Es ist brutal, das Spiel am Ende so deutlich zu verlieren und sich die Häme der Essener anzuhören. Das heute war quasi die letzte Chance und sie wurde krachend vergeben. Wobei rein von der tabellarischen Situation das Spiel letzte Woche der größere Rückschlag war. Jetzt war es das mit den Hoffnungen auf den Klassenerhalt, aber ich hatte mich eh schon drauf eingestellt.
Daher möchte ich mal zwischen den Vernichtungsbeiträgen hier mal versuchen, sachlich was dagegenzuhalten: so wie ich das gesehen habe, hat der MSV heute genau so gespielt, wie sich das letzte Woche alle gegen Bielefeld nach dem Rückstand gewünscht hätten. Von der ersten Sekunde an früh angelaufen, die Essener über den ganzen Platz gejagt. Man wollte den Ball erobern, wollte Essen zu Fehlern zwingen und dann schnell nach vorne spielen. Sinnbildlich für mich dafür auch der unkonventionelle Wechsel auf der 8er-Position: Da war heute kein Platz für den ballsicheren Michelbrink, der bei Ballgewinn auch nochmal abdreht oder in Ruhe verlagert. Stattdessen ein Kölle, der immer sofort nach vorne marschiert, egal ob das erfolgsversprechend ist oder nicht. Immer unterwegs, immer balljagend. Und so war die ganze Truppe eingestellt.
Aber man hat eben auch gesehen, welche Nachteile dieses „alles oder nichts“ hat: keine Ballkontrolle, keine Ruhe im Passspiel, wenig flacher Aufbau über's Zentrum, unsauber und hektisch in den Umschaltaktionen. Und da Essen unser Pressing oft recht entspannt überspielen konnte, hatten sie dann viel Platz vor allem durch die Mitte. So waren sie trotz unseres aufwendigen Spielstils die gefährlichere und zwingendere Mannschaft. Das 1:0 war dann aber doch der Lohn für den Aufwand und wir hatten die im Vorfeld so oft besprochene dringend benötigte Führung. Wäre spannend gewesen, wenn Schommers dann sofort umgestellt hätte auf die Kompaktheit und tiefere Staffelung. Ganz mutig wäre gewesen, direkt nach dem 1:0 auch personell wieder Michelbrink für Köther zu bringen. Vielleicht wäre das ja zur Pause passiert, aber vorher bekamen wir dann leider den völlig unnötigen Ausgleich. Köther schlägt den Ball unkontrolliert zu Sapina, der wird nicht attackiert (wieder die großen Räume im Sechserraum) und Müller kommt beim Absprung kaum vom Boden.
Also musste in der zweiten Halbzeit weiter das wilde Hin und Her probiert werden, denn wir brauchten ja unbedingt wieder eine Führung. Man kann Schommers wirklich nicht vorwerfen, dass er heute nicht auf Sieg gespielt oder Angsthasenfußball gebracht hätte. Das Gegenteil war der Fall, Harakiri. Und in der zweiten Halbzeit wurden dann unsere Schwächen einfach wieder deutlich: Standardverteidigung beim 1:2, Chancenverwertung (Ginczek!) und dann Konterabsicherung. Nach dem 1:2 wurde auf Viererkette umgestellt, so war dann aber auch die Lücke bei der Elfmeterentstehung so groß. Bis zum Schluss hatten wir etliche Durchbrüche über die offensiven Außen, aber in der Mitte kam einfach niemand zum Abschluss (außer eben zweimal Ginczek).
Es hätte heute klappen können mit drei Punkten, wenn wir in den entscheidenden Situationen einfach besser wären als der Gegner. In Verl hat es einmal geklappt, das war auch so ein 50:50 Spiel mit offenem Ausgang. Aber ansonsten verlieren wir diese Spiele halt meist, weil wir Konter schlecht ausspielen, Chancen vergeben und selbst hinten durch fehlende Kompaktheit und individuelle Fehler den Gegner einladen. Dann noch die Schwäche bei Standards vorne wie hinten und fertig ist ein Gebilde, was einfach so nicht in der Liga bestehen kann. Unsere Probleme wurden heute gnadenlos aufgedeckt.
Wir steigen verdient ab, das Spiel heute hat viele Gründe dafür gebündelt. Es ist extrem bitter, aber es ist auch extrem verdient.