Arsenal hat für mich schlicht versagt. Nichts gegen tiefstehende Defensive als Antwort auf die Münchner Dominanz, und wie das so gut wie total körperlos im Basketballstil machen, ist sicher eine Herausforderung und Ansage auch an Klassemannschaften. Aber das, was bei tatsächlicher Entschlossenheit natürlich nie passieren dürfte, ist ein solch vermeidbares Tor zu dem frühen Zeitpunkt.
Der Heber von Thiago war Sonderklasse, dito der super getimte Kopfball von Lewandowski. Aber die Art, wie einfach keiner von der Gunners-Abwehr überhaupt auf Lewandowski achtet, der einfach etwas vorrückt, wie Thiago mit dem Ball heranspaziert, als wäre es ein Benefizspiel zum Betriebsjubiläum von Arsene Wenger, das sah für mich von den Engländern her fast schon zweitligareif aus.
Ich glaube, was man derzeit sicher von den Bayern sagen kann ist, dass Flexibilität und Variantenreichtum sich zum vermutlichen Ausklang der Äera Flügelzange mit Ribery und Robben nochmal so entscheidend gesteigert haben, dass man die beiden (Ex-)Superstars, die eigentlich das Salz in der Suppe des Belagerungsfussballs, den einst van Gaal dort angesiedelt hat, sein sollten, auf einmal gar nicht mehr richtig vermisst. Deswegen finde ich den Vergleich zu Heynckes auch ein bisschen unpassend. Guardiola hat wirklich, in dieser Saison wird es erstmals mit Nachdruck verdeutlicht, einen neuen Stil im Sinn gehabt, und zuguterletzt auch implementiert. Damit steht er für mich ab jetzt eher in der Tradition eines van Gaal, während Heynckes mehr ein Vollender dessen, was grundsätzlich auf van Gaal zurückgeht, gewesen ist. Was seine Leistung überhaupt kein bisschen schmälert.
Mittlerweile glaube ich denen aber sogar, dass der Knackpunkt von ihrer Seite aus nicht ist, dass Guardiola tatsächlich die CL gewinnt. Was die wollen ist, ganz vorn sein unter den Mannschaften, die den Fussball von morgen schon heute spielen, und Guardiola soll diese Vision für sie umsetzen. Vielleicht wird erst sein Nachfolger dem die Krone aufsetzen, vielleicht auch nicht. Ich glaube, da haben sich seit Hoeness unfreiwilligem Abgang aus dem Kreis der Mächtigen bei Bayern die Gewichte verschoben. Guardiola selbst wird alles womöglich etwas anders sehen, im internationalen Trainerranking kann sich so einer kaum hintanstellen wollen, er hat aber einfach weniger CL-Pötte im Schrank als etwa Mourinho. Für den wird dies wohl das eigentlich Ausschlaggebende sein.
Allerdings kann man kaum bestreiten, dass er die Bayern in die Richtung davon gebracht hat, dass sie es schon mit ihm wieder schaffen können. Was mich für sie (oder Guardiola) zur Zeit einnimmt ist, dass er das tatsächlich zu einem nicht geringen Teil durch Leute geschafft hat, die eigentlich nicht direkt im Fokus derjenigen stehen konnten, die im Sinn hatten, eine Weltklassemannschaft zu formen. Natürlich gibt es Weltklasse bei den Bayern, angefangen bei Müller über Lewandowski, bis zu Boateng und Neuer.
Aber schon Lahm ist ein bereits zurückgetretener Weltmeister, trotz seines Habitus ein Fussballopa. Das gleiche gilt für Alonso, von dem man eigentlich annehmen konnte, er ist eher hier, weil seine Frau München so mag. Coman und selbst Costa sind längst keine Weltstars, wie sie sich andere reihenweise auf solchen Schlüsselpositionen holen. Ob Ribery überhaupt nochmal zurückkommt, keine Ahnung, den egozentrischen Robben vermisste gestern wohl zunächst niemand. Vidal habe ich bis dato mehr als typischen Italienlegionär empfunden, der zwar echte Weltklasse hat, aber doch eher bequem langsam, und damit altmodisch, ausgerichtet ist. Martinez, Alaba und Thiago sind nach endlos erscheinender Rekonvaleszenz erst mühselig wieder herangeführt worden.
Vielleicht ist das, was die als Ensemble derzeit so grandios und wie völlig aus einem Guss zustande kriegen, gerade darauf beruhend, dass die Mischung zwischen Indianern und wirklichen Häuptlingen gut gewählt wurde, sprich Unterstützer und Vollender mit Killerinstinkt sich nahtlos und uneigennützig ergänzen. Das ist dann zweifellos eine Originalleistung Guardiolas, und damit schon weit mehr als eine so gut wie zwangsläufige Folge der finanziellen Voraussetzungen. Unspannend ist es deswegen noch lange nicht: was diese tolle neue Mischung aus hohen, langen, halbhohen, mittlellangen, kurzen direkten Zuspielen, diese Positionswechsel, die so schnell ablaufen wie bei Hallensportarten, diese ständige Bereitschaft, einen völlig überraschend freizuspielen, alles taugt, wird man erst bei richtig guten Gegnern wissen, Arsenal war hier ebenso eine Enttäuschung wie kurz zuvor Wolfsburg.
Ob Guardiola diesmal die Spannung hochhalten kann, wenn es richtig ernst wird? Der Beweis steht aus.