Willkommen beim Tuntenballett....
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine Nacht drüber geschlafen, nachdem man gestern nach der Sportschau kurz davorstand Fernseher, Fenster und anderes zu zerschlagen. Mehrere Gründe trieben einem nach Spiel und Spielbericht die Zornesröte ins Gesicht. Leistung der Mannschaft, Aussagen des Trainers, Kommentare der Sportjournalisten; wenig Zeit bleibt einem da zu entscheiden, auf was man zuerst reagieren soll.
Während man gestern im Stadion glaubte, daß der MSV sich mit dem Platzverweis Hankes eine komfortable Ausgangsposition für die restlichen 85 Minuten geschaffen hat, musste man sich kurz nach dem Abpfiff noch seine Mitschuld durch Rudi Bommer aufbürden lassen, derweil die Kommentatoren bemüht waren die Leistung des MSV in der ersten Halbzeit als den schlechtesten Auftritt einer Bundesligamannschaft in dieser Saison zu kennzeichnen. Dass bei all diesen Komponenten der nächtliche Diskotheken-Besuch mehr oder minder einem Spießrutenlauf glich, vielleicht sollte man das mal Rudi Bommer erklären, und ihn gleichzeitig mitverantwortlich machen für den erhöhten Alkoholkonsum der letzten Wochen.
Kommen wir zum Spiel:
Einzelkritik kann man sich ersparen, es ist auch der Mühe nicht wert. Die Defensive war einmal richtig unsortiert, wurde aber auch selten gefordert. Sogar Tom Starke spielte den ein oder anderen Abschlag direkt in die Füße des Mitspielers, einzig und allein die Finte des angetäuschten Abstosses kann er sich ersparen, das interessierte nämlich niemanden und brachte auch keinerlei Vorteil. Filipescu und Avalos bewiesen zwar im Gleichschritt ihre Unterdurchschnittlichkeit, wobei nur dem einen spielentscheidende Fehler unterliefen, während der andere das machte, was er am besten konnte: Seinen Gegenspieler bis aufs Messer zu provozieren, eine Fähigkeit die letztes Jahr schon Sportskamerad Alpay erfahren durfte. Der Spielaufbau beider war mehr als dürftig, wobei die Hintermannschaft die eine oder andere Situation sogar spielerisch auflöste, höchstwahrscheinlich der zwangsläufig defensiven Grundordnung der Hannoveraner geschuldet, die sich nach dem Platzverweis in die eigene Hälfte zurückzogen. Willi und Caceres legten beide ein ordentliches Spiel hin, kämpferisch beiden nichts vorzuwerfen, war es wenigstens noch Tobias Willi, der die Außenbahn für sich entdeckte.
Das Mittelfeld arbeitete zu wenig, vor allem in der ersten Hälfte, als die Räume so eng waren, daß den Kameraden auf dem Platz gar nichts mehr einfiel. Der hochgelobte Maicon, auf den es in dieser Phase als quirligen, spielstarken Spieler angekommen wäre, der also enge Räume besetzen, sich durchsetzen und den Ball weiterleiten kann, verblasste in Harmlosigkeit, während Grlic und Tararache kaum etwas einfiel. Einzig und allein hohe Bälle in die Spitze waren irgendwann das bevorzugt gewählte Mittel, ziemlich humorlos und vom Gegner einfach zu spielen. Georgiev war der geplante Totalausfall, gerade im Zusammenspiel mit Caceres weit von den anfänglichen Auftritten entfernt, schaffte auch er es nicht für Druck zu sorgen, ein Zustand, der sich mittlerweile wie ein roter Faden durch die Saison zieht.
Die zwei Stürmer verarmten in Harmlosigkeit, und waren anscheinend auch nicht befähigt Abseitsentscheidungen wenigstens eng zu gestalten. Schlechtes Timing ist aber auch das einzige, was man ihnen vorwerfen kann, der Rest ergab sich aus dem spielerischen Armutszeugnis der ersten Halbzeit.
Und alles änderte sich in der zweiten Halbzeit, und das war einem ganz simplen Umstand geschuldet: Sie fingen nämlich langsam an Fußball zu spielen. Oh nein, ich möchte hier nicht den Sturmlauf der Zebras feiern, nicht die Einsatzfreudigkeit von Daun und Mölders loben, und wieder vehement meinen Verein verteidigen, um dann letzten Endes wieder in diese WAS-HABEN-WIR-NICHT-EIN-PECH Litanei zu verfallen. Der MSV hat sich gestern den Punkt redlich verdient, da man in der ersten Halbzeit alles falsch gemacht hat, was man eben so falsch machen kann. Sie haben es erst in der zweiten Halbzeit geschafft Druck auszuüben, weil sie den Ball laufen ließen. Weil sie Stationen besetzten, Positionen doppelten und Laufwege spielten. Weil ein Ball drei Füße in kürzester Zeit verließ, und die Hannoveraner damit aufgrund ihrer Unterzahl arge Probleme bekamen. Und die Initialzündung für dieses Verhalten lag wohl in den Tatsachen begründet, daß die Mannschaft sich zum einen in der Kabine relativ deutliche Worte antun musste, zum anderen, daß sie sich in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit endlich Respekt verschaffte. Bis dato hatte es der MSV nämlich geschafft 105 Bundesliga-Minuten ohne Torschuß auszukommen, und das, bei aller Liebe, ist erbärmlich.
So kann ich also jetzt den Willen der Mannschaft loben, und mich für die erste Halbzeit schämen, kann sagen, daß alle drei Auswechslungen richtig waren und Lamey endlich wieder alte Stärken bewies, Daun das erwartete Kampfschwein war und Mölders der Mann für die Zukunft. Kann ich alles sagen, hab ich ja jetzt auch. Aber jetzt kommen wir zum Sportschau-Bericht und einigen legitimen Fragen, die man danach hat.
Ich habe Rudi Bommer während der ersten Halbzeit beobachtet, bei der Langsamkeit des Spiels seiner Mannschaft blieb dafür schließlich Zeit. Die einzige, kontinuierliche Geste, die ich von ihm sah, war das Beruhigen der Spieler, Hände gen Boden, fordernd, daß sie in die Breite spielen müssen. Man kann hier nur spekulieren, aber was hatte Rudi Bommer da eigentlich vor? Wollte er, daß seine Mannschaft sich auf dem Platz Sicherheit holt, dass sie nicht blind in ihr Verderben rennt, sich Konter einfängt, und in Rückstand gerät? Wollte er darauf hinweisen, daß ein Spiel gegen 10 Mann auch immer ein Geduldsspiel ist, bei dem man warten muss, bis der Gegner müde und unkonzentriert wird? Anscheinend. Und es ging komplett nach hinten los. Anstatt dieser Mannschaft zu verordnen sich in erster Linie Respekt über Gefährlichkeit zu holen, also ein oder zwei Bälle abzufeuern, die vielleicht noch nicht einmal gefährlich gewesen wären, aber nichtsdestotrotz ein Lebenszeichen bedeutet hätten, gab er von der Bank aus den Schlafwagen-Fußball vor, der letzten Endes auch jedem Zuschauer präsentiert wurde. Anstatt dafür zu sorgen, daß die Mannschaft sich in des Gegners Hälfte einnistet, zwar immer noch mangelhaft im Spielaufbau und ohne Idee, dafür aber wenigstens potentiell gefährlich, da anwesend, schielte er tatenlos auf den Platz, als die Hannoveraner es schafften mit 10 Mann Druck auszuüben. Das, bei aller Zuneigung, geht nicht, allein der Tatsache begründet, daß man einen Mann mehr auf dem Platz hat. Der MSV hat sich gestern das 0:1 nicht gefangen, weil sie in einen Konter gelaufen sind oder ähnliches, sie wurden in ihre eigene Hälfte gedrängt und vorgeführt. Das 0:1 war nicht überraschend. Gegen 10 Mann, gegen eine Mannschaft, die eine beschissene Rückrunde spielt. Danke.
Und damit kommen wir auch direkt zu der getätigten Aussage nach dem Spiel und diesmal herzlich willkommen im Tuntenballett: Folgenden Satz gilt es auf seine Stichhaltigkeit zu überprüfen. Der Aussage Rudi Bommers, daß es schwer ist für seine Mannschaft in den Spielfluß zu kommen, da die Zuschauer ziemlich böse Menschen sind, die nach Vorverurteilung streben. Und da spielt man dann auch einfach gedanklich nicht mehr mit, weil es in seiner ganzen Aussage so grenzenlos inkompetent ist. Denn: Nachzuvollziehen ist, daß diese Mannschaft gerade zuhause unter enormen Druck steht. Nicht nur, daß sie in der Vergangenheit dort kaum mal ein passables Spiel abgeliefert hat, zwangsläufig muss sie im Abstiegskampf auch gerade dort ihre Spiele gewinnen. Fakt ist auch, daß das Publikum unruhig wird, die Meisterschaft neigt sich dem Ende zu, und es sieht nicht danach aus, als würde der MSV die Klasse noch halten können. Fakt ist, daß die Zuschauer pfeifen, sich beschweren und, für ihre Verhältnisse sehr leise, den Kopf des Trainers fordern. Fakt ist auch, daß das eine Mannschaft verunsichern kann, aber, und das ist der Punkt: Eine Mannschaft darf sich schlichtweg davon nicht beeinflussen lassen. Die Mechanismen des Fußballs und des Verhältnisses Mannschaft / Fans sind bekannt, und gerade in Duisburg können einige Ehemalige ein Lied davon singen, was passiert, wenn man die erforderte Leistung nicht bringt. Freunde, Freunde, das was jetzt stattfindet ist noch Kindergeburtstag, und zu alten Wedau-Stadion Zeiten gab es noch einen sehr amüsanten Block links auf der Haupttribüne, der noch ganz andere Sachen nach so einem Spiel angezettelt hätte. Aber bleiben wir bei Rudi Bommer. Der es nicht schafft seinem Team den Ernst der Lage klarzumachen, der es nicht schafft, daß sein Team die ersten paar Minuten wie eine geschlossene Einheit nach vorne marschiert, und der es nicht schafft, dieser Mannschaft Spielverständnis beizubringen. Die Verunsicherung auf das Fehlverhalten der Fans zurückzuführen ist ein Armutszeugnis, da es den Umstand beweist, daß Rudi Bommer anscheinend sehr wenig Einfluss auf sein Team hat. Denn sollte es nicht gerade seine Aufgabe sein die Mannschaft mental auf ein Abstiegsendspiel vorzubereiten, ihr die Ruhe und Sicherheit zu geben, die sie braucht, um den Ball präzise und zielgerichtet nach vorne zu spielen? Es sei angemerkt, dass dieses ach so kritische Publikum, auf dass sich mittlerweile die ganze Vereinsführung eingeschossen hat, innerhalb von weniger Minuten wieder vollkommen präsent war, ein Umstand, der auch nicht erst seit gestern bekannt ist. Warum also nicht für Entlastung sorgen, Angriffe starten, und die Meute hinter sich holen? Das Publikum reagiert, es agiert nicht. Das ist die zwangsläufige Rolle eines Zuschauers, und es kann nur dann agieren, wenn Spieler sich davon beeinflussen lassen. Und daher ist es schlichtweg dumm die erste Halbzeit Angsthasenfußball zu spielen, da die Spirale sich dann in die nicht gewünschte Richtung bewegt. Keiner forderte für die erste Halbzeit kollektiven Selbstmord durch blindes Angerenne. Es wurde schlichtweg gefordert, daß dem Spiel anzusehen ist, daß die Mannschaft gewillt ist zu gewinnen, und befähigt den Gegner unter Druck zu setzen. Punkt. Das sind fundamentale Tugenden des normalen Fußballs, sei es in der ersten Liga, sei es bei den Kickern von Hobby Hamborn.
Und dass dieser Fußball nicht gespielt wird, liegt beileibe nicht an den Fans. Während Tiffert schon vor kurzer Zeit in einem Interview anmerken ließ, daß ihm Laufwege und taktische Ordnung vollends unbekannt sind, lässt auch das allwöchentliche Auftreten, übrigens auch in der Fremde, nicht darauf schließen, daß der Job des Trainers richtig ausgeführt wird. Diese Mannschaft hat ihre spielerische Ordnung verloren, und selbst, wenn dies dem Umstand der Verunsicherung, produziert durch was auch immer, zu verdanken ist, so ist es beileibe nicht die Aufgabe des Zuschauers diese wieder einzuführen. Und wenn wir hier schon von Unruhe sprechen wollen, so seien doch nur mal die Stichworte Ailton, Mokhtari, Lavric, Presseboykott, nur ein paar Idioten, Roque Junior und Daun in den Raum geworfen, um einen leisen Hinweis darauf zu geben, daß ein Großteil der nicht gerade mannschaftsdienlichen Unruhe schlichtweg hausgemacht ist. Fernab davon, daß ich von einem Profi, der weiß, wie schnell sich das Blatt wenden kann, erwarten darf, daß er dieses auch wenden will. Die Regeln dieses Geschäftes sind allen klar, nur anscheinend Bommer und Hellmich nicht, an deren sektenhaftem Verhalten ich mich immer weniger beteiligen will.
Fakt ist: Das Spiel heisst 3 aus 4. Das Restprogramm spricht für niemanden. Eigentlich können wir es auch gleich auswürfeln, um uns die letzten 9 Auftritte zu ersparen. Sollte der MSV am 34.Spieltag die Klasse halten, werde ich mich weigern an irgendwelchen Feierlichkeiten Teil zu nehmen. Ich werde mich umdrehen, nach Hause gehen, und einen großen Strich unter diese Saison machen. Was ein inkompetenter Haufen....
Gruß aus Essen
Micha