Was sollen diese Dauer- Rückpässe bewirken?
1. Ballbesitzsicherung
2. Auflösen des Gegnerdrucks
3. Einleiten einer Spielverlagerung
4. Locken des Gegners (rückt raus, verschiebt)
5. Risikominimierung
6. Verhindern eines möglichen Konters bei Ballverlust (der bei einem riskanten Vertikalpass sehr wahrscheinlich ist).
ich möchte damit nicht jeden Rückpass rechtfertigen. Spieler treffen sicherlich auch mal falsche Entscheidungen. Aber pauschal alle Rückpässe zu veruteilen ist auch falsch.
Die Taktik von Türkgücü war doch früh offensichtlich. Umschaltmomente. Entweder haben sie unseren Aufbau gejagt oder sie standen kompakt als Block und haben gewartet bis wir rein spielen, um dann zuzupacken.
Gerade in diesen Blockmomenten muss man als Spieler gut überlegen, ob man den Vertikalpass riskiert. Man spielt in eine klare Unterzahl rein. Ein Ballverlust ist sehr wahrscheinlich. Und dann muss man aufwendig gegenpressen oder bekommt im schlimmsten Fall einen Konter.
Diese Blockmomente sind auch deswegen so gefährlich weil der Gegner sehr statisch erscheint. Diese Sicherheit ist aber trügerisch.
Die Statik hat zwei Effekte: 1. Der Gegner ist ausgeruht, kann die Aggressivität und Intensität ursplötzlich explosiv steigern. 2. Durch die fehlende Bewegung im Block bekommt man schwer Dynamik in den eigenen Angriff. Es ist immer leichter gegen einen aktiven Gegner zu kombinieren weil dessen Bewegung ständig neue Passwinkel und Verbindungen öffnet. Zudem öffnet ein aktiver Gegner Räume in seinem Rücken. Wenn der Gegner eher passiv im Block steht, ist hinter dem Gegenspieler kein Raum, sondern der nächste Gegenspieler.
Ich habe mir das Gegentor nochmal angeschaut. Skurrilerweise ist es aus unserem Anlaufen gefallen, also genau das Gegenteil von oben beschriebenen Blockverteidigen. Ein Aspekt in unserem Spiel, den ich mir trotzdem vor dem Spiel gewünscht habe, weil es unsere Stärke in den besten Spielen unter Dotchev war und Dotchev diese Aktivität auch immer wieder einfordert, um Dominanz und Torgefahr zu erzeugen (wenn man denn Zugriff im Anlaufen bekommt). Abgesehen vom Gegentor haben wir uns in dieser Hinsicht auch gesteigert. Ich hoffe das Gegentor lässt die Verantwortlichen und die Mannschaft nicht wieder zweifeln.
Für mich sieht Feltscher relativ unglücklich aus. Er rückt nicht auf den Gegenspieler raus (und hindert ihm am Aufdrehen und Traumpassspielen), sondern lässt sich in die letzte Linie fallen. Das ist natürlich insofern etwas verständlich, weil Türkgücü die letzte Linie mit drei Spielern besetzt. Aber der Rest der Kette war komplett. Wenn Feltscher sich nach der reinen Kettentheorie richtig verhält und eine "Banane" mit Velkov bildet, passiert gar nix. Für mich kann so ein Fehler in der 85. Minute, aber immer mal wieder passieren. Die Mannschaft ist es im Moment nicht gewohnt hoch anzulaufen und hat in dem Spiel vieles "freestyle" in relativ großen Räumen verteidigt. Feltscher ist mir da mehrfach positiv aufgefallen, weil er innen ausgeholfen hat. Dieses Mal hat er aber für mich die falsche Entscheidung getroffen weil er auf den Longline-Ball spekulierte, die Tiefe sichern wollte und den Laufweg des inneren Gegenspielers aufgenommen hat.