Es gibt ja mehrere Ansätze vor`s gegnerische Tor zu kommen. Einer davon ist sicherlich mit raumgreifenden Bällen das Mittelfeld zu überbrücken. Das machen auch viele erfolgreiche Mannschaften. Selbst die Bayern haben Ingolstadt so am Wochenende geknackt, als Reaktion auf deren hoch gezogenem Mannschaftsverbund. Auch Dortmund unter Klopp hat oft so gespielt. Oder Leverkusen unter Schmidt. Oder eigentlich alle Mannschaften aus der RB-Schule. Ingolstadt ist letzte Saison so aufgestiegen und wir, glaube ich, auch
Unter Fussball-Ästheten und Taktiktafel-Fetischisten ist diese Vorgehensweise nicht so gerne gesehen. Wieso? Weil die Planbarkeit bei hohen Bällen fehlt. Sie sind schwerer zu platzieren und zu kontrollieren. Eigentlich ist es sogar leichter für die verteidigende Mannschaft diese Bälle zu gewinnen, was mit der Positionierung und dem Sichtfeld zusammenhängt. Also liegt die Wahrscheinlichkeit nach einem langen Ball in Ballbesitz zu bleiben bei deutlich unter 50%, während eine flache Spieleröffnung annähernd 100% garantiert (auch wenn der Weg ungleich länger und fehleranfälliger ist).
Um dieses Dilemma zu lösen, positionierten schlaue Trainer dann irgendwann mehrere Spieler im Zielbereich, um abprallende oder unsauber angenommene Bälle einzusammeln. Die nächste Evolutionsstufe war dann Klopps Gegenpressing-Ansatz, als dem Gegner bewusst der Ball mit langen Schlägen überlassen und er in Sicherheit gewogen wurde. Nachdem dieser dann probierte sein Spiel aufzubauen, wurde er von allen Seiten attackiert, alle Anspielstationen zugestellt und ganz gezielt auf die Balleroberung gespielt. Diese Ansätze reduzieren den Faktor Zufall und machen das Hoch-und-Weit-Spiel planbarer und erfolgsstabiler.
All diese Ideen haben trotzdem eines gemeinsam. Im Zielbereich platzieren beide Mannschaften viele Spieler. Die Räume, in denen Fussball dann nach dem langen Ball gespielt werden soll, sind eng. Diese Enge fordert eine hohe Passgenauigkeit, gut abgestimmte Bewegungen und saubere Ballverabeitung. Und damit hat unsere Mannschaft einfach viele Probleme. Die Folge sind Ballverluste und große Räume im Rücken, die gut abgesichert werden müssen, was wiederum Offensivpräzenz kostet oder dem Gegner Kontermöglichkeiten eröffnet. Diese müssen dann ständig von Holland mit taktischen Fouls unterbunden zu werden.
Hinzu kam im Spiel gegen Lautern noch zwei weitere Probleme:
1. Im Zielbereich gab es ständig Unterzahl, der den Kampf um die zweiten Bälle erschwerte und die Chance ins Gegenpressing zu kommen erheblich reduzierte.
2. Ratajczak kam nicht weit genug
Und da frage ich mich einfach: Wieso eröffnet Rata dann immer lang? Wieso nicht mal flach? Welche Folge hätte den ein flaches Anspiel? Lautern würde rausschieben und die Formation auflockern. Es gäbe zwangsläufig Räume, um Fussball zu spielen. Mehr Zeit für die Ballverarbeitung und zum Freilaufen. Gegen Sandhausen haben sie es doch auch hinbekommen. Klar, waren die Sandhäuser passiver und abwartender, aber ich verstehe nicht, wieso es nicht wenigstens mal probiert wird. Stichwort: Variabilität. Wenn es in die Hose geht, kann man immer noch den langen Ball spielen. Lautern wusste doch nach 15 Minuten genau was sie erwartet und haben sich darauf eingestellt. Sowohl mental als auch in der Positionerung.
Gerade Holland ist ein starker Aufbauspieler. Bohl ist als Mittelfeldspieler auch relativ passicher. Meißner kann gute Druckpässe aus vollem Lauf spielen. Feltscher ist im Aufbau auch brauchbar. Wolze kann frei gespielte Räume im Dribbling bespielen und die zurückfallenden Bewegungen von Janjic kann man auch immer nutzen, um per "klatschen lassen" Drucksituationen aufzulösen und neue Passwinkel zu öffnen. Der Kader gibt das her, auch wenn sich die eher linearen Bröker und Grote in den offensiven Halbräumen sicherlich weniger gut als Dausch und Chanturia für einen flachen Spielaufbau eignen.
Vor allem darf man die Wechselwirkungen eines flachen Spielaufbaus nicht vergessen. Das körperlich und geistig anstrengende Balljagen würde reduziert werden. Man würde selbst den Spielrythmus bestimmen. Man hätte selbst den Ball, was mehr Freude bereitet als ständig hinterherzulaufen. Die Staffelung der Mannschaft wäre nicht immer so zerfahren. Unser ganzes Spiel wäre geordneter und strukturierter. Ich verstehe es einfach nicht...
