Letzte Schicht auf Walsum

Fragen wir einfach ganz emotionslos, welche Projekte in Dortmund betrieben werden. Da hätten wir die Deutsche Arbeitsschutzausstellung (DASA), die PHOENIX Halle, die Kokerei Hansa und das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern. Es wird also eine Menge für die Route der Industriekultur auch in Dortmund getan.



Das hört sich ein wenig so an, als ob man seine Vergangenheit ausradieren möchte. Zur Identität gehört Vergangenheit, die Wurzeln dazu. Niemand sollte diese verleugnen müssen/wollen? Ich denke, dass ist der falsche Weg. Man sollte auch mit Stolz und Respekt auf Kohle und Stahl blicken und die derzeitig stillgelegten als auch noch produzierenden Anlagen für den Tourismus nutzen. Dies ist auch eine Chance für das Revier. Wer Chancen nicht erkennt, verspielt ganz schnell die Zukunft und hier schließt sich für mich und dem Herrn Kulturdezernenten der Kreis....

Zu (1): Richtig. Nur, neue Projekte soll es nicht mehr geben. Phönix-West wird kein "Landschaftspark", das Dortmunder "U" kein Brauereimuseum, und die Uni braucht keine neuen Forschungsvorhaben zur Dortmunder Industriegeschichte anzuleiern, jedenfalls ist die Stadt hier nicht an Kooperationen und finanzieller usw. Förderung interessiert. Kann man nachvollziehen.

Zu (2): alles richtig. Die guten Eigenschaften unserer Altvorderen müssen wir bewahren, aber unsere auf das Heute und das Morgen gerichtete Identität muss dennoch eine andere sein. Deswegen kann man (und tut es übrigens) ja trotzdem mit der Route Industriekultur viele Touristen anlocken - auch und gerade weil die Denkmäler häufig ganz neu genutzt werden ... Aber vom Tourismus werden wir ja nicht leben wollen, und deshalb werden wir andere werden.
 
Ich bin neulich noch an der ehemaligen Zeche in Walsum vorbeigekommen, als der MSV ein Blitzturnier anläßlich des 100jährigen Bestehens von Walsum 09 hatte. Ein wenig Geschichte zum Bergbau in Walsum. So ein endgültiges Aus ist immer schade.
Walsum
Vor 70 Jahren erste Walsumer Kohle

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Duisburg Nord, 24.07.2009, Gerhard Klinkhardt, 1 Kommentar
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Vor rund einem Jahr war Schluss auf Walsum. Damit war der Schlussstrich unter das Werk von August Thyssen gezogen, das seinen Anfang vor 105 Jahren hatte und 70 Jahre später endlich „zu Potte” kam, wie man im Kohlenpott zu sagen pflegt....
weiter:http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/duisburg/nord/2009/7/24/news-127016311/detail.html
 
Mein Vater war dort von 1979 bis 2005 beschäftigt ,nun ist er an einer anderen Zeche.

Er hatte Glück das er aufsteigen konnte und von unten weg kam.

Immer wieder erzählte er mir ,wie familär und doch rau ,wie herzlich und doch stressig es war. Man wurde nach Metern (Im Streckenvortrieb) bezahlt ,8 Stunden Maloche waren fast umsonst wenn es dann alles wieder einstürzte,dann kam es au mal vor das man zusammen heulte. Andererseits half man sich immer ,auch privat ,wenn es nach der Nachtschicht mit alle Mann weiter zum Hausbau ging.

Pausen waren auch mal drin ,allerdings war es normal das man schonmal Kakerlaken vom Brot schubsen musste und Ratten sah ,die dort unten riesige Ausmaße annahmen.
Bis heute ist er auf Ordnung und Gründlichkeit bedacht, er hat es so eingeprügelt bekommen ( ;) ) ,da man wenn man einmal unten war ,nicht mal eben wiederhochfahren konnte.
Hast irgendwas vergessen ?! ..Pech!


Die Jungs haben meinen höchsten Respekt :huhu:
 
Zuletzt bearbeitet:
@Menthi, was Du erzählst ist im Kern das Geheimnis, der Leute hier, die die Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes zusammengeschweißt hat, egal ob am Hochofen oder unter Tage. Diesen Wesenzug sollte sich die Region bewahren. Der Zusammenhalt der Kumpels ist schon sagenhaft. Zur Beerdigung meines Vaters im Januar komen welche, die ihn Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatten aber sich in die Pflicht nahmen ihm das letzt Geleit zu geben und das 22 Jahre nach seiner Pensionierung.
 
Ich muss sagen das bei uns am Hochofen der Zusammenhalt ,verdammt gut ist. Aber nicht mehr so wie er einmal gewesen sein muss. Das sagen alle Älteren dort. Die Arbeit bleibt ,aber es werden immer weniger Leute, die sie ausführen. Der Stress / Druck erhört sich.Jeder schaut jetzt eher ,das er selbst klarkommt.
 
Man kann nur hoffen, das für das Ruhrgebeit Ewig wirklich Ewig bedeutet. (Wobei das garnicht möglich sein wird):



http://www.spiegel.de/wirtschaft/un...kohle-bergwerke-spitzt-sich-zu-a-1246860.html

Im Ruhrgebiet gehen die Überlegungen nun ja auch dahin den Grubenwasserstand auf 300m anzuheben um die kosten der Grubenwasserförderung zu reduzieren. Das Gute daran ist: selbst die zuständigen Ingenieure HOFFEN das alles ohne Nebenwirkungen auf unser Grundwasser bleibt. Gebau sagen kann es aber keiner.
Wer mit Bekannten von unter Tage mal gesprochen hat, vor allem der älteren Generation, der weiß was dort unten alleinig den Stollen schlummert. Ölwechsel (schön mit PFT versetzt) a là „lass mal laufen“ waren da an der Tagesordnung und bei weitem nicht das schlimmste...

Deshalb stehen an jeder Grubenwasserförderstelle Riesige Filter um möglichst alle Giftstoffe zu entfernen. Das ungefilterte Grubenwasser in Kamp Lintfort riecht zum Beispiel nach Benzol das einem schlecht wird.

Das sind Ewigkeitskosten welche auf Dauer niemals durch die RAG Stiftung gestemmt werden können. 230 Mio € im Jahr meine ich.

Im WDR gab es da letztes Jahr einen wirklich starken Quarks & Co Bericht der äußerst sachlich die Sache beleuchtet hat.
 
Das ungefilterte Grubenwasser in Kamp Lintfort riecht zum Beispiel nach Benzol das einem schlecht wird.

Ich meine in dem Bericht wurde erklärt das das Benzol von der Kokerei stammt, die dort mit auf dem Gelände stand.
Aber schon erschreckend, das dort ewig gepumpt werden muß, damit von außen Wasser zuläuft, und blos nicht Wasser das Geländer verläßt.
 
Deshalb stehen an jeder Grubenwasserförderstelle Riesige Filter um möglichst alle Giftstoffe zu entfernen. Das ungefilterte Grubenwasser in Kamp Lintfort riecht zum Beispiel nach Benzol das einem schlecht wird.
Das sind Ewigkeitskosten welche auf Dauer niemals durch die RAG Stiftung gestemmt werden können. 230 Mio € im Jahr meine ich.
Die RAG übernimmt ja ohnehin nicht alle durch die Kohleförderung entstehenden Kosten. Frag mal nach bei den Leuten, deren Eigenheime durch Bergsenkung Schäden genommen haben. Bei der Beseitigung der Schäden wird nur ein Teil übernommen, den Rest zahlt der Hausbesitzer selbst. Vom Wertverlust der Immobilie im gefährdeten Gebiet ganz zu schweigen.
Auch bei den Anliegerkosten für defekte Kanäle etc. übernehmen die RAG oder vergleichbare Stellen (z.B. beim Salzbergbau) nur einen (Bruch-)Teil.
 
Als ehemals aktiver Walsumer unter Tage Bergmann ist es schon ergreifend wenn man wieder auf Walsum
über Tage an den beiden Schächten steht.
Die alte Anschlägerbude steht noch an der Rasenhängebank, Schacht Franz, und dort waren wir im Einsatz
an den Wochenenden für Langteiltransporte.
Einmal wurde ich dort von der 4: Sohle hoch, im Schleifkorb schwerverletzt zur Sanibude an der Rasenhängebank gebracht.
Der Schacht 2. — Wilhelm wurde eingekürzt und eingehaust.
Dort wird das Grubenwasser heute gehoben auf Ewig.
Das alte selbstgemachte Bild aus der Schachthauerbude — Walsum Kohle mit den Zeichnungen der beiden Schächte — wurde zum Glück gerettet und ziert jetzt den Butteraum
Für die Kollegen die zurecht in Sorge sind, kann ich sagen, das Grubenwasser wird ständig überwacht und analysiert bzw. kontrolliert.
Rheinalarm brauchte noch nicht einmal ausgerufen werden, die Auflagen sind extrem streng was auch Richtig ist.
Die Überwachung der gesamten unter Tage und über Tage Daten findet in Herne auf Pluto statt in der neuen RAG Leitwarte und kann auch besucht werden von der Öffentlichkeit
Beim Abriss der über Tage Anlagen damals, wurde direkt im Bereich vom Wagenumlauf am Schacht eine Weltkriegsbombe gefunden
Da schaudert es einen noch immer, da hat es ständig betrieblich durch den Schachtbetrieb gerumst und zum Glück ist nichts passiert.
 
Ich muß hier mal das ein oder andere richtigstellen. Hier werden Sachen geschrieben die jeglicher Grundlage entbehren.



Das ungefilterte Grubenwasser in Kamp Lintfort riecht zum Beispiel nach Benzol das einem schlecht wird.

In Lintfort wird gar kein Grubenwasser gehoben. Dieses wird in Walsum hochgepumpt. Hier riecht vermutlich das Grundwasser nach Benzol was aber an einem ehemaligen Kokereistandort normal ist.

Ölwechsel (schön mit PFT versetzt) a là „lass mal laufen“ waren da an der Tagesordnung und bei weitem nicht das schlimmste...

Du meinst PCB. Dieses Öl war hauptsächlich in Trafos und Kupplungen eingesetzt. Auch genannt "Blauer Engel". Hatte mit den Ölwechseln die Du meinst nicht viel zu tun.
Ich möchte Dir aber eines sagen: In den letzten 30 Jahren wurde extrem viel für Umweltschutz getan und da können sich viele Unternehmen ein Beispiel dran nehmen.
In der Zeit davor, die ich übrigens auch noch erlebt habe, wurden sicher Fehler begangen aber auch aus Unwissenheit. Als man in den 1980er Jahren von der Gefahr die von einem krebserregenden Öl ausging erfahren hatte wurde dieses sofort aus der Grube entfernt.


Das sind Ewigkeitskosten welche auf Dauer niemals durch die RAG Stiftung gestemmt werden können. 230 Mio € im Jahr meine ich.

220 Mio! Gerade am Samstag von der Landesregierung veröffentlicht das ausreichend Gelder vorhanden sind um die Kosten auf einen langen Zeitraum zu deckeln. Es gab eine Anfrage der Grünen.
 
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