuchte zu beruhigen: „Kollegen hat doch keinen Sinn!“ – Politiker, allen voran NRW-Arbeitsminister Hermann Heinemann (SPD), versuchen mit alten, hohlen Reden und leeren Worthülsen Wahlkampf zu machen. – Die ersten Demonstranten wandern ab. – Als das IG Metall Mitglied des Krupp-Vorstandes Karin Benz-Overhage ans Mikrofon ging, schien die Veranstaltung gelaufen (NRZ). – Scharenweise wanderten die Versammlungsteilnehmer ab (RP).

Dann ging der Betriebsabteilungsleiter aus dem Stahlwerk an das Mikrofon (NRZ). - Jetzt sollte die Veranstaltung neuen Pepp bekommen (NRZ). – Durch alle Tore strömten die Zuhörer in die Halle zurück (NRZ). – Ständig unterbrochen vom Beifall und Zugaberufen rechnete Helmut Laakmann mit Gerhard Cromme ab. – Es dauerte neun Minuten. - Die Stimmung kippte völlig und aus niedergeschlagenen Stahlarbeitern wurde eine kämpferische Belegschaft (NRZ).

Rheinhausen Tagebuch: 01.12.1987

Nach der Betriebsversammlung verweigerten die Stahlarbeiter weiterhin die Arbeitsaufnahme. – Das Hüttenwerk steht immer noch. - In den Betrieben laufen Ingenieure treppauf und treppab um Kollegen zur Produktionsaufnahme zu bewegen. – Doch die Stahlkocher winken ab und selbst sind die „Führungskräfte“ nicht in der Lage die Produktion aufzunehmen. – Meister, Schichtführer und Vorarbeiter halten zu ihren Kollegen. – Der Appell von Helmut Laakmann zeigt Wirkung. – Meister unterbrechen ständig die Produktionskette und schicken ihre Kollegen zu Informationsgesprächen in das Betriebsratsbüro. Es ist ein Kommen und ein Gehen, alle sind anwesend, es gibt keine Tonne Stahl und Krupp zahlt. – Morgen will Ministerpräsident Johannes Rau zur Belegschaft kommen. – Aber nach dem Auftritt vom Arbeitsminister Heinemann weiß jeder, dass man von der Landesregierung nichts erwarten kann. Der 30. November endet wie der 01. Dezember beginnt, keiner geht an die Arbeit. Den ganzen Tag passiert nichts, die Kollegen bleiben im Werk.

Gegen zwei Uhr nachts, sammelt Helmut Laakmann fünfzig Stahlarbeiter und läuft mit ihnen über die Rheinwiesen zur Rheinbrücke. – Es ist eine bitterkalte Nacht und gegen vier Uhr stehen sie alle vor Kälte zitternd auf der Rheinbrücke. - Die ersten beiden Autos können passieren, aber den Bus der NIAG lässt man nicht weiterfahren. - Der verständigt über Funk die Leitstelle und nach ein paar Minuten ist eine Funkstreife der Rheinhauser Polizei auf der Brücke. - „Wir fahren dann mal zurück zur Wache und kochen Kaffee, sonst erfriert ihr uns hier noch,“ sagen die beiden von der Funkstreife und schon stehen sie wieder alleine da.

Alle zitterten vor Kälte! - Sie sind drauf und dran wieder ins Stahlwerk zu gehen. - Wofür stehen sie hier? - Kein Auto in Sicht. - Es ist nichts los und alle frieren. -
Nach einer halben Stunde ist die Funkstreife wieder da und alle bekommen einen Becher Kaffee. - Vor dem Streifenwagen stehend, hören sie die Verkehrsnachrichten. – „Stau auf der A 57 und auf der A 40.“ - „Rheinhausen umfahren!“ – „Stahlarbeiter blockieren die Rheinbrücke!“ – „Der Verkehr wird umgeleitet!“ - Jetzt kommt Bewegung in die frierende Gruppe. - Jetzt ein paar Männer zur nächsten Telefonzelle und die Frühschicht informieren: „Kommt sofort zur Brücke!“ - Auf dem Weg zur Telefonzelle überall das Blaulicht der Polizei, kein Durchkommen mehr für Autofahrer. -
Da kommen auch schon die Männer von der Werksfeuerwehr. - Die bringen Koksöfen und kippen eine Ladung Koks auf die Brücke. - „Leck mich am Arsch, die Feuerwehr macht Feuer!“ sagte ein Kollege. - „Nie war Koks wertvoller!“ sagte ein Anderer.
Jetzt kommen die Kollegen aus dem Werk! - Aus fünfzig Kollegen werden jetzt einige Hundert. - Aus der Margarethensiedlung laufen die Frauen zu ihren Männern auf die Brücke. - Viele haben Tee, Kaffee und Kinder im Kinderwagen dabei.

Es werden immer mehr. - Der Oberbürgermeister Jupp Krings hinten auf einem Polizeimotorrad sitzend kommt und immer mehr Bürger aus Rheinhausen; so als würde es kein Ende nehmen wollen. – Jetzt die Lieferwagen der Rheinhauser Bäcker- und Metzgereien; belegte Brötchen werden gebracht. - Frauen und Männer aus nah gelegenen Betrieben lassen alles stehen und kommen. - Schulklassen sind unterwegs. - Jeder der laufen kann, kam zur Brücke.

„Mein Gott, was für ein Tag!
Es war der Tag, an dem die Bürger sich an die Seite ihrer Stahlkocher stellten.
Es war ein Tag der Solidarität.
So bekam die Brücke später ihren Namen: Die Brücke der Solidarität.“

Rheinhausen Tagebuch 021287



Rheinhausen Tagebuch: 02.12.1987

Was Helmut Laakmann einen Tag zuvor forderte, wurde jetzt raue Wirklichkeit, die Rheinbrücke ist gesperrt (NRZ). – Tausende unterstützen die Stahlarbeiter bei der Sperrung. – Nach und nach wurden alle Zufahrtstraßen von und nach Rheinhausen blockiert.

Die Stahlarbeiter haben die Herausforderung zum Kampf um ihre Hütte angenommen (NRZ) – Manfred Bruckschen der selbst von der Brückenblockade überrascht wurde, begrüßt gegen zehn Uhr Ministerpräsident Johannes Rau. – Durchgefroren erreichte Oberbürgermeister Josef Krings, auf dem Sozius eines Polizeimotorrades, das Betriebsratsbüro auf dem Werksgelände. - Kein großer Bahnhof für Rau, Stahlarbeiter sperren lieber Brücken und Straßen (RP). –Rau nahm es mit eisiger Miene zur Kenntnis (RP). - Bruckschen: „Gut, dass du kommst Johannes!“ (NRZ). –

Rau zu den handvoll Stahlarbeitern vor dem Betriebsratsbüro: „Die Musik wird in Bonn gemacht!“ – „Die Landesregierung kann keine Unternehmentscheidungen ändern!“ - Jeder weis, dass Rau einen Platz in der Kruppstiftung hat und der kann nichts machen; wie Lächerlich ist das denn?
Mit diesem Auftritt kann auch Manfred Bruckschen nicht zufrieden sein. – Manfred Bruckschen: „Mit frommen Sprüchen ist uns hier nicht geholfen!“ (NRZ) - Gegen 18.00 Uhr heben die Stahlkocher die Blockaden auf. - Hans Janssen, ehemaliges Vorstandsmitglied der IG Metall, am Abend in der Menage: „Auf einen grobes Klotz gehört ein grober Keil!“ Super Idee, und wo ist der IGM Vorsitzende Steinkühler? Der ist auf Tauchstation und hat einen Posten im Mannesmann Aufsichtsrat. – Wetten, dass der auch nichts machen kann!


Rheinhausen Tagebuch 031287
https://www.youtube.com/watch?v=NvDeRo46ca4



Rheinhausen Tagebuch 03.12.87

Schüler: Rettet Rheinhausen. – Stahlkocher gingen zur Arbeit, da streikten gleich zehntausend Schüler. – In Castrop-Rauxel versperrten achthundert Arbeiter der beiden Werke des Bergbau-Zulieferers Klöckner Becorit für sieben Stunden die Straßen. – Am Nachmittag eilte der Bischof von Münster, Rheinhard Lettmann, zu den Kruppianern an den Rhein. – Jugendliche der IG-Bergbau hängen in Essen Transparente an Autobahnbrücken und in die Stadt. – „Jugend braucht Arbeit“ und „Bergleute und Stahlkocher gehen zusammen“, steht auf den Transparenten. – Die Arbeitsämter melden neue Rekordzahlen bei den Arbeitslosen. – Berthold Beitz und Gerhard Cromme haben das ganze Revier in Brandt gesteckt (WAZ).

Völlig überwältigt sehen die Stahlkocher in Rheinhausen den Schülerzug auf die Hütte zuziehen. – Sie hatten mit einigen Hundert gerechnet und jetzt sind weit über zehntausend Schüler gekommen. – „Wir lassen Euch nicht alleine, wir stehen hinter Euch“, sagte Bezirksschülersprecher Martin Nooy. – Da mussten selbst einige der „stahlharten“ Hüttenleute schlucken und nach ihrem Taschentuch suchen. - Ergreifende Szenen auch am Rande. – Ein stämmiger Stahlarbeiter in Arbeitsmontur spricht mit einer Schülerin mit Punkerfrisur und nimmt sie dann väterlich in den Arm (WAZ).

Eine nie da gewesene Solidaritätswelle geht durch das Revier. – Gerhard Cromme und Graf Lambsdorf (FDP) einig: „Wenn in Rheinhausen wieder gearbeitet wird, würde man sicher auch neue Investoren für das Werksgelände finden!“ – Auch Ministerpräsident Johannes Rau bedient die Cromme-Phrasen: „Es gibt Anfragen von höchst potenten Investoren für das Werksgelände!“ (NRZ) – Drei Brandtstifter die sich im Feuerlöschen üben.
 
Es wurde damals nicht von Schuelern gestreikt, zumindest nicht am Gymnasium Pappenstrasse. Das weiss ich sehr genau,denn ich gehoerte nicht zu den Demonstranten die damals demonstrierten weil es ihnen Lehrer propagiert haben,welche lieber Event wollten als zu wissen (genauso wenig wie ich damals, nur hatte ich andere Ansichten, natuerlich fragwuerdig ob die richtig waren) worum es wirklich geht.
Wir haben zu zwoelft oder dreizehn in der Schule sitzen muessen, nichts machend, weil wir nicht demonstrieren wollten.
Ich wiederhole aber, im nachhinein ist es durchaus hinterfragbar, damals schien es richtig fuer mich ein anderes Dutzend. Zur Haelfte ist es auch heute noch so fuer mich.
 
Tagebuch Rheinhausen: 04.12.1987

Frauen wollen kämpfen und treffen sich zum ersten Mal in der Menage. – Welle der Hilfe für die Kruppianer. – Keine Hoffnung nach dem Gespräch mit Beitz. - Wütende Stahlarbeiter legen den Verkehr vor Mannesmann lahm. – Die Stahlkocher besetzen das Personalbüro und stoppen den Werksverkehr (NRZ).

Krupp-Betriebsrats-Chef: „Notfalls auch Brammen auf die Autobahn!“ – 500 Sammeldosen werden in Rheinhausen verteilt. - Günter Schluckebier (SPD) bringt für die Streikkasse einen Scheck von 50.000 DM. – Superintendent Nikolaus Schneider und der evangelische Pfarrer Dieter Kelp werben für Solidarität in ihren Gemeinden. - Kruppianer lassen Neo-Nazis abblitzen.

Berthold Beitz empfing Betriebsrat Manfred Bruckschen. – Als Bruckschen das Gespräch begann, zeigte Beitz auf Cromme: „Herr Cromme ist ihr Verhandlungspartner, ich bin es nicht!“
– Dann noch ein nettes Foto. – Beitz gut gelaunt neben der Büste von Alfred Krupp, Gerhard Cromme und der „abgebeizte“ Manfred Bruckschen. - Bruckschen: „Ich hatte keine großen Erwartungen, schließlich hat er Cromme geholt!“ – Sieht nicht so aus, als würde sich Berthold Beitz für die Stahlkocher aus Rheinhausen interessieren.

Der Konzernsprecher: „Das Gespräch war nicht von Herrn Beitz sondern von Herrn Bruckschen gewünscht worden!“
 
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