Das Leser-Interview
Rudi Bommer: "Der Zuschauerzuspruch macht mir Mut"
Duisburg (RPO). Der MSV Duisburg hat die Talfahrt mit dem 2:1 in Cottbus am vergangenen Freitag beendet und endlich wieder einen Sieg eingefahren. Genugtuung auch für Trainer Rudi Bommer, der nun wieder ruhiger arbeiten kann. In einem Leser-Interview beantwortet der 50-Jährige zehn Fragen unserer Leser.
Christian Sander, Duisburg: Der MSV ist gerade in Angriff und Mittelfeld qualitativ besser aufgestellt als in der letzten Erstligasaison. Wie kommt es, dass trotzdem so wenig Torgefahr entwickelt wird und so selten gefährliche Flanken vors gegnerische Tor geschlagen werden? Und was wird unternommen, um das Spiel im Mittelfeld schneller und effektiver zu machen?
Bommer: Als Aufsteiger ist es normal, dass wir nur drei, vier richtig gute Torchancen in einem Spiel bekommen. Es geht darum, diese eiskalt zu nutzen. Aus unseren gefährlichen Situationen haben wir bisher noch zu wenige Tore erzielt.
Björn Bremeyer (30), Moers: Ich habe zwei Fragen: 1. Spielt Mokthari in ihren Überlegung wieder so eine zentrale Rolle wie in der letzten Saison? 2. Wieso hat man nie über Ze Antonio als Verstärkung nachgedacht?
Bommer: Er hat zwei gute Saisons in Gladbach gespielt und wäre für uns eine Verstärkung! Mokhtari erholt sich langsam von seiner Rücken-Operation. Die Reha ist abgeschlossen, seit ein paar Tagen ist er wieder im Mannschaftstraining. Er wird sich Schritt für Schritt wieder an das Team ranarbeiten, allerdings dürfen wir nichts überstürzen. Wenn „Moki“ fit ist, wird er natürlich auch wieder eine wichtige Rolle im Team spielen, aber wir dürfen nach solch einem Eingriff nicht sofort und überhastet Wunderdinge erwarten. Ze Antonio ist tatsächlich ein interessanter Spieler. Allerdings steht er bei Borussia noch unter Vertrag und darf daher, auch wenn er dort aus dem Profikader suspendiert wurde, momentan nicht zu uns wechseln. Und natürlich kann der MSV auch nicht jede Ablösesumme bezahlen.
Markus J. Räuber (39), Duisburg: Sie scheinen einen kooperativen Führungsstil zu pflegen. Inwieweit haben die Spieler Mitspracherecht, z.B. bei der taktischen Aufstellung?
Bommer: Taktische Entscheidungen sind allein Sache des Trainers. Wenn ein Spieler unzufrieden ist oder ein Problem hat, kann er jederzeit mit mir darüber sprechen. Doch die abschließenden Entscheidungen fälle ich.
Georg Hasenbach (63), Krefeld: Wie gelingt es einem Trainer, sich klar und eindeutig verständlich zu machen bei so viel unterschiedlichen Sprachen? Und wie reden die Spieler untereinander? Ist Deutsch Vorschrift?
Bommer: Fußball wird immer internationaler. Zu meiner aktiven Zeit gab es höchstens zwei, drei Ausländer in einer Mannschaft. Mittlerweile ist es anders. Auch in unserem Team spielen viele ausländische Profis, die sich aber alle untereinander verständigen können. Entweder versteht der eine deutsch und kann dem anderen übersetzen, oder wiederum spricht einer spanisch, englisch oder kroatisch und kann wieder einem anderen helfen. Das geht auch für mich erstaunlicherweise einfach. Zudem bieten wir von Vereinsseite auch noch einen Sprachunterricht an.
Jörn Theis (35), Duisburg: Wie denken Sie ist ein Verein wie der MSV in der Zukunft überlebensfähig und konkurrenzfäig und kann sich dauerhaft in der ersten Liga behaupten?
Bommer: Gerade im Hinblick auf die finanzielle Potenz sind ja doch große Unterschiede in der Liga vorhanden. Der MSV hat sich Jahr für Jahr weiter entwickelt. Walter Hellmich hat da enormes geleistet. Die Arena ist erstklassig vermarktet, auch wenn jetzt der Deal mit RWE nicht zustande gekommen ist. Alle vier Tribünen und vier Ecken sind vermarktet, die Business-Seats fast immer ausverkauft, alle Logen sind vergeben. Durch diese Einnahmen zählt der MSV in der Bundesliga schon zum Mittelfeld. Dort müssen wir jetzt auch sportlich hin. In diesem Jahr zählt zunächst nur der Klassenerhalt, dann müssen wir versuchen uns Schritt für Schritt auch im sportlichen Bereich zu steigern. Das ist nicht einfach aber machbar. Mut macht mir vor allem der gestiegene Zuschauerzuspruch. Die Unterstützung war bisher gigantisch, vor allem nach der unglücklichen Niederlage gegen Bremen als uns 31.000 Fans mit Standing Ovations trotzdem verabschiedet haben. Das war klasse.
Dirk Wolff, 39, Duisburg: Welches Bild vom MSV hatten und haben Sie über die Jahre? Als kleiner Junge und Fan aus Aschaffenburg, als Aktiver, als Beobachter und nun als Trainer dieses Clubs?
Bommer: Für mich war der MSV früher immer eine graue Maus. Umso begeisterter bin ich, dass sich der Klub u.a. mit dem Bau der Arena zu einem glänzenden Zebra entwickelt hat. Es macht großen Spaß hier zu arbeiten. Die Bedingungen sind absolut bundesligareif und das Image ist in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Ich sehe auch weiterhin großes Potential um die Zebras in der Bundesliga auf Dauer zu etablieren.
Dieter Pioch (60), Ratingen: Warum wird nicht mit einer zentralen offensiven Variante hinter den Spitzen gespielt? Maicon ist ballsicher und in der Lage Aktionen durchzuführen,die nicht vorauszuahnen sind. Er könnte Ailton sicherlich in bessere Abschlusspositionen bringen. Unser Mannschaftsgefüge ist einfach noch nicht soweit, um so aggressiv wie in der 2. Bundesliga zu spielen. Das System mit einer Spitze wird in der Bundesliga bevorzugt und passt besser zu unserer Mannschaft.
Nadine (18), Köln: Mir brennt eigentlich nur eine Frage auf der Seele: Wie sieht es mit Andy Voss und Stefan Blank aus,
beziehungsweise wie verläuft bei den beiden die Reha? Da hört man ja eigentlich gar nichts drüber.
Bommer: Beide arbeiten täglich im Rehazentrum. Ich hoffe, dass sie irgendwann wieder zur Mannschaft stoßen. Wann es soweit ist, vermag ich aber nicht zu sagen.
Paul Geske (11), Dinslaken: Wer ist eigentlich der größte Spaßvogel in der Mannschaft?
Bommer: Ich glaube Mo Idrissou ist ein heißer Kandidat auf diesen Titel.
Jan Dickmans (36), Kiel: Wenn Sie hören und sehen, was aus ihrem Ex-Verein Uerdingen geworden ist, haben Sie dann nicht Angst um den Verein? Schließlich haben Sie bei Bayer Uerdingen Fußballgeschichte mitgeschrieben!
Bommer: Das ist wirklich schade. Ich hatte eine fantastische Zeit in Krefeld mit dem absoluten Höhepunkt im Europapokal 1986, als wir Dynamo Dresden nach 1:3-Rückstand noch 7:3 besiegten. Dieses Spiel werde ich nie vergessen. Da tut es schon weh, wenn man sieht, was nach dem Rückzug von Bayer aus dem Verein geworden ist.
Quelle: RP-Online, 24.10.2007
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