Fürchte, das war es für Lettieri. Ich habe es vorher nicht erwartet, aber das war wieder ein deutlicher Rückschritt. Warum wieder Iljutschenko von Beginn an, war nicht ersichtlich. Die durchaus sehenswerte Schlussoffensive, welche die Münchner ganz schön irritierte, kam leider zu spät, einziger Lichtblick in einer durchweg schwachen Mannschaft war Rückkehrer Janjic, der sofort das Heft des Handelns in die Hand nahm. Kam aber zu spät ins Spiel. Obinna schwach, King schwach, Albutat zumindest nicht überzeugend, und schlecht abgestimmt, Holland schon wieder mit der gelben Karte gegen sich, bevor das Spiel auch nur so allmählich ins Rollen gekommen war.
Wenn man es unvoreingenommen sieht, hätten die uns schon in der ersten Halbzeit abschiessen können, obwohl wir mit Sicherheit nicht mehr gegen so einen schwachen Gegner spielen werden. Lettieris Konzept insgesamt, das wohl wieder drauf hinauslief, den Gegner müde zu spielen, und dann durch eine starke Schlussphase vielleicht noch zu erledigen, war schlüssig, und wurde von Prinzip her auch umgesetzt, allerdings keineswegs überzeugend. München konnte gar keinen Druck aufbauen, wir machten sie aber durch Zerfahrenheit und den Rückfall in alte chaotische Muster stark. Defensiv waren wir schlechter als gegen Nürnberg, obwohl das Mittelfeld etwas anderes versprochen hatte, allerdings konnten die Jungs keinen Schub erzeugen, was Dausch zumindest partiell immer noch geschafft hat. Das ist ins Auge gegangen, diese Doppelsechs war für mich mitentscheidend schwächer als die Konstellation im letzten Spiel, die ja nur eine Art Zufallsprodukt zu sein schien.
Spekulativ, aber deren spätes Siegtor schien mir auch das Ergebnis des grösseren Abgezocktseins an der Seitenlinie zu sein, mag aber täuschen, vielleicht war es echt nur Zufall. Feltscher sieht dabei schlecht aus, ist aber an sich nur das Opfer, denn dieser schnelle flache Pass des Münchners darf niemals kommen. Etwas schade, dass es gerade jetzt wieder abwärts ging, wo ein paar Sachen funktionierten: der erwartete Super-Gau durch die Abwesenheit Meissners blieb vollständig aus, Bohl fand ich fast noch besser dort, er war spielorientierter als Meissner und wirkte auf seine unauffällige Weise stark und zuverlässig. Schlecht fand ich Albutat, Grote schwächer als zuletzt, Chanturia dito. Ich würde annehmen, dass Obinna noch nicht fit wahr, aber es fehlten nach vorn fast vollständig verwertbare Bälle während der ganzen Zeit, die er und Chanturia auf dem Platz verbrachten, der Anschluss funktionierte kaum bis gar nicht. Ballverlust wieder in allen Lebenslagen. Vielleicht ist es tatsächlich zuwenig, nur drauf zu warten, dass die anderen in den letzten zehn Minuten in die Knie gehen.
Das machten sie tatsächlich, es hätte auch umgekehrt ausgehen können. Ist es aber nicht. Rein vom Gefühl her denke ich, dass zumindest ein Teil der Mannschaft den Glauben daran, dass es so, das heisst mit Lettieri, noch klappen kann, verloren hat.
Damit ging heute wahrscheinlich ein Äera zuende, die mir persönlich unterm Strich die weitaus besten Gefühle im Bezug auf unseren MSV seit mindestens unserem Lauf im DFB-Pokal, aber wahrscheinlich noch länger, beschert hat. Ich könnte heulen, wenn ich mir vorstelle, wieviel da zusammen gekommen ist, und mir sind die ganzen Lettieri-Basher in dem Zusammenhang völlig Latte, die meinen, jetzt fängt der gute Teil der Saison endlich an. Wenn die Truppe nicht mehr bringt, egal ob sie es kann oder nicht, was wir so oder so bald wissen, brauchen wir uns keinen Illusionen mehr hingeben. Wenn Lettieri sie nicht mehr erreichen kann, muss er den Weg gehen, den auch gute Trainer manchmal gehen müssen.
Ne grosse Zeit mit Lettieri war es nichts desto weniger trotz, wer mit ihm jetzt schon triumphierend abzurechnen beginnt, soll es meinethalben tun, oder morgen nach Ablauf einer eingebildeten Schamfrist damit anfangen.
Der nun manifeste letzte Tabellenplatz und die Tendenz anderer, sich doch aufwärts zu bewegen, macht zumindest viele Fragen überflüssig. Egal, ob mit Lettieri oder ohne, ab jetzt kann die einzige Devise, die noch gilt, nur lauten: vorwärts mit radikalem Offensivfussball, und hopp oder top. Ich glaube, wir werden nicht mehr das Selbstvertrauen haben, da unten drin, um enge Spiele zu unseren Gunsten zu drehen, hatten es eigentlich schon heute nicht mehr. Wenn jetzt noch was hilft, dann der Rückrunden-Surfer-Style von Borussia Dortmund letztes Jahr: auch wenn es vor Haien wimmelt, interessiert das nicht die Bohne, wir rasen an der Flanke des Abgrunds in vollem Speed herunter, und entweder bricht alles über uns zusammen, oder wir triumphieren am Ende doch noch.