Die Ära Hellmich / Kentsch ist unwiderruflich zu Ende
Für manche scheint der Gang in die 4. oder 5. Liga die einzige Möglichkeit, sich aus den Klauen des Duo Infernale zu befreien.
Ich sehe das anders: Ein Zurück zu den Zeiten vor Mittwoch, 28. Mai 2013, 18.15 Uhr wird es nie mehr geben.
Szenario A: Der MSV erhält keine Lizenz und meldet Insolvenz an.
Konsequenz: Familie und Unternehmen Hellmich sind regional, wahrscheinlich sogar bundesweit verbrannt und geächtet. Die Gefahr einer Anschlussinsolvenz ist hoch, öffentliche Bauprojekte wohl außer Reichweite bei einem Schaden von 20 Mio. für den Steuerzahler.
Mir ist übrigens nicht klar, warum man WH auf Grundlage des vorliegenden Sanierungskonzeptes mit Schuldenschnitt diese Konsequenz seines Agierens nicht deutlich vor Augen geführt hat...
Roland Kentsch wird definitiv entlassen. Sein Name ist in der Branche, wahrscheinlichh sogar in der gesamten Wirtschaft nachhaltig verbrannt. Die Annahme, dass RK weich fällt, teile ich nicht im Geringsten.
Auch der eingesetzte Insolvenzveralter wird sehr genau schauen, ob nicht aufgrund offensichtlicher Pflichtverletzungen Schadensersatzansprüche bestehen.
Wenn Walter Hellmich oder Roland Kentsch jemals wieder unter die Leute wollen, müssen Sie jetzt Teil der Lösung werden. In der Liga von Hellmich und Kentsch geht es jetzt vor allem um Eines: Reputation schützen und Gesicht wahren.
Ähnlich Fälle zeigen, dass gesellschaftliche Ächtung mindestens ebenso schwerwiegend ist wie finanzieller Verlust: Zumwinkel, Wulff, Maschmeyer, um nur mal ein paar Beispiele zu nennen.
Senario B: Der MSV erhält vor dem Schiedsgericht die Lizenz
Nach allem, was wir wissen, wird es durchaus Interpretationsspielraum bei der Bewertung der eingereichten Unterlagen geben. Selbst kleinere Fehler sind ggf. noch akzeptabel, wenn das große Bild stimmt.
Natürlich wird das Schiedsgericht keine neuen Tatsachen akzeptieren.
Aber völlig klar ist doch auch: Das Schiedsgericht wird letztlich über die Zukunftsfähigkeit des MSV abstimmen.
Kommen die Herren zur Überzeugung, dass durch einen positiven Bescheid lediglich das Siechtum verlängert wird, fällt das Fallbeil.
Herrscht statt dessen die Auffassung dass der MSV - endlich, endlich - die letzte Chance nutzen wird, sehe ich gar nicht so schwarz.
Beim Strafgerichtsprozess hängt das Strafmaß schließlich auch entscheidend nicht nur von der eigentlichen Tat, sondern auch von der Sozialprognose ab.
Bei einer positiven "Fortführungswahrscheinlichkeit" der MSV bin ich gar nicht so pessimistisch.
Dazu gehört:
1. Nachhaltiges und scheinbar schon bestehendes Sanierungskonzept so lancieren, dass es bei der DFL ankommt
2. Selbstredend Top-Anwälte mandatieren - erste Namen sind hier schon gefalllen
3. Im politischen Raum agieren. Ich hoffe sehr und gehe davon aus, dass unser Ob via Landesregierung bei der DFL im Hintergrund arbeitet.
4. Sauber kommunizieren, evtl. mit Hilfe von Beratern. Auf das Schiedsgericht muss Druck aufgebaut werden, ohne das es wie Druck aussieht oder empfunden wird.
Insofern ist die Kommunikation des Vorstands bis her gar nicht übel: Sich am Donnerstag den Fans gestellt, ohne Details zu nennen - völlig okay, was anderes war auch gar nicht möglich.
Der Vorstand darf sich - zumindest öffentlich - in keiner Phase auch nur ansatzweise mit Liga 4. oder 5. beschäftigen. Sondern sollte nach außen absolut überzeugt sein, die Lizenz noch zu erhalten. Insofern bislang auch in Ordnung.
Lediglich Ennatz sollte aufpassen, dass er nicht überzieht und die DFL in eine Position bringt, wo Sie gegen den MSV votieren MUSS, weil die DFL sonst Ihre Glaubwürdigkeit verliert.
Die Linie sollte daher durchaus selbstbewußt, aber mit der notwendigen Bescheidenheit (vertrauen voll und ganz auf die Weisheit des Schiedgerichts) gepaart mit eine wenig Selbstkritik sein (haben möglicherweise in Teilbereichen nicht zu 100 Prozent akkurat gearbeitet, weil wir die "große Lösung" wollten).
Ich bin ich voll und ganz für Szenario B: Schiedsgericht erteilt MSV Lizenz.
Dazu braucht man zwingend die Unterstützung von WH, den ich für einen klugen Mann halte. Er sollte sich daher den Mehrwert für sich und seine Familie im Gegensatz zu Szenario A klarmachen - oder jemand sollte ihn dabei unterstützen.
WH kann sich nach dem notwendigen Forderungsverzicht letztmalig - und erstmals berechtigt - zum Retter des MSV aufspielen, weil er für seine "Herzensangelegenheit" auf ganz viel Geld verzichtet - geschenkt. Diese Selsbtbeweihräucherung werden wir auch noch überleben.
Das heißt viel Sympathie, offene Türen, positive Grundstimmung für seine Firma bei allen Ausschreibungen.
Roland Kentsch wird dennoch gehen müssen. Er kann aber in seinen Lebenslauf schreiben, unter extrem schwierigen Rahmenbedingungen einen siechen Traditionsverein übernommen und grundlegend saniert zu haben. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Herkulesaufgabe ist es jetzt Zeit für eine neue berufliche Herausforderung - gutbezahlte Anschlussverwendung garantiert.
Ich will weiter Profufussball an der Wedau sehen. Aus Liga 4.oder 5. kommen wir wahrscheinlich nicht mehr hoch. Trotz aller netten Solidaritätsbekundungen: Diese Stadt steht nicht zu ihrem Verein wie Gelsenkirchen, Gladbach oder - schlimm, das sagen zu müssen - Düsseldorf.
Egal wie die Sache vor dem Schiedsgericht ausgeht: Die Epoche WH ist ein für alle mal vorbei. Dazu müssen wir nicht in die 4. Liga.
Und daher müssen Vorstand und Fans alles in die Waagschale werfen, um die hohen Herren in Frankfurt zu überzeugen.