Das Unentschieden im Kopf
Sehr geehrte Damen und Herren,
man weiß nicht so genau, wie man dieses Spiel einschätzen soll. Nicht, dass man maßlos enttäuscht wäre, dafür haben sie phasenweise zu ansehnlich gespielt und den Kampf jederzeit annehmen wollen. Gleichzeitig steht man natürlich nicht klatschend im Block und freut sich ob des Ergebnisses, welches, sofern man noch an so etwas wie den Aufstieg glauben will, einen Rückschlag bedeutet. Aber was war das dann heute? In erster Linie mal ein Unentschieden gegen einen Gegner, der zumindest nominell zu einem der besten Teams der Liga gehört, und dann wiederum ein Unentschieden gegen einen Gegner, der nicht wirklich Interesse daran hatte, diesen Nachmittag spielerisch über die Runden zu bringen. Betrachtet man die Tabelle, dann waren es zwei verlorene Punkte, setzt man sich andererseits mit dem Spiel und der Entwicklung des Teams auseinander, so muss man festhalten, dass man weitaus schlimmeres gewohnt ist.
Festzuhalten bleibt, dass man den Jungs das Bemühen nicht absprechen kann. Ihre Körpersprache, ihr Aufwand, die hängenden Köpfe nach dem Abpfiff, die gelben Karten, das Gestikulieren; alles ließ darauf schließen, dass Peter Neururer seiner Rolle als Motivator gerecht wird. Und phasenweise wusste auch dieses Team zu überzeugen, allen voran Adam Bodzek, der es Björnimausi schwer machen wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die alte Tipp-Kick Figur für geraume Zeit nicht mehr in einer Startelf sehen werden, denn dafür war das Spiel Bodzeks einfach einen Tacken zu clever, betrachtet man vor allem den Umstand, dass er das Spiel, zumindest im Ansatz mitgestalten kann. Hinten brannte eh nicht viel an, von einigen Aussetzern, der Lässigkeit geschuldet, mal abgesehen. Zwar wurde der eine und andere Ball dem Gegner in die Füße gespielt, dann aber zumeist zurückerobert, so dass sich auch hier festhalten lässt, dass die Jungs einen guten Job gemacht haben. Tom Starke hat einmal bewiesen, daß er es mit der Übersicht nicht so hat, ein anderes Mal, dass er im eins gegen eins bärenstark ist.
Dem Mittelfeld fehlte es weniger an spielerischen Ideen, zumindest die kamen gegen einen dicht gestaffelten Gegner, auch wenn man nie von Dauerdruck reden konnte. Gelegentlich schafften sie es den dichten Lauterer Block mit schnellem Kombinationsspiel aus der Fassung zu bringen, letzten Endes fehlte es wohl eher am finalen Pass, der partout nicht ankommen wollte. Dementsprechend wenig zwingend waren dann auch die Chancen des MSV, obwohl auch hier festzuhalten ist, dass das Bemühen dauerhaft zu erkennen war. Tararache schlenderte zwar gelegentlich in wohlbekannte Verhaltensmuster, fing sich aber im Laufe der Partie, derweil Makiadi und Sahan zwar versuchten in die Duelle zu gehen, dabei aber häufig gegen zwei, drei Lauterer den kürzeren zogen. Maicon konnte den guten Eindruck aus dem Derby nicht bestätigen. Wie immer hielt er in erster Linie den Fuß auf dem Ball, verschleppte die Partie unnötig und unterbrach dadurch im Ansatz gefährliche Tempo-Spielzüge. Ich bevorzuge immer noch Christ, der leider heute nur einmal sein Können aufblitzen ließ, derwohl ein Grossteil seiner Pässe beim Gegner landete und er somit massgeblich daran beteiligt war, dass das Spiel des MSV in der letzten viertel Stunde seine Linie verlor.
Bedenkenswert ist, dass von der Bank keine Impulse zu erwarten sind, zumindest solange, bis man dort endlich wieder einen klassischen Stürmer antreffen wird. Nicky Adler hat sechs Aktionen gehabt, die allesamt im fussballerischen Niemandsland landeten, derweil man Chinedu Ede zumindest Agilität unterstellen kann. Eigentlich muss im Winter nachgelegt werden, sofern man nicht endlich mal die Ziele revidiert.
Denn eines bleibt klar. Solange die Verantwortlichen des MSV immer noch das Wort Aufstieg dauerhaft in den Mund nehmen und durch die Gegend posauen, werden sie ein Problem mit Spielen wie heute bekommen. Denn dann wird eine an sich ordentliche Leistung am offiziellen Saisonziel gemessen und somit kritischer bewertet, als es eigentlich müsste. Die Mannschaft befindet sich phasenweise spielerisch und mittlerweile einstellungstechnisch auf einem guten Weg. Dass man mit dem Spiel heute dennoch nicht zufrieden ist, liegt daran, dass a) ein ziemlich diffuses Saisonziel immer noch in den Köpfen schwirrt und b) in der Vergangenheit ein Grossteil der Hausaufgaben nicht gemacht worden ist.
Ich, für meinen Teil, habe beschlossen, dass ich dieses Team begleite, sofern es mir zeigt, dass es gewillt ist. Sie haben ihren Teil des Deals erfüllt. Und so werde ich mich auf den Weg nach Osnabrück machen, um mir dort mein erstes Weihnachtsgeschenk abzuholen. Kommt einer mit?
Gruss aus Essen
Micha