Also ich habe nicht mehr damit gerechnet, daß wir noch zwei Dinger machen. Unglaublich, die Energieleistung von Exe, sah aus, als wäre der gerade eingewechselt worden. Anscheinend ein Mann, der Frustration überhaupt nicht kennt. Die riesigen Aachener Verteidiger hatten ihn ja bis dahin sowas von vollständig aus dem Spiel genommen! Natürlich ein Entwicklungsschritt, wie wir uns diese Möglichkeit zum Sieg überhaupt erst offen halten durch Defensivarbeit, welche gefährlich offensive Gegner sicher aus dem Spiel nimmt. Diesmal hatten wir das Quentchen Glück, das uns gegen München gefehlt hat. Aber wir haben jetzt gegen mehrere offensiv stark bewertete Mannschaften stets gleichbleibend sicher gestanden, nimmt man individuelle Aussetzer halt raus. Das ist bestimmt kein Zufall mehr und man kann jetzt auch nicht mehr behaupten, daß alle diese Mannschaften ausgerechnet gegen uns einen schwachen Tag hatten.
Einige dicke Klöpse, wobei mich der hektische Berberovic wieder am meisten aufregte, ich aber finde, daß die Rückgabe von Öztürk auf Odonkor, weil ja nun auch nichts passiert ist, der guten Leistung des Langen insgesamt keinen Abbruch tut. Hier muß man mit bewerten, daß Berbe ja ein im Vergleich alter Hase ist, der eigentlich mal Ruhe reinbringen sollte, und Öztürk als Rookie nun wirklich auch einen gut hat. Ich finde, da sollten ein paar Zuschauer (waren nur einige, die aber lautstark) sich zurücknehmen. Auch bei Julas Stockfehler ist unnötiger Weise gelacht worden, das bringt dem Mann natürlich die Selbstsicherheit, die er braucht, wenn man es regelmässig so macht. Ich selbst bin an sich auch einer, der gerne unüberlegt reinruft, aber Fehler müssen gemacht werden dürfen und machen auch die Messis und Ronaldos reichlich. Gerade einen, der sich wie Jula stets aufreibt und sich völlig, manchmal vielleicht sogar zu sehr, in den viel beschworenen Dienst der Mannschaft stellt, sollte man fair behandeln.
Überhaupt ist es für mich ein Entwicklungsschritt der Mannschaft insgesamt, und der Einwechslung von Jula insbesonders zu danken, daß wir die Tore noch gemacht haben. Der wuchtige Wandstürmer hat die Abwehr letztendlich geknackt und den Platz geschaffen für die coolen Aktionen von Exe, Brose und Gjasula. Ganz so leicht, wie die aussahen, waren sie glaube ich gar nicht zu machen, besonders dem armen Brose, dem das Pech ja schon lange hartnäckig am Stiefel klebt, war es echt zu gönnen. Eindeutig ist die mentale Einstellung der Mannschaft das prägende Moment, das Olli Reck da einbringt. Der Kampf und das Einstehen füreinander im gemeinsamen Interesse funktionieren jetzt vorbehaltlos, die Truppe hat sich gefunden.
Exemplarisch hierfür eine gigantische Grätsche von Bajic im eigenen Strafraum, bei der er vollstes Riskio geht und auf technisch höchstem Niveau alles rettet, ohne das sonst so geläufig gewordene sekundenlange Zögern bis zur Erkenntnis, infolge dessen man bei so einer Aktion halt fast zwangsläufig den Mann zuerst trifft oder er schon weg ist. Das war so, wie der Kapitän und Abwehchef eines eingeschworenen Haufens das wieder geradebiegt, was seinen unerfahreneren Kollegen halt mal so unterläuft. Überhaupt, Bockstark gestern, der Bajic!
Mittlerweile läßt sich aus den Spielverläufen auch so eine Recksche Philosophie des Agierens aus einem starken Abwehrverbund heraus ablesen. Was auch mal funktioniert hat, ist der Tempowechsel und das Verschleppen des Spieles, um den Gegner, insbesonders, wenn er so wie Aachen unbedingt punkten muß, aus der Ordnung hervor zu locken. Ganz viele Ansätze, die aber alle vielversprechend sind. Wahrscheinlich gehört hierzu auch, den Gegner zunächst mit den jungen Leuten müde zu laufen und dann punktuell einen der erfahrenen Stürmer zu bringen, je nach dem, wie es läuft, auch mal beide.
Zur Aktion vor der Pause mit dem aberkannten Tor habe ich leider im Netz noch kein Video gefunden. Würde ich gerne nochmal gucken. Was vor Ort aufregte, war, wie lange die Aachener einfach weiterspielten, obwohl der Mann von ihnen reglos liegen blieb. Hat der bestimmt nicht simuliert im Verlauf der Angriffsbewegung der eigenen Mannschaft! Dem Schiri hätte sich also zwingend erschliessen müssen, daß hier was Ernstes passiert ist. Zur Not kann man noch verstehen, daß im Abstiegskampf auch in so einer Situation weiter gespielt wird, aber der Schiri hätte das auf keinen Fall zulassen dürfen. Der Aachener hat ja auch schon um Hilfe gewunken. Ich habe dann von dem aktiven/passiven Abseits nichts mitgekriegt, was ja sowieso genau so eine komische Sache ist wie die Haltungsnote beim Skispringen. Für mich hat es so ausgesehen, als hätte der Schiri die Aachener ganz in Ruhe ihre Torchance zuende spielen lassen und dann abgepfiffen während dem Duisburger Gegenzug, der unmittelbar zum Tor führte, um die Behandlung des Verletzten einzuleiten.
Überhaupt wieder nicht souverän, der Schiri. Die Aachener waren ja alles in allem ein bisschen schlaff, das hat auch dazu beigetragen, daß nichts eskaliert ist. Als Zuschauer, denke ich, sollte man generell seine Ansprüche an den Schiri nicht unter den Scheffel stellen, und die gehen natürlich in die Richtung, daß er nach Möglichkeit ein flüssiges Spiel gewährleistet. Was ich aber nicht sehen möchte, ist ein schwer verletzter Mann, den man einfach am Rand liegen lässt. Ich finde, hier sind die Maßstäbe verschoben. Bei jedem Rempler wird abgepfiffen und bei sowas dann nicht. Auch das Simulieren einer Verletzung gehört in diesen Zusammenhang und muß, ebenso wie die offenkundige Schwalbe, konsequent bestraft weren, notfalls auch nach dem Spiel anhand von Videoanalyse.
Aber gut, daß man schon wieder an sowas Gedanken verschwenden kann. Gestern, später, habe ich unterwegs einen Bekannten angetroffen, der Lauternfan ist, und mit dem ein bisschen gefachsimpelt, und mein Trost war wirksam, weil ich einerseits noch ganz nah da dran war, wie er sich fühlt, aber andererseits bei mir selbst merkte, daß ich eigentlich, zum ersten mal dieses Jahr, kein bisschen Angst mehr hatte. Eigentlich könnte ich sogar gut heulen vor Glück, wenn ich mir den Tag gestern noch mal so vor Augen führe! Mann, was für ein schöner Samstag das war, einer der besten überhaupt!