Aber, steht ein Fussballspiel über einem Menschenleben?
Das ist aber sehr, sehr zugespitzt formuliert.
Genau!
Es ist ja nicht so, dass wir beides gegeneinander eintauschen können.
Die Rechnung "Spiel absagen oder Support einstellen und dafür das Menschenleben bekommen" gibt es einfach nicht.
Ich glaube sogar, dass der aufmunternde Applaus beim Abtransport von dem Menschen unbewusst wahrgenommen und ihm geholfen hat.
Danach konnten wir als Fans nicht mehr für ihn tun. So hart das auch klingt. Die Einstellung des Support (oder das Wiederaufkommen des Supports, je nach Sichtweise) in Halbzeit 2 hat dem Menschen weder geschadet noch geholfen.
Und deswegen finde ich es auch nicht richtig, das eine oder das andere zu verurteilen. Jeder muss für sich selbst entscheiden wie er die Situation verpackt und in welcher Stimmung er ist. Das die Ultras in solch einer Situation eine kollektive und keine individuelle Entscheidung treffen liegt in ihrem Naturell als Gruppierung.
Zum Spiel: Ich finde es gut, dass wir mittlerweile auch Lösungen gegen den Druck haben bzw. in den Druck reinspielen. Das war in der Hinrunde noch ganz anders. RWE war mit seinen engen 3-2-Aufbau und den kleinen Abständen zwischen den Spielern sehr schwer zu pressen. Die geringen Abstände sorgten für eine hohe Passsicherheit, gute Absicherung und potentielle günstige Gegenpressingstaffelung.
Der MSV verteidigte nur situativ vorwärts, legte viel Wert auf einen kompakten Block, ließ die Essener deswegen aber auch manchmal (zu) weit in seine Hälfte kommen. Viel weiter als die meisten Regionalligisten. Und daraus entstand dann auch die Druckphase gegen Ende der ersten Halbzeit, aus der das 1:1 resultierte. In der Strafraumverteidigung wirkte der MSV dann auch nicht mehr so überlegen wie in der Regionalliga. Damit muss man nächsten Saison einfach öfter rechnen, weil die Gegner schlicht besser Fußball spielen.
Im eigenen Ballbesitz und in den Kontermomenten hat mir gefallen, dass es vorne erkennbare Abläufe gibt, um Räume freizuziehen, sie dann dynamisch zu besetzen und linienbrechend zu bespielen. Allerdings war da manchmal das Problem, dass die Passdistanzen prinzipbedingt etwas länger und besser antizipierbar für den Gegner waren. Auch hier merkte man den Klassenunterschied des Gegners.
Die Wechsel fand ich im Nachhinein auch etwas unglücklich, aber das zeitige Austauschen war die ganze Saison Hirsch`s Masche um Einfluss von außen zu nehmen. Dieses Mal aber nicht ganz schlüssig für mich.
Symalla ist ja vollkommen von der Rolle, Dittgen hätte das selbst müde nicht schlechter gespielt. Bookjans war auch gut drauf und bei Fakhro merkt man halt immer wieder, dass er eigentlich ein überragender Oberligaspieler ist, aber mehr nicht. Ich glaube Hirsch wollte ihn auch zum Emotionalisierung von Fans und Mannschaft bringen, aber das ist eher so mittel aufgegangen.
Tugbenyo und Michelbrink haben sich so ein bisschen gegenseitig ausgebremst. Zu wenig Synergieen und beide von ihrem Skillset auch in ähnlichen Räumen und Spielsituationen einflussnehmend. Eigentlich hätte einer von beiden gereicht und dann dazu vorne ein Zehner, der flexibel auf den Flügeln rechts und links überlädt und unterstützt. Durch die Mitte ging ja sowieso nix. Und da hätte Bookjans schon gut gepasst.
Im Endeffekt hat man deswegen auf diesem Niveau in vielen Situationen die Limits des Kaders, der Spielanlage und der Wechselstrategie gemerkt. Wirklich Sorgen macht mir das nicht. Aber es wird nächste Saison halt auch nicht mehr so leicht wie in den letzten Wochen in der Regionalliga.
Es wurden paar falsche Entscheidungen getroffen ( Schuss auf Tribüne von Coskun beim Freistoß z.B.),
Das war doch keine Entscheidung, sondern ein technischer Mangel. Coskun fand ich auch ein bisschen drüber. Er ist stark über die Emotionen gekommen, was auch gut ist, aber auch er wird gemerkt haben, dass man mit Emotionen nicht immer Klassenunterschiede kompensieren kann. Diese Erfahrungen sind aber wichtig für die Entwicklung und deswegen auch nicht schlimm.