@Schimanski , hast Du eine Ahnung ?
Keine kohärente Spielidee? Ich hatte den Eindruck Viktoria wusste besser, in welchen Zonen wir spielen wollen, als wir selbst.
Ich finde, das Spiel war jetzt nicht unbedingt ein einmaliger Ausrutscher, sondern bestätigte eher eine stetige (Rückwärts-)Entwicklung, die (mit Ball) schon in Saarbrücken begonnen hat.
Zugegeben, das ganze Spiel wirkte etwas müde, ich vermute da aber als Grund den Boden. Es hatte die ganze Nacht durchgeregnet, so dass er sehr tief war. Viktoria war zwar etwas griffiger in der Zweikämpfen, aber sonderlich dynamisch waren deren Läufe auch nicht unbedingt. Dafür waren sie aber ballsicherer. Mit einfachem Abkappen oder gängigen Finten ließen sie unser Anlaufen regelmäßig ins Leere laufe.
Und wenn man so einfach Gegnerdruck auflösen kann, kommen böse Erinnerungen an schlechte Zeiten in mir hoch. Weil sowas immer ein Zeichen fehlender Kompaktheit ist. Die haben wir unter Dotchev natürlich öfters, weil wir vorne anlaufen, hinten aber trotzdem die Tiefe sichern müssen, was zwangsläufig auf Kosten der vertikalen Kompaktheit geht. Das fangen wir normalerweise dadurch auf, dass wir im Anlaufen - mal mehr, mal weniger - Zugriff bekommen oder den Gegner zu Fehlern zwingen und - falls nicht - mit klaren Mann gegen Mann-Zuordnungen dahinter zumindest in die Zweikämpfe kommen, wenn das Anlaufen vom Gegner umspielt wird.
Aber schon das Anlaufen ist ohne Palacios einfach schlechter. Ich möchte Krempicki noch nicht mal den Willen absprechen (auch wenn er nicht der Spielertyp fürs Anlaufen ist), aber er macht es taktisch oft einfach falsch, da er nicht lenkend anläuft und keinen Gegenspieler in den Deckungsschatten nimmt. Hier merkt man bei Palacios einfach die Wolfsburg/Leipzig/Regensburg-Vergangenheit an. Das sind alles Vereine, die sehr viel Wert auf das athletische Arbeiten gegen den Ball legen.
Trotzdem ist es mir zu einfach, alles nur auf diesen Ausfall zu schieben. Wenn man Krempicki als Palacios-Ersatz einplant und die Spielidee nicht ändert, muss man ihm einfach sagen bzw. trainieren, wie er anlaufen soll. Entweder hat man das nicht oder er hat es nicht verstanden. Auf jeden Fall war unser gelenktes Anlaufen nicht auf dem Niveau der Spiele davor (Aziz leider auch schwächer). Zu allem Überfluß kamen wir dahinter auch nicht so gut in die Zweikämpfe, waren schon mal gedanklich und/oder physisch einen Schritt zu spät (wenn auch nicht durchgehend, gerade Pepic und Frey konnten im Zentrum schon ein paar Ballgewinne verbuchen).
Das alles wäre ja das kleinere Problem, wenn wir im Gegenzug das Spiel über Ballbesitz kontrolliert hätten (dann hätten wir auch nicht so viel hinterherlaufen müssen). Dotchev äußerte ja auf der PK, dass die Pepic-Aufstellung dieser Idee folgte. Genau wie der (unfreiwillige) Tausch Palacios->Krempicki kostete auch der Tausch Kamavuaka->Pepic zwar Griffigkeit gegen den Ball, dürfte aber zumindest das Potential für eine gute Ballzirkulation gesteigert haben. Davon war leider nicht viel zu sehen.
Im flachen Aufbau wurde für meinen Geschmack zu schnell zum langen Ball gegriffen, Frey wurde zu selten gesucht und gefunden, beide AV blieben blass, Pepic Rauskippen war nicht immer richtig eingebunden und es gab schon wieder die Neigung, sich vorhersehbar linear den Flügel hoch zu spielen, anstatt im Zick-Zack über die Halbräume Raumgewinn zu erzeugen (und dadurch schwerer zu pressen zu sein). Hinzu kamen dann noch das überambitionierte und oft schlecht getimte Ballfordern von Stoppelkamp, Krempickis wechselhafte Pressingresistenz bei Gegnerdruck über die "blinde side", Tomic mangelnde Durchsetzungsfähigkeit und Aziz ungewohnt hohe Fehlerquote. Positiv war mit Ball eigentlich nur das Andribbeln der beiden Innenverteidiger und ein paar Laserpässe von Volkmer. Pepic war für mich auch noch ok, ohne wirklich prägend zu sein. Und durch den schwachen eigenen Ballbesitz kamen die Probleme gegen den Ball noch stärker zum Tragen. Also musste man mehr hinterherlaufen, was wiederum Kraft kostete und den Ballbesitz durch die Müdigkeit in Kopf und Beine weiter schwächte. Ein kleiner Teufelskreis, aus dem wir selten raus kamen.
Unterm Strich passte weder die Spielerwahl zur geplanten Umsetzung, noch die Umsetzung zum Plan. Genauso habe ich Anpassungen vermisst. Wenn man merkt, dass man keinen Zugriff bekommt, muss man entweder als Verbund kompakter im Block verteidigen oder Krempicki auch gegen den Ball auf die Zehn ziehen, um das Zentrum zu verdichten. Stattdessen lief man weiter weitestgehend zugriffslos durch die Gegend.
Als man dann in Halbzeit 2 auf den Ausgleich drängte, die Viktoria etwas tiefer stand und müder wurde, erinnerte mich das Spiel (leider) eher an die Momente, als wir unter Lettieri aufgrund eines Rückstands zur Initiative gezwungen wurden: Viel Improvisation, wenig gruppentaktische Synergien und wenig zwingend beim Attackieren des Strafraums. Hier hätte ich mir etwas mehr Lieberknechtsche Disziplin und Strukturvorgaben gewünscht (die ich bis jetzt noch nicht vermisst habe) oder zumindest gruppentaktische Elemente wie Positionsrochaden, Tiefenläufe oder steil-klatsch-Spielzüge, die es in den ersten Dotchev-Spielen auch zu sehen gab. Es wirkt im Moment leider alles etwas unschärfer und freestyliger. Die Leine ist für meinen Geschmack zu lang.
Dotchev hat natürlich recht, wenn er sagt, dass die Tore zu leicht gefallen sind und eigentlich auch zu verteidigen gewesen wären. Genauso muss man sagen, dass wir trotz der Zugriffs-Probleme beim Anlaufen auch nicht sooo viele Torchancen der Kölner zugelassen haben (wie oft musste Weinkauf eingreifen?). Aber wenn man zwei Tore aufgrund von Konzentrationsmängel schlucken muss, kann das nur gut gehen, wenn nach vorne etwas mehr passiert. Es fehlte leider in beiden Richtungen ein bisschen. Gegen den Ball Zugriff/Kompaktheit, mit Ball Sicherheit und ein kohärenter, klarer Plan. In meinen Augen müssen sowohl Mannschaft als auch Trainerteam kritisch mit dem heutigen Spiel umgehen und Dienstag eine Schippe drauf legen. Die Tendenz geht in die falsche Richtung und es bilden sich bei mir erste Sorgenfalten. Leider...