Frauen-Nationalteam erneut Weltmeister
Die neue Heldin des deutschen Fußballs
Von Daniel Meuren
Auf der Ehrenrunde durfte Nadine Angerer den Weltmeister-Pokal tragen. Ein deutlicheres Zeichen ist wohl nicht möglich, dass sich eine ganze Mannschaft über ihre Heldin auf dem Weg zum neuerlichen Titelgewinn bei der Frauenfußball-WM einig war.
Angerer reckte den Pokal also stolz in die Höhe, den sie mehr als jede andere Spielerin in den vorangegangenen 90 Minuten beim 2:0-Finalsieg gegen Brasilien erkämpft hatte. Hinter ihr rannten singende und kreischende Spielerinnen her, die an Angerer zerrten, bis diese dann doch irgendwann mal entkräftet den Pokal weitergab. "Die waren einfach zu viele", sagte die 28 Jahre alte Schlussfrau später. "Aber heute Nacht hole ich mir den zurück und nehme ihn mit ins Bett."
Verdient hat sich Angerer diese Ehre mit einer herausragenden Weltmeisterschaft. Als Ersatz für die vor der WM neun Monate lang verletzte Silke Rottenberg ins Tor gekommen, avancierte die Torhüterin von Turbine Potsdam ab dem Viertelfnale gegen Nordkorea zur deutschen Heldin.
Martas Schuss vorausgeahnt
Im Finale setzte sie ihren herausragenden Auftritten nun noch die Krone auf. Angerer warf sich schon in der ersten Halbzeit mehrfach mutig in Schüsse der Brasilianerinnen und bewahrte ihre Team vor allem in der Drangphase zwischen der 20. und 40. Minute vor dem Rückstand. Ihr ganz großer Moment kam dann aber in Minute 64. Zwölf Minuten nach der 1:0-Führung durch Birgit Prinz pfiff Schiedsrichterin Tammy Ogston aus Australien einen Elfmeter für die Brasilianerinnen.
"Als der Pfiff ertönte, habe ich mich sofort entschieden, in die rechte Ecke zu springen", sagte Angerer. Das war das Ergebnis meiner Überlegungen vor dem Spiel für den Fall der Fälle: Marta hatte gegen Australien in die andere Ecke geschossen und ich rechnete damit, dass sie nun wechselt." Marta tat wie von Angerer gedanklich empfohlen. Deutschland blieb folglich wie schon im gesamten vorherigen Tunierverlauf ohne Gegentor.
540 Minuten ohne Gegentor
Das gab es noch nie bei einer WM, weder bei den Männern noch den Frauen. Angerer ist deshalb Weltrekordlerin. 540 Minuten ohne Gegentor in einem WM-Turnier hat bislang weder ein Torhüter noch eine Schlussfrau geschafft. Angerer wird deshalb in den kommenden Tagen in Talkkshows und Sportsendungen die Rolle als Deutschlands Vorzeigefußballerin einnehmen, die vor vier Jahren Nia Künzer nach ihrem Golden Goal beim Titelgewinn in den USA innehatte.
"Das ist mir jetzt aber wirklich völlig egal", sagt Angerer. "Das einzig Wichtige ist der Sieg der Mannschaft." Da hat Angerer natürlich recht. Denn für die andere Seite der sensationellen Bilanz von 21:0 Toren brauchte Angerer dann ja doch noch die Mithilfe ihrer Kolleginnen im Feld. Birgit Prinz schoss sich dabei im Finale mit ihrem 14. Tor bei einer Weltmeisterschaft auf das Niveau des deutschen Männer-Rekordlers Gerd Müller, Simone Laudehr sorgte mit dem 2:0 für die Entscheidung. "Das ist Wahnsinn. Jetzt bin ich mit erst 21 Jahren Weltmeisterin. Ich bin irrsinnig stolz, in so einer tollen Mannschaft zu stehen.", sagte Laudehr und lief sinngend zu ihren Mitspielerinnen, die am wartenden Mannschaftsbus eine Gesangseinlage nach der anderen einlegten.
Trommeln bleiben still
Die Brasilianerinnen, die nach einer grandiosen Offensivleistung nur aufgrund von Angerers Weltklasseleistung als höchst unglücklicher Verlierer aus dem WM-Finale hervorgingen, schlichen unterdessen recht traurig von dannen. Bittererweise mussten sie die Nacht nach der Niederlage im selben Hotel wie die deutsche Mannschaft verbringen. Ihre Sambainstrumente, mit denen sie sich vor dem Spiel auf dem Weg aus dem Mannschaftsbus in die Kabine Mut antrommelten, bleiben auf dem Rückweg vermutlich still.
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