Ich denk, mit seinem Ausschluss von fetten Transfers nutzt Rangnick, wie so oft, einen bestimmten Trend, der sich halt in diesem Fall durch die Diskussionen um Neymar etc. ergeben hat, zur öffentlichen Selbstdarstellung einer angeblichen RB-Philosophie. Und erweckt diesmal den Eindruck, man habe sich, wie andere wichtige Teilnehmer auch, fundiert Gedanken dazu aus Sorge um die Zukunft des Fussballs gemacht. Jetzt kann man die natürlich wieder medial abfeiern, denn sie stellen sich getreu zu denen, die gerade zur Vernunft mahnen, etwa an die Seite von Uli Hoeness, dem alten Fahrensmann (der es, anders als Rangnick, in dem Fall sogar ehrlich meinen könnte, schätze ich!).
In Wahrheit handelt es sich natürlich bei RB um reines Product-Placement, wie immer, wenn RBL die Moralkeule schwingt, oder durch gnädig ignorante Helfershelfer schwingen lässt. Es geht darum, im Rahmen der Corporate Identity einem bestimmten Image weiterzuhelfen.
Ist nicht anders, wie diese aufgesetzten Fair-Play-Diskussionen, während zugleich ein Poulsen, ein Werner etc. das Cheaten leider nochmal mehr salonfähig machten. Zusammen mit willfährigen Reportern und einer fähigen Einzelleistung des Spielers ist es aktuell bestens gelungen, dass jetzt alle super viel Mitleid mit Timo Werner haben, weil ihm die bösen ungerechten Fans angeblich seine eine Schwalbe da nicht verzeihen. Damit wurde die Fanszene erfolgreich gespalten, alle zerreissen sich jetzt wegen dem ungerecht behandelten Jungen, etc. - während Rangnick sich ins Fäustchen lachen kann. Auf Jahre hinaus sind alle Anstrengungen, das Schwalbenschinden endlich zu ächten, obsolet geworden. Was dem RB-Tempofussball natürlich extrem zugutekommt, ist, dass kein Gegner sich mehr richtig traut, dazwischenzugrätschen.
So war es bei der Fankultur-Diskussion, wo man die eigenen Fans irgendwo durchlatschen lässt, obwohl man genau weiss, dass das Stress gibt, um den Gegnern anschliessend mit Bildern weinender Kinder einen reinzudrücken. RBL, respektive Boss Rangnick, ist ja auf diese Art ziemlich geschickt auch ganz schnell der Mastermind, was gutzuheissende Fankultur angeht, geworden, wie wir wissen. Passiert jetzt was, ruft man den Ralle direkt an, als findiger Reporter, um ein Gegenbeispiel gegen das Wüten sogenannter Traditionsvereinsfans zu haben.
In Wahrheit passen fette Transfers bei denen einfach sowieso nicht ins Konzept. Also ist es total leicht für Rangnick, sich anhand der aktuellen Diskussionslage mal wieder als Professor für Nachhaltigkeit, Durchblick und Zukunft zu gerieren. Die Wahrheit wäre wohl, dass sowieso kein Fünfzigmillionenmann mit viel Berufserfahrung bei denen anheuert. Denn in dieser Preisklasse willst du natürlich etwas mitbestimmen, und nicht einfach nur das Konzept verwirklichen, was dir einer auf dem Reissbrett entworfen hat. Die Schwierigkeiten, die Leute wie Ribery, Vidal etc. zuweilen bei den Bayern mit Konzepttrainern hatten, sprechen da Bände.
Die noch Teureren sind wohl ausser Reichweite. Respektive geht es hier darum, dass ein Typ wie Lewandowski, Aubameyang etc. seine eigene Vermarktungsfirma mitbringt. Was sich kaum noch damit vereinbaren lässt, dass es beim Produkt RB Fussball eben permanent um das Brand RB gehen muss, nicht statt dessen zuerst und zuletzt um die Marke Aubameyang oderLewandowski. Die Gegebenheit, dass diese Markenphilosophie alles durchzieht, macht es auch wahrscheinlicher, dass man auf junge Spieler setzt, die formbar und hungrig sind.
Und den Vorbildern entsprechen, die man für die Zielgruppe der RB-Konsumenten benötigt. Die sind cool und erfolgshungrig, jedenfalls bilden sie sich das ein, und dies hat kaum etwas mit dem herrlich Verschwitzt-Anarchisch-Erdigen der durchschnittlichen bisherigen deutschen Fussballfankultur zu tun. Um deren Degradierung zur rein dekorativen Trachtengruppe es Rangnick etc. ja mitentscheidend geht. SIe sollen Teil eines merkantil optimal verwendungsfähigen Gesamtkunstwerkes sein. Dabei stören eigenwillige Stars und Selbstdarsteller eigentlich nur, auch und besonders auf dem Fussballplatz. Jedenfalls, wenn sie nicht in hohem Masse Imagetransfer einbringen, wie Timo Werner, der neue Lieblingsschwiegersohn der deutschen Fanszene.
Und man sieht ja an der aktuellen Diskusssion um Timo Werner, wie nützlich es für die Präeformierung der ganzen Szene ist, wenn du mit dem Mitleidsfaktor arbeiten kannst, den ein solches Milchgesicht auslöst.
Deswegen lächeln die immer, haben immer gut sitzende Haare, finden es im Interview immer Klasse, dass sie dieses Abenteuer erleben dürfen, etc. Solche Sprüche hat ein Fünfzig-Millionen-Mann, der sein Geld wert ist, kaum je noch nötig. Wer nicht glauben will, dass es im Endeffekt nur darum geht, soll sich mal dem Gedankenspiel hier hingeben: wie es wäre, wäre Vidal deutscher Nationalspieler, und dort so ausgepfiffen worden: hätte das Millionen Fanseelen augenblicklich weichgekocht? Wohl kaum!