Surreal, wenn man nach zwei Stunden Autobahn da auf dem Parkplatz vor diesem riesigen Blechsilo von Stadion steht. Mitten in der Walachei und auf dem Acker, sandiger Wind und tuckernde Landmaschinen. Dann dieses irre Spiel. Heute morgen steht es in der Zeitung und auch im Internet. Langsam muß man es wohl glauben, daß das Ganze nicht so ein megaschräger Traum gewesen ist!
Aber konkret ist das Ganze kein Traum: man sieht, jetzt über eine Reihe von Spielen, was da zusammengewachsen ist durch die Arbeit der Lizenzspieler und Verantwortlichen hinter der Seitenlinie. Erstmals, gestärkt durch den reichlich wackeligen Sieg über Bochum, sah man auch, wie es eigentlich aussieht, oder aussehen sollte, wenn wir auswärts Fußball spielen: Aus kompakter Defensive heraus den Gegner sondieren, sichere Konter spielen, dabei Lücken erkennen, was versuchen, ohne alles auf eine Karte zu setzen, die individuellen Qualitäten der Akteure hierbei ausnutzen, aber ohne, das ihnen mit dem Ball auch gleich die ganze Verantwortung für das weitere zugeschoben wird. Diesmal ein echtes Kollektiv, was am wirken war und den Gegner zersetze!
Nur eine Phase wackelig, nach dem Ausgleich der Paderborner. Unser Siegtor war dann so richtig im Stil einer Klassemannschaft herausgespielt. Für mich ein entscheidend stabilisierender Faktor ist Pliatsikas. Er ist einfach präsenter und damit für robuste Gegner weitaus irritierender als Kern. Verliert auch mal Bälle, aber setzt nicht nur nach, sondern stellt den Ballführenden wieder und gewinnt für die Mannschaft so die zusätzlichen Sekunden, die gebraucht werden, um die Orientierung in der Abwehr zu ermöglichen. Kann den Ball offensiv schön eng führen und spielt sicheren Kurzpass, hierbei durchweg besser konzentriert als Kern.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist, daß Gjasula jetzt entschieden offensiv spielt. Sukalo und Hoffmann sind als Doppelsechs die Beste aller möglichen Lösungen. Und Exe muß nicht immer ein Tor machen. Er schafft, wie das ein Stürmer machen soll, die Räume für die anderen. Wirkt stets enorm dynamisch und schier unermüdlich. Gjasulas Pass zum 1:2 war ein absoluter Zungenschnalzer, das kriegt auch ein Mario Götze kein bisschen besser hin. Nicht uninteressant, sich in diesem Offensivverbund mal Kastrati vorzustellen. Für Domo kann der Treffer jetzt zum Türöffner werden.
Wiedwald ist jetzt klar die Nummer eins. Das seine Performance nachher auf dem Zaum zurückgenommen war, macht ihn für mich eigentlich sogar sympathischer. Der hatte wahrscheinlich echt in der Woche besseres zu tun, als vor dem Spiegel dafür zu üben. Mittlerweile gehen sogar seine Abstösse so halb als unterer Ligastandard durch!
Paderborn hat tollen Offensivfussball gespielt. Die ganze Partie auf ausgesprochen hohem Niveau. Ich finde überhaupt nicht, das wir Dusel hatten.
Wenn die bei Reviersport ein paar Spielern von uns nur eine vier geben, kann ich mittlerweile gut drüber lachen. Lese ich eigentlich eh nicht mehr!
Bei noch einem Dreier gegen Ingolstadt können wir schon mal wieder nach den einstelligen Tabellenplätzen gucken. Aber jetzt haben wir, so oder so, etwas Luft. Ich bin vor Ort erst wieder gegen Frankfurt dabei, ein Spiel, auf das man sich jetzt schon wieder richtig freuen kann. Was optimistisch macht, ist noch nicht mal der Punktevorsprung sondern mehr die Art des Auftretens unserer Truppe. Ganz großer Sport, Jungens! Meine Fresse!