Ich tu mich schwer, über sowas zu reden, wenn ich nicht unmittelbar da wohne, wo diese Probleme zur Zeit sind. Letztlich wohnen die Rechten, die sich dort "engagieren", aber auch nicht vor Ort, und Ralf Jäger erst recht nicht, von daher raffe ich mich mal zu einem weiteren Beitrag auf:
Für mich liegt die Schwierigkeit darin, dass die Situation der Gegnerschaft der beiden Parteien ("Anwohner" vs. "Zugereiste") der Keim dessen ist, aus dem die Akzeptanz für "Aufräummassnahmen" nach paramilitärischer Lesart erwächst. Wenn man mit Unvernunft, Bereitschaft zu Kriminalität und Distanzlosigkeit beständig direkt konfrontiert wird, muss man kein eingefleischter Fascho sein, um handfeste Massnahmen irgendwann gutzuheissen.
Gerade deshalb gibt es aber die Politik, und hat sie, über ihre ausführenden Organe der Exekutive, in der Demokratie auch das Monopol auf Anwendung von Gewalt. Diese Gewalt muss sich aber nicht immer in Eingriff, Zugriff und Wegschliessen erschöpfen, sie kann auch erstmal Präsenz bedeuten, und zwar auch unmartialische Präsenz. Was natürlich wieder Geld kostet: es müssen Leute vor Ort sein, und diese Leute müssen ein bestimmtes Niveau an Ausbildung erfahren haben, um angemessen eingreifen zu können. Die Anwohner müssen das Gefühl bekommen, sie werden nicht nur geschützt, wenn Bedarf besteht, sondern ihnen wird auch zugehört. Und ein Gleiches gilt für die Zugereisten, insofern sie solchen Angeboten bereits zugänglich sind.
Dass diese Problematik überhaupt nichts mit der Herkunft zu tun hat, sieht man, wenn man den Vergleich mit anderen "Szenen" herstellt. Ob Rockerkrieg oder Drogenplatte, die forensische Psychiatrie in der Nachbarschaft oder das Open-Air-Konzert, das im Vorfeld mit einer Klagewelle überzogen wird, überall gibt es den tagtäglichen Clash of Civilisations und gesellschaftliche Herausforderungen, die nur durch Solidarität und Vernunft gelöst werden können. Der Staat, das ist der Einzelne. Und das staatliche Gewaltmonopol darf nicht mehr begriffen werden als eine Obrigkeit, die jederzeit über uns kommen kann, sondern es bedeutet, dass ich als mündiger Bürger das mir gegebene Grundrecht auf Unversehrtheit der Person bewusst einfordere, aber es ebenso bewusst für jeden anderen einfordere.
Die Institutionen müssen hier verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, indem sie Präsenz zeigen, und zwar nicht in erster Linie durch schlagstockbewehrte Einsatzbullerei, sondern durch intelligente Deeskalation, Gesprächsbereitschaft und flexible Interventionstaktik. Leider ist es im Nachgang der Ereignisse seit 9/11 wieder Mode geworden, dass Innenminister, so auch Genosse Jäger, sich als Law-and-Order-Machos auf niedrig angesiedeltem Stammtischniveau anscheinend am Besten verkaufen.
Der Preis, und wenn man noch so gerne Wahlen gewinnt, darf aber nicht sein, dass wieder johlende Bürger als Zuschauer vor einem brennenden Haus stehen und es beklatschen, wenn Menschenjagd ist.
Wer meint, die Rechten hätten einen weiterführenden Plan, braucht ja nur mal hinzugucken, was sie dort erreicht haben, wo sie tatsächlich an die Macht gekommen sind. Angefangen bei der Hamburger Koksnase "Richter Gnadenlos" Ronald Barnabas Schill.