Für mich ist der diesjährige Audi-Cup allein schon wegen Liverpool mit dem deutschen Trainer Jürgen Klopp interessant. Als Sky-Boykotteur hat man sonst kaum eine Möglichkeit, diese Mannschaft länger als für ein paar Einspielschnipsel zu sehen zu kriegen. Und sie lässt bekanntlich nicht nur dem Toten-Hosen-Frontmann Campino hierzulande die Düse immer noch etwas schneller gehen, gehört Liverpool doch zu den grossen englischen Traditionsvereinen. Was der immer noch jugendlich und unkonventionell wirkende Mann aus der deutschen Provinz aus dieser lange sich nur dahingeschleppt habenden Traditionstruppe innerhalb von wenigen Jahren gemacht hat, beeindruckt im Live-Modus jedoch umso mehr.
Und lustig kann Kloppo auch immer noch, besonders, wenn die Kameras laufen. Wie er nach dem Spiel seine mit 0 zu 3, eigentlich 0 zu 4, gegen den deutschen Rekordmeister mühelos siegreich gewesene Truppe ins Gebet nahm, als sei das noch eher ein flügellahmer Auftritt seiner Spieler gewesen, da konnte man sich das breite Grinsen nicht verkneifen. Was soll es also, mit der Fundamentalkritik am Kommerz? Klar ist das alles hoch kommerziell, aber die Umkehrung der eigentlich gewünschten Sponsorenergebnis macht aus dem Ding für mich ganz klar einen Event, der es allein wegen der erwiesenen Systemunterschiede durchaus verdient hat, seinen eigenen Thread zu kriegen.
Den Vorhalt, gegen die Bayern zu sein sei neuerdings zu flach, verstehe ich in diesem Zusammenhang immer weniger. Kritik an der selbstherrlichen Art der Bayern-Kommunikation bedeutet für mich gegenwärtig nichts anderes als direkte Kritik an den ausufernden Verhältnisses der Kommerzialisierung im Fussball. Das ist allgemeingültig und wirkt direkt auf uns als Anhängerschaft eines vergleichsweise unterklassigen Vereins, der nichts desto trotz auch schon dem perfiden Versuch, ihn zu einer "Marke" respektive einem "Brand" umzustrukturieren, unterzogen wurde, und dabei fast draufging. Die Art, wie bei Bayern Wunsch und Wirklichkeit immer mehr auseinanderklaffen, man aber dennoch wacker so tut, als befinde sich der FCB längst jenseits der Kritikfähigkeit, ist sportpolitisch somit hoch brisant. Deswegen ist jeder Versuch, diese Verhältnisse blosszustellen, für mich sehr ehrenhaft, und ich kann die Intention der Person, welche diesen Thread hier ins Leben gerufen hat, nicht nur verstehen, sondern unterstütze das sogar ausdrücklich.
Im Zusammenhang mit deren Chinatournee, die spielerisch ebenfalls schon ein Offenbarungseid gewesen ist, geht es hier darum, wie man trotz unansehnlichstem Klüngelfussball einfach immer reicher wird, und sich in den Köpfen der Zuseher breit macht, wie nie zuvor. Und all dies angesichts dessen, dass die Macher offenkundig nicht mal mehr in der Lage sind, eine international konkurrenzfähige Truppe auf die Beine zu stellen. Hier ergibt sich die schlichte Frage, wem dieser hochgezüchtete Kommerz dient, und deshalb muss das aktuelle Totalversagen der Bayern während der gesammten Vorbereitung sogar historisch eingeordnet werden. Ob man die an sich mag oder nicht, dürfte da fast schon eine Nebensache geworden sein.
Entscheidend ist, wie Rummenigge und Co. das Ding Jahr für Jahr wacker auf Augenhöhe mit Barca, Madrid etc. hieven, und ausgesprochen krasse eigene Fehlentscheidungen später, wie es auch Grossbanken und Automobilhersteller gern machen, vergesellschaften. Der Augenblick wird kommen, da darf man sicher sein, spätestens, nach dem Ancelotti mit fetter Abfindung geschasst wurde, oder vielleicht "aus gesundheitlichen Gründen", mit noch fetterem "Handgeld" abgefunden, zurücktritt. Der Augenblick, in dem sich Hoeness und Rummenigge breit vor den deutschen Zuschauern aufbauen werden, um wieder mehr eingespeistes Geld einzufordern. Es wird nicht mehr vom persönlichen Versagen viel zu reicher alter Männer die Rede sein, sondern von der Notwendigkeit, mit der englischen Liga irgendwie Schritt zu halten. Was in der rein praktischen Ausführung bedeuten wird: höhere Eintrittspreise, noch mehr Aufspaltung und Anpassung an die Sendemodalitäten, die das Kommerzfernsehen vorgibt, etc.