Der
Happy Slam befindet sich in der heißen Phase und genießt immer noch deutsche Beteiligung: Angelique Kerber steht bei den Damen im Halbfinale, Jan-Lennard Struff im Doppel der Herren ebenfalls.
Die zweifache Grand-Slam-Siegerin überzeugt mich bisher voll und ganz. Während im Erfolgsjahr 2016 schon viel Schicksal in Richtung Kerber lief, ist das im bisherigen Saisonverlauf von vorne bis hinten top. Endlich mehr Eigeninitiative, ohne dabei zu sehr vom Talent als defensive Grundlinienspielerin abzuweichen. Im bisher einzig problematischen Match gegen die unangenehme Asiatin Hsieh Su-wei (Nr. 88 der Welt) mental stark in drei Sätzen durchgebissen, um gleich danach im Viertelfinale Madison Keys (Nr. 20) überzeugend vom Platz zu fegen. Kerber spielt bisher das Turnier eines Champions und ist für mich zusammen mit Caroline Wozniacki (Nr. 2) die Top-Favoritin auf den
AO-Gewinn.
Im Halbfinale steht nun das Duell gegen die Weltranglistenerste Halep an. Mag verwunderlich klingen, aber ich gebe Kerber eine SIegchance von 80 Prozent. Ich sehe sie nicht nur in besserer Form als Halep, sondern sie ist auch mit der besseren Fitness ausgestattet, zudem effizienter durch's bisherige Draw gekommen. Wenn sie mental keinen gebrauchten Tag erwischt, oder sonst irgendwas Außerplanmäßiges passiert, wird sie das Finale am Samstag erreichen. Haleps Weg in's Endspiel kann nur über Kerbers Kopf führen. Das Halbfinale wird übrigens am Donnerstag gegen 6 Uhr morgens gespielt. Wie immer live auf
Eurosport mit dem herrlichen Experten Boris Becker. Wohl dem, der da nicht aufstehen muss, um arbeiten zu gehen - ich.
Bei den Herren hat Alexander Zverev derweil immer noch nicht den Durchbruch bei einem Major schaffen können. Völlig überraschendes Drittrunden-Aus gegen den Überraschungs-Halbfinalisten Chung (Nr. 58), der u.a. Djoković aus dem Turnier genommen hat. Bei aller Klasse des Koreaners, welche dieser im Turnierverlauf durchaus unter Beweis gestellt hat - das Ding hat Zverev selbst vergeigt. Zu verkrampft, zu defensiv, zu emotional. In aller Regelmäßígkeit demonstriert er seinen Unmut, wenn es nicht läuft und weiß diesen nicht im Stile eines Großen zu kanalisieren. Da muss er sich irgendwann im Griff haben, wenn er sich mal Grand-Slam-Sieger nennen möchte. Was das reine Tennis betrifft, ist er bereits Weltspitze. Und zwar nicht nur erweiterte Weltspitze, sondern einer der Allerbesten. Aber das allein reicht eben nicht. Klar ist er noch jung, aber irgendwann muss auch mental eine Entwicklung erkennbar sein. Nächster Anlauf im Frühsommer bei den French Open. Bin eigentlich nach wie vor überzeugt, dass seine Karriere glanzvoll wird.
Das Halbfinale der Herren setzt sich nun aus Federer (Nr. 2), Čilić (6), dem Briten Edmund (49) und eben Chung zusammen. Eine Neuauflage des letztjährigen FInals gegen den Weltranglistenersten Nadal kann es für Federer nicht mehr geben, nachdem Nadal wieder mal verletzt ein Match abbrechen musste - allerdings im Rückstand liegend gegen Čilić. Im Halbfinale ist
RF gegen Chung ebenso klarer Favorit, wie es Čilić gegen Edmund sein wird. Die Titelverteidigung des Schweizers rückt damit in greifbare Nähe und wäre sein sagenhafter Grand-Slam-Erfolg Nummer 20.
Ich gebe zu, dass ich bei diesem Mann einfach nicht neutral sein kann. Gerade Tennis zeichnet sich doch sehr durch Objektivität und Fairness aus, aber ich will den Kerl einfach wieder gewinnen sehen, solange das nicht aus einer Verletzung des Gegners oder dreckigen Methoden resultiert. Federer fliegt einfach über den Court, wie es nach ihm in dieser Eleganz wohl lange keiner mehr tun dürfte - wenn überhaupt jemals wieder. Also hol's dir, Roger!