So, ich habe das Spiel einen Tag sacken lassen. Das sollte man öfter machen, das reinigt die Gedanken und die Beurteilung.
Es gab Licht und Schatten. Mir gefiel die Einstellung. Ist das erwähnenswert? Ja, leider. Normalerweise müsste man eine Top-Einstellung in jedem Spiel voraussetzen, das gehört zu den Basics. Nur fehlte die Einstellung in den vergangenen beiden Jahren allzu oft. Auch das zweite, was ich positiv hervorhebe, sollte eigentlich immer vorhanden sein: Fitness. Die Mannschaft kann endlich wieder über 90 Minuten (plus Nachspielzeit) volles Tempo mitgehen. Auch das, Ziegner klagte darüber, war in der vergangenen Saison offensichtlich nicht so. Die körperlichen und mentalen Grundlagen scheinen zu stimmen. Natürlich war das erst das erste Spiel, da muss man mal abwarten, ob sich das so in den kommenden Wochen und Monaten bestätigt.
Zu den Spielern: Zu allererst muss Müller genannt werden, der schon in Würzburg als ganz junger Kerl gezeigt hat, was er drauf hat. Er hatte einen großen Anteil am Aufstieg. Müller ist der Rückhalt, der seinen Vorderleuten die notwendige Sicherheit gibt. Ich hatte, trotz einer Vorbereitung mit Schwächen, nichts anderes erwartet. Auch die weitere Defensive ist personell durch Kölle, Senger und Mai - was für ein Tier! - erheblich stärker. Das ist natürlich ein erster Eindruck, aber die letzte Verteidigungsreihe wirkte auf mich stabiler, sicherer, konsequenter und in jeder Hinsicht besser als in den vergangenen beiden Saisons. Bei Mai muss man bedenken, das es erst sein zweiter Einsatz seit längerer Zeit war. Es dürfte noch dauern, ehe er bei 100 Prozent ist; trotzdem war er bereits bärenstark, und man mag sich gar nicht ausmalen, wie der in zwei, drei Monaten spielt. Wahnsinn! Dazu hat auch Frey auf der ungewohnten Position als Rechtsverteidiger beigetragen. Er hat sich zu einer Allzweckwaffe entwickelt, und als jemand, der ihn früher oft kritisiert hat, ziehe ich meinen Hut. Frey ist ein verlässlicher Akteur, der sich schon in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit als Chef und Stabilisator der Dreierkette hervorgetan hat.
Im defensiven Mittelfeld haben der kompromisslose Bakalorz und der spiel- und zweikampfstarke Jander ihre Aufstellung absolut gerechtfertigt. Der junge Jander ist ein Juwel, das einen Stammplatz in der ersten Elf sicher haben sollte. An ihm werden wir noch viel Freude haben. Insgesamt habe ich nach dem ersten Auftritt den Eindruck, dass wir mit der Verteidigung mehr als nur einen Schritt nach vorne machen, wenn wir von schweren Verletzungen verschont bleiben.
Von den restlichen Spielern, die der Offensive zuzurechnen sind, kann ich nur Ajani positiv hervorheben, der offensiv einige Akzente gesetzt hat (zum Beispiel mit einem Zuckerpass aus dem Zentrum auf Bakalorz, woraus sich die größte Chance im Spiel durch Bouhaddouz ergeben hat). Er hat auch konsequent mit nach hinten gearbeitet - anders als Bakir, der wiederholt eine Enttäuschung war und zurecht zur Halbzeit ausgewechselt wurde. Bakir ist aber kein Flügelspieler. Das ist die einzige Entschuldigung, die ich gelten lasse. Trotzdem war das viel zu wenig. Tja. Stoppelkamp. Was soll ich sagen?! Ich hatte ihn hier von links ins Zentrum geschrieben, weil ich ihn als zu langsam für den Flügel halte. Es scheint aber doch so zu sein, dass er sich links wohler fühlt. Ich war gegen eine Vertragsverlängerung und für einen Schnitt. Ich hatte mir eine Veränderung auf links gewünscht, die bei dem frei werdenden Gehalt auch möglich gewesen wäre, aber da sich Heskamp und Ziegner anders entschieden hatten, habe ich meine Meinung nach diesem Spiel geändert. Stoppelkamp sollte wieder auf die linke Seite wechseln. Verzichten können wir auf ihn nicht, weil seine Qualitäten einfach so groß sind, dass er Spiele entscheiden kann.
Die Offensive in den Vorbereitungsspielen und in Osnabrück hat gezeigt, was wir alle wissen: Wir brauchen noch einen zündenden Stürmer, der voll im Saft steht und uns sofort weiterhilft. Diese Erkenntnis werden wir nicht exklusiv haben, das sehen Heskamp und Ziegner mit Sicherheit genauso.
Zwei Dinge haben mir in Osnabrück nicht gefallen: Ich habe kaum frühes Pressing wahrgenommen. Meistens haben wir uns bei Osnabrücker Ballbesitz weit zurückgezogen. Das mag so gewollt gewesen sein, es hat ja auch lange Zeit funktioniert. Erst mit der Brechstange am Ende des Spiels kamen die Osnabrücker zum Erfolg durch einen Weitschuss. Und: Ich habe viel zu wenige spielerische Lösungen bei uns gesehen. Natürlich war Osnabrück ein Gegner, der zum engen Kreis der Aufstiegskandidaten zählt. Gegen solche Mannschaften haben wir in der vergangenen Saison deutlich schlechter ausgesehen als am Samstag. Den Grund dafür sehe ich aber ausschließlich in einer anderen Einstellung, einer besseren Fitness und der deutlich stärkeren Defensive. Nur, um gegen solche Mannschaften auch mal zu überraschen und einen Dreier einzufahren, ist das spielerisch einfach zu dürftig. Da sehe ich noch viel Arbeit für das Trainerteam.
Ich hab echt keine Ahnung von Fußball, denn in meinen Augen spielt man in dieser Saison nur gegen den Abstieg bei einer Leistung wie heute gegen ersatzgeschwächte Osnabrücker.
Mal gut, dass wir nicht ersatzgeschwächt waren und eine voll besetzte Auswechselbank hatten.