Vom Parkplatz in den Rollstuhl
30.11.2007, RALF BIRKHAN
FUSSBALL. Die Leidenszeit des Stefan Blank: Der 30-jährige MSV-Profi hat seit über einem Jahr nicht mehr spielen können.
GELSENKIRCHEN. Stefan Blank ist falsch angezogen. Er trägt eine Trainingsjacke vom Fußball-Bundesligisten MSV Duisburg, aber er sitzt im Bistro "Ess-Null-Vier", der Hochburg der

-Fans am alten Parkstadion. Der MSV-Abwehrspieler wohnt fast um die Ecke und arbeitet daher im Schalker Reha-Zentrum "Medicos" täglich fünf Stunden am Comeback. Seit mehr als einem Jahr ist der 30-Jährige verletzt, einmal fürchtete er in dieser Zeit sogar um sein Leben.
NRZ: Was war da passiert?
Stefan Blank: Ich hatte mir im Juli 2006 im Trainingslager den Meniskus im linken Knie eingerissen. Ich konnte danach zwar nur einmal pro Woche trainieren, habe aber jedes Wochenende gespielt. Nach dem vierten oder fünften Spiel ist es passiert. Ich wollte morgens aufstehen, und konnte nicht mehr auftreten, die linke Wade war doppelt so dick wie sonst.
NRZ: Was war das?
Blank: Das wusste ich auch nicht und bin nach Duisburg zum Mannschaftsarzt gefahren. Der hat mich sofort zum Gefäß-Spezialisten ins Krankenhaus geschickt. Ich bin noch mit dem eigenen Auto hingefahren, und ein paar Minuten später saß ich schon im Rollstuhl. Ein Schock, aber es kam noch schlimmer.
NRZ: Schlimmer als Rollstuhl?
Blank: Nach der eingehenden Untersuchung haben die Ärzte mich ins Bett gepackt, und ich durfte tagelang gar nicht mehr aufstehen. Ich hatte eine dreistufige Thrombose im linken Bein. Dreistufig bedeutet: Eine Thrombose von der Wade bis in den Oberschenkel.
NRZ: Wie entsteht so etwas?
Blank: Ich hatte zwar vorher nie Probleme damit, aber die Ärzte haben eine erbliche Veranlagung festgestellt. Ich habe dann im Krankenhausbett gelegen und hatte Zeit, mir Gedanken zu machen. Wenn der Blutpropfen einer Thrombose sich löst und in die Lunge gelangt, dann folgt eine Embolie, und dann können sie dir den Deckel auf die Kiste setzen und die Nägel reinhauen.
NRZ: Wie lange bestand die Lebensgefahr?
Blank: Ich war zehn Tage im Krankenhaus, und habe blutverdünnende Mittel bekommen. Die sollten die Thrombose in drei Monaten auflösen, doch aus den drei Monaten wurden am Ende sechs.
NRZ: Aber warum haben Sie danach nicht wieder mit dem Training begonnen?
Blank: Weil mein Knie immer noch kaputt war. Es konnte nicht operiert werden, weil die blutverdünnenden Mittel eine Operation unmöglich gemacht haben. Praktisch habe ich also ein halbes Jahr auf meine OP gewartet.
NRZ: Und wie lief dann die Operation am Knie?
Blank: Auch nicht so toll, denn es war mehr kaputt als der Meniskus. Die Ärzte haben einen schweren Knorpelschaden festgestellt und den Knorpel komplett entfernt. Ich durfte das Knie fast überhaupt nicht mehr belasten und bin sieben Wochen an Krücken gelaufen.
NRZ: Wird man als Fußball-Profi bei so einer schwarzen Serie nicht langsam verrückt?
Blank: Schon, aber man hofft natürlich auch. Ich habe jeden Tag weiter Reha-Training gemacht und in der Zeit eben viel für Oberkörper und Arme getan. Meine Arme waren doppelt so dick wie früher.
NRZ: Gut fürs Schwimmbad.
Blank: Stimmt, aber da wollte ich nicht hin, ich will zurück auf den Fußballplatz. Mittlerweile sieht's auch tatsächlich wieder besser aus. Meine Muskeln im linken Bein bilden sich auf das frühere Maß zurück, mein Gang normalisiert sich.
NRZ: Wann haben Sie denn zum letzten Mal Fußballschuhe angehabt.
Blank: Vor zwei Monaten. Da habe ich nebenan auf dem Rasen des alten Parkstadions ein paar Übungen mit dem Ball gemacht, aber das linke Knie schwoll sofort wieder dick an.
NRZ: Haben Sie da ans Ende der Karriere gedacht?
Blank: Mit diesem Gedanken befasse ich mich tatsächlich. Denn falls es wirklich so kommen sollte, will ich auf die Situation vorbereitet sein.
NRZ: Gibt es in Ihrer Lage überhaupt Momente zum Abschalten?
Blank: Abschalten ist schwer, denn ich nutze natürlich jeden Tag, um fit zu werden. Aber im Oktober war ich mit ein paar alten Fußball-Freunden vier Tage auf Mallorca, ich musste einfach mal raus.
NRZ: Haben Sie noch engen Kontakt zur Mannschaft?
Blank: Es wird immer weniger. Ich gehe zu den Spielen ins Stadion, aber ich telefoniere nur noch selten mit den Jungs. Die haben ihre Sorgen, ich habe meine Sorgen. Aber im Dezember will ich es schaffen, ein oder zwei Einheiten mit dem Ball zu trainieren. Ich glaube, dass mein Knie stabil genug ist und dieses Mal halten wird. Ich hätte nichts dagegen, mal wieder Glück zu haben.
http://www.derwesten.de/nachrichten...sliga/msv/2007/11/30/news-7924671/detail.html