Ich bin wahrlich kein Pessimist, aber den Optimismus vieler hier kann ich einfach nicht verstehen. Mir kommt es so vor, als wenn man sich von Spieltag zu Spieltag an die immer weniger werdenden Funken Hoffnung klammert, aber diese paar verbleibenden Funken als loderndes Feuer darstellt.
Fakt ist aber doch: Wir haben gegen Paderborn eine sicherlich engagierte Mannschaft gesehen. Aber wir haben wieder einmal maximal 20 Minuten so gespielt, dass man glauben durfte, wir könnten dieses Spiel gewinnen. Die positive Bewertung dieses Spiels kommt doch einzig und allein von der spielerischen Magerkost zuvor zustanden. Genau dieses Phänomen hatten wir auch schon nach dem schmeichelhaften Erfolg gegen Dresden. Dieser hat die erhoffte Initialzündung nicht gebracht, und dann soll nun eine Niederlage mit einer maximal befriedigenden Leistung gegen einen Gegner, der - bei allem Respekt für Paderborn - einfach geschlagen werden muss. Der MSV kann doch nicht allen ernstes damit zufrieden sein, gegen diese Low-Budget-Truppe aus dem hässlichsten Stadion der Liga (und dem mit Abstand peinlichsten Fangesang: "Unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz", da pack ich mir doch vor Fremdscham an den Kopp im Stadion) zu verlieren. Selbiges gilt auch für Ingolstadt. Diesen Gegner muss man schlagen. Allein vom Anspruch her. Und genau wie Paderborn ist die Mannschaft auch nominell sicherlich nicht besser als die unsrige. Ich sehe andererseits aber keinen großartigen Grund zu glauben, dass wir Ingolstadt schon putzen werden.
Paderborn hat es mit einer mäßigen, aber sicherlich teilweise cleveren, Leistung geschafft, uns glücklich aber keinesfalls unverdient zu besiegen. Unverdient wäre der Sieg, hätten wir 20 Torschüsse gehabt, wären an Pfosten, Latte oder überragendem Keeper gescheitert. Aber so? Nein. Das war nichts. Und das hat natürlich auch ganz klar mit der Taktik zu tun. Wer sich das Spiel ernsthaft noch einmal anguckt, stellt fest, dass der optisch bessere Eindruck der Mannschaft durch ein wenig mehr Leidenschaft und durch eine bessere Aufstellung erwirkt wurde, keinesfalls aber irgendein taktischer Fortschritt zu erkennen ist. Klar, öfter mal ein flacher Ball und nicht nur Gepöhle. Gebracht hat es aber wenig, denn vorn stimmen die Laufwege überhaupt nicht. Die Bälle kommen fast immer auf den Fuß, aber nicht in den Mann. Da sieht ein Domo natürlich dann öfter blöd aus, weil er sich kaum sofort in die Position für einen Torschuss bringen kann. Das ist im 4-1-4-1 (oder 4-1-3-1-1 - auf jeden Fall das, was wir gespielt haben) generell auch gar nicht so schlimm, wenn denn dann die offensive Mittelfeldreihe dahinter die Torgefahr übernehmen würde. Die seh ich aber gar nicht, denn Wolze hat einen eher defensiven Ansatz, Gjasula ist seltsam gehemmt und verunsichert, Lazok noch nicht auf Liga-Niveau, und Pamic scheint mir auch eher "zentral" statt offensiv-außen zu denken. Damit fällt gleichermaßen der zentrale Vorteil des Systems weg, nämlich die Wucht in der Offensive. Der Stürmer kann da gar nichts großartig machen.
Ich zitiere dazu mal Urs Siegenthaler:
"Meine Erkenntnis aus den vergangenen Jahren ist: Ich will vier gelernte Stürmer auf dem Platz. Das heißt nicht, dass man ein System mit vier Spitzen spielt. Aber bei Ballbesitz brauche ich vier Spieler mit Drang zum Tor. Mindestens. Sonst kann man eine eingespielte Abwehr nur schwer knacken."
Ich denke, dass Sasic genau deshalb anfangs versucht hat, Domo auf den Halbpositionen zw. Sturm/Mittelfeld einzusetzen. Aber er verkennt natürlich, dass Domo einfach nicht der Spielertyp dafür ist. Der Junge ist einfach ein klassischer Strafraumstürmer, und muss genau wie Jula entsprechend eingesetzt werden. Pamic und Wolze haben den angesprochenen Offensivdrang sicher nicht, Lazok kann nicht und schon haben wir mit Gjasula und Domo nur noch zwei Leute, die offensiv denken. Dadurch geht dann der große Vorteil des 4-1-4-1 (bzw. unseres normalen 4-2-3-1) verloren, denn die gerade im Vergleich zum Paderborner 4-4-2 zumindest theoretisch bessere Raumaufteilung in der Offensive geht verloren. Die Überzahlsituation ist zwar präsent, wird aber nicht ausgespielt, was das Spiel unglaublich statisch macht. Die Passdreiecke entstehen zwar. Nur, wie gesagt, durch mangelnde Dynamik und spiel in den Fuß nutzt das nichts.
Und wenn es offensiv schon nicht klappt, dann kommt bei uns auch noch dazu, dass es defensiv teilweise genauso schlecht funktioniert. Das Verschieben klappt generell durchaus, nur schafft die Mittelfeldreihe bei uns zumeist nicht das notwendige Pressing, um den Druck von der Abwehrkette zu nehmen (daher kommt es gefühlt jedes Spiel vor, dass man unsere Abwehr durch Diagonalpässe so aushebelt, dass wir nur hinterherlaufen.). Hier stelle ich das Bemühen auch nicht in Abrede, aber dadurch, dass das Pressing auf das gegnerische Mittelfeld meist nicht funktioniert, klappt am Ende auch das Verschieben zum Ball nicht mehr richtig.
Kurzum: Auch wenn ich persönlich der Einschätzung zustimme, dass Spielsysteme, gerade in Liga 2, nicht die Überbedeutung haben und sich vieles ähnelt, ist unser Kader weder für 4-2-3-1 noch 4-1-4-1 sonderlich gut gerüstet. Das Problem ist: Auch für kein anderes System. Am ehesten könnte ich mir noch ein 4-4-2 mit flacher 4 in der Mitte vorstellen. Ob das aber nun ein zündende Idee ist? Keine Ahnung, ich bin nicht der Fußballlehrer. Die Fehler liegen also summa summarum sowohl darin, dass der Kader nicht optimal zusammengestellt ist, aber eben auch darin, dass Sasic sich offenbar auf eine Idee fixiert hat und dabei die Lernfähigkeit der Spieler, andere Positionen mit anderen Aufgaben zu übernehmen, überschätzte bzw. es nicht vermitteln kann. Und nun steckt der Karren ganz tief im Dreck, denn im Vergleich zur hier oft genannten Fortuna aus Düsseldorf letzte Saison haben wir ein komplett neues Team, welches noch nie gezeigt hat, dass es war kann. Keine gewachsene Hierarchie, und wir haben kein Tiefenvertrauen in den Trainer, wie es dort der Fall war. Denn Sasic hat hier eine Hinrunde + 2 Pokalspiele überzeugt, Meier ist mit Fortuna aufgestiegen und hat eine sehr gute erste Zweitligasaison gespielt. Das ist doch automatisch was anderes, als unser Rumgerumpel seit Ewigkeiten. Dieser Vergleich verbietet sich einfach.
Ich glaube, dass wir dieses Jammertal nur verlassen können, wenn Sasic geht. Das bringt uns einerseits einen psychologischen Effekt, der die Spieler hoffentlich kitztelt und das Publikum neu motiviert. Und anderseits auch einfach, hoffentlich, eine neue taktische Idee, wie man etwas aus dem Kader rausholen kann. Bei Milan sehe ich leider nicht, dass er das kann. Es wurd hier schon oft gesagt: Es ist nicht die erste Mannschaft, die unter ihm scheinbar nicht spielen kann... und bis zur nächsten Mannschaft warten können wir angesichts von 6 (!) Punkten aus 10 Spielen bei einem knüppelharten Restprogramm nicht. Jeder Tag, der verloren wird, zieht uns tiefer unten rein. Wir können uns derzeit eigentlich nur bei Aachen bedanken, dass es irgendwie noch schlechter sein kann, als bei uns. Auf eine Super-Rückrunde zu hoffen ist für mich sagenhaft gefährlich. Aus welchem Grund sollte sich denn was ändern?
Ich sage nicht: Ohne Sasic wird alles besser. Und wenn er bleibt und den Turn-around schafft, werfe ich mich persönlich vor ihm auf den Boden.
Aber ich glaube es nicht. Ich sehe keinen Grund, es zu glauben. Und es wäre fatal, jetzt nicht wenigstens zu versuchen, den Bock umzustoßen. Fatalismus bis die Lampen hier ausgehen halte ich für verkehrt.
Daher: Sasic raus.
(+Vorstand raus. Ich weiß selbst, dass man Sasic bessere Bedinungen wünschen würde. Aber bisher hat er doch immer die Zusammenarbeit gelobt, daher ist das nun kein Argument FÜR ihn...)