@Meidemicher Opa
Gab mal eine sehenswerte Reportage darüber, wie Hoffenheim in die erste Liga gebeamt wurde, das hatte nicht viel mit Fussballromanze ala Köln Südstadt zu tun. Dort das liebe ich, genau wie wahrscheinlich jeder Fussballbegeisterte, ist ne ganz andere Kiste als der aufgedunsene FC, ist eben wie "alternativer" Strassenkarneval vs "etablierter" Sitzungskarneval. Zeigt auf, dass auch das Leben als Underdog für die Fanseele sehr befriedigend sein kann. Und ist für mich eine "richtige", sprich realitätsbezogene, Interpretation des Themas Traditionsverein.
In Hoffenheim mag Opa Hoppenstedt noch so viel für die Jugend und so getan haben, als er sich dann aufmachte, im Profibereich nach ganz oben durchzustossen, ging es darum, das SAP-Gewinner-Gen zu reaktivieren und der Welt zu beweisen, dass man den Fussball genauso businesslike durchorganisieren kann, wie alles andere. Möglich werden diese Konstrukte mit nur geringer örtlicher Verhaftung allerdings nur durch die Dominanz der Fernseh- und Werbegelder. Die es etwa in England längst auch möglich machen, dass die Vereine ihre angestammte Anhängerschaft de facto (sprich über Eintrittspreise) aus den Stadien rausschmeissen können. Diese grossen Stadien sind nur noch eine Hyper-Kunstkulisse für zahlungskräftige Eventies und die Regisseure der übertragenden Sender.
Ich finde, man muss den Traditionsverein anders definieren, neu definieren, mit dem unbedingten Stolz auf die eigene Region verknüpfen, und von der absolut alles aufsaugenden Vorgabe Gewinn entkoppeln. So ein neoliberaler Prophet des Bösen wie Rangnick will den Menschen gern einreden, dass Traditionsverein sein unflexibel sein bedeutet, das ist natürlich dreist gelogen. Fakt ist: Rangnick und Co. sind Gipfelstürmer, aber sie hängen halt immer nur an einem einzigen Seil. Traditionsverein, das ist immer noch Bergwandern, die Welt geniessen, auf der Hütte einen durchziehen, Lieder singen, eine fest verbundene Seilschaft bilden, statt ein eitler Solist zu sein. Man muss sich von diesem unbedingten Erfolgsdruck aber komplett frei machen.
Ich amüsiere mich jede Woche köstlich über die ganzen fett im Geld schwimmenden Fische: Bayern, Dortmund, Dosendödels Klonkrieger. Bei uns ist bei uns, bei denen, das ist beklopptes Actionkino. Kann ja trotzdem mal Spass machen, solange man nicht in den Wahn gerät, selbst Bruce Willis sein zu müssen. So rum muss die Chose laufen, niemals anders rum. Lautern hat den Anspruch, ein Traditionsverein zu sein, an die Renomeehechler von der Politik und an anonyme Investorenkartelle verkauft. Sich das zurück zu erobern, das geht nicht mit einem dazu noch arroganten Fanbriefchen, das wird nur unter grossen Schmerzen und entlang einer endlosen Strecke möglich sein. Siehe unsere verdammten letzten zehn oder noch mehr Jahre! Geschafft haben wir es aber auch noch lange nicht, deshalb Vorsicht mit guten Ratschlägen!