Slomka's Hannover hat zu seinen erfolgreichsten Zeiten vor allem durch blitzschnelles Umschaltspiel und daraus resultierende erfolgreiche Konter brilliert. Eine Spielanlage die, wie ChristianMoosbr schon schrieb, durchaus parallelen zu Borussia Dortmund aufweist. Den entscheidenden Unterschied machen dann die Gesamtqualität des Kaders und der Status des Clubs aus. Hannover war lange der Underdog, der sich auf schnelles Umschalten und Kontern beschränken konnte. Die meisten Gegner wollten das Spiel machen, was dem Slomkaschen Spielsystem sehr entgegen kam. Irgendwann nutzt sich ein solches Konzept leider ab und man muss eine Art Plan B entwerfen, anstelle von Kontern auch mit 60% Ballbesitz gefährlich werden können. Da ist zum einen der Trainer gefragt, klar, aber zu einem großen Teil hängt das einfach an der Qualität des Kaders. Wo Borussia Dortmund auf in den jeweiligen Spielzeiten überragend spielende Nuri Sahin und später Ilkay Gündogan vertrauen konnte, um gegen tief stehende Gegner Chancen zu kreieren hatte Hannover weiterhin den konterbasierten Ansatz, der freie Räume und die Abschlussqualitäten von Diouf und co benötigt um zu funktionieren. Dortmund kann dieses umschalten und kontern selbstverständlich auch weiterhin, mit Reus, Kuba und Lewandowski sogar noch deutlich besser als Hannover, hat aber dank hervorragender Spieler in der Zentrale auch die Möglichkeit, selbst das Spiel zu gestalten.
Slomkas Problem war in meinen Augen, dass er mit Hannover überraschend zu viel erreicht hat. Die Gegner haben sich zu spät auf sein System eingestellt bzw. wussten es nicht effektiv zu verteidigen, so dass es zu lange keine Notwendigkeit gab, die Ausrichtung vom kontern auf eine etwas dominantere Position umzustellen. In der EL wurde das recht schnell offensichtlich, dort hat aber auch Gladbach schnell lernen müssen, wie die harte Realität außerhalb der Bundesliga aussieht. Dortmunds CL Saison nach der Meisterschaft ist ein weiteres Beispiel dafür, allerdings mit dem Unterschied dass Dortmund mit der Qualität des Kaders die Möglichkeit hatte und weiterhin hat, auch einem tief stehenden Gegner das Spiel aufzwingen zu können. Da ist ein Trainer ab einem gewissen Punkt einfach Opfer seiner Spieler. Spieler die in den heutigen Systemen mit Doppelsechs von dort aus das Spiel auf hohem Niveau gestalten können, ohne massive defensive Mängel aufzuweisen sind selten. Andrea Pirlo kann das Spiel aus der Tiefe gestalten wie kein zweiter, Juve spielt aber aus gutem Grund mit drei IV und drei fleißigen ZM um Pirlo herum, um ihm diese Freiheite zu ermöglichen. Spieler wie Gündogan, Sahin, Xabi Alonso brauchen keine Absicherung in diesem Maße.
An dem Punkt ist Slomka sein Erfolg zum Verhängnis geworden, man hat erwartet, dass er die Ergebnisse der "Underdogzeit" wiederholen und sogar übertreffen kann. Trotz Rekordetat mit diesem Kader kaum möglich. Natürlich kann der Kader mehr als in der letzten Zeit auf dem Platz gezeigt wurde, aber eben nicht genug, um die gestiegene Erwartungshaltung zu befriedigen.
Die Situation ist uns ja aus dem bommerschen Bundesligajahr nicht grundsätzlich unbekannt. Auswärts sah die damalige Mannschaft häufig ziemlich gut aus, tief und defensiv gut stehend, mit gefährlichen Spitzen wie Kouemaha (wenn fit) und später Niculescu bestückt. Da wurden viele überraschende Punkte und Siege (München, Hamburg, Bremen) eingefahren. Die andere Seite waren dann Heimspiele gegen Cottbus, Karlsruhe und co, wo man trotz überlegenen Ballbesitztes nicht in der Lage war, brauchbare Chancen zu kreieren. Das liegt am Ende immer am Trainer, weil gute Vertreter ihrer Zunft auch ohne überragenden Spielmacher Wege finden, eine Defensive zu knacken oder eben dafür sorgen, dass dem kreativen Kopf der Mannschaft die Räume ermöglicht werden, um das Spiel zu gestalten. Ohne das entsprechende Potenzial in der Mannschaft wird es aber schwierig, für jeden Trainer.
Kommen da noch schwache Perioden oder Verletzungsprobleme im Sturm hinzu ist der Ofen schnell aus. Lass Barca mal 2-3 Monate ohne Messi (ist ja aktuell schon schwer genug) und Xavi spielen, da wirds gegen gute Gegner schon knifflig. Auch die ÜbermegasuperBayern sind anfällig, wenn man ihre Defensive ausreichend beschäftigt. Das ging aber schon Peps Barca so, nur dass die einen Messi hatten, der zu viele unmögliche Tore gemacht hat, als dass ich sie noch zählen könnte.
Mir tut's für Mirko Slomka irgendwo leid, denn ich mochte seinen Fußball in den erfolgreichen Zeiten sehr. Schnörkellos, zielgerichtet und erfolgreich. Aber schlussendlich hat er es leider nicht geschafft, seine Spielweise an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Unser Andre Hoffmann

tut mir dabei übrigens kaum leid, denn was ich von ihm bisher in der Bundesliga gesehen habe lässt mich glauben, dass er es unter jedem Trainer schaffen wird. Der Junge kann ein wirklich guter Erstliga-Sechser werden, erst recht, wenn er einen kreativen Nebenmann hat, für den er die "Drecksarbeit" erledigen kann. Bei aller Trauer über seinen Abgang, Hoffmann ist einer, auf den man als Duisburger stolz sein kann. Komplett beim MSV ausgebildet und nach wenigen Monaten als Neuzugang mitten in der Saison etablierter Bundesligaspieler. Ich hoffe, der nächste Hannoveraner Trainer erkennt sein Potenzial und sorgt dafür, dass Hoffi es noch weiter entfalten kann.