Alles viel zu negativ hier:
Linke Seite überlaufen? In welchem Spiel? Wolze war ein paar mal nicht bei der Sache, bzw. funktionierte die Abstimmung nicht so richtig. Die Krefelder haben in der zweiten Hälfte, als bei uns das grosse Wechseln anhub, vorne rechts einen ganz schnellen und sehr aggressiven Halbstürmer hingestellt. War praktisch der einzige Offensivspielzug, den mit unendlich langen Bällen von hinten heraus einzusetzen. Da mußte Wolze ein paarmal ordentlich Gas geben, um den Mann noch zu stellen. Hat er dann aber unmissverständlich gemacht.
Gegner souverän beherrscht? Natürlich. Ich habe überhaupt nur eine einzige halbe Torchance der Krefelder wahrgenommen, trotz des Wechselkarussels in der zweiten Halbzeit. Man konnte klar sehen, dass die Zebras höchstens mit siebzig Prozent im Akku spielten. Wir hatten, insbesondere in der ersten Hälfte, soviele Torchancen, dass es für sechs, sieben Buden hätte reichen müssen. Über die gesamte Spielzeit wären fünf absolutes Minimum gewesen.
Ich fand unseren Beginn gut, Brose und Exe machten viel, alles wie gehabt mit großer Streubreite im Torabschluss. Exe wirkte wie immer so, als würde er zwischen den großen Verteidigern verhungern, dann war er, auch das gehört mittlerweile zum Normalbild, plötzlich denen entwischt und brandgefährlich. Brose mit schöner Vorlage zum ersten Tor. Auch an der Vorbereitung des zweiten beteiligt. Dieses war auf hohem Niveau durch eine tolle Kombination herausgespielt und zeigte auf, was möglich ist, auch wenn Gjasula fehlt.
Das Spielsystem war das bekannte 4-2-3-1. Die Gjasulaposition wurde von Pamic und Domo (2.Halbzeit) eingenommen. Pamic war sehr gut im Zusammenspiel mit Brandy, der in beiden Halbzeiten über links kam. Pamic zog immer wieder nach aussen und nahm zwei Gegenspieler mit. Brandy wechselte dann ebenso häufig auf Zentral. Pamic konnte sich, anders als Domo in Halbzeit zwei, auch gegen mehrere Gegner behaupten und den Ball gefährlich weiterleiten. Er hatte ein bisschen das gleiche Problem, was Jürgen bei dieser Spielweise auch hatte, nämlich, dass die Mitspieler nicht immer mitspielten.
Gut auch Brandy. Sehr variabel in der Spielanlage, wurde sogar hinten mit dem langen Bein dazwischengehend gesichtet. Wirkte sehr uneigennützig und auf das Ganze konzentriert. Wo andere immer eine Fußlänge zu kurz sind, hat er zudem exaktes Timing und ist im entscheidenden Moment vorne da zur Stelle, wo der Stürmer sein muß. Brosinski pfeilschnell und auch variabel, leider tauchen die alten Unkonzentriertheiten weiterhin auf.
Für mich ist der Angriff in Halbzeit eins mit Brandy, Pamic, Exe und Brose, bis auf die Torausbeute ohne Einschränkungen eine souveräne Veranstaltung gewesen. Halbgas hat denen mehr als gereicht, um die Krefelder anhaltend zu beschäftigen. Die waren defensiv übrigens nicht mal schlecht und haben sich allemal tierisch reingehängt, sodass es durchaus was bedeutet. Was sehr gefallen hat, war, wie effektiv die Zebras verschieben und wie aufmerksam jeder während und nach dem Positionswechsel für die Gesamtsituation ist und bleibt (von Ausnahmen abgesehen).
Im Mittelfeld hätte auch Sukalo alleine gereicht. Er ist ein souveräner Leader, mittlerweile. Macht echt Spass, ihm zuzusehen. Öztürk hatte den Klops, den er halt immer mal bringt, und der ihm auch zusteht, ist aber danach nicht eingebrochen. Perthel war hinten links ganz souverän, hatte defensiv aber auch nicht aufregendes, orientierte sich sehr effektiv nach vorne. Die Aussenverteidiger standen generell sehr hoch, vielleicht auch wegen dem eher schwachen Gegner. Perthel Klasse bei Pässen etc., hat sich nunmehr auch völlig integriert. Dürfte zur Zeit gegenüber dem zu lässig agierenden Wolze die Nase vorn haben.
Berberovic ging etwas zu hart zur Sache und leistete sich dann eine ganz unnötige Diskussion mit dem Schiri. Das war so der Beginn einer allgemein härteren Gangart, die etwas deplatziert wirkte. In der Abwehr wurde munter rumgetauscht, in Halbzeit zwei spielte Bajic sogar auf der Sechserposition, allerdings gab es hier keine richtige Nagelprobe.
In Halbzeit zwei fiel Lacheb einfach durch seine körperliche Präsenz auf. Die Krefelder schienen es zu vermeiden, über seine Seite zu spielen. Er sieht auch grandios aus, schier unüberwindlich. Auf den ersten Blick ähnelt er Soares, hat aber gar nichts von dessen Zappeligkeit. Gestern hätte er sich auch einen Campingstuhl hinstellen und Fische grillen können. Hätte sogar zu dem schönen Sommerabend direkt am Zoo gut gepasst.
Einen zwiespältigen Eindruck hinterliess Domo. Anders als Pamic schien er sofort die Übersicht zu verlieren, wurde er mal zugestellt. Aber er brachte eine schöne Vorlage zum dritten Tor. Soll man bitte auch mal erwähnen!
Dieser Lapsus, freistehend vor dem Tor zehn Meter daneben zu ömmeln, unbedrängt und auf ein ganz einfach anzunehmendes Zuspiel hin (er hätte sogar noch in Ruhe stoppen können), das war zum Glück vor seiner Torvorlage. Keine Ahnung, ob er da einen Balotelli versucht hat oder der Ball vorher irgendwie über einen Maulwurfshügel gesprungen ist, konnte man nicht sehen.
Wolze wirkte unkonzentriert und auch lustlos. Reck schnauzte einmal da rum, als er was vertändelt hatte, und er wurde auch von Sukalo anscheinend ins Gebet genommen. Wurde aber nicht mehr besser. Dabei hatte er, gerade gegen den schnellen Krefelder, mit dem wir noch geknackt werden sollten, einige großartige Szenen, wo er den wuchtig, aber elegant und nachhaltig vom Ball trennte und ihm den Schneid völlig abkaufte. Wie einige in der Truppe ein echter Rohdiamant, dynamisch, spielstark, aber auch verspielt und leicht ablenkbar.
Baljak fand ich gut, er wirkte befreit davon, immer auf Jula mit zu achten (ist vielleicht etwas überinterpretiert). Er wurde eng markiert und stets gedoppelt, entging dem aber durch ständiges Wechseln der Position und durch Geschwindigkeit. Er traf zwar nicht, machte aber die Räume frei für die anderen. Da die Krefelder in Halbzeit zwei teilweise Rabiat zur Sache gingen und hinten konsequent zumachten, verflachte das Spiel dann gegen Ende auch ein bisschen, zumal Reck zur deutlichen Verärgerung von Sukalo noch einen Großwechsel vornahm.
Ein besonderes Highlight setzte dann noch die Krefelder Polizei: nach dem Spiel konnte der Parkplatz, der nur Abfahrten über die Berliner Strasse (die Schnellstrasse vor dem Stadion) ermöglicht, nur in Richtung Innenstadt Krefeld verlassen werden. Dabei ist der Grünstreifen extra vor dem Stadion durchbrochen und mit Schranken versehen, um das Abfliessen des Verkehrs in Richtung Autobahn zügig zu gewährleisten. Statt dessen wurden aber die Autofahrer sogar dran gehindert, ein Stück weiter Richtung Innenstadt, wo das möglich gewesen wäre, wenigstens zu wenden. Da war sofort ein dicker Stau, denn zur Innenstadt hin wird es da schnell enger, wie in einem Flaschenhals. Ich bin zum Glück ortskundig und konnte einen "Schleichweg" nehmen, das aber sonst kaum einer gemacht. Da hätte es geholfen, vom Bauhof mal drei Hinweisschilder auf die Autobahn hinzustellen, um alles wesentlich zu entlasten. Zwei Polizisten mit je einer Kelle zum zeigen hätten auch eine segensreiche Wirkung entfalten können. Hat nicht sollen sein.
Wer im Moment zum Fussball nach Krefeld fährt, erlebt immer wieder eine herbe Diskrepanz: das noch immer selbst erstligataugliche, grosse Stadion, vor dem sogar neue Kunstrasenplätze angelegt wurden, bequeme Parkplätze, super Licht. Das übrige Umfeld, etwa Service, ist eben wie bei einem Sechstligisten, der es mit viel Dusel in Liga fünf geschafft hat, wobei die Mannschaft, teilfinanziert durch den ebenso allmächtigen wie unbeständigen Agissilaos „Lakis“ Kourkoudialos, von den Spielern her sicher das Niveau eines Viertligisten aufweist.
Bezogen auf unsere mein Resümee: bis auf die Torausbeute eine runde Sache. Ich glaube, die hatten eine Ansage, auf das Ergebnis insoweit zu achten, dass es eindeutig genug ist, um etwaigen Diskussionen begegnen zu können, und das haben sie auch gezeigt. Für mich ist der Kader gut eingespielt und zeigt interessante alternative Möglichkeiten. Nichts ist perfekt, aber alles ist in vielversprechender Entwicklung begriffen. Am Sonntag könnte mal ein echter Vorbereitungsthriller gegen einen Gegner auf Augenhöhe anstehen. Die Torausbeute ist allerdings deutlich zu gering, vor dem Tor wird es doch manchmal ziemlich harmlos. Exe und Brandy können jetzt auch nicht alles allein regeln, daher ist es konsequent, einen richtigen Knipser dazu zu holen.