Die Konkurrenz ist einzigartig, aber natürlich auch die Metropolregion, aus der sich das ganze rekrutiert. Vergleichbar ist das wohl nur mit London, wo es eine ähnliche Situation mit einer Unzahl von Profivereinen aufm engstem Raume gibt.
Ich halte grundsätzlich nichts davon, Leute als Stadtverräter zu verurteilen, die ein nicht zum Nummernschild passendes Logo auf dem Auto haben und ich halte auch nichts davon, zwingend zum Verein seiner Geburtstadt oder Umfeld mitfiebern zu müssen. Wo fängt das überhaupt an? Beim Verein um die Ecke, beim ersten Club mit gewisser Fanbase in der Nähe, beim ersten Verein, der eine Profi-Abteilung hat? Alleine das zu entscheiden ist schon schwierig. Und dann kommt da ja auch die Prägung hinzu: Nur weil man irgendwo geboren ist, erhält man ja nicht automatisch diese fußballerische Prägung. Wenn der Papa irgendwann aus Bremen nach Duisburg gezogen ist, dann nimmt er den Sohnemann idealerweise mal mit zu MSV und vielleicht wird dieser dann auch Fan vom MSV, aber höchstwahrscheinlich überträgt man dann doch eher das Werder-Erbe... und trotzdem können das beide überzeugte Duisburger sein.
Denn man darf ja nie vergessen, dass der MSV nicht gerade DER Club der Duisburger ist. Weder in den Jahren der legendären Oberliga West, noch in den strahlenden Zeiten der 60er oder 70er Jahre, und nicht beim Abgang in die Tiefen in den 80ern. Diese riesige Identifikation von Verein und Stadt, die ein Mönchengladbach hat, die ein Dortmund hat, die ein Gelsenkirchen hat, die ein Braunschweig hat, die ein Kaiserlautern hat (etc. pp.), die ist in Duisburg so nie entstanden bzw. erst relativ jung im Enstehen. Man muss hingegen sehen: Seit der Insolvenz sind die Zeichen der Identifikation mit dem Verein viel deutlicher geworden. Und auch die Zuschauerzahlen sind im Vergleich zu Anfang der 00er Jahre deutlich besser. Darauf kann man aufbauen und 15.000 Zuschauer in der dritten Liga sind für den MSV ein riesiger Erfolg. Da bin ich komplett bei 'Anne Wedau'. Wer anderes will oder erwartet, der verkennt die Geschichte des Vereins und auch dieser Stadt Duisburg, die nicht nur aufgrund der Zuwanderer sehr vielfältig geprägt ist, sondern auch durch ihre Geschichte. Es gab Zeiten, da hieß diese Stadt Duisburg-Hamborn..., da gehörte Meiderich nicht zu Duisburg, da war Rheinhausen eigenständig und man hat sich in Homberg gefragt, warum man nicht zu Moers gehört. Und das ist teilweise nicht soooo lange her.
Eine richtige Zündung in andere Sphären kann nur ein richtiger Aufstieg in derzeit weit weg liegende sportliche Sphären bringen. Da hat der MSV den Zeitpunkt einfach vermasselt. Hätte man 07/08 die Klasse gehalten - genau zum richtigen BEGINN des Fußballbooms, dazu mit einem neuen Stadion, dann... ja dann... dann wäre vieles anders geworden. Aber der MSV hat sich entschieden, mit Bommer abzusteigen und den Beginn des Fußballbooms mit einer absoluten Anti-Stimmung im Umfeld so richtig zu versauen. Und dann wurde es mit ausnahme eines Jahres unter Sasic ja immer nur bestätigt, es ging bergab, bergab, bergab. Mit dem Zwangsabstieg hat man die eigene Basis noch mal reaktiviert, aber sicher keinen neuen Fan gewonnen.
Für das, was der Veren seit nun seit fast einem Jahrzehnt sportlich abliefert unter dem Strich, unter den Bedingungen eines immens schwierigen Umfelds in Punkto Vereine im Umland, unter den Bedingungen einer extrem schwierigen ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Situation in der Stadt, unter den Bedingungen einer miserablen Bratwurst und unverhältnismäßigen Preiskorrekturen für gerade die günstigen Karten im Stadion über die letzten Jahre - dafür bekommen wir immer noch verdammt viel auf die Beine.
Es geht immer mehr - klar. Aber seien wir doch manchmal realistisch.