Auch ich bin einmal so frei und setze die Lizenzerteilung für die 3. Liga voraus. Ohne diese, wäre ein seriöser Blick auf eine Perspektive eh unmöglich, die einzige Devise die, möglichst schadlos aus dem totalen Chaos zu kommen...
Grundsätzliche Lage des MSV im Kontext Fußballgeschäft
Seit Beginn der 2000er Jahre hat sich der bereits vorher stattfindende Wandel im Profifußball rasant beschleunigt. In dieser Zeit wurde die Ligastruktur in der Form, wie wir sie lange kannten, neu austariert. Waldhof, Uerdingen, Saarbrücken, VfB Leipzig, Meppen... die Liste von Vereinen, die sich stabil im Profibereich aufgehalten haben und ab da abstürzten, ließe sich beliebig fortführen. Gleichzeitig macht sich der Eindruck in den letzten Jahren breit, dass die Permeabilität für Aufsteiger zunehmend abnimmt. Klammern wir einmal finanzunabhängige Vereine wie Hoffenheim, RasenBallsport, Ingolstadt aus, so mussten zuletzt viele Clubs erfahren, dass man eine Liga höher entweder gar nichts verloren hat, oder nur durch permanentes Handeln am Limit die Klasse halten kann (Sandhausen). Ein Fehltritt hier und man steht vor einem Scherbenhaufen (FSV Frankfurt; Beispiel für alle drei: SC Paderborn).
Kommen die neuen TV-Verträge, sehe ich die dramatische Möglichkeit, dass die ersten beiden Ligen (Liga 1 noch mehr als 2) zu einer Art geschlossenen Gesellschaft werden, die den ganzen Rahm abschöpft und den Fokus allein auf sich zieht. Der Fußball darunter wird dann entweder so eine Art autarkes Konstrukt, eine eigene Marke, oder wird zunehmend ins Abseits geraten.
Unser MSV war in dieser Zeit katastrophal schlecht beraten. Die Vorstände unter Sandrock und nachfolgend Hellmich haben es nicht verstanden Strukturen aufzubauen. Strukturen, die auf eine langfristige sportliche Entwicklung abzielen, und Strukturen, die im operativen Geschäft dynamisch und zukunftsorientiert sind. Das Resultat war bzw. ist immer noch, dass, abgesehen von kurzfristigen und teuerst erkauften Schmankerln für's Volk, der Trend nur eine Richtung kannte - abwärts. Somit stehen wir nun da, mit dem schändlichen Lizenzentzug als Höhepunkt, wo uns das Fußballgeschäft und die verpennte Ausrichtung des Vereins hin verordnet hat. Liga zwei, wenn es gut läuft, noch machbar. Liga drei lauert jedoch auf jeden Fehltritt.
Das Umfeld
Auch ohne Vereinsbrille kann man eigentlich nur festhalten, dass hier noch das Pfund liegt, mit dem der MSV wuchern kann. Seit einschließlich der Saison 99/00 läuft es insgesamt ziemlich schlecht. Eine wirkliche Identfikation mit dem Team ist kaum drin, da nach quasi jeder Saison der große Umbruch kommt. Die Vereinsführungen handeln unprofessionell bis fahrlässig. Sportliche Erfolge mit Nachhaltigkeit bleiben aus. Der Verein tanzt existentiell auf der Rasierklinge.
Nach mehr als eineinhalb Jahrzehnten Frust und Ärger halte ich die hiesige Steh-auf-Mentalität für tatsächlich einmalig. Lasst uns so bleiben wie wir sind, denn gerade in der derzeitigen Situation ist ein intaktes Umfeld ein maximaler Werbeeffekt für den Verein!
Dazu gehört allerdings auch, dass, neben einem kritischen Begleiten und sich Einbringen in die Vereinsbelange, man willens und in der Lage ist, die o.g. Position des MSV anzunehmen. Wir wurden nunmal in den letzten Jahren von vielen überholt, von denen wir es einst nie gedacht hätten. Sei es sportlich oder finanziell.
Der MSV und sein Nachwuchs
Ein Thema, das polarisiert. Auch ich bin davon überzeugt, dass eine nachhaltige Konzeption in diesem Bereich fehlt. Besser noch, in der o.g. Phase der Neuordnung im Fußball nicht mit ausreichender Vehemenz angegangen wurde. Tatsächlich stehen wir an einem Punkt, wo einem kleinen Verein die Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Ist ein Spieler überdurchschnittlich talentiert, so bleibt das bereits frühzeitig den großen Clubs nicht verborgen. Und zwar bundesweit! Dann werden für U17 Spieler teilweise schon Summen gezahlt, die manch Zweitligist nicht einmal für einen etabliert Spieler bieten kann.
Die Crux ist damit, dass jene Spieler, die ernsthaft eine Option für die zweite oder auch bloß gehobene dritte Liga sein würden, gar nicht bis zu diesem Zeitpunkt im Verein bleiben.
Wenn man sich mal anschaut, wie viele Mannschaften in den A-Jugend-Bundesligen spielen, wie viele Spieler folglich jeden Sommer in den Seniorenbereich wechseln müssen, und dann, wie viele dort auf gehobenem Niveau überhaupt ankommen - dann sieht man, wie schmal der Bereich ist, der wirklich als schwer genug hierfür gewogen wird. Womöglich verbaut sich manch Jugendlicher sogar seinen Weg durch einen zu frühen Wechsel. Doch auch hier sieht man: Bundesliga ist alles was zählt. Auch wenn man dann in Vergessenheit gerät und zum Mitläufer wird.
Dass das NLZ noch deutlich aufgewertet wird, ist beim MSV folglich nur wünschenswert, wenn man an eine langfristige Perspektive denkt. Das Problem: Mit der Pistole auf der Brust, was sage ich, an der Schläfe, treten zwangsläufig andere Aspekte in den Vordergrund.
Das NLZ muss jedoch in dieser Phase auf einem möglichst stabilen Niveau gehalten werden, alles andere würde hinten heraus einen noch gravierenderen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Lösungen hierfür sind also dringlichst gefragt!!!
Ebenfalls erscheint es mir gleichzeitig so, dass etwas mehr Mut auf eigene Spieler zu setzen angebracht wäre. Natürlich kann man nicht bei jedem seinen späteren Weg voraussehen. Doch es gab immer mal Spieler, die als Notnagel randurften, ihre Sache eigentlich (überraschend) gut machten, dann jedoch nie mehr gesehen waren. Es ist spekulativ, doch fände ich es spannend, was in solchen Fällen passieren würde, würde man diese Spieler einfach mal nachhaltiger einsetzen.
Der MSV und sein Scouting
Je mehr das eigene NLZ geplündert wird, sei es durch fremde oder eigene Taten, desto mehr muss das Scouting sitzen. Generell sind es nur wenige Vereine, die eine konstante und nenneswerte Zahl Spieler aus dem eigenen NLZ im Profibereich einbaut. Viel öfter sind es Spieler, die in der Endphase ihrer Jugendkarriere verpflichtet werden oder als bereits junge Herrenspieler extern angeworben werden. Hier sollte der MSV kritisch sich selbst hinterfragen, in welcher Form man sich effektiver aufstellen kann.
Wo sind zum Beispiel ehemalige Nachwuchskicker, die gutes Niveau haben oder sich erworben haben, die jedoch bei einem der Großen hinten rüber gefallen sind?
Wichtig hierfür ist jedoch umso mehr, dass man eine durchgehende Philosophie davon hat, wie Fußball in Duisburg aussehen soll. Welche Spieler brauchen wir für das, was wir umsetzen möchten? Ich habe oft schon das Gefühl gehabt, dass bei Verpflichtungen viel auf relative individuelle Klasse geschaut wurde, dafür aber zu wenig auf 'wie verwenden wir diese adäquat'. Soll heißen: Weder dürfen Trainer ihre Spieler in ein System pressen, mit dem diese nicht konform gehen können. Noch darf blindlings in die Breite investiert werden, wenn diese Spieler nicht in den eigenen Rahmen passen.
Hier besteht aus meiner Sicht großer Handlungsbedarf, auch hier sind Lösungen gefragt.
Der MSV und sein handelndes Personal
Nach dem Abstieg direkt den Hammer zu schwingen erscheint verlockend, muss jedoch keine gute Lösung sein. Unerlässlich ist jedoch, dass kritisch hinterfragt wird, ob die eigene Marschrichtung stimmt und vor allem auch, ob die Möglichkeiten wie man mit den o.g. Problemen umgeht auch in gewünschter Form angegangen werden. Ist dies nicht der Fall, so muss man konsequent handeln.
Wichtig ist auch, dass die Vereinslage und -perspektive gut moderiert wird, um alle Beteiligten an Bord zu halten, auch hier besteht aus meiner Sicht noch Luft nach oben.
Es fällt auf, dass quasi alle Vereine, die sich stabilisiert haben, ein eindeutiges Handlungsschema haben. Das brauchen wir dringend auch beim MSV!
Fazit
Der MSV braucht nun zweierlei. Weiterhin den Rückhalt im Umfeld. Zudem einen planungstechnischen Kraftakt, um auch - nein, gerade! - in so einer schwierigen Phase des Vereins eine Zukunftsorientierung in allen Belangen herzustellen. Eine gute Zukunft kann nur dann gelingen, wenn man Nachhaltigkeiten etabliert. Vor Jahren hat uns der Mangel daran die 1. Liga gekostet bzw. die deutsche Top 25 gekostet. Versäumt man nun wieder solches, dann wird es uns auch die 2. Liga und eine Zukunft des MSV in seiner jetzigen Form kosten.
Lösungen per se biete ich an dieser Stelle zunächst nicht an, werde jedoch im Bereich 'kreativer Lösungen', sprich kostengünstig, mal nachdenken. Da ich aber nicht durch Bürotüren gucken und horchen kann, vermeide ich lieber altkluge Floskeln, die real nicht umsetzbar sind.