1. Düsseldorf ist nicht schuldenfrei
Die Behauptung, Düsseldorf sei schuldenfrei, ist schlicht unzutreffend. Nach einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young – einer Organisation also, die nicht im Verdacht steht, der SPD nahe zu stehen – ist Düsseldorf die Großstadt in Deutschland mit den am schnellsten wachsenden Schulden. Allein zwischen 2010 und 2012 sind die Schulden der Landeshauptstadt um 109% auf 228,3 Mio. Euro gestiegen. Dieser Trend ist ungebrochen. Nach den jüngsten Zahlen des Stadtkämmerers werden sich die kumulierten Fehlbeträge im städtischen Haushalt – ohne Berücksichtigung der Schulden des Stadtentwässerungsbetriebs – bis zum Ende des Haushaltsjahres 2015 auf insgesamt ca. 500 Mio. Euro belaufen.
Ursächlich für die dramatisch steigende Verschuldung der Stadt sind teure Prestigeprojekte wie beispielsweise die Tunnel am Köbogen, die mit Ausgaben in Höhe von insgesamt 330 Mio. Euro und mit einer jährlichen Haushaltsbelastung von 25 Mio Euro zu Buche schlagen. Diese Kosten hat die Stadt zu 100 % selbst zu tragen, da Bund und Land mit Verweis auf den fehlenden Verkehrswert dieses Projektes eine Kostenbeteiligung abgelehnt haben. Dass eine Kommune die Kosten für ein derart teures Verkehrsprojekt aus eigener Kraft schultert, dürfte in Deutschland ziemlich einmalig sein.
2. Die Stadt bedient sich bei der Holding zulasten ihrer Töchter
Die Behauptung, Düsseldorf sein zumindest “wirtschaftlich” schuldenfrei, stützt sich darauf, dass sich die Stadt aktuell nicht bei Banken, sondern bei sich selbst, genau genommen bei ihrer Holding verschuldet. Diese Holding hält die Beteiligungen an den städtischen Töchtern, beispielsweise an der Rheinbahn oder den Bäderbetrieben. In der Kasse der Holding liegt das Geld, das der ehemalige OB Joachim Erwin mit dem Verkauf der RWE-Aktien und der Beteiligung an den Stadtwerken erlöst hat. Dieses Geld leiht sich die Stadt zur Deckung ihrer Fehlbeträge aus, und angesichts der schnell wachsenden Schulden sind diese Reserven mittlerweile nahezu vollständig aufgebraucht. Damit aber steht dieses Geld den städtischen Töchtern nicht mehr zur Finanzierung ihrer Investitionen zur Verfügung. Diese müssen sich also am Kreditmarkt bedienen mit der Folge, dass beispielsweise die Bilanz der Rheinbahn – also einer 100 %igen Tochter der Landeshauptstadt Düsseldorf – Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten in Höhe von über 300 Mio. Euro ausweist. Wirtschaftlich ist dies aus Sicht der Stadt insofern von Nachteil, als die Stadt als so genannter “Triple A-Schuldner” auf dem Kreditmarkt zu wesentlich günstigeren Konditionen Darlehen aufnehmen könnte als die Rheinbahn. Offenbar ist die Stadt aber bereit, auch wirtschaftliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um das Trugbild der Schuldenfreiheit aufrecht erhalten.
3. Der Schulden Freiheit-Mythos verleitet zu kaufmännischen Unsinn
Die kaufmännisch unvernünftige Finanzierung der Töchter ist kein Einzelfall. Um den Eindruck der wirtschaftlichen Schuldenfreiheit aufrechtzuerhalten, bedient sich die Stadt kaufmännisch nachteiliger Finanzierungsmodelle und unterlässt kaufmännisch sinnvolle Maßnahmen. Ein Beispiel: Der Bunker am Gatherweg wurde von einem privaten Investor als Probenraum für Düsseldorfer Bands ausgebaut. Die Stadt mietet das Gebäude anschließend für 20 Jahre. Für den Investor bedeutet dies eine garantierte und von daher vollkommen risikofreie Kapitalverzinsung. Diese ist selbstverständlich höher als der Zinsaufwand gewesen wäre, wenn die Stadt selbst investiert hätte. Gleichwohl trägt die Stadt das gesamte wirtschaftliche Risiko der Vermietung an die Bands. Das Beispiel zeigt, dass derartige Public Private Partnerships auf die Dauer immer teurer sind, als wenn die Stadt selbst investiert. Beispiel Nummer zwei: nach der bisherigen gesetzlichen Regelung kann ein Wohnungseigentümer jährlich 11 % der Investitionskosten für die energetische Sanierung von Mietwohnungen auf die Mieter umlegen – offensichtlich ein sehr rentables Geschäft! Dennoch darf die SWD den städtischen Wohnungsbestand, der von ihr verwaltet wird, nicht sanieren, da sie hierfür Kredite zu Lasten der Stadt hätte aufnehmen müssen, durch die die „Schuldenfreiheit“ gefährdet wäre. Wer glaubt, – wie immer wieder behauptet wird – die Schulden Freiheit eröffne Handlungsmöglichkeiten für die Stadt, sieht sich getäuscht. In Düsseldorf ist die Schuldenfreiheit zum Selbstzweck geworden, der einer kaufmännisch vernünftigen und soliden Haushaltspolitik im Weg steht.
4. Die wachsende Stadt muss in die Zukunft investieren
Düsseldorf wächst. Um dieses Wachstum zu bewältigen, muss die Stadt investieren: in bezahlbaren Wohnraum und ein attraktives Wohnumfeld, in Kitas, Schulen und Berufsschulen, in eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, in Sportstätten, Bäder und Kultureinrichtungen. Diese Investitionen erst dann zu tätigen, wenn die Kasse wieder voll ist, wäre fahrlässig und unangebracht. Den richtigen Zeitpunkt bestimmt der aktuelle Bedarf und nicht die Kassenlage. Insofern gilt für die wachsende Stadt nichts anderes als für eine wachsende Familie oder ein wachsendes Unternehmen. Eine Familie wartet mit dem Erwerb des eigenen Heimes in der Regel nicht so lange bis es vollständig aus den Ersparnissen bezahlt werden kann, denn dann sind in der Regel die Kinder aus dem Haus! Und ein Unternehmen wird Wachstumschancen dann nutzen, wenn sie sich ergeben und in dem Maße Fremdkapital investieren wie die erwartete Rendite höher ist als die Kreditzinsen.
Wer die Schuldenfreiheit zum Selbstzweck erhebt, verspielt die Zukunft unserer Stadt.
http://www.thomas-geisel-2014.de/vi...rathaus-schleunigst-abgestellt-werden-sollte/
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