Die Geschichte mit den Fitnessproblemen geistert ja schon länger als Grund der Misere durch die Fanszene und wird jetzt gerade von Schubert nochmal neu angeheizt.
Ich glaube nach wie vor nicht daran, weil der menschliche Körper auf Profiniveau nahezu ausgereizt ist. Das Thema Belastungssteuerung ist ja genau deswegen im Moment im Profifussball so oft Thema, weil mehr Training nicht automatisch besser ist, sondern gerade die Regenerationsphasen eine immer größere Bedeutung einnehmen. Natürlich kann es da zwischen verschiedenen Mannschaften vielleicht ein, zwei Prozentpunkte Unterschiede geben. Die entscheiden aber nicht ob eine Mannschaft über mehrere Wochen hinweg gewinnt oder verliert.
Zudem hat Grlic ja den Fitnesstrainer ausgetauscht. Macht der Neue es wieder genauso schlecht wie sein Vorgänger und schlechter alle anderen 19 Fitnesstrainer der 3.Liga?
Für mich gibt es zwei Gründe für die offensichtliche Müdigkeit und Zugriffslosigkeit.
1. Teamchemie und Zusammenhalt: Wenn die stimmt, machst jeder Spieler die entscheidenen Schritte, die weh tun, lieber als wenn deine "Kameraden" eigentlich keine sind. Hinzu kommt noch die Causa Stoppel, der Kapitän ist, in Krisensituationen aber nicht beim Laufen Vorbild ist, sondern dann eher damit glänzt, es alleine erzwingen zu wollen und zudem auch keine Konkurrenz im Kader hat. Jeder Trainer steckt in dem Dilemma, dass er die Qualitäten von Stoppel gerne nutzen möchte, aber befürchten muss, dass er der Mannschaft zeitweise mehr schadet als hilft. Dort die richtige Balance zu finden, ist sauschwer, zumal Stoppel ja - zu Recht - auch eine gewisse Lobby im Verein hat. Ich würde mich freuen, wenn man Stoppel die Kapitänsbinde nimmt, aber sein Status als (zukünftige) Duisburger Legende nicht gefährdet.
2. Taktik: Dafür möchte ich etwas weiter ausholen. Fangen wir mit Mathematik an. Wir spielen elf gegen elf. Wenn wir hoch pressen wollen, spielt unser Torhüter keine Rolle, der des Gegners aber schon, also ein Spieler Unterzahl. In letzter Linie wollen wir zum Ab- und Durchsichern auch einen Spieler mehr haben. Im (zentralen) Mittelfeld spielen wir meist Mann gegen Mann, dass heisst man ist vorne beim Draufgehen numerisch mit zwei Spielern in Unterzahl (wenn der Gegner seinen Torhüter gut einbindet). Und dazu kommt noch: Die Räume sind viel größer als im Angriffsdrittel, der Zugriff deswegen um einiges schwerer.
Ich hoffe damit wird deutlich wie schwer es ist, hoch anzulaufen. Das hat nicht nur was mit Fitness zu tun, sondern vor allem mit den richtigen Abläufen. Fit sein alleine reicht nicht. Vor allem nicht auf dem Niveau, wo der Gegner sich aus solchen Situationen spielerisch (oder mit einem langen Ball) befreien kann.
Die berechtigte Frage ist jetzt natürlich wie man trotzdem erfolgreich hoch anlaufen kann? Durch Lenken und Deckungsschattennutzung. Meistens wird zu einer Seite gelenkt und die andere Seite "abgeschnitten", also die ballfernen Spieler frei gelassen. Man kann auch in die Mitte lenken und die Außen des Gegners "abschneiden". Die Gefahr dabei ist aber immer, dass sowas relativ schnell entschlüsselt und Lösungen dagegen entwickelt werden können (der Gegner ist ja noch immer in klarer Überzahl). Ich denke, ein guter Drittligatrainer findet dagegen Lösungen in der Halbzeitpause, ein weniger guter Trainer durch einmaliges Scouting (was auf Drittliganiveau jeder Verein macht). Das heisst für die Praxis, dass du deine Abläufe eigentlich ständig anpassen musst. Und nicht durch Fitnesstraining, sondern Taktik.
Deswegen wählen viele Trainer auch die einfache Blockverteidigung, wo man knapp hinter der Mittellinie als Verbund alle gefährlichen Zonen kompakt besetzt und eher abwartet und nur verschiebt. So hat es Schubert auch gemacht. Dieses Blockverteidigen macht aber auch müde, gerade wenn du mit Ball nicht viel auf die Kette bekommst, viele Zweikämpfe führen musst und der Gegner dann zum Ende deine Box stetig überlädt.
Die Lösung für unsere Mannschaft liegt nicht in der Fitness, sondern im Trainieren konkreter Abläufe gegen den Ball und eines besseren Ballbesitz- und Positionsspiels, um auch in diesen Phasen dominanter aufzutreten und den Gegner müde zu spielen und nicht nur selbst dem Ball hinterherzulaufen (wurde gestern von Schmidt auch so gecoacht, womit ich wieder on-topic bin

)